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Ausgabe:

1929

Spalte:

171-172

Autor/Hrsg.:

Nielsen, Ditlef

Titel/Untertitel:

The Site of the Biblical Mount Sinai 1929

Rezensent:

Gustavs, Arnold

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von ihm verfaßten, freilich nicht zahlreichen, Bücher- i
besprechungen. Ein gutes Sach- und Namensverzeichnis
hat wieder Oskar Rühle beigesteuert. Dem Verlag sei
noch besonders gedankt für den schönen, sauberen
Druck in deutschen Buchstaben, der das Lesen ungemein
erleichtert und den Genuß erhöht.

Versehen sind mir nur wenige aufgefallen, wie S. 15 A. 1 Z. 'S eine
falsche Silbenverbindung, S. 26 gegen Mitte: künstlicher st. künstliche.
S. 54 A. 3 Z. 4 ein fehlendes „daß", S. 174: iiier st. ihrer, S. 18S A. 1
7. 1 : sich st. mich, S. 197 Ahm. Z. 1 inlatus st. inlatas, S. 222 Z. 6 v. ;
o.: zwischen). In Holls Randbemerkung S. 271 A. 1 Z. 1 muß es offenbar
„Glück" heißen statt „Unglück". Verunglückt ist S. 205 die !
Wendling, dal! einmal eine bekümmerte krau bei Sense „Beichte hören
wollte". Sense selber sagt (bei Denifle 1, 259). daß sie „beichten j
wollte", daß aber er sie „jetzt nicht Beicht hören wollte". Eine sach-
liehe Ungenauigkeit S. 232 : Der Entlassungsruf der katholischen Messe
lautet nicht „Missa acta est", sondern „Ite Missa est", was freilich ebenso ,
unfeierlich klingt. S. 92 A. 4 versteht Holl das bekannte Wort Ter- j
tullians" (de praescr. e. 36 : habes Romain unde nobis quoque auetoritas ■
praesto est), vom U r sp r u n g des afrikanischen Christentums von Rom her, |
was die Stelle dem ganzen Zusammenhang nach nicht besagt. Übrigens
scheinen mir auch die von Holl angeführten Stellen aus Augustin nicht
das Christentum Afrikas unmittelbar vom Osten herzuleiten, sondern nur
gegenüber dem afrikanischen Donatismus auf die Tatsache hinzuweisen,
daß das Christentum überhaupt seine Wiege im Morgenland hatte. In
meiner Anzeige des 2. Bandes (in dieser Ztg. 192S, Sp. 367 !') habe ich
auf die zunehmende Sprachreinheit bei Holl aufmerksam gemacht, was
in der schönen Zeitschrift des Deutschen Sprachvereins, „Muttersprache"
1929, Nr. 1, Sp. 7 f. anerkennend vermerkt wurde. Beim vorliegenden
3. Band ist dieselbe Beobachtung zu machen u. man braucht nur Nr. 1
(1897) oder noch die Aufsätze aus den Jahren 1903 u. 1907 mit denen
aus der letzten Zeit zu vergleichen, um zu seilen, wie Holl die Fremdwörter
mehr und mehr abgestoßen und seine Sprache zu blitzender
Reinheit und Klarheit geschliffen hat

München. Hugo Koch.

Nielsen, Dr. Ditlef: The Site of the Biblical Mount Sinai.

A Claim for Petra. Leipzig: O. Harrassowitz 1928. (24 S. m.

6 Fig. auf Taf. u. e. Kte.) gr. 8". RM 1.75.

Zu den mancherlei Vorschlägen über die Lage des
biblischen Sinai fügt Nielsen einen neuen, der in dieser
zuversichtlichen Forin bisher nicht ausgesprochen worden
ist. Er sucht den Ort der Gesetzgebung in der
Felsenstadt Petra, der späteren Hauptstadt des Naba-
täerreiches. Man wird ja die Gründe verstellen können,
welche N. gegen die Berggruppe im Süden der Sinaihalbinsel
, an der die Tradition haftet, geltend macht.
Man wird es auch plausibel finden, daß die Vulkane
Nordarabiens zu weit von dem Ziele abliegen, dein die
Israeliten zustrebten. Man kann auch der Behauptung
zustimmen, daß der Heilige Berg nicht zu weit von der
Grenze Palästinas und von der Oase von Kades abliegen
dürfe und daß sich in seiner Nähe eine andere Oase als
Standquartier für die Pilger befinden müsse. Aber sonst
stehen der Hvpothese Nielsens erhebliche Bedenken entgegen
.

Schon 1904 hat N. in seinem Buche „Die altara-
bischc Mondreligion und die mosaische Überlieferung"
die Vermutung geäußert, daß der Berg Sinai auf seinem
Gipfel eine Kultstätte aufgewiesen habe ähnlich den in
Petra gefundenen, etwa in der Art des Heiligtums von
zibb 'attif. In den Vorschriften über den Bau der Stiftshütte
sieht er nicht eine Projizierung des salomonischen
Tempels in die Wüstenzeit, sondern vielmehr eine Beschreibung
des Heiligtums, das sich auf dem Sinai befand
; nur daß bei dieser für die Reise bestimmten Wohnung
Gottes leichtere Materialien, Holz und Zeug statt
Stein verwendet werden (Altarab. Mondrel. S. 169).
„Der biblische Berg Sinai war also zwar ein natürlicher
Berg, aber für kultische Zwecke eingerichtet, war ein
offener Kultusplatz im Freien nach echter altarabischei
Art, ein Zentralkultusort für die ganze Gegend und die
umwohnenden Stämme, nach der Bibel im nordwestlichen
Teil Arabiens südlich von Petra gelegen" (a. a.
O. S. 170). Hier wird Petra lediglich als Parallele zu
der Kultanlage auf dem Sinai gewertet.

Ein Besuch, den N. im April 1927 Petra abgestattet
hat, ist ihm ausschlaggebend geworden für die völlige

Gleichsetzung von Petra mit dem Sinai. Er glaubt
dort eine natürliche Kanzel gefunden zu haben, von der
aus Mose zu einigen tausend Menschen habe sprechen
können; außerdem sei ein kleinerer Opferplatz in der
Nähe vorhanden, auf dem die Opfermahlzeit des Mose
mit den 70 Ältesten (Ex. 24, 9—11) stattgefunden
haben könne. Das Feuer und der Rauch habe nicht, wie
man gewöhnlich annimmt, von einem Vulkan hergerührt,
sondern von den Opfern, die auf dem alten Opferplatz
oben auf dem Felsen dargebracht wurden. Es ist aber
doch wohl müßig, so spezielle Erwägungen anzustellen,
da man für sie doch niemals auch nur einen geringen
Grad von Wahrscheinlichkeit erreichen kann. Entscheidend
gegen Nielsens Auffassung spricht die Bearbeitung
der Felsen, ihre künstliche Herrichtuiig zu Opferplätzen,
Altären usw., die N. anscheinend auch schon für jene
alte Zeit annimmt. Man versteht nicht recht, wie N. das
Gebot Ex. 20, 25 für seine Hypothese anrühren kann
(S. 22), da dieselbe dadurch geradezu unmöglich gemacht
wird. Müßte nicht auch eine so ausgeprägte
Eigenart, wie sie die Felsen von Petra sowohl in der
Formation als auch vor allem in den Farben aufweisen,
in den biblischen Berichten irgendwie zum Ausdruck
kommen?

Die Hypothese Nielsens hat ihre tiefste Wurzel in
seiner Überzeugung, daß Jahve ursprünglich ein Mondgott
gewesen sei. Er hat diesen Gedanken mehrfach in
seinen Werken ausgesprochen, jüngst noch in dem
Handbuch der altarabischen Altertumskunde I, S. 241
bis 246, wo er u. a. sagt, daß der zentrale Nerv der hebräischen
Religion nach dem alten Arabien führe und
daß Jahu ursprünglich ein binarer Gott gewesen sei. Da
nun in Petra deutliche Zeichen eines alten Mondkultus
vorhanden sind, ist es ihm besonders für die Rolle des
Sinai qualifiziert. Von wesentlicher Bedeutung scheint
für N. ein Monduntergang gewesen zu sein, den er in
Petra erlebt hat, bei dem die Sichel des Mondes in einer
halbmondförmigen Einsenkung des Felsens sichtbar
war. Es ist doch wohl bedenklich, daraus Schlüsse auf
die Bestimmung des in der Nähe liegenden Kultplatzes
zu ziehen. Überhaupt müssen wir uns hüten, schwärmerische
Stimmungen, die durch Naturerscheinungen bei
uns ausgelöst werden, ohne weiteres den Menschen zuzutrauen
, die vor mehreren Jahrtausenden gelebt haben.
Vielleicht haben deren Seelen ganz anders auf derartige
Eindrücke reagiert. Jedenfalls wird man, wenn man
Nielsens These von dem lunaren Charakter Jahwes nicht
beistimmen kann, auch seine Gleichsetzung des Sinai mit
einer Opferhöhe bei Petra ablehnen müssen. Es wird
wohl für immer dabei bleiben, daß die wirkliche Stätte
der Gottesoffenbarung vom Sinai unbekannt ist.

Beiläufig mag noch bemerkt werden, daß mau Prof: (i. Haltnau,
der bei seiner Vorliebe dir das schwedische Volk und die schwedische
Spracht doch ein guter Deutschef ist, schwerlich als „distinguished
Swedish investigatbr" (S. 19) bezeichnen darf.

Hiddensee. Arnold Gustavs.

Seilers, R.V., B D.: Eustathius of Antioch and his place
in the early history of Christian Doctrine. Cambridge:
University Press 192S. (X, 124 S.) 8". 8 sh. 6 d.

Eine beachtenswerte Arbeit eines englischen Gelehrten
, der sich selbst als Anfänger in der Patristik
bezeichnet (S. 60), und beeinflußt von Loofs und Be-
thune-Baker die dogmengeschichtliche Stellung des Eustathius
von Antiochien zu ermitteln sucht, mit der Tendenz
, daß diese antiochenisch-syrische Theologie einen
älteren Typ christlicher Lehre darstelle, zu dem es zurückzukehren
gelte (S. IX, 120, A. 1).

In einem einleitenden Cap. I (The Background, S.
1—23) wird eine Skizze der theologischen Entwicklung
von Origenes bis zum nieänischen Konzil geboten, aber
gleich hier sieht man die Mängel des Buches: das Fehlen
einer klaren Unterscheidung zwischen Übernommenem
und Erarbeitetem, das breite Ausführen von Dingen,
die längst allgemein bekannt sind, und ein gewisser