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Ausgabe:

1929

Spalte:

153

Autor/Hrsg.:

Fogelklou, Emilia

Titel/Untertitel:

Die heilige Birgitta von Schweden 1929

Rezensent:

Rosén, Carl Hugo

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153

l.M

Schwierigkeit, ihn als Grundansicht Jesu aufzuweisen,
wäre viel stärker empfunden worden. Das eigentliche
Problem besteht darin, wie es möglich ist, daß auf dem
Boden und in dem Rahmen einer Grundanschauung, die
das religiöse Verhältnis durch Vergebungsgnade bedingt
sein läßt, dennoch der Vergeltungs- und Lohngedanke
gleichzeitig eine solche positive Bedeutung haben kann,
wie er in zahlreichen Worten Jesu zu haben scheint,
wenn man nicht irgendwie ein Ineinandergreifen verschiedener
Betrachtungsweisen anerkennen will. Davon,
daß es möglich ist, dieses Problem mit einer einfachen,
runden Formel zu beantworten, haben mich doch auch
die scharfsinnigen Ausführungen dieser Schrift nicht
überzeugen können.

Erlangen. II. Sitat Ii mann.

Fogelklou, EroOia: Die heilige Birgitta von Schweden. Aus

dem Schwedischen iibertr. von Maja l.oehr. Mit c. Geleitwort von
Friedrich Heiler. München: E. Reinhardt 1920. (339 S.) 8°.

RM 7.50.

Vieles ist schon über die schwedische Seherin von
ihren eigenen Landsleuten geschrieben worden. Doch
sind das zumeist gelehrte Arbeiten von einer Schwere,
die ihren Inhalt den Laien versperrt — oder es sind
populäre Zusammenfassungen und Aufsätze. Hier aber
begegnet uns eine Darstellung, die wirkliche Gelehrsamkeit
mit glühenden Farben des Stiles eindrucksvoll
verbindet. Nur eine Frau konnte den mütterlich waltenden
Geist Birgittas so tief erfassen und so lebensvoll
wiedergeben. Freilich muß man eine gewisse Redseligkeit
sowie eine allzu weibliche familiäre Zutraulichkeit
der Verfasserin gegen ihre Heldin mit in den Kauf
nehmen. Das ist nur die Kehrseite der glänzenden Verdienste
des Buches. Es ist von überaus vielen wohlgewählten
Zitaten durchsetzt, was in hohem Grade dazu
beiträgt, uns die Gestalt der Seherin in ihrer ganzen
urwüchsigen Große lebendig vor die Augen zu stellen.
Die deutsche Übersetzung scheint besonders gut zu
sein; sie folgt mit größter Geschmeidigkeit den suggestiven
Wortfügungen der Verfasserin. Das Illustrationsmaterial
ist so gewählt, daß es deutschen Lesern
von den schwedischen Denkmälern aus der Zeit Birgittas
ein gutes Bild übermittelt. Die ganze Ausstattung
des Buches ist sehr angenehm für Auge und Hand.
Lulld- Hugo Rosen.

Wilms, I'. Hieronymus, O. P.: Das älteste Verzeichnis der
deutschen Dominikanerinnenklöster. Leipzig: O. Harrassowitz
1928. (112 S.) gr. 8°. = Quellen u. Eorschgn. z. Gesch. d.
Dominikanerordens in Dtschld., H. 24. RM 6—.

Aus einem im Dominikanerarchiv zu Rom befindlichen
anfangs des 14. Jahrhunderts geschriebenen Codex
wird zunächst das Verzeichnis der Dominikanerinnenklöster
zum Abdruck gebracht, dann werden alle
die aufgeführten Klöster der Provinzen Teutonia und
Saxonia sowie auch die in jenem Verzeichnis nicht an-
"eführten Klöster, soweit von ihnen Nachrichten vorhanden
sind, identifiziert und ihre Geschichte bis zum
Schluß, bzw. bis heute dargelegt, eine außerordentlich
pünktliche und gewiß sehr muhevolle Arbeit, die als
Grundlage für lokalgeschichtliche Forschungen von
Wert sein wird. Ein Kloster- und ein Personenverzeichnis
am Schluß erleichtert die Benützung.
Stuttgart. Ed. Lempp.

Wotschke, Theodor: Miscellen. Polnische Studenten in Altdorf.
S.-Abdr. aus Jahrbücher f Kultur u. Gesch. d. Slaven. N. F.
Bd. IV, Heft 2. Breslau : Priebatsch s Buchh. 1928. (S. 216 232.)
8°.

In Fortsetzung seiner Forschungen über das Auslandsstudium
der Polen stellt W. in der Matrikel der
fränkischen Hochschule 275 Studierende aus Polen-Litauer
, in der Zeit von 1575 bis 1615 fest. Von den im
Gründungsjahr immatrikulierten 33 Studenten stammten
allein 11 aus Polen; der Zuzug von hier erreichte 1582
mit 13 neu immatrikulierten den Höhepunkt. Im nächstfolgenden
Jahr bekleidete der Pole Nikolaus Ostrorog
die Würde des Ehrenrektors. W.'s Skizze erlangt dadurch
eine erhöhte Bedeutung, daß er die weiteren
Lebensschicksale der polnischen Hörer der Paläocome,
an der sich im 17. Jhdt. die Antitrinitarier um den
Mediziner Ernst Soner zusammenfanden, unter besonderer
Berücksichtigung ihrer Stellung in der evangelischen
Bewegung kennzeichnet.
Wien. Karl Völker.

Cordier, Leopold: Die evangelische Jugend und ihre Bünde.

Eine geschichfl. Einführg. Schwerin i. M.: F. Bahn 1926. (828 SA
8°. == Evangelische Jugendkunde, Bd. 2. RM 23.40; geb. 27—.
Seinem ersten Band, dem Quellenkundebuch der Jugendkunde,
hat C. sehr bald die geschichtliche Darstellung folgen lassen. Zuerst
erschrickt man vor dem unförmlichen Buch — 700 S. Text und 128
S. Anmerkungen und Register! — aber wenn man sich etwas hineingelesen
hat, liest man gern weiter. Es geht auf breitem und gefälligem
Pfad mit vielen Abschnitten und Ruheplätzen durch die
Jahrhunderte hindurch. Eine staunenswerte Arbeit ist geleistet. Sie
beginnt mit den ersten Anfängen der Fürsorge für die Jugend und
geht bis zur allerneuestcn Jugendarbeit hindurch. Es ist alles berücksichtigt
, was nur irgend da/u gehört. Männliche und weibliche,
evangelische und katholische sowie freikirchliche, bürgerliche und
sozialistische, religiöse und idealistisch-humanitäre Jugendarbeit; Handwerker
, Schüler, Studenten, Fabrikarbeiter, — nichts scheint zu
fehlen. Der Weg geht von der ältesten rein autoritären und kate-
chetischen Arbeit über Innere Mission und Jugendbewegung zu den
let/len Bemühungen der neuesten Jugend um Form schaffende Selbstdarstellung
in gestaltender Leistung und im Dienst an den geschichtlichen
Gemeinschaften. Die Darstellung umfaßt nicht nur eine unendliche
Fülle von Namen, Zahlen, Daten, Auszügen aus Protokollen
und Biographien, sondern auch und vor allem Ursprünge und Entwicklungen
, die in zusammenfassenden Obersichten dargeboten den
ganzen Verlauf förderlich erhellen. Auf allen Ein/elgcbietcn und in
allen Zeitabschnitten treten das Auf und Ab, die Krisen und ihre
Lösungen, gegenseitige Einflüsse und Trennungen zwischen den verschiedenen
Richtungen und Gruppen deutlich heraus. Immer ist
jede Periode in den größten kulturgeschichtlichen Zusammenhang
hincingezeichnet und die ganze Darstellung unter Gesichtspunkte der
Struktur- und Kräftesoziologie gestellt, um die Gesetzmäßigkeiten
des Gemeinschaftslebens auf diesem besonderen Gebiete kenntlich zu
inachen. Klar tritt der Standpunkt des Verfassers heraus, wie er dem
Verlauf der geschichtlichen Entwicklung folgend sich ergibt. Das so
starke Moment der angelsächsischen Frömmigkeit mit ihrem Drängen
auf evangelistisch-missionarisches Wirken wird abgelehnt zu gunsten
der erziehlichen Aufgabe, das deutsche Oeistcswesen soll im Gegensatz
zu allem internationalen gepflegt werden; die reformatorische
Frömmigkeit soll die angelsächsische verdrängen, die Selbstverant-
worttmg das Gelübde, der Dienst an den geschichtlich gewordenen
Gemeinschaften vor allem an der volkskirchlichen Gemeinde die
zurückgezogene Seelcnpflege in Vereinen und Bünden, gestaltende
Leistung in diesem Dienst den freischwebenden Enthusiasmus. —
So ist uns ein Standwerk der Jugendarbeit geworden, das unter gesunden
Gesichtspunkten die ganze große Fülle der aus der Vergangenheit
in die Gegenwart hereinragenden und der ganz modernen
Versuche enthält, der Jugend dazu zu helfen, daß sie ihre Wege selber
finden lerne.

Marburg. F. Niebergall.

Adickes, Erich: Kant und die Als-Ob-Phllosophie. Stuttgart:
F. Frommann 1927. (VIII, 292 S.) 8°. RM 9 - ; geb. 11—.

Es handelt sieh darum, ob die Als-Ob-Wendungen
in den Kantischen Schriften in fiktionalem Sinn, wie es
Vaihinger tut, zu deuten sind oder nicht. Der kürzlich
verstorbene Kantforscher Adickes behauptet mit Recht,
daß V. ,,hypnotisiert von seinem System" den fUctionalen
Sinn in sie hineininterpretiert habe. Die sprachliche Aus-
drueksform des Als-Ob muß nicht mit Notwendigkeit
auf eine UnwirkKchkeH hindeuten, kann vielmehr auch
die Unsicherheit, über eine Wirklichkeit etwas mit Bestimmtheit
auszusagen, zum Ausdruck bringen. Tatsächlich
will denn auch Kant, wenn er dem Ding an sich,
den Ideen, den Postulatetl Als-Ob-Charakter zuschreibt,
gar nicht deren Realität leugnen, sondern nur die Unmöglichkeit
, vom theoretischen Standpunkt aus etwas
über sie auszusagen. Interpretiert man die Als-Ob-
Stellen aus ihrem engeren oder weiteren Zusammenhang
heraus, dann findet sich keine Stelle, die in V.'s
Sinn zu deuten wäre. Die Fülle des Beweismaterials,