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Ausgabe:

1929 Nr. 4

Spalte:

81-82

Autor/Hrsg.:

Lortz, Joseph

Titel/Untertitel:

Tertullian als Apologet. Bd. 2 1929

Rezensent:

Harnack, Adolf

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Seite 1

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Sl Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 4. 89

1 ortz. Privatdoz D Dr. Joseph. Tertullian als Apologet, hier, ähnlich wie beim Gottesbegriff, eingewirkt, und

Bd. 2. Münster i. w.: Aschendorff 1928. (XI, 250 s.) gr. 8U. = sehr bedenklich ist (S. 7Sff.) in Bezug auf die Ver-
Münsterische Beiträgt-zur Theologe, H. io. RM 10.75; geb. 12.75. j feidigung des Lohngedankens die naive Ausführung
Das günstige Urteil, das ich (diese Zeitung 1927, j (gegen Luther und den Protestantismus), in der Predigt
Nr. 16) über den ersten Band dieses Werks ausge- Jesu sei sowohl Neues als auch Alttestamentliches entsprochen
habe, kann ich wiederholen: Dieser Schlußband halten und dieses sei daher ebenso obligat wie jenes,
bietet eine gute Zusammenfassung des apologetischen Das 5. und 6. Kapitel sind mit besonderer Umsicht
Materials im Allgemeinen und der Tertullianischen Apo- . ausgearbeitet. In Bezug auf die Ziele der Apologetik
logetik im Besonderen, wie wir sie in mancher Hinsicht ist die Untersuchung über die Frage, inwieweit die ein-
bisher so nicht besessen haben; er kann sich als durch- j zelnen Apologieen dem Abwehr- und Verteidigungsweg
selbständige Lei tung neben der großen Darstellung j zweck dienen und inwieweit der Propaganda für das
G ef f ck e n's und den Bemühungen Anderer sehen ! Christentum („Protreptische Ziele"), von besonderer Belassen
, deutung. Was hier über Tertullian ausgeführt wird und
In sechs Hauptkapiteln hat der Verfasser den Stoff über die Sonderstellung, die die Schriften „De testimonio
zusammengefaßt: 1. Die Religion des Monotheismus, animae" und „Ad Scapulam" einnehmen, ist richtig

2 Der Kampf gegen die Dämonen, 3. Die Religion der beobachtet und vertieft die bisherige Erkenntnis; doch
Sittlichkeit und Innerlichkeit, 4. Die Religion der Wahr- läßt m. E. Tertullians Haltung ein günstigeres Urteil
heit 5. Die Ziele der apologetischen Arbeit, 6. Die Tak- zu, als es dem Verf. möglich erscheint. Das gilt auch
tik. Daran reiht sich ein Charakterbild Tertullians (S. von der „Taktik" Tertullians, der der Verfasser mit
200—205); den Beschluß bilden drei Exkurse (I. Die Eifer, aber nicht mit Wohlwollen nachgegangen ist. So
furistische'Grundlage der Christenverfolgung, II. War ist denn auch die Schlußcharakteristik Tertullians (S.
tertullian Jurist? III. Der Verlauf der Christenver- 200—205) recht ungünstig: „Ihm fehlt das Edle"; „er
folgung und des Christenprozesses nach Tertullian). Das hat als Charakter das hohe Programm des Christen-
3-5. und 6 Kapitel sind die wichtigsten. Im ersten Ka- tums nicht erfüllt". Aber wer hat es erfüllt? Die von
pitel behandelt der Verfasser ausschließlich die Frage: der Kirche approbierten Väter? Im Objektiven beschei-

Wenn notorisch für die Apologeten Christentum Mo- nigt der Verfasser dem Tertullian, daß er nichts entleert

notheismus ist und umgekehrt, bedeutet diese Einschrän- ; hat, im Subjektiven übt er eine herbe Kritik an ihm. Mir

kung der Darstellung und Verteidigung des christlichen scheint umgekehrt der Mann als Charakter, als Christ

Glaubens eine religiöse V e r a r m u ng des Christentums und als Schriftsteller bei aller Einseitigkeit groß und

wie so oft behauptet worden ist?" Der Verfasser ver- verehrungswürdig, seine „Lehre" dagegen in mancher

aeint diese Frage rund — leider nicht auf Grund ausreichender
Untersuchungen. Dieser Abschnitt ist der
schwächste des ganzen Werks; doch kann ich sofort
hinzufügen: er allein ist schwach; in Bezug auf die anderen
Abschnitte gilt dies Urteil nicht. Zwar steht auch

Hinsicht als ein Abstieg.

Die drei angehängten Exkurse sind dankenswert.
Im ersten wird gegen die ausschließliche Koerzitions-
thecrie (Mommsen) die Wahrscheinlichkeit eines Ausnahmegesetzes
gegen das Christentum mit Grund be-

n diesem Kapitel mancherlei richtiges, z. B. daß man hauptet; doch muß m. E. daneben die Koerzitionstheorie
die Frage nach der Eigenart und dem Wert des apolo- anerkannt bleiben. Im zweiten wird die Frage „War

getischen und tertullianischen Monotheismus nicht ein- . Tertullian Jurist?" mit Recht bejaht; nicht Juriskon-

seitig nach dem Paulinismus bestimmen dürfe; aber die : stiltus, aber Advokat, meint der Verfasser; im dritten kommt
Behauptung, das Christentum werde bei Tertullian der Verlauf der Christeuverfolgung und des Christenprozesses
nirgendwo als Rationalismus aufgefaßt, und der Unter- nach Tertullian zu guter Darstellung,

schied vom Paulinischen Gottesbegriff erkläre sich | Berlin. . v. Hnmack.

durch den Rückgang auf die Synoptiker und auf Jesus

selbst ist einfach falsch. Es bleibt vielmehr dabei, daß von Schubert, Geh. Rat Professor D. Dr. Hans: Grundzflge

rertuihan. obschon er das Christentum und den Gottes- | der Kirchengeschichte. Pin Ueberblfck. 9., stark veränd. Aufl

begriff ganz und gar auf Offenbarung zurückführen 9.—Ii. Tsd. Tübingen: J. c. B. Mohr 1928. (vill, 3is s.) 8°.'

Will, in stärkster Weise sowohl von einem sehr primi- ■ RM 6—; geb. 7.50.

tiven Gottesbegriff, als auch vom stoischen beeinflußt Die Grundzüge sind für die neue Auflage einer verbessernden

ist. Daher ist auch die Formel, bei den Apologeten Und Durchsicht unterzogen worden, an dem Charakter des Buches ist

Tertullian handle es sich um „Christianisierung des nichts geändert worden; daß es sich bewährt hat und vielen nützlich

Hellenismus" — sie wird der Formel „Hellenisierung i und törJcrnd V*—* ist, werden viele dankbar bezeugen. Die Fort-

des Christentums" entgegengesetzt - abzulehnen, wenn < W™*,,** "f, d',c Gv?c™'art « «hr willkommen. Es war dringend

• s k.ä.aten sall aU die Vprl-irrhlicliinm ,IpS HpI1p notwendig, daß der Versuch gemacht wurde, in der Wirrnis der

Sie mehr bedeuten SOll als ™^*^W»^Un8 «Mi Helle- ; gegcnwiirtigcll Verhältnisse die leitenden Gesichtspunkte zu finden,

nismus und seine religiöse Erwärmung. So muß man ur- untcr deneil man üic Zukunft erfassen kann. ^ j££ Verf schljeß;

teilen, auch wenn man, dem Verfasser beistimmend, we- mit der Darlegung, daß die Aufgabe der evangelischen Kirche jetzt

der dem PaUÜnismUS noch dem akosmistischen Rigoris- besonders groß ist; möchte sie sich der Situation gewachsen zeigen,

mus das Prädikat der Christlichkeit ausschließlich ZUer- ' Das Buch wird gewiß, wie wir es hoffen, viele neue Freunde finden

kennt Besonders auffallend aber war mir, wie schnell und das Interesse der Jugend an der Oeschiehte zu wecken und wach

und unbekümmert der Verf., als habe das mit dem zu nalten> an seinem Teil« berufen sein-

Gottesbegriff nichts zu tun, über die von ihm selbst zu- ; •<■«•■ G. Ficker.

gestandene, „geringe Betonung des Erlösungswerks Jesu '

und seiner Auswirkungen" bei den Apologeten und Leeb, Pfr. Dr. Friedrich. Leonhard Käser (t 1527). Ein Beitrag

Tertullian hinwegschreitet und sich damit begnügt, daß zur bayer. Reformationsgesch. Mit e. Anhang v. Friedrich Zoepfl.

sie doch den Sieg Über die Dämonen durch Christus Münster l W.: Aschendorff 1928. (11, 89 S.) gr. 8°. •-~ Refonnations-

lehren. Hier kann der Vorwurf des Rationalismus, von geschichtliche Studien u. Texte, H. 52. rm 4.25.

dem er die Apologeten zu entlasten versucht, leicht auf Der Verfasser holt ein Versäumnis der kath. For-

ihn selber fallen. "Mit lebhaftem Interesse und mit Be- schling nach, wenn er sich mit dem am 16. Aug. 1527

lehrung liest man das 3. Kapitel. Daß der Verfasser wegen seiner evangelischen Glaubenstreue zu Schärding

„den Ernst im christlichen Leben" als Hauptsache in am Inn verbrannten Leonh. Käser beschäftigt. Hat doch

Bezug auf die Apologeten behandelt und in diesem seit V. A. Winter 1809 die Geschiente der Schicksale

Sinne ihr Christentum als Religion der Sittlichkeit und der evangelischen Lehre in und durch Bayern schrieb,

Innerlichkeit betrachtet, ist zutreffend; die reichen Aus- niemand mehr auf dieser Seite sein Augenmerk darauf

führungen sind kräftig und warm. Nicht befriedigend ist gerichtet. Vielleicht ist der Grund in dem Versagen

der Abschnitt über das Problem des Vergeltungsgedan- der Archive zu suchen. Denn auch Leeb kann trotz

kens. Der konfessionelle Standpunkt des Verfassers hat allen emsigen Suchens doch nur die alten Druckschriften