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Ausgabe:

1929 Nr. 20

Spalte:

460-461

Autor/Hrsg.:

Vallae, Laurentii

Titel/Untertitel:

De falso credita et ementita Constantini Donatione declamatio 1929

Rezensent:

Koch, Hugo

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Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 20.

460

hervorgetreten. Daraus ist zu ersehen: 1. dali damals, und zwar nicht
bloß bei den Montanisten, von einer prophetischen dtadoyr] die Rede
war, die also neben der Lehr - ihnd'uyr, einher- und der bischöflichen
diadoyri vorangeht, 2. daß man über die Fortdauer dieser Propheten-
rh.aihyrj bis zur Ankunft des Herrn einig war und nur bezüglich der ;
Nähe der Parusie auseinanderging. Da nun Prophetie eine Fortsetzung
der Offenbarung in sich schließt, so folgt daraus, daß der Abschluß
der Offenbarung mit dem N. T. erst das letzte Ergebnis des Kampfes
gegen den Montanismus ist und die Kirche damit einen ihr ursprünglich
eigenen gegenteiligen Oedanken abgestoßen hat. Wegen des xai yug ,
xatu Trty Äaiax fiiyüla aiotyciu xsxoifiTjTai im Briefe des Bischofs
Polykrates von Ephesus bei Euseb. V, 24, 2 (S. 46) erlaube ich mir
auf ZNW 19 (1919/20) S. 174 ff. zu verweisen.

Nachdem so Sch. die Eigenheiten des Montanismus
herausgestellt hat, geht er im /.weiten Teil zu seiner
eigentlichen Aufgabe über, sie mit denen der phrygi-
schen Kulte zu vergleichen. Sein Urteil ist dabei sehr
vorsichtig und zurückhaltend. Wenn in Phrygien christ-
liehe und heidnische Grabanlagen und Inschriften ein- !
ander so gleichen, daß sie vielfach nicht unterschieden
werden können, so erklärt er dies nicht aus absichtlicher
Verhüllung von christlicher Seite, wie Calder will, sondern
daraus, „daß das Christwerden auf diesem wie auf !
so manchen andern Gebieten keinen Bruch mit ererbten
Sitten und Vorstellungen gebildet hat" (S. 80). Die
Gräber mit den Inschriften XQiatiavol Xqlotic<voIq, faßt i
er darum gegen denselben Calder nicht als ausgeprägt
montanistische, sondern als gemeinchristliche, die auch
von Montanisten stammen können. Nur eine Inschrift,
worin ein Witwer seine heimgegangene Gattin als jevev- j
/.larr/j bezeichnet, verrät unzweideutig montanistischen
Ursprung und das // -f- II über der Inschrift bedeutet
wahrscheinlich Ilvevuau/.og nvevuccTixfi (S. 105 ff.).
Bei eingehender Betrachtung der phrvgischen Sühne-
inschrtften (S. 92 ff.), des Frühlingsfestes (S. 105 ff.),
der Weihen und Mysterien (S. 113 ff.), der Inspirations-
mantik (S. 130 ff.) kommt er zum Ergebnis, daß weder
unsere montanistischen noch die gegnerischen Quellen
einen hinreichenden Grund liefern, die Bewegung in
ihrer ursprünglichen Gestalt als einen Ausläufer der
phrygischen Kulte anzusehen, daß sie aber wahr- I
scheinlich später eine orgiastisch gefärbte Religion mit I
einem an die phrygischen Mysterien erinnernden Kultus :
wurde, auf jeden Fall sich zu dem entwickelt hat, als j
was sie bei den späteren christlichen Schriftstellern dar- 1
gestellt ist. Das wird im Großen und Ganzen richtig
sein. Nur meine ich, daß der Montanismus vielleicht
doch von Anfang an aus seinem Heimatboden etwas
mitbekommen hat, das zunächst weniger auffiel, das
aber die Entwicklung in der besagten Richtung erleich-
terte (vgl. auch Wilhelm Weber, Römische Kaisergeschichte
und Kirchengeschichte 1929, S. 43 f.). Auf alle
Fälle aber hat Sch. das Verdienst, diese Frage mit Sachkenntnis
und Fleiß untersucht und mit besonnenem Urteil
beantwortet zu haben. S. 159 ff. wirft er dann noch
einen Blick auf die Apokalypse des Johannes, in der wie
im Montanismus Prophetie, Askese und Martyrium in
inniger Verbindung erscheinen.

Die Übersetzung, die von Pastor W. Baur stammt, liest sich im
Allgemeinen gut, wird aber doch da und dort dem Geist der deutschen
Sprache nicht ganz gerecht, so S. 5: „in der Absicht . . . bestätigt oder
korrigiert zu haben". S. 17 (ebenso S. 38. 97. 221) stünde statt „er- ]
halten" besser „ersetzen", S. 19 statt „neulich" besser „vorhin", S. 47 j
und 109 statt „teils... teils" besser „einerseits... anderseits". S. 54 j
liest man: „und Origenes anwendet auf sie usw." S. 115: „Beim .
Taurobolium wird man in einer tiefen Grube angebracht". S. 85: ]
„Daß der Name cti «ttSVoe erinnert werde".

München. Hugo Koch.

- j

Kloe, Dr. Karl: Die Wahlkapitulationen der Bischöfe zu
Speyer (1272—1802). Speyer: Dr. Jaegersche Buchh. 1928. j
(VIII, 109 S.) 8°. RM 2—. j

Mit dem Grundsatz, geschichtliche Ereignisse aus
der Regierungszeit der Bischöfe nur insoweit heranzuziehen
, als sie in unmittelbarer Beziehung zu den Wahlbestimmungen
stehen, kann man sich einverstanden er- j
klären. Um so weniger aber mit dem andern Grundsatz,

eingehender von dem Inhalt der Wahlkapitulationen zu
handeln, abzusehen. Schon die Begründung, daß es sich
nicht um eine „Verfassungsgeschichte" des Bistums handele
, dürfte nicht stichhaltig sein. Denn im Domkapitel
konzentriert sich doch nicht die ganze Verfassung desselben
. Andrerseits muß doch eine wirkliche erschöpfende
Darstellung der Geschichte der Speyerer
Wahlkapitulationen einen verfassungsgeschichtlichen
Charakter an sich tragen. Der Verfasser hat in der Entwicklung
3 Perioden unterschieden: die Zeit von 1272
bis 1529, 1552 bis 1610, 1652 bis 1802. Eine Nachprüfung
ist unmöglich, da nur eine einzige, die Kapitulation
des Bischof Eberhard 1581 mitgeteilt wird. Aber
des Eindrucks kann man sich nicht erwehren, daß die
Zeitlage nicht hinreicht, um die Verschiedenheit derselben
zu erklären. Ein Eingehen auf den Inhalt hätte
eine wirkliche Geschichte erst ermöglicht. Das Interesse
an den äußeren Dingen wie Verfasser, Beratung, Sprache
usw. tritt dagegen doch sehr zurück. Ein Vergleich mit
den andern Wahlkapitulationen von Eichstätt, Würzburg
, Mainz usw. wäre auch von Vorteil gewesen. Die
von Eichstätt scheinen dem Verfasser ganz unbekannt
zu sein. Hat man auch anderwärts sich seine Freiheit
gegenüber Rom so zu wahren verstanden wie hier? S. 29.
64. Warum ist der Abdruck der Kapitulation des Bischofs
Eberhards nicht nach neueren Grundsätzen erfolgt?
Der Ausdruck „Elekt" (19) mag hingehen; nicht aber
„Provise" (35. 30), hier hätte eine Verdeutschung Platz
greifen sollen. Als undeutsch empfindet man S. 17:
„nicht mehr besonders auf den Zweck abgehoben" cf.
den gleichen Ausdruck S. 48. S. 33 „so" statt „welche"
Druckfehler S. 14: „magistri", 27: „Erzbischof" 48
„summarisch" 73: „ununterbrochene". Was sind die
„Speyrer Miter" (S. 34)?

Roth. K. Schorn bäum.

Vallae, ümrentii: De falso credita et ementita Constantini
Donatione declamatio. Ree. et apparatu crit. instr. Walther
Schwahn. Leipzig: B. G. Teubner 1928. (XXIV, 82 S.) kl. 8°. =
Bibliotheca scriptorum graecorum et romanorum Teubneriana.

RM 4.20; geb. 5-.

Es war ein glücklicher Gedanke, die nicht leicht
zugängliche berühmte Schrift des Laurentius Valla über
die Konstantinische Schenkung (verfaßt 1440) in der
Bibliotheca Teubneriana neu herauszugeben. Sie ist in
drei Handschriften erhalten: von ihnen übertreffen A
(cod. Vat. 5314) und C (cod. Lucanus 582) die zweite
(B, cod. Ottob. 2075) an Güte; wo alle drei übereinstimmen
, geben sie fast immer den ursprünglichen Text
richtig wieder. Doch gibt es Fälle, wo die namenlose
Ausgabe vom Jahre 1520, die sonst von Fehlern und
Entstellungen wimmelt, gegen alle drei Handschriften
die richtige Lesart bietet. Dazu gehört aber, um das
gleich hier zu bemerken, nicht p. 64, 4, wo die genannte
Ausgabe das „veteris instrumenta' der Handschriften in
„veteris testamenti" geändert hat: „instrumentum" ist
eine tertullianische Bezeichnung für die hl. Schrift (vgl.
Teeuwen, Sprachlicher Bedeutungswandel bei Tertullian
1926, S. 122 und den Index verborum bei Oehler) und
Valla war mit Tertullian wohlbekannt (vgl. p. 35, 17).
Eine vierte Handschrift, cod. Urbinas 337, enthält nur
noch unbedeutende Bruchstücke. Die erste Ausgabe veranstaltete
Ulrich von Hutten 1517 und nach ihr wurde
die Schrift bald auch ins Deutsche übersetzt (1520):
auch diese Ausgabe bietet einigemale gegenüber den
Handschriften den richtigen Text. Die erste Ausgabe
aller Werke Vallas erfolgte 1540 zu Basel. Über alle
diese Dinge unterrichtet Schwahn in der praefatio, indem
er zugleich einen Stammbaum der Handschriften und
Ausgaben aufstellt. Sein Ziel war natürlich, den ursprünglichen
Text Vallas festzustellen, nicht etwa ihn
zu verbessern, und das hat er ohne Zweifel im Allgemeinen
auch erreicht. Doch wird 51,31 cod. C mit seinem
„templum episcopale" (nicht „episcopali") im Rechte
sein. Sollte Valla 35, 12 geschrieben haben: . . . tantum
a senatu decernantur, aut iuneto populoque Romano?