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Ausgabe:

1929

Spalte:

102-104

Autor/Hrsg.:

Preisendanz, Karl (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Papyri Graecae Magicae. Die griechischen Zauberpapyri. I 1929

Rezensent:

Bauer, Walter

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riert er wohl über die Schwierigkeiten, die den Anlaß
kritischer Hypothesen gebildet haben, übngens mit
-rroßen Unterschieden hinsichtlich der Ausführlichkeit,
von der Aufzählung zahlreicher Einzelheiten (Dubletten,
Disharmonien usw.) beim Pentateuch bis zu ganz sporadischen
und kaum andeutenden Notizen bei deii Pro-
phetenbüchern; aber fast immer sieht er sich genötigt,
die daraus gezogeneil kritischen Schlüsse abzulehnen.
Die Schwierigkeiten erscheinen ihm teils „nicht erheblich
", teils meint er, daß ihre Lösung auf dem Wege der
Exeg'ese gesucht werden müsse, teils glaubt er, daß aus
anderen vorliegenden Tatsachen entgegengesetzte Folgerungen
gezogen werden könnten und somit das Urteil
in der Schwebe bleiben müsse, teils scheint ihm, daß i
die Lösung der Probleme in d e r Richtung zu suchen
sei. daß mehrfache Bearbeitungen, über die ältere Lite- |
rarur hereingebrochene Katastrophen und der Versuch
der Wiederherstellung aus den erhaltenen Überresten sowie
endlich Textverderbnisse den gegenwärtigen Zustand
der alttestamentlichen Schriften verschuldet haben.
Nur in sehr beschränktem Umfang weiden Quellen- und
Ergänzungshvpothesen anerkannt. Übrigens entbehrt der |
Standpunkt, den der Verfasser einnimmt, wie nur scheint,
der gebührenden Einheitlichkeit; neben ineist durchaus
traditionsfreundlichen Urteilen (z. B. Echtheit des
Buches Baruch und des Briefes Jeremiä) stehen kritische
(Ruth exilisch oder nachexilisch; im Hiob Unechtheit
des Kap. 28, der Elihureden und eines Teiles der Jahwereden
; Koheleth eine Anthologie aus der Zeit von 300—
150) und vereinzelt hyperkritische (Deboralied exilisch).
Im allgemeinen leiden die Entscheidungen des Verf.s an
einer gewissen Unbestimmtheit, die nur teilweise damit
gerechtfertigt wird, daß vorerst die Textgeschichte eines
Buches aufgeklärt weiden müßte. Die schwächsten
Punkte in seinen Ausführungen scheinen mir die historisch
-kritischen Urteile zu sein, z. B. in Abschnitt Nr. 54:
daß die Angaben des Pentateuch, Mose habe dies oder
jenes geschrieben, „richtig sind, kann man mit Grund
nicht bezweifeln"; oder in Nr. 103 bezüglich der Entstehungszeit
der SamueHsbficher: „auch die Reichstrennung
[932] ist schon vorüber, weil Juda und Israel
unterschieden werden", als wenn dieser Unterschied erst
032 entstanden wäre; oder in Nr. 337: „da im Altertum
, besonders in der Bibel, Romane nicht gebräuchlich
waren, so weiden Name und Hauptschicksale des Job
auf geschichtlichen Tatsachen beruhen". Als eine Lücke
empfinde ich es, daß der Verf. sich nirgends mit der
Forderung auseinandersetzt, der Einleitung die Form
einer zusammenhängenden Literaturgeschichte zu geben,
und daß er auch die allgemeineren, ganze Gruppen der
alttestamentlichen Schriften betreffenden Probleme nicht
behandelt, abgesehen von einem Abschnitt über die
Formen der Poesie (hier finden sich übrigens ein paar
seltsame Versehen: Duhm soll nach Nr. 311 eine silbenzählende
Metrik vertreten, und Sievers soll auch
fallende und steigend-fallende Grundformen des Versfußes
anerkennen).

Im zweiten Teil (S. 351—403), der die Geschichte
des Kanons behandelt, ist für den Verf. charakteristisch,
daß er die Tatsachen, die wir gewöhnlich als Zeugnisse
für die Kanonisierung einzelner Stücke des AT.s werten
(2. Reg. 23, Neh. 10), nur als solche für einen bereits
bestehenden Kanon gelten läßt, daß er überhaupt die
Anerkennung der Kanonizität der alttestamentlichen
Schriften möglichst hoch hinaufrückt (die „Männer His-
kias". „wohl kein vorübergehendes Gebilde", spielen
dabei eine Rolle), daß er daher die Instanzen, die für
das 4. Jahrhundert einen nur erst die Tora umfassenden
Kanon bezeugen, nicht zu würdigen vermag (die Sama-
ritanei erwähnt er gar nicht), und daß sein Hauptinteresse
der Frage der Anerkennung der im hebr. Kanon
fehlenden Bücher der Vulgata gilt (sie sind erst von der
christlichen Kirche anerkannt).

Der dritte Teil (S. 404—487) handelt vom Text des
A.T.s. besonders ausführlich vom M. T„ den griechischen

und lateinischen Übersetzungen (hierzu Abbildungen auf
den Tafeln). Leider stehen hier einige Partien nicht
auf der Höhe des übrigen Buches. Über die Geschichte
der Massora und des M. T. hätte auf Grund der Arbeiten
Kahles doch leicht sehr viel Besseres gesagt werden
können; manche Angaben sind direkt falsch, Wichtiges
fehlt mehrfach. Daß in dem Abschnitt „Textkritische
Aufgaben an der Septuaginta" der Name P. de La-
gardes überhaupt nicht vorkommt, nicht einmal in einer
Fußnote, ist doch wohl ein nicht zu entschuldigender
Mangel.

Breslau. C. Steuernagel.

Dana, H. E., Th. D., and Julius R. Mantey, Tb. D., D. D.: A
Manual Grammar of the Greek New Testament. London:
S. P. C. K. 1928. (XXI, 356 S.) 8°. 12 sh. 6 d.

Diese Grammatik ist aus den besonderen Bedürfnissen
herausgewachsen, die Amerika immer schon empfunden
bat, die sich jetzt aber auch bei uns geltend zu
machen beginnen. Sie will dem Durchschnittsstudenten
dienen, der nur eine sehr elementare Kenntnis des klassischen
Griechisch besitzt, und ihm von dieser Grundlage
aus die besondere Art der Sprache des Neuen Testamentes
nahebringen. Die grammatischen Erscheinungen
werden in einfacher, auf die Hauptsachen sich
beschränkender Weise am ntl. Stoff zur Darstellung gebracht
. Dabei hat der Gebraucher Gelegenheit, sich aus
Tabellen die Gesetze der Formenlehre wieder ins Gedächtnis
zu rufen. Doch liegt das Hauptgewicht auf der
Syntax. Eine gewisse Anzahl englischer Übungsstücke
zur Übersetzung ins Griechische wollen die Einübung
des ntl. Sprachgebrauchs noch weiter fördern. Daß das
Buch unsere Kenntnis der Koine nicht in selbständiger
Forschung bereichert, ist natürlich. Ein Versuch in dieser
Richtung hätte es nur seinem eigentlichen Ziel entfremdet
. Seine Verfasser haben durchaus nicht aus der
Not eine Tugend gemacht, sondern zeigen sich wohl
vertraut mit der eigentlich wissenschaftlichen Literatur
über ihren Gegenstand. Umso dankbarer muß man
ihnen deshalb dafür sein, daß sie ihre Kenntnisse und
reiche praktische Erfahrung in den Dienst dieser vielleicht
minder anziehenden, gewiß aber ebenso dringenden
Aufgabe gestellt haben.
Göttinijen. V. Bauer.

Papyri Graecae Magicae. Die griechischen Zauberpapyri. Hrsg.
u. übers, v. Karl Preisen dan z. I. Leipzig: B. G. Teubner 1928
(XII, 200 S. u. 3 Tat.) 4°. rm 16-.

Von der langerwarteten Ausgabe der griechischen
Zauberpapyri ist nunmehr der erste Teil erschienen, dem
noch zwei weitere folgen sollen und hoffentlich in
Bälde folgen werden.

Jn der Vorrede berichtet Preiscndanz, wie, vor
allem unter dem Einfluß Albrecht Dieterichs, auf dessen
Anregung auch seine Ausgabe zurückgeht, das Interesse
für dieses merkwürdige Schrifttum aufgelebt ist und
immer größere Kreise ergriffen hat. Bald stellte sich
die Notwendigkeit heraus, das weitverstreute Material zu
sammeln und wissenschaftlich zu bearbeiten. Denn, was
immer bisher geschehen war — und bis 1893 lagen alle
wichtigen magischen Papyri der Öffentlichkeit vor —,
am Ideal einer abschließenden oder nur wirklich brauchbaren
Edition gemessen, kann es nur Vorarbeit heißen.
Von ihr bis zu dem, was wir jetzt zu empfangen begonnen
haben, führt freilich ein langer und dorniger
Weg, vorbei an mehr als einem Grab. Als Dieterich
1908 starb, hinterließ er das fast vollständige Manuskript
der Ausgabe des großen Pariser Zauberbuches mit
knappem Apparat für die Bibliotheca Teubneriana. Das
sollte nun der Grundstock für eine Gesamtausgabe werden
. Dieterichs Schüler L. Fahz machte sich an die
Bearbeitung des Pap. Mimaut im Louvre, A. Abt
wandte sich den beiden Berliner Pap. 5025. 5026 zu,
die ü. Parthey 1865 in den Abhandlungen der Berliner
Akademie publiziert hatte, sein Lehrer R. Wünsch, der