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Ausgabe:

1930

Spalte:

313-314

Autor/Hrsg.:

Bauer, Walter

Titel/Untertitel:

Adolf von Harnack (Nachruf) 1930

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung

BEGRÜNDET VON EMIL SCHÜRER UND ADOLF VON HARNACK

unter Mitwirkung von Prof. D. HERMANN DÖRRIES und Prof. D. Dr. GEORG WOBBER*MIN, beide in Göttingen

HERAUSGEGEBEN VON PROFESSOR D. WALTER BAUER, GÖTTINGEN

Mit bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften- In Verbindung mit Prof. Lic. K. D. SCHMIDT, KIEL, bearbeitet von
Lic. Dr. REICH und Magister theol. H. SEESEMANN, beide in Göttingen. — Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50

Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. BAUER in Göttingen, Düstere Eichenweg 46, au senden

Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag

VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG, LEIPZIG C 1
55. JAHRGANG, Nr. 14 _5. JULI 1930

Mitteilung.

Herr Professor D. Hirsch trat an uns mit der Bitte heran, ihn am 1. VII. 30 von den Pflichten der Schriftleitung zu entbinden,
da er sich nach fast zehnjähriger Redaktionsarbeit nunmehr wieder stärker für seine eigenen Arbeiten frei machen müsse und legt
daher mit dieser Nummer die Redaktionsgeschäfte nieder. Wir möchten nicht unterlassen, ihm bei dieser Gelegenheit herzlichst für
die langjährige Arbeit zum Wohle der ThLZ zu danken.

Gleichzeitig erlauben wir uns mitzuteilen, daß der gegenwärtige Inhaber des Lehrstuhles Emil Schürers, des einen Begründers
dieses Blattes, Herr Professor D. Walter Bauer, Göttingen, Düstere Eichenweg 46, sich freundlichst bereit erklärt hat, die Schriftleitung
in Zusammenarbeit mit Herrn Professor D. Dörries, Göttingen, und Herrn Professor D. Dr. Wobbermin, Göttingen, am 1. VII. 30 zu
übernehmen. An ihn sind also nunmehr mit sofortiger Wirkung alle Zuschriften in Sachen ThLZ zu richten, Rezensionsexemplare wie
bisher weiterhin an uns nach Leipzig.

Zum Schluß möchten wir nicht unterlassen, auch dem Beirat ein herzliches Wort des Dankes auszusprechen, der gleichzeitig
mit Herrn Professor Hirsch zurückgetreten ist, nachdem die Redaktion jetzt wieder in die Hände von mehreren Herrn gelegt worden ist.

J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig C 1.

Adolf von

Es ist mir ein tiefer Schmerz, in derselben
Nummer, die mich der Öffentlichkeit als den neuen
Herausgeber der ThLZ vorstellt, der Tatsache gedenken
zn müssen, daß sie ihren noch überlebenden
Begründer verloren hat.

Am 10. 6. 30 ist Ad. v. Harnaek von uns gegangen
, trotz seiner beinahe achtzig Jahre mitten heraus
aus vollem Schaffen. Ergriff ihn doch die letzte
Krankheit auf einer Reise, die ihn im Dienste der
Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft nach Heidelberg geführt
hatte. So macht uns der Tod noch einmal
mit eindrucksvollster Deutlichkeit die Tatsache klar,
daß mit v. Harnaek nicht ein Vertreter der Theologie,
gar ein Spezialist innerhalb ihres weiten Bereiches,
geschieden ist, sondern ein Wissenschaftler von universalem
Ausmaß und ein Organisator großen Stils.

Es kann nicht Aufgabe dieser Zeilen sein, dem
ungemein reichen geistigen Leben und Wirken, das
nunmehr seinen Abschluß gefunden hat, auf seinen
Wegen zu folgen, seine Vorgeschichte aufzudecken,
in kurzen, alles und nichts sagenden Sätzen das
Ganze dieser Leistung umschreiben zu wollen.
Nur dessen sei mit aufrichtigstem Danke hier gedacht
, was er unserer Zeitschrift gewesen ist, die
aus seinen hervorragenden Gaben so großen Vorteil
hat ziehen dürfen.

Von ungemeiner geistiger Beweglichkeit und
Reichweite, aufgeschlossen für alles Neue, kritisch
nicht nur gegenüber der Überlieferung und den
Faehgenossen, sondern fähig, sich selbst zu verbessern
, ja gewillt, sogar in Hauptsachen umzulernen
, blieb er, so großzügig seine Gesamtauffassung
den Rahmen spannen mochte, stets davon
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Harnaek f.

durchdrungen, daß gründlichste Einzelforschung
| die Voraussetzung für alle weitergreifenden Urteile
bilden müsse. Jedes seiner großen Werke ist ein
beredtes Zeugnis dafür, daß ihm seine kostbare Zeit
niemals zu gut für die sog. Kärrnerarbeit gewesen ist.

Bei solcher geistiger Einstellung war v. Harnaek
zum Leiter einer Zeitschrift wie geschaffen. Er
selbst hat in seinem Nachruf auf Emil Schürer
! diesen für den eigentlichen und verantwortlichen
; Herausgeber der ThLZ in ihrem ersten Menschenalter
erklärt. Aber in dem Jahrzehnt, das unserem
Blatte die ihm eigentümlichen Züge aufprägte, haben
die beiden Arbeitsgefährten in dauerndem und
sehr engem persönlichen Verkehr gestanden. Läßt
sich auch heute nicht mehr berechnen, was v. Har-
I nacks Geist und Wort für die ThLZ jener Epoche
bedeutet haben, so zeigt doch jeder Band, was seine
fleißige Feder ihr damals gewesen ist. Daran hat
sich auch weiterhin nichts geändert, v. Harnacks
Name hat auch später niemals nur das Titelblatt
geschmückt und von da aus seine werbende Kraft
entfaltet. Sein Träger ist bis in diese Nummer
hinein wirklicher Mitarbeiter geblieben und hat
auch sonst jederzeit die Sorgen der ThLZ zu den
seinen gemacht.

Daß sich v. Harnaek durch die großen, z. T. weit
abliegenden Aufgaben, die seinem späteren Leben
den hauptsächlichen Inhalt verliehen, der Kleinarbeit
eines Rezensenten unserer Zeitschrift nicht
hat entfremden lassen, sondern sich bis zuletzt
durch tätige Teilnahme zu seiner Schöpfung bekannt
hat, soll ihm unvergessen bleiben.

Walter Bauer.

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