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Ausgabe:

1930 Nr. 1

Spalte:

5-7

Autor/Hrsg.:

Kohler, Kaufmann

Titel/Untertitel:

The origins of Synagogue and Church 1930

Rezensent:

Windisch, Hans

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Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 1.

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die Mißlichkeit solch chronologischer Bestimmungen: nach Amerika war die einzige Lösung. Hier wirkte er

Ii would be difficult to argue that ceremonial licen- in verschiedenen Stellungen als Prediger, Reformer und

tioasness was »earlier« than ceremonial chastity, or the i gelehrter_ Schriftsteller, insbesondere als Präsident des
reverse" (S. 614).

Berlin.

Alfred Bertholet.

Canaan, Dr. med. Taufik: Dämonenglaube im Lande der
Bibel. Leipzig: J. C. Hinrichs 1929. (VII, 64 S.) gr. 8°. =a
Morgenland, H. 21. g,Vi 2.70.

Der Verfasser, durch die Bücher „Aberglaube und
Volksmedizin im Lande der Bibel" (1914) und „Mo-
hammedan Saints und Sanctuaries in Palestine" (1925)
als eifriger und erfolgreicher Sammler auf dem Gebiet
arabisch-palästinischen Volksglaubens bekannt, bietet
hier Mitteilungen über den Dämonenglauben, welcher

die mohammedanischen und christlichen Bewohner bis- I JS"1------- Z"Z ~"

v~w_,^, iioR ,w rvv«»e„i.°ü: I ^ntum m.t 9 Kapiteln (S. 203-276). Die DarstelYung

Hebrew Union College und als Mitarbeiter der Jewish
Encyclopedia. Sein Hauptwerk ist sein Outline of a
Systematic Theology of Judaism on an Historical Basis
(1910), eine historisch unterbaute systematische Darstellung
der jüdischen Glaubensgedanken. Daneben beschäftigten
ihn historische Einzelstudien. Sie sind in
dem vorliegenden Buch zusammengefaßt, das der Autor
insofern unvollendet hinterlassen hat, als noch einige
Kapitel über die Mission der Kirche und die der Synagoge
ungeschrieben geblieben sind.

Das Werk zerfällt in zwei ungleiche Teile: das
Judentum mit 23 Kapiteln (S. 3—202) und das Chri-

her in einer Weise beherrschte, daß der üottesglaube J liest sicn angenehm; alle gelehrten Anmerkungen sind
davon beträchtlich in den Hintergrund geschoben war. , ans Ende des Buches verwiesen (S. 277—297).

Die Herkunft dieser in das Menschenleben beständig
eingreifenden Geister, ihr Leben und ihre Orte, ihre Namen
, Klassen und Fürsten, und dann auch ihr Wirkungskreis
beim Menschen werden anschaulich und übersichtlich
besprochen. In den leider an den Schluß geschobenen
Anmerkungen ist dann auf die Quellen der Mitteilungen
und die einschlägige Literatur hingewiesen. Am
wichtigsten ist der Teil des Stoffes, der aus eigener Erkundung
des Verfassers stammt, und man könnte wünschen
, daß er noch schärfer von dem aus der Literatur
entnommenen geschieden wäre. Bei diesem entsteht ja
immer die Frage, ob er palästinisch ist. und wenn sogar
Curtiss mit seiner sehr unsicheren Erkundung durch
Stellung bestimmter Fragen durch Dolmetscher S. 25
als Autorität erscheint, obwohl der Verf. seinerseits die
Mitteilung von Curtiss nicht bestätigt fand, so möchte
man meinen, daß ein Fragezeichen besser gewesen wäre.
Der Zusammenhang der Gegenwart mit der Vergangenheit
wird durch den Hinweis auf verwandte Vorstellungen
im rabbinischen Judentum und im Alten Testament
hergestellt. Hier wird der Theologe Anlaß haben zu
prüfen, ob dies im Einzelnen wirklich zutreffend ist.
1. M. 4,10; Hi. 16,18 soll der „Aberglaube" auftreten,
daß bei vergossenem Menschenblut Dämonen nach
Rache schreien, während nach dem biblischen Ausdruck
das Blut selbst dies tut. Die sprechenden Bäume des
hebräischen Gleichnisses (Ri. 9, 8; 2. Kön. 14, 9) sollen
mit Dämonenglauben zusammenhängen, das Passahblut
2. M. 12, 22f.; Hebr. 11, 28 Dämonen abwehren.
Menschenopfer, die den Hausdämonen gelten, seien gemeint
, wenn 1. Kön. 16, 34 die Erbauung von Jericho
dem Erbauer zwei seiner Söhne kostete. Gewiß wird im
Volke Dämonenglaube in weiterem Umfange lebendig
gewesen sein, als es die alttestamentlichen Schriftsteller
ahnen lassen. Hier bietet der heutige Volksglaube eine
wichtige Ergänzung der biblischen Literatur. Nur wird
dadurch um so deutlicher, daß diese doch in erster Linie
den Gottesglauben pflegt. Es wäre nützlich zu wissen,
wie heute Gottesglaube und Dämonenglaube sich zu
einander verhalten. In dieser Beziehung wäre eine Ergänzung
des vom Verf. Dargebotenen sehr willkommen.
Greifswald. O. Dal man.

Kohl er, Dr. Kaufmann: The origins of Synagogue and Church.

Ed. with a Biographical Essay by H. G. Enelow. The Kaufmann

Kohler Memorial Vol. New York: The Macmillan Co. 1929. (XXXIX,

297 S. m- 1 Bildn.) 8°.

Der 1926 verstorbene jüdische Gelehrte Kaufmann
K o h 1 e r war einer der hervorragendsten Verfechter des
Reform Judaism in Amerika. Er war zwar, wie das
dem posthumen Werke beigegebene biographische Essai

mitteilt, Deutscher von Geburt (1843 in Fürth geb.), , ------,>-?•.......*» =r~^ISI^o^Sk

aber durch seine erste Veröffentlichung, „Der Segen | ten hasse. Nach K. kann nur der Text des Josephus von

Drei Leitgedanken tragen die Auffassung Kohler's
von Ursprung von Synagoge und Kirche: 1) die Synagoge
ist eine Schöpfung der biblischen Hasidim; 2) aus
ihnen gingen die Essener hervor, denen sein besonderes
Interesse gilt; 3) aus den Essenern ging das Urchristentum
hervor; Jesus war ein Schüler der Essener.

Köhler hat diese Thesen schon lange vertreten;
schon Derenbourg bestreitet sie in seinem „Essay"
(1867), ebenso A. Geiger. In diesem letzten Werke
legt er sie noch einmal in positiver Entwicklung dar.

Aufgrund der Psalmen (vornehmlich der Lieder,
in denen die Anavim und Hasidim zu Worte kommen)
faßt K. die Gemeinschaft der Hasidim als eine
streng religiöse Laienbewegung, die sich im Gegensatz
zum sadduzäischen Priesterturn entwickelt und deren
Einfluß auf die Volksfrömmigkeit und den Bestand der
Svnagoge in den fundamentalen Gebräuchen des Ge-
nieindegebets, der Wohltätigkeit, dem Schema, den Te-
fillim, ZiZith, der Sabbathobservanz, dem Dienst der
AnsheMaamadoth u. a. zum Ausdruck kommt. Ihre Frömmigkeit
ist wesentlich profetisch-pietistisch, und ursprünglich
nicht kultisch orientiert. Sie sind die Schöpfer
des nicht kultischen Gottesdienstes, des kultusfreien
Gebetes, der Synagoge. Aus ihren Kreisen sind die
Psalmen Salomos hervorgegangen. Sie sind die Führer
der pharisäischen Partei. Erst diese hat sich später dem
kultischen Ritualismus ergeben; das ist aber in den
Augen des Vf.'s ein Verfallsstadium, dessen Überwindung
das moderne Reformjudentum bezweckt.

Es wird uns hier somit eine sehr sympathische Beschreibung des
altjiidisehcn Chcsidismus und des aus ihm hervorgegangenen Pharisäertums
gegeben, in der aber die prophetischen Elemente, die in dieser Bewegung
sicher gepflegt wurden, viel zu stark in den Vordergrund
geschoben sind. Ob die Spannung, die gewiß zwischen den jüdischen
Gemeinschaften und dem Priestcrtum bestanden, in diesem Sinne zu
fassen ist, erscheint mir sehr fraglich. Sehr eindrucksvoll stellt
K. als die drei Kardinalprinzipien des synagogalen Judentums die Einheit
Gottes, die Torah und die Herrschaft Gottes auf. Da die Torah
auch den ganzen Kultus umfaßt, auf dem das Priestertum steht, ist der
levitische Ritualismus als ein wesentliches Element des hassidischen Phari-
säismus festzuhalten, was K. wohl auch nicht in Abrede stellen wollte.

In den Kapiteln über die Essener ist zweierlei
von besonderem Interesse, die Bevorzugung der Darstellung
des Hippolyt (Refut.-Elench. IX 18ff.) vor
der des Josephus und die Herleitung der Apokalyptik
und der apokalyptischen Literatur aus ihren Kreisen
(cf. K.'s Artikel The Essenes and the Apocalvptic
Literature in Jew. Quart. Review 1920, 145 ff.). Ein
wichtiger Differenzpunkt zwischen Hippolyt und Josephus
ist der, daß nach ersterem der Essener keinen
Feind haßt, sondern für ihn betet (23, 3), während
Josephus betont (Bell. II 139), daß er den Ungerech-

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Jakobs" (1867), seine Erlanger (philosophische) Dr.- [ Christenhand korrigiert sein. Die naheliegende An-

LJissertation, die eine Weiterführung der Kritik von A. nähme, daß Hippolyt sich von Matth. 5,44 hat leiten

Kuenen und zugleich ein Bekenntnis zur Entwicklungs- lassen, hat K. indes nicht widerlegt, wenn man auch

Tanigkeit des Judentums darstellte, verbaute er sich den fragen kann, wie denn Hippolyt zu solcher Christiani-

^•ugang zum Rabbinat m Deutschland. Die Übersiedlung sierung kam.