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Ausgabe:

1930 Nr. 1

Spalte:

371-372

Autor/Hrsg.:

Köstler, Rudolf

Titel/Untertitel:

Wörterbuch zum Codex Juris Canonici. 2. u. 3. Lfg 1930

Rezensent:

Schmidt, Kurt Dietrich

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Seite 1

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371

Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 15/16.

372

sucht wird, spezifisch katholische Gedankengänge trotz men, daß das Wort depositio zugleich „Hinterlegung",
ihrer als berechtigt festzuhalten. In Bezug auf die „Ab- „Amtsentsetzung" und „Aussage, Zeugnis" heißen kann;
treibung" (Schilling) wird das kirchliche Verbot streng dirimere: „verhindern" und (einen Streit) „entscheiden";
aufrecht erhalten, aber in feiner Weise positiv die Ver- ■ diserimen: „Unterschied" und „Gefahr"; excipere: „eine
pflichtung aus dem Verbot entwickelt, an der Be- | Ausnahme machen", entgegen nehmen" (z. B. die
seitigung der sozialen und persönlichen Nöte, die zur Weihe), „aufnehmen" (z. B. extraneos), „auskundschaf-
Abtreibung führen, zu arbeiten. Unter dem Stichwort [ ten", „Einwürfe machen", „sich anschließen" (im Sinne
„Missionarische Akkomodation" (Thauren) finden sich von „folgen"). Wir sind also dem Verfasser zu wirk-
geradezu vorbildliche Anweisungen für die Einstellung j lichem Dank für seine mühselige Arbeit verpflichtet,
des Missionars zu dem fremden Volkstum. Dagegen ! Ich habe im Übrigen das Lexikon derart auf seine
verrät der Artikel über die „Anglikanische Kirche" | Brauchbarkeit zu prüfen gesucht, daß ich Übersetzungen
(Schmitt) wenig Verständnis für sie. „Andreas" (Kraft) j von einzelnen Canones durch Nachschlagung jedes einbeweist
, wie weit auch auf dem Gebiet des Historischen [ zelnen Wortes anzufertigen suchte. Das Ergebnis ist, daß
die alte unkontrollierbare Tradition noch festgehalten j sich allerdings Übersetzungen, wenn auch nicht
wird. Der Artikel über die „hl. Anna" (Kleinschmidt) , immer sehr glatte, herstellen ließen, daß aber ein wirkhält
sich freilich sehr zurück, bezeichnet sogar ihre j liches Verständnis nicht mit Hilfe des Lexikons erVita
als legendarisch. Krebs gibt über das „Aposto- j arbeitet werden kann. Oder versteht jemand, um we-
lische Glaubensbekenntnis" einen auch historisch guten , nigstens ein Beispiel abzudrucken, was der Can. 1254
Bericht, ebenso Sauer über „Agape". j besagen will, wenn er die Übersetzung liest: „Der Kirche
Angesichts des geringen Zeitraums, der das Er- steht das Recht zu persönlicher gerichtlicher Klage zu

scheinen des UTK von der RGG 2 trennt, liegt ein Vergleich
zwischen beiden so nahe, daß ich ihn wenigstens
in Bezug auf einige Dinge durchführe. Dabei wird die
Eigenart des LTK hier und dort noch deutlicher werden.
Zunächst einige Dinge, die sofort in die Augen fallen

gegen den, der ohne gebührende Rechtsförmlichkeit
Kirchenvermögen veräußert, wie auch gegen seine Erben
, (das Recht) zu dinglicher Klage aber, wenn die
Veräußerung nichtig war, gegen jeden Besitzer, unbeschadet
des Rechtes des Käufers gegen den rechtswidrig

nämlich einmal die Verwendung von Karten und Hand- Verkaufenden"? Ich glaube nicht. Das braucht kein
schriftenproben im LTK neben Bildern zur Veranschau- Vorwurf gegen den Verfasser des Lexikons zu sein,
lichung. Ich halte^ besonders die Beigabe der Handschrif- j weil es vielleicht überhaupt unmöglich ist, lateinische

Rechtssätze so zu übersetzen, daß sie verständlich werden
. Aber es erscheint mir wichtig, darauf hinzuweisen,
daß das Lexikon einen Kommentar nicht zu ersetzen
vermag.

Für eine neue Auflage darf ich ferner die Bitte aussprechen
, die einzelnen unter den Stichworten verzeichneten
Redewendungen und Wortverbindungen mehr als
geschehen zu übersetzen. Wenn z. B. diligentia „Vorsichtsmaßnahme
" heißt, dann ist noch nicht ohne weiteres
klar, was processiculum diligentiarum heißt; m. E.
bedeutet es sogar „gewissenhafter Prozeßbericht", die
Wortverbindung wäre also unter 1. „Gewissenhaftigkeit
" von diligentia zu buchen statt unter 2. „Vorsichtsmaßnahme
"; oder bedeutet sie etwa „vorsichtiger Prozeßbericht
"? Wenn servitium „Küchendienst" heißt,
dann kann man freilich ahnen, was ein servitium per
turnum indultum sein soll, aber übersetzen kann man die
Redewendung noch lange nicht. Hier soll ja aber gerade
ein Lexikon helfen.

Die Erweiterung zu einer Konkordanz soll, wie das
Nachwort betont, vor allem an den Kosten gescheitert
sein. Aber der Laienverstand kann nicht anders als annehmen
, daß die Herstellung eines Lexikons, das gleichzeitig
Konkordanz ist, billiger ist als die Herstellung
von Lexikon und Konkordanz gesondert. Aber vielleicht
kauft das Publikum lieber ein Lexikon und eine Konkordanz
für zusammen — sagen wir RM. 40,— als ein
Lexikon, das gleichzeitig Konkordanz ist, für RM. 30,—-
Mundus vult decipi.
Kiel-Voorde. Kurt Dietrich Schmidt.

ten für wertvoll. Dann ist der Nomenklator des LTK we
sentlich reicher als der von RGG.2. Von wenigen religions-
geschichtlichen und volkswirtschaftlichen Dingen abgesehen
, fehlt im LTK nichts von dem, was RGG2 enthält
. Aber eine Fülle von Angaben enthält es darüber
hinaus. In erster Linie handelt es sich dabei natürlich
um innerkatholische Einrichtungen und Personen. Daß
aber in RGG2 keine Artikel über „Abgötterei" oder
„Idolatrie", über „Adoptianismus", „Advent" sich finden
, wie man jetzt feststellen kann, ist doch auffallig.
Der Raum, der den einzelnen Artikeln zugebilligt ist,
scheint mir im LTK etwas besser ausgeglichen zu sein
als in RGG2. Es fehlen die umfangreichen Aufsätze,
dafür konnten den kleineren Artikeln etwas mehr Zeilen
zur Verfügung gestellt werden, die vor allem den Literaturangaben
zu gute kamen. Auch protestantische Literatur
ist berücksichtigt. Bedauerlich ist, daß nun in beiden
modernen deutschen Nachschlagewerken die Artikel
über scholastische Theologen von katholischen Forschern
stammen, z. B. „Abälard" von Geyer und Grabmann,
„Albert d. Gr." von Pelster und Grabmann, „Anselm"
von Landgraf und Grabmann. Im Übrigen ist es natürlich
nicht möglich, alle Artikel zu vergleichen. Doch
scheinen mir, um noch einen herauszuheben, Fendts Ausführungen
über den Ablaß in RGG2 besser in das Verständnis
dieser katholischen Einrichtung einzuführen als
der von Paulus in LTK. Auf das Ganze gesehen wird
man sagen müssen, daß die beiden Werke sich erfreulich
ergänzen. Auch protestantische Seminare und Forscher
sollten sich das LTK, soweit man nach dem ersten
Band urteilen kann, nicht entgehen lassen, nicht nur um
der Kenntnis des Katholizismus willen.

Kiel-Voorde. Kurt Dietrich Schmidt.

Wörterbuch zum Codex Juris Canonici. Von Rudolf Köstler.
2. u. 3. Lfg. München: J. Kösel & F. Pustet (1928/30). (S. 113-379)
gr. 8°. RM 6.50 u. RM 9.50.

Auf die 1. Lieferung dieses Wörterbuches zum
C I C. habe ich ThLZ. 1928, Sp. 454 f. bereits hingewiesen
. Mit der dritten Lieferung ist das Werk vollständig
geworden.

Ich will auf die schon 1928 geäußerten Wünsche
jetzt nicht noch einmal eingehen, nur erneut be-

bonen daß die z. T. Staunen erregende Fülle von Be- j matischen Tätigkeit F.s zeigt Stutz, 'eine wie zuver-
deutungen, die dasselbe lateinische Wort im C.J.C. ha- lässige und aufschlußreiche, auch ganz intime Vorben
kann, die Notwendigkeit eines Lexikons zu ihm ein- ; gänge offen darlegende Quelle wir an ihnen haben. Zu-
fach beweist. Welcher Student soll z. B. dahinter kom- | gleich ergänzt er sie selbst mit einer einfach Staunens^

Stutz, Ulrich: Die päpstliche Diplomatie unter Leo XIII.

Nach den Denkwürdigkeiten d. Kardinals Domenico Ferrata. Einzelausgabe
aus den Abhandlungen d. Preuß. Akad. d. Wissensch.,
Jahrg. 1925. Phil.-Hist. Kl. Nr. 3/4. Berlin: Verl. d. Akad. d.
Wissensch.; W. de Gruyter & Co. in Komm. 1926. (154 S.) 4°.

RM 14-.

Für die verspätete Anzeige dieser Abhandlung muß
ich um Entschuldigung bitten. Ich bedaure sie um so
mehr, als sie uns auf ein für die Geschichte der Kurie
im 19. Jahrhundert selten aufschlußreiches Quellenwerk
mit allem Nachdruck hinweist, die Denkwürdigkeiten des
Kardinals Ferrata. An einzelnen Beispielen der diplo-