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Ausgabe:

1929 Nr. 5

Spalte:

111

Autor/Hrsg.:

Strunz, Franz

Titel/Untertitel:

Astrologie, Alchemie, Mystik 1929

Rezensent:

Völker, Karl

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Seite 1

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Hl Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 5. 112

deutsche Verblendung zerrüttet, das 1000jährige Gebilde
leblos geworden." Ja, weiß der Verfasser nicht, daß es

Pfarrer in Zukunft nur noch zu der Übersetzung statt zu
dem in seiner lateinischen Prägnanz unerreichbaren Ori-

den Päpsten gelungen ist, das ihnen gefährliche Kaiser- ginal greifen sollte. Gegenüber diesem Schaden bleibt
tum zu stürzen, daß zur Zeit Luthers von einem mäch- j die Aufgabe, die Luthers Römerbriefvorlesung an unseligen
Kaisertum schon lange keine Rede mehr war? ; rem gesamten evangelischen Christenvolk noch hat,
Eines Historikers unwürdig ist auch der Ausdruck: „die ; zu hoch.

furchtbare Zeit des Absolutismus". Ich erinnere nur j Von der Größe dieser Aufgabe weiß der Veran-
daran, was die absoluten Kirchenfursten Herrliches für ; stalter der vorliegenden Übersetzung (s. Vorwort
die deutsche Kunst geschaffen haben. Ist deren Regie- j s. IXf.); er will darum auch mehr als eine wörtlich,
rung auch furchtbar? sklavisch gebundene Übersetzung geben: es soll eine
Es ließe sich noch manche reichlich tendenziöse „Übertragung", eine „Brücke sein hin zu einem lebendi-
Bemerkung herausgreifen, es möge genügen. Ich möchte gen Erfassen und Verstehen der Sache, um die es geht",
nur noch einmal dem Bedauern Ausdruck geben, daß ein Aufs Ganze gesehen darf man urteilen, daß dieser Wurf
so verdienstliches Werk durch solche reichlich aufge- gelungen ist Einen wirklichen Sprachmeister, den man
tragene Tendenz und sachlich falsche Ausfalle gegen sjcn für diesen Stoff wünschen möchte, darf man aller-
Luther und sein Werk entstellt wird. — Die prachtige dings hinter dieser Übertragung nicht finden wollen.
Ausstattung sowie die zahlreichen musterhaften Wieder- j es s0h darum hier die Übersetzung nicht in Kleinig-
gaben märkischer Kunstwerke sollen schließlich nicht heften bemängelt werden, weil sie oft reichlich frei und
unerwähnt bleiben. Ein Sach- und Namenverzeichnis modern, mit Ausdrücken, die Luthers deutschem Worterhöht
die Brauchbarkeit des Buches. schätz fremd sind, arbeitet („Flunkereien" S. 22; „Kari-
Bemburg. H. Peper. katur" (idolum) S. 5) oder andrerseits u.E. nicht genug

von Latinismen gereinigt ist. Man spürt doch am gan-

Schmieder, Karl Christoph: Geschichte der Alchemie. Hrsg. zeri) daß die Freiheit des Übersetzers aus leidenschaft-

,kotngfr,rcr™'zStrunz- mnchen-p]™czz[?J- Barth-Verlag ,ichem Ernst und persönlicher Hingabe an die Sache

1927. (613 S.) 8°. RM 10-; geb. 12-. : . 1

Strunz, Franz: Astrologie, Alchemie, Mystik. Ein Beitrag zur 1 s s"

Geschichte der Naturwissenschaften. Ebd. 1928. (351 S.) kl. s°. Um so mehr ist man erstaunt, wenn man daneben

RM 6- ; Lwd. 7.50. nach der wissenschaftlichen und technischen Seite hin

St., der feine Kenner dieses Gegenstands, war wie eine merkwürdige Unzuverlässigkeit und Flüchtigkeit

kein anderer zur Neuauflage der 1832 erstmalig erschie- ! an der Übersetzung und der Drucklegung bemerkt. Um

neuen Geschichte der Alchemie von Schmieder berufen. ; mit dem Äußerlichsten zu beginnen:
Durch seine eigene „Geschichte der alchemistischeu Die Zahl der sinnstörenden und anderen

Weltanschauung und ihres tragischen Irrtums", das Druckfehler ist über Gebühr beträchtlich;
Kernstück der oben angeführten Schrift, hat er zugleich „nr eini Bei jele. E (= Ellwdn) s 208/20g scheint einc

die Zweckmäßig eit des von ihm besorgten Neudruckes Zeile beim Umbrechen verloren gegangen zu sein. — E 229,4 „keinen" statt

erwiesen. Sch. halt als glaubiger Alchemist eine chro- | „einen". - E81,29 fehlt: „den Sieg" u. „wird". - Ei62,2i und 165,4

nologische Heerschau über die für die Alchemie inter- I „Todsünde" statt „Tateünde" (richtig dann „Tateünde": 170,9). — ES

essierten Personen der Zeiten und Völker, wobei er die Anm. „amagogicus" statt „anagogicus". — E 120,5 fehlt „du". -

ablehnenden Stimmen ebenso vermerkt wie die zu- I E135 Anm. „ess" statt „est". - Eine Reihe von Zahlen ist falsch: z.B.

stimmenden, während St. über den Rahmen einer bloßen E46 Anm.; E88.21 gehört 8 Zeilen tiefer; E9i,7; E188.26. E9(>

Stoffsammlung hinaus die alchimistische Idee in ihrer | Anm- 1 sind zwei Zeilen vertauscht. - usw.

religiösen Ausprägung zu erfassen sucht und zwar unter | Willkürliche Auslassungen bei der Übersetzung
Einbeziehung der Astrologie und Mystik, sofern diese die keinen anderen Grund als Nachlässigkeit haben:
Verbindungsfäden mit der Alchemie aufweisen. Der , Z. B.: E (Fickcrs Textausgabe; deren Seiten sind bei Ellwein
Schwerpunkt liegt zwar auf der naturwissenschaftlichen 1 am Rand vermerkt.) II 113,7f = E (Ellwein) 170 fehlt ein ganzer
Seite des Problems, für die Religionsgeschichte, insbe- ; Satz. - F II 109,10 (= E165) sind 4 Worte (confitentibus —
sondere für die Kirchenhistorie, fällt aber manche treff- i putrnavi) unübersetzt Kcbhebeiisodaß Konstruktion und Sinn verliehe
Feststellung und Beobachtung ab. Die griechische ■ dorben s.nd. MI 204,16 f = E 308) im Zusammenhang der
... ., , . i_.fi er* xi 13 i_ £ i' B -•• entscheidenden Stelle über die chnstologische Begründung des opus
Phi.osophie m ihrer Einflußnahme auf die religiöse Ge- aliem,m abersetzt Elhvcin: Sic enim L,„it in opcre sllo p,.opri„, qUod

staltung, der Hellenismus, die Gnosis, die Scholastik ^ primlllll ct exemplar omnium operum suorum, 1. e. in Christo:

U. ä. m. rücken durch St.S Behandlung des Gegenstandes „So nämlich handelte er in seinem eigentlichen Werk d. h. in Christus",

in eine vielfach zu wenig beachtete Beleuchtung, wie j FII69,10 (= E105) iustitia dei einfach „Gerechtigkeit" übersetzt,

auch die Urteile von kirchenhistorischen Persönlich- Irreführende oder unverständliche Über-

keiteii, wie Luthers und Melanchthons, über die Alche- setzun«--

ÜL^L-^f- Lverzeichtiett. ^"^."g Verdienen. „Sch. z B.: F II 3,31 ( E5) Stutta humilitas: wahrhafte „Demut",

stellt die Alchemie in die Entwicklung des inneren i FII106,5 (= E162) mirabihs et severe im: „verwunderlich und

Menschen und, Sie als geistige Welt phantasievoll und : staunenerregend (!) ist sein Zorn". FII107,29 (= E163) bezieht

gemüthaft nacherlebend, versucht er es, die ersten ideen- Ellwein sustinere auf peccatum, da ihm offensichtlich Luthers sehr

geschichtlichen Zusammenhänge zu ertasten, wie sie sich häufiger, an Ps. 24 (25), 5.21; Ps. 26 (27), 14; Ps. 32 (33), 20 u. ä. an-

VOr allem auch in der mythischen Phantasie und in schließender Sprachgebranch sustinere dominum „des Herrn harren"

metaphysischen Spekulationen verbergen" (Strunz). "icht bekannt ist.

Wie,, Karl Völker Unverständlich ist, weshalb der Übersetzer Luthers

Ausdrücke für die Rechtfertigung willkürlich durchein-

Luther, Martin: Vorlesung über den Römerbrief 1515/1516. ander wirft. Da gerade die Reputationslehre das zen-

Übertr. v. Eduard Ellwcin. München: Chr. Kaiser 1927. (XI, trale Anliegen für Luther in den ersten Kapiteln ist,

514 s.) gr. 8°. RM 12.50; geb. 14.50. j kann es auf den Leser nur verwirrend wirken, daß E.

„Neben dem Galaterkommentar von 1519 ist diese | die Polarität von „gerecht erklären" (reputare iustum)

Auslegung wohl Luthers genialste, eine — ich weiß, und „gerecht machen" (iustum efficere), die in dem

was ich sage — bis heute noch nicht übertroffene Lei- „Rechtfertigen" (iustificare) liegt, aufhebt, indem er

stung" (K. Holl, Ges. Aufs. I3 S. 550). sich an keine bestimmte Übersetzung bindet; so z.B.

Daß dieses lateinische Werk Luthers nun zum F II 41,10 iustificabuntur i. e. iusti reputabuntur = E 64

ersten Male in deutscher Übertragung vorliegt, ist eine ; „sie werden für gerecht erklärt d. h. als gerecht aner-

Tat, die weiteste Kreise der evangelischen Christenheit kannt (!) werden"; F II 60,12 nos iustificat i. e. iustos

tief zu Dank verpflichtet. Die Bedeutung der Veröffent- : reputat =- E 92 Gott „rechtfertigt uns d. h. erkennt uns

lichung kann selbst dann nicht gemindert werden, wenn, als gerecht an"; F II 105,20 iusti reputantur = E 161

wie zu befürchten ist, ein Teil unserer Studenten und als gerecht angesehen (vgl. die Übersetzung von FII