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Ausgabe:

1929

Spalte:

507-509

Autor/Hrsg.:

Pettazzoni, Raffaele

Titel/Untertitel:

La Confessione dei peccati. Parte prima 1929

Rezensent:

Schnitzer, Joseph

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blieben ist und jeden bezeichnet, der die Erleuchtung erlangte
. Davon handelt der zweite Hauptteil (S. 145—
202). Der Lebenslauf dieser Buddhas wird in stereotypen
Formen nach dem Vorbild des historischen B. geschildert
, doch besteht weder mit den Avatäras des
Hinduismus noch mit der Seelenwanderungslehre Verwandtschaft
, erst im Mahäyäna tritt in der Gestalt des
Ädibuddha eine Verschmelzung ein mit diesen Ideen.
Die Darstellung, welche aus weitschichtiger Literatur
das Charakteristische herausgreifen muß, gibt Ahegg
nach dem im Pali verfaßten Anagatavamsa (Geschichte
von der Zukunft). Der Buddha Metteva wird unter
dem Namen Ajita ( der Unbesiegte, vgl. Mithra, der
sol invictus heißt, ethym. Maitreya-Mithra?) in einer
Brahmanenfamilie geboren und zwar im Friedensieich
des Weltbeherrschers Sankha. Die Dauer seiner Lehre
gibt man auf 180 000 Jahre an, während die des histor.
Buddha 500 Jahre beträgt. Im Übrigen knüpft die
Schilderung an letzteren an. Weitere Fassungen tibetischer
und chinesischer Übersetzungen teilt Ahegg noch
mit, eine solche in sakischer Sprache zeigt iranische Einflüsse
.

Zwar soll die Verkündigung der vergangenen und
künftigen Buddhas sich gleich sein, trotzdem erscheint
Maitreya als Vollender der Lehre des Buddha und droht
im späteren Mahäyäna den historischen Begründer aus
dem religiösen Bewußtsein zu verdrängen. Schon im
5. Jahrhundert muß sein Kult vollkommen entwickelt
gewesen sein.

Im dritten Hauptteil, der den Messiasglauben des
Parsismus behandelt, kann Abegg auf gute Vorarbeiten
verweisen. Wir dürfen uns kurz fassen. Sapsyant
(Part. Futuri der, der helfen wird), wird erst auf Za-
rathustra, dann auf viele Retter, im jüngeren Avesta
aber auf den am Ende der Dinge auftretenden Retter
bezogen, welcher die Neugestaltung der Welt bewirkt.
Aus der Zahl der kommenden Retter hebt sich einer
heraus, der Astvatereta, er tritt auf mit der Auferstehung
der Toten und wird die Menschheit neu gestalten
zu einer „nicht sterbenden". Wenn er seine Aufgabe
mit Auferstehung und letztem Gericht erfüllt hat,
tritt er hinter Ahura Mazda zurück (cf. 1. Kor. 15, 28!).
Analogien zur Jesusgeschichte sind: die wunderbare
Empfängnis des Messias, das Auftreten mit 30 Jahren,
die Behauptung, daß seine Nahrung geistig sein wird
(Mt. 4, 4. Joh. 4, 34).

Der Bericht des sehr weitschichtigen Yaman Yast
bildet den Beschluß. — Abegg bestreitet die Abhängigkeit
dieser Messiasvorstellungen voneinander, für die Einwirkung
des Manichäismus, der Gnosis und des nestor.
Christentums auf den Mahayana-Buddhismus erhofft er
weitere Aufklärung von den neuen literarischen Funden
in Zentralasien. Von einigen Analogien abgesehen,
ist das Resultat für den Theologen negativ, aber doch
wertvoll, weil die Eigenart des jüdisch-christlichen
Messiasgedankens indirekt sichergestellt wird und man
so auf eine Suche nach Parallelen verzichten kann bzw.
vor ihr bewahrt bleibt.
Marburg a. L. Erich Fase her.

Pettazzoni, Raffade: La Confessione dei peccati. Parte
prima. Primitivi - America Antica-Giappone-Cina Brahmanesimo-
Giainismo-Buddhismo. Bologna: N. Zanichelli 1Q29. (XV, 355 S.)
8". — Storia delle Religioni, VIII. 30 L.

Der verdiente römische Religionshistoriker Pettazzoni
veröffentlicht seit einer Reihe von Jahren in den
„Studi e Materiali di Storia delle Religioni" äußerst
bedeutsame und lehrreiche Untersuchungen über die
Beichte, deren Hauptertrag er in seinem bemerkenswerten
Artikel über das Bußwesen (religionsgeschichtlich) in
der zweiten Auflage der „Religion in Geschichte und
Gegenwart" kurz und bündig zusammenfaßt. In vorliegender
Schrift legt er uns jene Untersuchungen in
gründlicher Neubearbeitung vor. Im ersten Kapitel behandelt
er die Beichte bei den Naturvölkern in Afrika,
Malaka, Indonesien, Melanesien, Nord- und Südamerika.
Im zweiten berücksichtigt er die altamerikanischen Halb-

, kulturvölker, Mexiko, die Maya und Peru, im dritten den
japanischen Schintoismus, im vierten den chinesischen
Konfuzismus und Taoismus, in den drei letzten den
Brahmanismus, Jainimus und Buddhismus. Der Schwerpunkt
der auf Grund eines reichen religionsgeschicht-

1 liehen Tatsachenmaterials bearbeiteten Schrift, welche
sich überdies auf eine umfassende Literatur stützt und
auch die einschlägigen deutschen Werke kennt und be-

i rücksichtigt, liegt in den ersten Abschnitten, in der Darstellung
der Beichte bei den Naturvölkern. Verf. zeigt,
daß bei ihnen die Beichte durchaus magischen Charakter
trägt, entsprechend ihrer ebenso magischen Sündenauffassung
. Sünde ist ihnen jede Verletzung eines
Tabus oder einer gesellschaftlichen Ordnung, mag sie
wissentlich oder unwissentlich, gewollt oder ungewollt
geschehen sein, da es ihnen bei Beurteilung der Sünde
nicht so sehr wie uns auf die subjektiv-ethische Seite
einer Handlung, auf die ihr zu Grunde liegende Ge-

1 sinnung und Willensrichtung,* wie vielmehr auf den
hiedurch geschaffenen objektiven Tatbestand, auf die
Sündenfolge ankommt. Näherhin ist ihnen die Sünde
ursprünglich geschlechtlicher Art. Nicht als ob der ge-

■ schlechtliche Verkehr von ihnen als solcher schon als
sündhaft betrachtet würde, wohl aber gilt dies von allen,
in ihren Augen unstatthaften, d. h. einem Tabu oder
einer gesellschaftlichen Ordnung zuwiderlaufenden Beziehungen
, wie Ehebruch, Notzucht, Blutschande, Sodomie
und Bestialität. Durch solche sündhafte Verbindungen
dringt in den Organismus der oder des Sündigen
eine magische Substanz, ein gefährlicher Giftstoff
ein, welcher sich in mancherlei Krankheiten auswirken

| und zum Tode, ja zu kosmischen Katastrophen, sogar
zum Weltuntergänge führen kann. Dieser magischen

' Sünde entspricht die im Wortzauber wurzelnde magische
Beichte. Sie verfolgt den Zweck, die im Leibe des Sünders
, im Blute, im Magen, in den Geschlechts- oder
sonstigen Körperteilen haftende Giftsubstanz durch Beschwörung
, d. h. durch die dem gesprochenen Worte

| innewohnende magische Kraft, herauszuzwingen und
durch Anwendung verschiedener Reinigungsmittel, durch
Entnahme von Blut, durch heftiges Erbrechen, durch
Bäder und Waschungen, vollends zu beseitigen. Die

| Gegenwart eines Priesters ist auf der magischen Stufe
der Beichte nicht wesentlich nötig, wird aber gleichwohl
meistens gesucht, da ihm nicht etwa die Lossprechung.
wohl aber die Entscheidung über die vom Büßer anzuwendenden
Reinigungsmittel obliegt. Mit besonderer
Deutlichkeit äußert sich das magisch-naturhafte Wesen
der urmenschlichen Beichte in den verschiedenen Anlässen
, bei welchen die Eingeborenen zu ihr ihre Zu-

: flucht nehmen. Sie tun dies in Krankheitsfällen aller
Art, namentlich bei schwerer Geburt und bei Unfruchtbarkeit
der Frau, ferner bei Beginn großer öffentlicher
Unternehmungen, wie gemeinsamer Kriegs-, Jagd- oder
Fischzüge, sodann bei drohenden Katastrophen, Unwetter
, Mißwachs, Hungersnot und sonstigen Bedrängnissen
. Die naturmenschliche Beichte will somit heilen,
nicht heiligen, hat auch mit göttlichen Wesen nichts zu
tun. Mehr und mehr setzte sich jedoch in den Religionen
der großen Kulturnationen, im Babylonismus,
im Veda, im Parsismus, die subjektisch-ethische Auffassung
der Sünde als einer Beleidigung Gottes durch,

| an die Stelle der magischen tritt nun die religiöse
Beicht, welche sich mit bloß äußern, magisch-mecha-

: nischen Reinigungszeremonien nicht mehr begnügen
kann, sondern als unerläßliche Vorbedingung einer Aussöhnung
mit der durch die Sünde erzürnten Gottheit
reumütige Bußgesinnung und ernste Lebensbesserung
heischt. Mochten sich aber auch die Kulturreligionen
in ihren erleuchtetsten Geistern zu reineren Vorstellungen
über die Sünde und ihre Tilgung aufschwingen
, so waren doch auch sie niemals imstande, die zähe