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Ausgabe:

1929

Spalte:

398

Autor/Hrsg.:

Baader, Franz Xaver von

Titel/Untertitel:

Seele und Welt. Franz Baader’s Jugendtagebücher 1786 - 1792. Eingel. u. hrsg. v. D. Baumgardt 1929

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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Seite 1

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Hl )7

Latourette, Prof. Kenneth Scott: A history of Christian

missions in China. London: S. P. C. K. 1929. (XIII, 930 S.

m. 1 Dopp.-Kte.) gr. 8°. 18 sh.

Eine zusammenfassende Geschichte der chinesischen
Mission hat uns erst 1928 Professor Julius Richter-
Berlin in seinem in dieser Zeitschrift von mir angezeigten
Bande „Das Werden der christlichen Kirche in
China" geliefert. Auf den Schultern dieses Autors steht
bereits der Verfasser des vorliegenden Werkes, Professor
an der Yale-Universität K. S. Latourette. S. 845
rühmt er die Vorarbeit seines deutschen Kollegen als
„excellent". Ich bin sicher, D. Julius Richter seinerseits
wird groß genug sein, zuzugeben, daß, was er auf Grund
von mangelhaften Vorarbeiten erstmalig versucht hat,
mit Latourettes Leistung erfreulicherweise in mehr als
einer Hinsicht dem Ideal sehr viel näher gerückt ist. Ich
habe bei meiner Besprechung von Richters Werk seinerzeit
meines Erinnerns gemeint, bemerken zu müssen,
daß er, soviel Literatur er auch ausgebeutet, viel mehr
noch auszubeuten gehabt hätte, seiner Aufgabe voll gerecht
zu werden. Seinem Nachfahren darf ich bezeugen,
daß er nichts irgendwie Wichtiges unverwertet gelassen hat.
Er gibt S. 845—S99 eine bibliographische Liste. Sie
führt weit über 1000 Titel auf. Und als Einzel-
Nummern zählen in ihr ganze Zeitschriftjahrgänge-
Serien, wie die der Allgemeinen Missionszeitschrift (von
1874—1929) oder die katholische Zeitschrift für
Missionswissenschaft, Münster 1911 ff. (die Zeitschr.
f. Missionsk. u. Religionsw. (1886—1929) ist von L.
offenbar trotz ihres langen Bestehens seltsamerweise
nicht gekannt), und vielbändige Sammelwerke, wie die
Lettres edifiantes et curieuses und die Nouvelles Lettres
edifiantes des Missions de la Chine et des Indes Orientales
u. ä. Die in deutscher Sprache vorhandene Literatur
, auch die französische hat L. nicht weniger genützt
als die englische. Und entgangen ist ihm auch nicht die
neueste, soweit sie von Bedeutung ist.

Richters Band hat 584 Seiten. Das Buch von Latourette
hat deren 930. Das deutsche Werk führt die
Geschichte bis zum Jahre 1922, der Geburtsstunde der
Kirche Christi in China, mit deren Inerscheinungtreten
eine neue Periode angefa ngen hat. Vorher war die
Mission nur eine ausländische Kirchenkolonie von mehreren
hundert fremden Denominationen gewesen. Latourette
bricht erst mit Ende 1926 ab. Was D. Richter
anlag, war, vor allem die Entwicklung der evangelischen
Mission zu verfolgen. Schon im Titel ja gibt
sein Buch sich als Band IV seiner „Allgemeinen evangelischen
Missionsgeschichte" (die drei ihm voraufgegangenen
betreffen das indische Missionsfeld, die
Welt des Islam und Afrika). Die älteren nichtprotestantischen
Missionen sind von ihm nur sehr nebensächlich
behandelt. Latourette dagegen bezieht in seine
Darstellung geflissentlich auch die mehr als 300jähri-
gen Missionsbemühungen der Nestorianer, die wiederholten
der römisch-katholischen Christen und die der
Russischorthodoxen ein. Nicht ohne Gewinn wird man
sein Schlußkapitel lesen, in dem er resümiert, um alsdann
das Werk, dessen Geschichte er erzählt hat, nach
seiner Bedeutung zu würdigen. Daß ihm viel Menschliches
anhaftet, stark Menschliches, wird offen zugestanden
, manchem Chinamissionar vielleicht zu einigem
Verdruß. Nur um so eindrucksvoller wird es dem Leser
sein, wenn der objektive Berichterstatter, der selber
Chinamissionar gewesen, sich gedrungen fühlt, zu konstatieren
, daß die dominierenden Motive der auf Chinas
Christianisierung gerichteten Anstrengungen den Charakter
der Selbstlosigkeit trugen, bei Katholiken wie bei
Protestanten. Lehrreich ist die Aufzählung der Hauptunterschiede
zwischen beiden in China, die zu Zeiten so
weit auseinandergingen, daß sie wie zwei Religionen erscheinen
mußten, die faktisch fast nichts miteinander
gemein haben.

Daß der Verfasser ein guter Kenner chinesischen
Geisteslebens ist, bekundet in sehr erfreulicher Weise

sein einleitendes Kapitel „Der religiöse Hintergrund der
Chinesen". Auch hiefür wußte er die beste Literatur zu
nützen, ohne sich bei ihrer Auswahl auch nur ein einzigmal
zu vergreifen. Wer die ersten 24 Seiten seines
Buches liest, der weiß, wenn er selbst in China einigermaßen
zu Hause ist, daß es ein wirklich Berufener ist,
der sich hier die Aufgabe gestellt hat, die das wertvolle
Werk seiner Feder zur Ausführung gebracht hat.
Leipzig. LI. Haas.

von Baader, Franz [Xaver]: Seele und Welt. Kränz Baaders
Jugcndtagcbücher 1786 -1792. In erneuter Textrev. v. Dr. M. Jaris-
lavsky. Eingel. u. hrsg. v. Dr. D. Baumgardt. Berlin: Volksverband
d. Bücherfreunde Wegweiser Verl. [192S|. (200 S. in. Abb.
u. 1 Taf.) 8°. nur f. Mitgl.; nicht im Buchh.

Was Baader's Jugendtagebücher für die Geschichte
des Idealismus bedeuten, ist zu bekannt, als daß es an
dieser Stelle einer Ausführung darüber bedürfte. Durch
David Baumgardt (Franz. v. Baader und die philo-
soph. Romantik, Halle S. 1927) und Fritz Lieb (Franz
Baaders Jugendgeschichte, München 1926) ist es uns
eindringlich gemacht, daß die Ausgabe der Tagebücher
durch E. v. Schaden Werke Bd. 11 nicht ganz wortgetreu
ist, sondern aus berechtigten Rücksichten und
unberechtigter Ängstlichkeit heraus Auslassungen und
Verbesserungen sich gestattet hat. Das ist der Anlaß zu
dieser Neuherausgabe. Sie muß für die Jahre 1788—92
(für die ersten beiden Jahre ist das Manuskript Baaders
nicht erhalten, und Anfang 1793 bricht Baumgardt ab,
weil das Tagebuch seinen Charakter innerlich ändert)
darum der alten Ausgabe vorgezogen werden.

In der Identifizierung der Zitate im Anhang hätte
ein wenig mehr getan werden können. Die Bibelzitate
vor allem hat Baumgardt einer Beachtung nicht für
wert gehalten. Aber auch für das Verhältnis zu Herder
wären umfassendere Nachweise möglich gewesen. Der
Herausgeber hat sich dergleichen wahrscheinlich für die
von ihm angekündigte Neuherausgabe der gesammelten
Werke Baaders vorbehalten.

Vielleicht gibt ei in dieser auch die wenigen unleserlich gebliebenen
Stellen in Eacsimile bei. Die Lesungen des Manuskripts «eichen z. T.
von denen Liebs (z. B. a. (). S. Will) in Kleinigkeiten ab. Wer recht
hat, kann ich natürlich nicht entscheiden. Nur in einem Punkte lälit
sich etwas Wahrscheinliches sagen: die neue Ausgabe hat die Unterstreichungen
des Tagebuchs vielfach ignoriert!

Göttingen. E. Hirsch.

Dient, Hermann: Philosophie und Christentum bei SöTen
Kierkegaard. München: Chr. Kaiser 1929. (VIII, 368 S.) gr. 8°.

= Forschungen z. Gesch. u. Lehre d. Protestantismus II, 1.

RM 12—: geb. 14 ;
in Subskr. , 9.50; „ 11 .
^Hermann Hie in: Methode der Ki t r k e trn a r d fo r $ c h u n g. Zwischen
den Zeiten IQ28 S. III: Zitiert Z. d. Z.)

(iberall in Kierkegaards Schriften findet man
Bruchstücke von Erkenntnistheorie. Nach und nach
wenn man mit Kierkegaard vertraut wird, fügen sich
diese Bruchstücke wie von selbst ineinander zu größeren
Zusammenhängen, und man ahnt, daß sie vielleicht zu
einem großen System zusammengefügt werden können,
wie die Zusammenlegspiele, die man in den Spielwarenläden
kauft, aus kleinen Bruchstücken sich zu Bildern zusammenstellen
lassen. Wie das fertige Bild durch sich
selbst zeigt, daß die Zusammenstellung richtig ist, so
müßte auch die Zusammenstellung der erkenntnistheoretischen
Bruchstücke für ihre eigne Richtigkeit Zeugnis
ablegen können.

Es ist sehr wertvoll, daß Hermann Diem dieser
Ahnung nachgegangen ist. Ganz ohne Rücksicht auf
Kierkegaards persönliches Leben hat er diese Bruchstücke
zusammengestellt, so daß ein großes System zu
Wege gebracht ist. Wie jeder Kierkegaard-Kenner begreifen
wird, ist dies System kein Gedankensvstem; das
für Kierkegaard eigentumliche ist ja eben, daß keine
Gedanken gelten, die nicht zugleich Leben sind. Denken
und Existieren sind Eins. Kierkegaard hat für diese
Forderung den Namen Reduplikation gebildet. Was