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Ausgabe:

1929 Nr. 4

Spalte:

93

Autor/Hrsg.:

Pohl, Wenceslaus

Titel/Untertitel:

De vera religione quaestiones selectae 1929

Rezensent:

Koch, Wilhelm

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93

Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 4. 94

ihren Behauptungen zugrundeliegenden Materials und die logischen
Irrtümer bei seiner Deutung hinweist. Gegenüber dem Versuch, diese
Theorie zu einer illusionistischen Erklärung der christlichen Religion

schaftsgcdanken des Evangeliums entspricht, allein auf
dem Boden des Luthertums möglich ist. Die Schrift
bedeutet ein starkes Bekenntnis zum alten preußischen

zu verwenden (Religion nur Ausdruck verdrängter Erotik), wird i staate> mr Monarchie als sozialer Notwendigkeit. „Die

richtig, nur in etwas abrupter Gegenüberstellung ihr Transzendenz- ; parlamentarische Demokratie ist vom Standpunkte der

Charakter betont. Beachtenswert ist, ^^JteLJ^dnj™ i Sozialauffassung des Evangeliums eine objektive Un-

allen Großen Christen in der Form einer Innensuiau au* geume , ...... /Sa «. ■,__, Y_ . c. ... 3 , .

^eho^S da5 >*P weit entfcnrt ™ ei,,cr I m°gl>chke.t" (|8)- Sic ha: kernen Sinn für echte Diffe-

subjÄtivSch«! Verflüchtigung des religiösen Erlebens zu führen, ! renzierung und Ohedhchkeit im lebendigen sozialen

von jeher zu seiner Vertiefung im Sinne der Erfassung von transsub- j Organismus.

jcktiven Realitäten beigetragen hat. Der Verf. erhebt nicht den Anspruch, völlig neue

Heidelberg. Robert Winkl er. i Gedanken zu bieten. Er weit nachdrücklich auf seine

__-------- I Vorgänger hin und bri igt manches Zitat. Das Beson-

Pohl Dr. Wenceslaus: De vera religione quaestiones selectae. j dere der kleinen Schrift itt die Frische und Lebendigkeit,

Tractatus de fundamentis religkmis generatim spectatae, de religione | mit der sie die Gedanken von Volk und Staat, in denen

generatim spectata, de revelatione generatim spectata. Freiburg i. Br.: j die. ..Unzeitgemäßen" heu e si:h verbunden wis en, zum

Herder Co. 1923. (XIX, 338 S.) gr. 8°. RM 9 -; geb. 10.50. [ Ausdrucke bringt. Gelegentlich nähert Pf. sich in seinen

Wenzel Pohl, bis vor einigen Jahren Professor am Priester- j Prägungen dem Fltlgblattstil (z. B. 21). Die Linien

seminar der Diözese Leitmeritz (Tschecho-Slowakci), jetzt Mitglied der j sejnes BÜdes sind nicht selten reichlich holzschnitt-

kath. theol. Fakultät an der Universität Wien, will in 2 Büchern die j mäßirr-einf ach.

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Vorlesungen herausgeben, die er in Leitmeritz über die Wahrheit der
römisch-katholischen Kirche gehalten hat. Im vorliegenden ersten
Buch holt er weit aus und geht sogar auf das Kausahtätsprinzip zurück
. Darauf gestützt führt er die metaphysisclien, physischen, moralischen
, historischen Argumente der Scholastik für das Dasein des
persönlichen Gottes vor; bekämpft Kants Kritik an diesen Gottesbeweisen
, wie auch den materialistischen und pantheistischen Monismus
. Auf der zweiten Stufe seiner Argumentation wird, im Anschluß
an Andrev Lang und W. Schmidt, der Monotheismus als Ur-Rcligion
dargetan. Auf der dritten Stufe stehen die traditionellen Argumente
für die Möglichkeit, Nützlichkeit und Notwendigkeit einer übernatürlichen
Offenbarung über die wahre Religion sowie die Merkmale dieser

Wie schon einige der mitgeteilten Stellen zeigten,
bekennt sich Pf. in der Frage „Evangelium und Idealismus
" durchaus zur Synthese. In der Tat wird man,
wocs um den Staatsgedanken geht, immer aus Luther und
Fichte miteinander schöpfen dürfen und müs en.
Aber gerade wer sich in der Grundanschauung von Volk
und Siaat dem Verf. verbunden weiß, muß fragen, ob
nicht Plato, Aristoteles, Luther, Fichte, Hegel allzu
friedlich und abstandlos nebeneinander stehen. Hier
wäre, gerade angekh's der gegenwärtigen Lage in der
Offenbarung, nämlich Wunder und Weissagungen. Das Buch ist also I Theologie mehr Vorsicht gut gewesen. Den Unterschied
nach dem bekannten Schema der katholischen Fundamentaltheologie I zwischen Hegels und einem an Luther sich orientieren

oder Apologetik angelegt; es will keine neuen Forschungen anstellen,
sondern nur das Alte didaktisch gut und bezugnehmend auf neueste
Literatur abhandeln. Dieses Ziel erreicht es sicher. Seine la'einische
Sprache, die wohl in der gemischt-sprachigen Zuhörerschaft ihren
Grund hat, ist gewandt und leserlich, wenn auch nicht klassisch.
Der Druck ist bis auf wenige Versehen wohlgelungen. Auch ein Register
fehlt nicht.

Binsdorf (Württ.). Wilhelm Koch.

den Slaatsgedanken durfte Pf. nicht verschweigen. Der
Hegeische Idealismus kann doch nicht so einfach,
wie es bei dem Verf. erscheint, als die echte Ausdeutung
des lutherischen Chri Tantums erscheinen. Darf man z. B.
wirklich sagen, daß es „durchaus in der Linie der Weltanschauung
des Evangeliums liegt", wenn Hegel „den
Weltlauf betrachtet als die fortschreitende Selb tdar-
stelhing Gottes" (401)? Ferner: nicht nur auf S. 50,
wo ich bei der Erörterung des preußischen Arjeit-ethos

Pfannkuche, Pfr. Dr. August: Genf oder Wittenberg? Die i ,• c, . . , ,

weltanschaul. Grundlagen d. gegenwärt. Völkerringens. Langensalza: dlL V J°.n- 5> 4 gerne gemißt hatte, sondern auch
H. Bever & Söhne 1927. (114 S.) 8°. = Schriften z. polit. Bildung. | sonst ist mir die schnelle Gleichung von Luthertum und
Reihe 9. H. 5. = Fr. Manns Pädag. Magazin, H. 1169. RM 2.25. j Preußentum (andererseits von „Semitimiu;" und Eudä-
Dieses in der bekannten Schriftenreihe der Gesell- '"rfnismus) etwas unheimlich — jedenfalls hätte noch
schaft „Deutscher Staat" erschienene Heft gilt der Frage dettt icher gesagt werden müssen, daß mit „Preußennach
der gesunden Staatsanschauung. Das eigentliche ' t,um ein No r m begriff gemeint ist. — Die Gleichsetzung
Problem liegt in dem Verhältnis zwischen dem Staate der unsichtbaren Kirche Luthers mit der platonischen
und dem Einzelnen. Lösbar ist es nur vom Gottesge- d.e V ,' f1'1 schlimmer Fehler! AI; ob nicht die
danken her. Damit rückt der Reich-Gottcs-Gedanke des ! Kirche für Luther gerade in ihrer „Unsichtbarkeit" eine
Evangeliums in den Mittelpunkt der Betrachtung. Seine wnk.iche gegenwärtige Gemeinschaft bedeutete!
richtige Deutung hat er bei Luther gefunden. Aber in Aucn d'e Kennzeichnung der Gegner ist nicht
der Gegenwart ist Luthers Verständnis gefährdet. uumer zutreffend. Trotz der Erklärung von S. 12 ward
Genf" ringt mit „Wittenberg". Mit Genf meint Pf. der Calvi »smus unter Berufung auf M. Weber und
nicht so sehr die Stadt Calvins, als vielmehr den Sitz ' T™Ufh lmLeinen Gdiit verantwortlich gemacht (z. B.
des Völkerbundes; um Calvin handelt es sich nur inso- r1.}; der doch nur sehr mittelbar aus ihm stammt. Hier
fern, als die im Völkerbunde ausgedrückte „Staats- und Holl zurate ziehen sollen (Luther
Gesellschaftsauffassung der westlichen Demokratien" 2; Auf>- S-. 50clfV^ .P^^^'1^ Ervvahlungsgedanke
auf den .anglikanisch-puritanischen Ausläufer des Calvi- stammt, wie Holl (S 498) festgestellt hat, nicht aus
nismus" zurückgeht .Wittenberg" bedeutet die luthe- dem Calvi..ismus, sondern aus der Staatskirche. — Die
rische Auffassung vom Reiche Gottes, vom Volke und i ^'M;dmin£,de.rJ.au? dem „Calvinismus" stammenden
Staate, wie sie im deutschen Idea ismus und im Preußen- 1 Foliak S. 41 ist einseitig, und auch das Wesen der
tum Gestalt gewann Der Geist von Wittenberg trug eng.ischcn Poluik ist hier durchaus nicht vollständig
in sich den Geist von Weimar wie den Geist von Pots- bezeichnet. Daß das eng.ische politische Denken die
dam. Alle drei gehören untrennbar zusammen. Man . mora.isrfsche Theorie des Grotius vom Rechtskriege
kann nicht das eine wollen ohne das andere. Siegt ubernahm, gehört in das Gesamtbild mit hinein. Ange-
Genf, dann ist es um Wittenberg, Weimar und Potsdam S1C™S, dies^r Lenrc vom Kne8"e als Rechts- und Strafzugleich
geschehen" (12) Vom Preußeirtum redet Pf. verfahren darf man nicht ohne Weiteres von der
im Anschlüsse an Spengier; aber Sp. hat die religi- >sdoRRelten. _M.^r*! dl$ Anglikanismus" (31) sprechen.
Ösen Wurzeln des Preiißentums im Luthertum über- ije™1» Xer™:" Theorie meitt reine Machtinstinkte,
sehen. Der Verf. hebt diesen Zusammenhang kräftig u"d °™*>. bedeutet sie bei dem Engländer nicht einfach
hervor. In scharfer Auseinandersetzung mit dem Staats- Heuchelei.

ideale der westlichen Demokratien, mit den Gedanken ,z"77: Das Lied „v^'ßt du, wieviel sternlein stehen" hat nicht

des aufklärerischen Liberalismus, z. T. auch mit Roms M". Ua"d'us- sondern w- H«-v zum Verfasser. _ Der Druck «eist

Kirchen- und Staatsbegriffe wird gezeigt, wie eine wür- cimgc auf-

dige Staatsauffassung und -gestaltung, die dem Gemein- Erlangen, P. Althaus.