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Ausgabe:

1929

Spalte:

394-395

Autor/Hrsg.:

Graham, Rose

Titel/Untertitel:

English Ecclesiastical Studies. Being some Essays in Research in Medieval History 1929

Rezensent:

Ficker, Gerhard

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393

VAU

1. Oktober 1926 in Kraft treten konnte. Diese Verfassung
übernimmt die bisherigen Kirchgemeinden und
Kirchenbezirke (Ephorien), ferner die Landessynode als
„Vertretung der gesamten in der Landeskirche vereinigten
Kirchgemeinden" und das Evangelisch-lutherische
Landeskonsistorium, dem „die rechtliche Vertretung
der Landeskirche, die Wahrung der Rechte und
Interessen der Landeskirche sowie die Leitung und Verwaltung
aller ihrer Angelegenheiten" obliegt; sie schafft
jedoch daneben als neue Behörden den zur „Vertretung
der Landeskirche mit Ausnahme der Rechtsyer-
tretung" berufenen Landeskirchenausschuß mit einem
Landesbischof, dem „führenden Geistlichen der Landeskirche
" an der Spitze und sodann besondere kirchliche
Gerichte. Hier entspricht in Dienststrafsachen der Geistlichen
und kirchlichen Beamten das „Kirchengericht"
der staatlichen Disziplinarkammer, das „kirchliche Obergericht
" dem Disziplinarhof; außerdem sind beiden
Kollegien gewisse verwaltungsgerichtliche Aufgaben zugewiesen
. Sie entscheiden in der Besetzung mit einem
rechtskundigen Vorsitzenden und der gleichen Zahl
geistlicher und rechtskundiger Mitglieder; für Dienststrafsachen
treten Amtsgenossen des Beschuldigten als
Richter hinzu. Eine weitere Neuerung wurde dadurch
bedingt, daß der Staat den Amtshauptleuten und Stadträten
nicht mehr erlaubt, gemeinsam mit den Superintendenten
als „Kircheninspektion" die nächste Aufsichtsbehörde
der örtlichen Stellen für nicht rein geistliche
Angelegenheiten zu bilden: Es sind nunmehr eigene
rechtskundige „Kirchenamtsräte" angestellt; diese vereinigen
sich zu jenem Zwecke mit den Ephoren zum
„Bezirkskirchenamt".

An dieser Neuordnung des Kirchenwesens ist der
Verfasser des vorliegenden Buches, wohl der erfahrenste
Kenner des sächsischen Kirchenrechts, als langjähriger
Präsident des Landeskonsistoriums in hervorragendem
Grade beteiligt gewesen. Er bietet neben den Gesetzen
und Verordnungen, deren Inhalt oben ganz kurz angedeutet
wurde, alle jetzt giltigen Vorschriften über
Kirchgemeinden und Bezirksverbände, über Rechts-,
Gehalts- und Pensionsverhältnisse der Geistlichen und
der kirchlichen Beamten, über Patronat und Stellenbe-
setzung, über kirchliche Handlungen und religiöse Kindererziehung
, über Kirchenhaushalt, Kirchensteuern und
kirchliche Stiftungen, endlich als Anhang noch die Verfassung
des Deutschen Evangelischen Kirchenbundes
vom 25. Mai 1922. Die Abschnitte sind durch erläuternde
, teils geschichts-, teils rechtswissenschaftliche
Ausführungen eingeleitet, die Texte selbst mit einer
Fülle ergänzender und wegweisender Anmerkungen versehen
, sodaß der handliche, durch gutes Papier und
deutlichen Druck ausgezeichnete Band allen, die in der
sächsischen Kirchenverwaltung stehen, ein unentbehrliches
Hilfsmittel werden dürfte.
Dresden. G- Schmal tz.

Das religiöse Deutschland der Gegenwart. Ein Handbuch. Hrsg.

v.Carl Schweitzer. Bd. 1. Berlin: Hochweg- Verlag (1928). (404 S.)

cn-. 8°. RM 10-; Lwd. 12.50.

Ein groß angelegtes Buch. Es soll, unter Beschränkung
auf Deutschland, die Religion der Gegenwart
darstellen; Bd. 1 die außerchristliche, Bd. 2 die
christliche. Wie Bd. 2 seiner ungemein schwierigen Aufgabe
gerecht werden wird, bleibt abzuwarten; Teil 1
liegt als stattlicher Band von 404 Seiten mit eigenem
Sach- und Personenregister vor. Er ist in 3 Abschnitte
gegliedert: A) Religionssurrogate und neue Religionsbildungen
, B) Einbrüche der außerchristlichen Religionswelt
; C) der Relativismus. Unter A) kommen zur Besprechung
: Intellektualismus und Monismus (J. Müller-
Schwefe), wirtschaftlich-politische Bewegungen (der
proletarische Sozialismus in den Wandlungen seines
Glaubens, Heinz Marr; Deutschtum und Christentum,
Karl Witte), der mystische Idealismus (in Kunst und
Dichtung, W. Lüttge), in neuester Philosophie (Heinz-
Dietrich Wendland), in der Jugendbewegung (derselbe),

Naturalismus und erotische Religion (v. Rohsen), Okkultismus
(A. F. Stolzenburg). B) umfaßt 3 Aufsätze: Jüdische
Religion (P. Fiebig), Germanische Religion (K.
Witte), andere außerchristliche Religionen (H. Schome-
rus). Bei C) sind Keyserling und Spengler durch W.
Lüttge besprochen. Die Scheidung „außerchristlich" und
„christlich" ist schwer reinlich durchzuführen; der Aufsatz
über „Deutschtum und Christentum" greift über
die Grenzen hinaus; daß Anthroposophie und auch
Christengemeinschaft bei den außerchristlichen Religionen
zu stehen kommen, wird zumal bei der letzteren
natürlich schärfsten Widerspruch finden; doch sprechen
sehr ernste Gründe dafür. Ob alles, was in Bd. 1 be-

! sprachen wird, als „Religion" anzusehen ist, bleibt
fraglich; aber 1 A hat ja in der weiträumigen Überschrift
das Wort „Religionssurrogate"; als solches kann denn
auch „die Religion der marxistischen Sekte" (so heißt

] es bei Marr) bezeichnet werden. Im übrigen enthält
diese besonders ausführliche Darstellung (reichlich ein
Viertel des Ganzen) besonders viel Interessantes und
Wertvolles, gerade weil sie sich nicht mit der Darstellung
der Gedankenwelt einzelner Führer begnügt,

; sondern ein umfassendes Gesamtbild der marxistischen
Gedankenwelt zu geben sucht, soweit sie auf das reli-

! giöse Thema Bezug hat. Verhältnismäßig kurz kommt die
freidenkerische Bewegung weg; 12 Seiten Darstellung,
5 Seiten Kritik. Das mag seine Gründe haben; die
Krisen in der Bewegung haben ihre Organisationen
stark mitgenommen; dennoch wäre ein noch genaueres
Eingehen wünschenswert. In dem Aufsatz über die ger-

1 manische Religion hätte der Hinweis darauf eine

' größere Rolle spielen können, daß der Inhalt dessen,
was unter „germanischer Religion" verstanden wird,
durchaus nicht so gesichert ist, wie ihre modernen Verfechter
meinen. Schomerus konnte in diesem Zusammenhang
selbstverständlich keine eingehende Darstellung

i z. B. des Buddhismus liefern; er greift kurz das für
unsere Verhältnisse Wesentliche heraus. Lüttges Auf-

! sätze wecken aufs Neue das große Bedauern über das
frühe Scheiden dieses feinsinnigen Theologen; freilich

I gehören sie zu den Stücken des Buchs, die vom Leser
am meisten fordern. Sehr willkommen wird Stolzen-

1 burgs Behandlung des Okkultismus sein; dem Spiritismus
gelten 19 Seiten, die in großer Klarheit sehr wertvolle
Hinweise bringen. Gerade hierfür verlangen viele
nach zielsicherer Führung. Daß die „erotische Religion"
(so eigentümlich der Name klingt) Behandlung gefunden
hat, ist nützlich; G. v. Rohden bewährt weiter
seine Kunst sachlicher, eindringender Erörterung. — Die
Beiträge sind alle nicht fachlich-wissenschaftlich gehalten
, sondern allgemein-verständlich, wofern man das
Wort „allgemein" nicht gerade weit faßt. Der gebildete
, an ernstes Denken gewöhnte Leser kann durchaus
mit Gewinn folgen; er wird nirgends durch Ballast
von Zitaten und Belegen aufgehalten; manche Aufsätze
(so besonders die von Marr, aber auch der von Wendland
über die Jugendbewegung, der von Müller-Schwefe
über die Freidenker u. a.) lesen sich im Verhältnis zum
Gegenstand geradezu leicht; wo philosophische Probleme
zur Sprache kommen, muß dem Leser natürlich
mehr zugemutet werden. Literaturangaben sind am
Schluß der Beiträge zusammengestellt. So findet denn
hier, wer in die behandelten Themen eindringen will,
sichere und sachgemäße Hilfe. Am dankbarsten werden
alle die das Werk begrüßen, die in der apologetischen
Arbeit stehen. Dem Herausgeber, der gewiß keine
leichte Arbeit zu leisten hatte, ist zumal im Namen der
an der rechten Orientierung der Gemeinden Interessierten
, vor allem also der evangelischen Kirche und der
Inneren Mission, herzlicher Dank zu sagen.

Breslau-__M. Schian.

Graham, Rose, M. A„ F. S. A.: English Ecclesiastical Studles.
Being some Essays in Research in Medieval History With illustr"
London: S. P. C. K. 1929. (XIII, 463 S.) 8°. 15 su.

Daß die wertvollen und weit verstreuten Artikel der
Verfasserin aus den Jahren 1923—26, die zudem in