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Ausgabe:

1930

Spalte:

241-243

Autor/Hrsg.:

Klauser, Theodor

Titel/Untertitel:

Die Cathedra im Totenkult der heidnischen und christlichen Antike 1930

Rezensent:

Bertholet, Alfred

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. EmailUel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lletzmann, Prof. D. Arthur Tltius, Prof. D. Dr. G. Wobbermln

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, unter Mithilfe von Prof. Lic. K. D. Schmidt, Kiel,
bearb. v. Lic. H. Kittel, Altona, u. Lic. Dr. Reich, Göttingen.
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

CC ahrn Nr II Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Oottlngen, Ii Mo! lOZii

no.oaiiig.ni.il. Hainholzweg 62, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. '"»öl lyOlt

Spalte

Klausen Die Cathedra im Totenkult der

heidnischen und christl. Antike (Bertholet) 241
Qäbor: Der hebräischeUrrhythmus (Galling). 243
Dürr: Psalm 110 im Lichte der neueren

altorientalischen Forschung (Rudolph). . . 245
Alf aric: L'Evangile Selon Marc (Strathmann). 246
Lohmeyer: Die Briefe an die Kolosser
und an Philemon (Windisch).......247

Spalte

Brun: Paulus Kristelige Tanker (Eidem). . 250

von Harnack: Einführung in die alte
Kirchengeschichte (Koch)..........250

W i n d i s c h: Die Orakel des Hystaspes
(Lohmeyer).................253

Jalabert et Mouterde: Inscriptions
grecques et latines de la Syrie (Peterson) 254

Spalte

Miszellen zur altkirchlichen und byzantinischen
Literatur (Peterson)....... 255

Fahrn er: Wortsinn und Wortschöpfung bei

Meister Eckehart (Koch).......... 257

Peers: Ramön Lull (Ders.)......... 259

von Hoeßlin: Die Abstufungen der Individualität
(Wehrung)............ 260

Mausbach: Dasein u. Wesen Gottes (Koch) 261

Kl aus er, Theodor: Die Cathedra Im Totenkult der heidnischen
und christlichen Antike. Mit 33 Textabb. u. 23 Taf.
Münster i. W.: Aschendorff 1927. (XII, 198 S.) 4°. = Liturgie-

diese Haltung anschaulich den Zustand des von Schmerz
Überwältigt- und Erschöpftseins ausdrücke, daß aber
auch das Bestreben mitgewirkt haben könnte, sich zu
geschichtliche Forschgn., h. 9. RM 8.85. ; dem Verstorbenen wie zu einem Lebenden hinzusetzen,

Klausers Buch dient der Untersuchung der Frage | um ihm Gesellschaft zu leisten und Zwiesprache mit
nach der Bedeutung der steinernen Sessel, die sich in ihm zu halten. Wo andererseits der Stuhl dem Toten
altchristlichen, namentlich stadtrömischen Grabanlagen 1 selber gilt, da wird er an's Grab gestellt, damit der
befinden. Natürlich ist die Richtung, in der man auf i Tote sich zum kultischen Mahle darauf niederlasse. Da-
diese Frage eine Antwort sucht, in hohem Maße be- neben aber rechnet Kl. auch mit den (sekundären) Mögstimmt
durch die Vorstellungen von der Verwendung der I lichkeiten, daß er einen Thronsitz darstellen sollte, um

Kammern, in denen die betreffenden Sessel stehen
Eine ältere Auffassung, die bis heute ihre Vertreter hat,
will in den Coemeterien mehr sehen als bloße Begräbnisstätten
. Sie sollen regelmäßig für den offiziellen
christlichen Gottesdienst, ja überhaupt für alle kirchlichen
Veranstaltungen benützt und mit entsprechenden
Einrichtungen versehen worden sein. Dem gegenüber
darf als gesichertes Ergebnis heutiger Forschung gelten
, daß die Coemeterien der altchristlichen Zeit, vielleicht
von ganz vereinzelten Ausnahmefällen abgesehen,
nur als Schauplatz eigentlich sepulkraler Übungen zu
werten sind (S. 126). Damit ist schon der Deutung der
in Frage stehenden Sessel als hierarchischer Sitze für
kirchliche Amtspersonen der Boden entzogen. In Wirklichkeit
ist auch die Sitzweite einzelner Cathedrae so
gering, daß ein ausgewachsener Mensch überhaupt nicht

die Hoheit des Toten zum Ausdruck zu bringen, oder
einen gewöhnlichen Hausstuhl, um dem Verstorbenen
die zu der im Grabe fortgesetzten Lieblingsbeschäftigung
gehörige Bequemlichkeit zu bieten (S. 82). An
sich ließe sich hier übrigens auch noch an den Zusammenhang
mit den mannigfachen Bräuchen denken,
die den Zweck verfolgen, den Verstorbenen auf den Beschwerlichkeiten
seiner Jenseitsreise zu unterstützen: so
könnte der Stuhl dazu dienen, dem Müdegewordenen
eine Ruhepause zu gewähren.

Mit II und III ist der Unterbau geschaffen für das
eigentliche Verständnis der monumentalen Cathedra, wie
sie sich sowohl in heidnischen Grabanlagen (IV, S.
83—97) als auch in altchristlichen findet (V, S. 98 bis
151). Die eingehende Beschreibung dieser Anlagen erfolgt
zum Teil auf Grund eigener Ermittelungen. In

darauf Platz nehmen könnte (S. 143). Entsprechend j der Deutung des Befundes bewährt der Verfasser auf's

der genannten Bedeutung der Coemeterien sucht nun i Neue sein verständiges Urteil, indem er sich nie darauf

Kl. das christliche Sepulkralwesen als Teilglied in der versteift, alles nur aus einem einzigen Motiv heraus er-

Gesamtentwickelung des antiken Totenkultes aufzufassen j klaren zu wollen: „Es ist mit der Möglichkeit zu rech-

und von diesem Standpunkt aus die Cathedra Christ- i nen, daß selbst im gleichen Coemeterium die Absicht

licher Grabstätten zu begreifen. Es handelt sich also ! bei der Anlage von Steinsitzen eine verschiedene ge-

um die Erkenntnis der Rolle, welche das Sitzen im | wesen sei" (S. 147). So gelangt er zu dem Ergebnis:

Totenkult der Antike gespielt hat. Die Praxis dieses j „Einige der Cathedrae haben bestimmt als Sitz für die

Kultes ist eine vielseitige: sie kennt ein Sitzen des Toten,
aber auch ein Sitzen des lebenden Grabbesuchers: das
wird nach einem kulturgeschichtlichen Überblick über
„Sitzen und Liegen, Stuhl und Bett in der Antike" (I,

zum Totenmahl gebetenen Verstorbenen gedient. Bei
den andern ist die Verwendung nicht sicher . . . Vielleicht
waren sie auch für die lebenden weiblichen Teilnehmer
am Totenmahl gedacht . . . [Andere] endlich

S. 2—12) in überaus sorgfältiger und eingehender ; haben möglicherweise nur ein Ruhepläfzchen für den

Untersuchung der literarischen Zeugnisse wie der Monumente
an einer Fülle von Beispielen überzeugend nachgewiesen
(II: der Leidtragende auf der Cathedra, S.
13—42; III: der Tote auf der C, S. 43—82).

Genauer läßt sich unterscheiden ein sich Hinsetzen
a) bei der Leiche, vielleicht sogar bei einer zeremoniellen
Musterung der Leichenkleider, b) am Grabe (hier
wäre z. B. auch Jes. 65, 4 heranzuziehen), c) beim
Totenmahl (z. T. im Gegensatz zur sonstigen Sitte des
Liegens). Zur Erklärung weist Kl. darauf hin, daß

Grabbesucher sein sollen" (S. 148).

In einem Anhang (VI: Der Ursprung des Festes
Petri Stuhlfeier am 22. Februar, S. 152—183) sucht Kl.
nachzuweisen, daß die Entstehung dieses Festes aus dem
Zusammenhang der ausgeführten Gedanken heraus zu
verstehen sein dürfte, indem die Cathedra vom 22. Februar
ursprünglich eine Totenmahlfeier zum Gedächtnis
der beiden Apostel gewesen sein könnte. Mit xa&tÖQa
bezeichneten nach dem Sessel, den man beim Totenmahle
dem Verstorbenen anwies, die Griechen das

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