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Ausgabe:

1930 Nr. 12

Spalte:

282-286

Autor/Hrsg.:

Becker, Bruno

Titel/Untertitel:

Bronnen tot de kennis van het leven en de werken van D. V. Coornhert 1930

Rezensent:

Schrenk, G.

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Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 12.

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nem gelehrten Mann, der eine Menge von Handschriften
zur Verfügung hatte und sie eifrig durchforschte. Hielt
er auch ohne Zweifel zur Rechtgläubigkeit von Konstantinopel
, so lagen seiner Zeit doch die Streitigkeiten
und Fragen, wie sie zwischen Cyrill und den Anti-
ochenern ausgefochten worden waren, schon ganz ferne.
Immerhin zeigt er, daß in seinen Kreisen das Studium
der Geschichte nicht ganz ausgestorben war. Die nähere
Zeit ist nicht zu bestimmen, sie wird aber nach
Schwartzens Ansicht vor den Bilderstreitigkeiten liegen.
S. 19—167 stehen dann die in A über die Collectio Va-
ticana hinausgehenden Texte, während bei den schon in
dieser Sammlung enthaltenen Stücken nur auf sie verwiesen
ist. Zugleich werden die ersten Druckausgaben,
wo solche schon vorliegen, und ihre Abdrucke bei
Migne verzeichnet, ebenso die lateinischen Übersetzungen
in den von Schw. früher veröffentlichten Sammlungen.
Die Anführungen aus der hl. Schrift und aus Kirchenvätern
sind sorgfältig gebucht und zum Schluß in den
Indices gesammelt.

Der kurze III. Teil (S. 171—174) bringt noch
drei Stücke aus kleineren Sammlungen und in der Prae-
fatio p. X sq ist auch ein Brief des Archimandriten
Dalmatius an die Synode von Ephesus und deren Antwortschreiben
, Stücke, die schon Joseph Garnier veröffentlicht
hat, abgedruckt, „ne quis librum iam fere mu-
tilem hominis oblivione digni consulere cogeretur".

Es ist eine ungeheure, an die Mauriner erinnernde
wissenschaftliche Leistung, die der berühmte Philologe
und Althistoriker mit dem nun vollendeten, 5 volumina
umfassenden tom. I trotz der Ungunst der Zeit hinter
sich gebracht hat, eine Leistung, die erst die weitere
Forschung, die nun auf gesichertem Grunde bauen kann,
mit voller Dankbarkeit würdigen wird. „Nur wer den
Augiasstall von Mansi IV u. V hat durcharbeiten müssen,
vermag Schwartz' Riesenleistung ganz zu werten" (Rud.
Abramowski, Zur „Tragödie" des Nestorius, ZKG.
1928, S. 306 A. 4).

3. Die Akten des gegen den Archimandriten Eu-
tyches von Konstantinopel auf der avvoöog ivörj/noüaa
v. J. 448 wegen Irrlehre geführten Prozesses sind in
ungewöhnlicher Vollständigkeit erhalten, z. T. sogar
doppelt, da ein vom Kaiser, auf eine Anzeige des
Eutyches hin, eingesetztes Gericht sie nachprüfte und
auch diese Akten in Ephesus 449 und danach in Chalce-
don 451 verlesen wurden. Schw. stellt hier die wichtigsten
Urkunden, wie er sie für tom. II seiner Konzilienausgabe
rezensiert hat, zusammen mitsamt dem,
teilweise etwas gekürzten, kritischen Apparate, wobei er
die Paragraphenzahlen seiner künftigen Ausgabe an den
Rand setzt, um bequem darauf verweisen zu können, und
eine Belehrung über die Handschriften und Übersetzungen
vorausschickt (S. 3—50). Dann schildert er
(S. 53—93) die Vorgeschichte des Prozesses, d. h. den
in dogmatischen Kämpfen zum Ziele strebenden Wettstreit
der östlichen Patriarchate, in den er hineingehört,
und seinen Verlauf auf dem Synodalgericht des Jahres
448. Läßt sich auch aus den "Formen dieses Verlaufes
der Schluß ziehen, daß der kirchliche Prozeß vor einem
Synodal gerächt dem Accusationsprozeß der staatlichen
Gerichte nachgebildet war, so trifft dies doch schwerlich
in dem Maße zu, daß Rückschlüsse von diesem
auf jenen gestattet wären. Bei einer Klage auf Irrlehre
tritt insofern ein grundsätzlicher Unterschied hervor,
als hier ein Widerruf nachgewiesener Irrtümer möglich
war, der dann von einer Strafe absehen lassen konnte.
Hiebei konnte der Kläger durch geschickte Schachzüge
des Beklagten und allzugroße Milde des Gerichtes in
eine üble Lage kommen und wegen calumnia belangt
werden. Wir sehen auch, wie in dem Verfahren gegen
Eutyches der Kläger, Bischof Eusebius von Doryläum,
sich ernstlich zur Wehr setzen mußte, um eine solche
Wendung zu verhüten. War doch Eutyches, „so ostentativ
er die Rolle des alten, kranken, zur Unterwerfung
bereiten Klausners spielte, in Wahrheit von Anfang an

der Angreifer, der mit den zur Ladung delegierten Klerikern
, mit dem Kläger und mit dem Prozeßleiter sein
Spiel trieb" (S. 79). Hinter ihm aber standen der
Patriarch Dioskoros von Alexandrien, der es auf den
Sturz seines Amtsgenossen Flavian von Konstantinopel
abgesehen hatte, und der am Hofe allmächtige Kämmerer
Chrysaphius, der sich für seine Kirchenpolitik aus
dem reichen Schatze der ägyptischen Kirche bezahlen
ließ. Wenn das Gericht schließlich doch durch das
Eingreifen Sr. Exzellenz, des auf kaiserlichen Befehl
zur Teilnahme an den Verhandlungen zugelassenen
früheren Präfekten und Konsul Florentius zur Verurteilung
des Angeklagten kam, so vermutet Schw., daß
die vom Genannten herbeigeführte Wendung und ihre
Begründung dem alexandrinischen Patriarchen die Handhabe
bieten sollte, die Sache des Eutyches zu der seinen
zu machen und das Konstantinopler Patriarchat zusammen
mit dem antiochenischen zu erledigen. „Der Beamte
steckte also mit im Komplott, so paradox eine
Collusion mit dem Beklagten sein mag, die sich nicht
dessen Freisprechung, sondern die Verurteilung zum
Ziel setzt" (S. 86). Andernfalls „hatten der Kaiser
und sein Kämmerer sich zur Unterstützung des Eutyches
eine Persönlichkeit ausgesucht, deren Gescheitheit und
Überblick über die kirchenpolitische und dogmatische
Situation in umgekehrtem Verhältnis zu ihrem Range
stand" (S. 85). Wie dem sein möge, die Darlegungen
Schwartzens sind äußerst lehrreich und anregend; sie
stammen aus einer Kenntnis der Konzilsakten und der
damaligen kirchenpolitischen Strömungen, wie sie dem
Münchner Altmeister eigen ist. S. 91 wirft er noch
einen Blick auf den berühmten „Tomus" Papst Leos I.
und seine Bedeutung für die Kirchengeschichte. S. 92
Z. 3 des 2. Absatzes ist ein „zu äußern" ausgefallen (S.
90 Z. 4 von unten).
München. Hugo Koch.

Becker, Dr. Bruno: Bronnen tot de kennis van het leven
en de werken van D. V. Coornhert. Rijks Geschiedkundige
Publicatien, Kleine serie, 25. 's-Gravenhage: Martinus Nijhoff 1928.
(XXXII, 365 S.) 4°. Fl. 6.50.

Der Verf., der bereits zwei wertvolle Beiträge zur
Erforschung des Lebens und der Gedankenwelt von
Dirck Volckertszoon Coornhert beigesteuert hat1, bereitet
eine Monografie über den Niederländer vor. Hier
schickt er ein Quellenbuch voraus. Es will wichtiges
Material der Ergänzung bieten zu den in Amsterdam erschienenen
Werken (bij J. A. Colom, 1630, I—III fol.)
und der in ihnen enthaltenen Brief Sammlung (III, f.
90—155), die von Colom sohon früher gesondert herausgegeben
war (D. V. Coornherts hondert Brieven,
Amst, 1626). Dabei ist der Gesichtspunkt in erster
Linie der biografische.

Die frühere Behandlung von C.s Leben ruhte nicht
auf hinreichend geprüften Fundamenten, indem zumal
die Kenntnis seiner Mitwirkung am niederländischen
Aufstand während der Jahre 1566—1568, die aus den
Prozeßakten zu schöpfen ist, in höchst unvollkommener
Weise vermittelt war. R. C. Bakhuizen van den
Brink hatte vor 80 Jahren die Prozeßakten im Reichsarchiv
zu Brüssel entdeckt (Papiers d'Etat et de l'Au-
dience, reg. Nr. 522), aber nicht herausgegeben. Sein
] Bericht über die Dokumente an das Ministerium wurde
I erst 1913 bekannt.2 Allerdings hatte J. van Vloten
| diese Akten z. T. kopiert, jedoch unvollständig und ungenau
. So stellte er sie J. ten Brink zur Verfügung
, der in der Einleitung zu seinem bekannten
Werk: ,D. V. Coornhert en zijne Wellevenskunst' 1860,
von ihnen Gebrauch machte. J. ten Brink zitiert sie irrtümlicherweise
immer als ,Kort begrip', während doch
jene Verteidigungsschrift C.s von 1568: ,Kort begrip,

1) ,Hct leven van D. V. Coornhert' und seine Verfasser, in Bijdragen
voor Vaderlandsche Geschiedenis, 6 R., H (1925), S. 1 — 18. Ferner:
Coornhert, de 16 de-eeuwsche apostel der volkmaakbaarheid, in Neder-
landsch Archief voor Kerkgeschiedenis, XIX (1926), S. 59-84.

2) R. C. Bakh uizen van den Brink, Studien en schetsen
! over Vaderlandsche geschiedenis en letteren, V, 's-Gravenhage 1913.