Recherche – Detailansicht

Ausgabe:

1930 Nr. 10

Spalte:

234

Autor/Hrsg.:

Neubner, Joseph

Titel/Untertitel:

Die heiligen Handwerker in der Darstellung der Acta Sanctorum 1930

Rezensent:

Ficker, Gerhard

Ansicht Scan:

Seite 1

Download Scan:

PDF

233

Theologische Literaturzeitung 1930 Nr. 10.

234

Tertullians adv. Jud. ein, wobei er die sie mit starken Gründen bekämpfende [
Schrift Malte Äkermans (Über die Echtheit der letzteren [so!] Hälfte
von Tertullians adv. Jud., Lund 1918) nicht kennt; siehe jetzt auch
Theol. Stud. u. Krit. 1929, S. 462 ff. S. 89 A. 1 ist die Literatur
zum „Edikt" Kallists ungenügend angegeben. Wegen des Alters der
lateinischen Irenäusübersetzung (S. 99 A. 1) siehe jetzt Theol. Stud. u.
Krit. 1929, S. 466 ff. Die Aufstellung v. Harnacks bezüglich der lateinischen
Bibel Marcions hält B. (S. 102 A. 1), wie schon in den Ricerche
Religiöse 1926, S. 337 ff.) für nicht bewiesen, kennt aber v. Sodens
diese Aufstellung bekräftigende Arbeit (in der Festgabe für A. Jülicher
1927) noch nicht. Bezüglich Col. 1, 17 scheint mir freilich B. gegen
Hamack im Rechte zu sein: das rtpö ndvtciyv muß schon zu Tertullians
Zeit allgemein mit ante omnes, wiedergegeben worden sein, zumal da
es überall von einem rcüvta umgeben ist, das nicht omnes, sondern omnia
nahegelegt hätte. Bei Irenäus adv. haer. II, 22, 4 (S. 358 St.) ist zwar
Col. 1, 18 angeführt, dann wird aber mit prior omnium et praecedens omnes
auf 1, 17 zurückgegriffen. Daß Tertullian lateinische Bibelübersetzungen
kannte und selbst eine benützte, steht auch für B. (S. 213 A. 1) fest.
Vielleicht darf ich bei dieser Gelegenheit ein paar Beobachtungen anfügen
, die ich selber gelegentlich gemacht habe. I. Tim. 2, 5 ist de
carne Chr. 15 (II, 451 Oehler) wörtlich so angeführt: mediator dei et
hominum (so auch im lat. Irenäus, haer. V, 17, 1, S. 763 Stieren; bei
Novatian de trin. c. 14. 21. 23. 30. 31; bei Cyprian, Idola c. 11.
Testim II, 10), dagegen sagt Tertullian von sich aus stets Sequester:
adv. Prax. 27 (II, 693), de res. carn. 51 (II, 534) und c. 63 (II, 550).
Joh. 1, lf. wird adv. Hermog. 20 (II, 357), adv. Prax. 13 (II, 668),
c. 21 (II, 6S0) wörtlich so angeführt: in principio erat etc. (so auch im
lat. Irenäus, bei Novatian und Cyprian), dagegen sagt Tertullian selber
in (a) primordio: adv. Prax 5 (II, 658) u. c. 16 (II, 674). Ebenso führt
er Gen. 1, 1 de bapt. 3 (I, 621) mit in primordio etc. an, sonst aber stets
mit in principio: Prax. 5. Hermog. 3. 19. 20. 26. I. Cor. 15, 45 lautet
adv. Marc. II, 9 (II, 95); in spiritum vivificatorem, dagegen V, 10 (II,
304) u. res. carn. 53 (II, 539): spiritum vivificantem. — Zu den Büchern
Tertullians gegen Marcion siehe auch E. Bosshardt, Essai sur l'originalitfi
et la probite de Tertullien dans son traite contre Marcion 1921, zum
Montanismus (S. 154 ff.) jetzt Wilhelm Schepelern, Der Montanismus
und die phobischen Kulte 1929, zu den „Alogern" (S. 168) A. Bludau,
Die ersten Gegner der Johanneischen Schriften 1925. Zur Verhüllung
der Frauen und Jungfrauen (S. 187) siehe auch ZNW. 1922, S. 138.
Daß Tertullian in de paen. einen einmaligen „perdono ufficiale" kenne
(S. 198), ist doch sehr fraglich. S. 207 A. 4 muß es statt nemo volens •
fornicatur natürlich heißen: nolens (Druckfehler, namentlich in griechischen
und deutschen Wörtern, sind ziemlich zahlreich). Zu S. 208:
daß episcopus episcopotum in der Zeit zwischen Tertullian u. Cyprian ein
„offizieller Titel" des römischen Bischofs geworden sei, davon kann
doch wirklich keine Rede sein, vgl. jetzt meine Cathedra Petri 1930, S.
174 A. 2. Zu S. 242 f.: zwischen thurificati und sacrificati war kein
Unterschied (vgl. meine Cypr. Unteres. 1926, S. 151 ff.). Zu S. 243:
ep. 30 stammt nicht von Cyprian, sondern von Rom (Novatian), und
das Urteil dieses Briefes über die Libellatiker ist deutlich schärfer als
das Cyprians. Mit ähnlichem Versehen ist S. 262 A. 1 die ep. 75
Cyprian zugeschrieben (richtig S. 264 A. 1). Zu S. 249: in ep. 20, 3
ist von einem MartyTerfriedensbrief nicht abgesehen, da die Stelle ja
auf ep. 18 (bzw. ep. 19) Bezug nimmt, wo die Aufnahme von lapsi vom
Besitz eines solchen Scheines abhängig gemacht wird. Ausgeschaltet
wurden die Märtyrer in Afrika erst auf dem Frühjahrskonzil 251. Zu
S. 253 : Novatus war ursprünglich nicht Rigorist wie Novatian, sondern
<ias Gegenteil (vgl. ep. 43, 3); was die beiden zusammenführte, war der
Gegensatz gegen ihre Bischöfe. Bemerkenswert ist übrigens, wie sittliche
Verfehlungen eines Klerikers erst bekannt werden, wenn er mit
dem Bischof in Streit gerät. In ep. 14,4 und noch in ep. 43, 3 weiß
Cyprian nichts von Vergehen des Presbyters Novatus, sie kommen erst
in ep. 50 und 52, 2 zum Vorschein. Der römische Diakon Nicostratus
zählt in ep. 27, 4 und in ep. 32 zu den „beati confessores"; als er
sich aber auf die Seite Novatians gestellt hatte (ep. 46), kam es rasch
heraus, daß er allerlei Betrügereien und Unterschlagungen begangen
habe (ep. 50. 52, 1). Zu S. 404 (bzw. S. 412 A.): der karthagische
Diakon und Lebensbeschreiber des Fulgentius von Rüspe heißt nur Fer-
randus, nicht Fulgentius Ferrandus (siehe G. Krüger in der Harnack-
Ehrung 1921, S. 219 ff.) und vollends ist „il biografo di san Fulgentio
Ferrando" ein Unding.

Es ist ein großer Stoff, den B. auf diesen viereinhalbhundert
Seiten zu meistern hatte. Da ist es begreiflich
, daß da und dort Versehen oder Ungenauigkeiten
mitunterliefen und an manchen Stellen der Wunsch nach
einer etwas anderen Mischung der Farben sich regen
kann. Auch die Literatur ist sehr umfangreich und zersplittert
, und die Zeit, in die wohl die Vorarbeiten zurückreichen
, bot für Kenntnisnahme auswärtiger neuer
Erscheinungen noch beträchtliche Schwierigkeiten, so-
daß Lücken hierin mehr als entschuldbar sind. Über
deutsche wissenschaftliche Persönlichkeiten weiß B.

sonst so gut Bescheid, daß er z. B. die übereinstimmende
Deutung von paganus durch Th. Zahn und
Harnack als „inconsueta concordia" bezeichnen kann
(S. 129 A. 1). Was er sich zur Aufgabe gesetzt hat,
die Entwicklung der afrikanischen Kirche in ihrer Eigenart
und ihren in sich zusammenhängenden Lebensäußerungen
mit dem Hintergrund der jeweiligen politischen
Zustände zu zeichnen, das hat er gewandt, scharfsinnig
und geistvoll durchgeführt und so gewährt sein Buch
nicht bloß reiche Belehrung, sondern auch hohen Genuß
. Eine Fülle von Beobachtungen politischer, kirchenpolitischer
und seelenkundlicher Art, aus eingehender
Kenntnis der treibenden Kräfte in der Geschichte und
eigener reicher Lebenserfahrung geflossen, erhöhen den
Reiz der Darstellung. Nicht selten lugt aus den Zeilen
ein überlegenes spöttisches Lächeln, wie es über die
geistvollen Züge eines Duchesne zu huschen pflegte
und in so manchem treffenden Worte verewigt ist.

München. Hugo Koch.

Neubner, Relig.-Oberlehrer Dr. theol. Joseph: Die heiligen Handwerker
in der Darstellung der Acta Sanctorum. Ein Beitr. z.
christl. Sozialgesch, aus hagiograph. Quellen. Münster i. W.: Aschendorff
1929. (XVI, 272 S. m. 4 Abb. u. 7 Taf.) gr. 8°. = Münster-
ische Beitr. z. Theologie, H. 4. RM 12.60; geb. 14.50.

Wenn ich es recht verstehe, so bezieht sich der
Titel darauf, daß nur die Heiligen des Altertums und
des Mittelalters zusammengestellt werden, und zwar
werden die abendländischen Heiligen mehr berücksichtigt
, als die morgenländischen, über das Mittelalter
hinaus werden die Heiligen nur ausnahmsweise in dem
4. Teile, dem Ausblick und Rückblick berücksichtigt,
wo von dem Fortleben der Handwerksheiligen in sozial-
und kulturgeschichtlicher Rücksicht, in literargeschicht-
licher Rücksicht, ihrem Fortleben in den erhaltenen
Kunstwerken, ihrem Fortleben als Zunftpatrone, ihrem
Fortleben in ikonographischen Darstellungen, ihrem
Fortleben in liturgischer Gedächtnisfeier die Rede ist.
Es werden auch nur die männlichen Vertreter der
Handwerksheiligen zusammengestellt und die hagio-
graphischen Urkunden nach sozialethischen Gesichtspunkten
durchmustert und nach heiligen Handwerkern
gesucht. Es wird uns damit ein reicher und auch interessanter
Stoff vorgeführt, auf den auch die modernen
Grundsätze historischer Kritik angewandt werden; allerdings
nur mehr wie schüchtern und zaghaft; denn dem
Verfasser kommt es in der Hauptsache darauf an, die
Wahrheit der katholischen Legende zu verteidigen. Ich
habe den Eindruck, daß ihm das viel besser gelungen
ist, als die Ansätze zu historischer Kritik, wo sie sich
findet. Sehr nützlich sind die umfassenden Register am
Schluß, ein Personen-, Namen- und Sachregister, ein
Verzeichnis der Handwerksheiligen, ein lexikographisches
Register, in dem die in den Anmerkungen vorkommenden
griechischen und lateinischen Ausdrücke erklärt
werden. Instruktiv und lehrreich sind auch die
beigegebenen Abbildungen.
Kiel.____G. Ficker.

Kirn, Paul: Das Urkundenwesen und die Kanzlei der Mainzer
Erzbischöfe im 15. Jahrhundert. (Sonderdr. a. Archi" f. Hessische
Gesch. u. Altertumskunde, N. F. XV. Bd.) Heidelberg: C.
Winter's Univ.-Buchh. 1929. (88 S.) gr. 8°. RM 3.50.

Die vorliegende Arbeit ist von Prof. Gerh. Seeliger
angeregt und als Dissertation von der Leipziger
Philosophischen Fakultät 1920 angenommen worden.
Das ungedruckte Material, das verwendet wurde, liegt im
Bayrischen Hauptstaatsarchiv in München und im Staatsarchiv
in Würzburg. Als Ergänzung kann dienen der
■ Artikel desselben Verfassers: „Die Nebenregierung des
Domkapitels im Kurfürstentum Mainz und ihr Ausdruck
i im Urkundenwesen des 15. Jahrhunderts" im Archiv für
I Urkundenforschung IX, 1926. Bei der Bedeutung von
Kurmainz für das Reich, für die Geschichte der Reichsreform
und der Reformation ergibt sich die Wichtigkeit
der Kenntnis des Urkundenwesens und des Archivs im
15. Jahrhundert von selbst. Es wird übrigens an geeig-