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Ausgabe:

1929 Nr. 13

Spalte:

292

Autor/Hrsg.:

Eggers, Wilhelm

Titel/Untertitel:

Das Dharmasutra der Vaikhanasas 1929

Rezensent:

Glasenapp, Helmuth

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Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 13.

292

Winternitz, Prof. M.: Der ältere Buddhismus. Nach Texten
d. Tipifaka. Tübingen: J. C. B. Mohr 1929. (VI, 162 S.) gr. 8". =
Religionsgeschichtlichts Lesebuch, 2., erweit. Aufl., Ii. 11.

RM 7.50; in Subskr. 6.75.
Für den Buddhismus sind in der neuen Ausgabe
von Bertholets Religionsgeschichtlichem Lesebuch zwei
Hefte vorgesehen: eines, das ein Bild von dieser Religion
in der ältesten für uns erreichbaren Form geben,
und ein anderes, das die buddhistische Doktrin in ihren
späteren Entwicklungs- und Entartungsphasen dokumentieren
soll. Mit dem zweiten wird Professor Winternitz
eine ganz neue Anthologie zu liefern haben, so etwas,
wie es in Englisch seit 1871 von S. Beal (A Catena
of Buddhist Scriptures) vorliegt. Für das erstere konnte
er sich begnügen mit einer Umarbeitung seines umfangreichen
Beitrags zur 1. Ausgabe des Bertholetschen
Lesebuchs. Schon für ihn hatte er seine Aufgabe sehr
ernst genommen. In solcher Umsicht war aus dem
Pälikanon die Auswahl von ihm getroffen, daß an ihr
so gut wie nichts auszusetzen war. Wenn er sich gleichwohl
nicht dahin entschieden hat, dem Herausgeber sie
einfach zu unverändertem Abdruck zu empfehlen, sondern
sich die Netizurichtung neue nicht geringe Mühe
kosten ließ, so war, was ihn dazu bestimmte, hauptsächlich
doch wohl die ihm gewährte Möglichkeit, ein Mehr
zu bieten. Einzelne Stücke, nicht viele, hat W. fallen
lassen. Rund 30 sind dagegen neu zugekommen, und
sieht man sie sich auch nur in ihren Überschriften an,
so möchte man keines von ihnen missen. An den alten
Übersetzungen von W. war nicht viel zu verbessern. Wo
das nach dem heutigen Stand der Päliforschung zu geschehen
hatte, ist es geschehen. Anders, mehr systematisch
, ist die Anordnung der Textauszüge geworden,
die sich wohl geflissentlich an Oldenbergs klassisches
Werk über den ältesten Buddhismus anlehnt. Die Stücke
1—16 beziehen sich nämlich auf den Buddha, 17—94
auf seine Lehre (den Dhamma), 95—110 auf seine Gemeinde
(den Satngha). Einen Zuwachs stellt der Anhang
(S. 149—153) dar, in dem jetzt auch der Laienbuddhismus
im 3. Jahrhundert v. Chr. Berücksichtigung
erfahren hat, wie er uns aus den Inschriften des Königs
Asoka, des Konstantins des Buddhismus, entgegentritt.
Nach den von E. Hultzsch herausgegebenen Texten
(Corpus Inscriptionum Indicarum I, Inscriptions of Asoka
, New Edition, Oxford 1915) sind Übersetzungen
des 8. und des 12. Felsenedikts von Girnar, des 9. und
des 13. Felsenedikts von Kalsi, auszugsweise des 2. separaten
Felsenedikts von Jaugada und des Bhabra-
Edikts geboten, sowie die Inschrift auf der in Rummin-
dei an der Stelle des alten Lurnbiruhains erst 1896 aufgefundenen
Säule, die Asoka im Jahre 249 v. Chr. an der
Stätte errichten ließ, wo nach der Überlieferung die Geburt
des Buddha stattgefunden hat. Im übrigen sind die
von W. hier übersetzten Texte gezogen aus Anguttara-
Nikäya, Dlgha-Nikäya, Dhammapada, Itivuttaka, Khud-
daka-Pätha, Majjhima-Nikäya, Samyutta-Nikäya, Sutta-
nipata, Theragäthä, Therigäthä, Udana, Mahävagga,
Cullavagga.

Aus der den Texten vorangestellten Einleitung mag
hervorgehoben werden, daß W. als das wahrscheinliche
Todesjahr Buddhas jetzt c. 485 v. Chr. gibt. In der
ersten Auflage stand zu lesen: wahrscheinlich 477 v.
Chr. Warnen zu müssen meint W. jetzt davor, alles, was
sich im Pälikanon und auch in seiner aus ihm dargebotenen
Auswahl findet, als echte Buddhaverkündigung
zu nehmen, wenn schon er nach wie vor daran festhält,
daß uns im Pali-Tipitaka ein älterer Buddhismus vorliegt
als in der nepalesischen, tibetischen und chinesischen
Literatur.

Bemerkt sei noch, daß man eine kurze, zusammenfassende
Darstellung des Buddhismus von Professor
Winternitz jetzt in seinen Artikeln „Buddha" und
„Buddhismus" in der 2. Auflage von „Religion in Geschichte
und Gegenwart" findet.

Leipzig. _ H. Haas.

Eggers, Wilhelm: Das Dharmasutra der Vaikhänasas. Übers,
u. m. textkritisch, ti. erklärend. Anmerkgn. versehen. Nebst e. Einleite
;, über d. brahmanischen Waldeinsiedler-Orden n. d. Vaikhänasa-
Sekte. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1929. (92 S.) gr. 8U.

R.vT 8.50.

Die unter der Leitung von Prof. F. O. Schräder entstandene
Arbeit gliedert sich in zwei Abschnitte. Der
; erste behandelt Stellung und Alter der Vaikhanasa-Su-
' tras, sowie das Verhältnis von Vaikhänasa und Väna-
j prastha und entwirft dann ein Bild des brahmanischen
; Waldeinsiedlers, wie es uns in der indischen Literatur
entgegentritt. Der zweite Teil gibt eine Übersetzung des
Vaikhänasa-Dhannasutra mit textkritischen Noten und
wertvollen Anmerkungen. Die von großer Literatur-
1 kenntnis zeugende Schrift ist ein wertvoller Beitrag zur
bisher noch so wenig erforschten Geschichte der indi-
i sehen Asketenorden.

, Königsberg i. Pr. H. von Qlasenapp.

Boudriot, Dr. Wilhelm: Die altgermanische Religion in der
amtlichen kirchlichen Literatur des Abendlandes vom 5.

bis i 1. Jahrhundert. Bonn: I.. Röhrscheid 1928. (79 S.) gr. 8°.=
Untersuchungen zur allgem. Rel.-Gesch., IL 2. rm 6.50

Die Untersuchung und Darstellung ist quellenkritisch
angelegt und umfaßt Synodalbeschlüsse, fürstliche
Verordnungen, päpstliche und bischöfliche Briefe
und Entscheidungen, Predigten und Traktate von Cae-
j sarius, Martin von Bracara, Eligius von Noyon, Pirmin
I von Reichenau, Hrabanus Maurus, Hoinilia de sacrilegüs
und dies dominicus, karolingische, dem Bonifatius zugeschriebene
Musterpredigten, Agobard von Lyon, Atto-
i von Vercelli, kirchliche Formulare (Indiculus superstiti-

■ onum), Bußbücher, Dekretalien bis auf Burchard von
Worms, der 1025 gestorben ist (Quellenverzeichnis S.
9 ff.). Die Hauptmasse des so vielfach verzweigten
Stoffes stammt nach B. von Caesarius von Arelate (S.
4 f., 5 f., 44):' seine Predigten waren die große Fundgrube
derer, die die gleichen Aufgaben vorfanden. Viel-

! leicht ist der Verf. darin zu weit gegangen,- aber längst
unterliegt es keinem Zweifel mehr (Archiv f. Religions-
: Wissenschaft 20, 82), daß der römische Süden Galliens
in erster Linie für die Missionspredigt usw. die grundlegenden
Richtpunkte aufgestellt hat. Der Standpunkt
des Verf.s ist fraglos der richtige, wenn er das in be-
tracht kommende Material in entscheidender Weise mit
dem spätantiken Aberglauben identifiziert und von international
-spätantik gefärbtem Paganismus spricht (S. 7);
Caesarius hat nur den Aberglauben gekannt, der in Süd-
! gallien heimisch war, also griechisch-römischen mit starkem
orientalisch-synkretistischem Einschlag (S. 5). Wie
1 weit läßt sich nun dieser formelhaft erstarrte Volks-
| glaube für die altgermanische Religion ausnutzen? Das
ist die Hauptfrage. „Aufgabe unserer Arbeit soll es sein,
die amtlichen Äußerungen der Kirche um ihr Wissen
von altgermanischer Religion zu befragen" (S. 1). Diese
Frage muß m. E. vorsichtiger beantwortet werden, als es
, von B. geschehen ist. Er meint, nur ein ganz geringer
Bruchteil des kirchlichen Schrifttums des Abendlands
vom 5. bis 11. Jahrh. sei für die deutschen Volksstämme
giltig, insbesondere derjenige, der durch deutschsprachige
Bezeichnungen bei ihnen als bodenständig ge-
| sichert sei.:i Ich halte diese Beschränkung für allzu eng-
| herzig und betone, daß weit mehr dem Paganismus der
I romanischen und germanischen Völker gemeinsam war,

■ als es zunächst den Anschein haben könnte.1 Wenn B.

1) C. F. Arnold, Caesarius von Arelate Lpz. 1894; R. Boese,
| Superstitiones Arelatenses Diss. Marburg 1909; R. Muuss, Die altger-
manische Religion nach kirchlichen Nachrichten aus der Bekehrungs-

zeit der Südgermanen. Diss. Bonn 1914.

2) Zeitschr. f. d. Philologie 53, 386.

3) Richtig, aber leider nicht eindringlich genug wird bemerkt,
daö mancherlei spätantiker Aberglaube bei den Deutschen nicht volkläufig
gewesen, aber geworden ist (Kalendengebräuche S. 73f.; Kreuz-

i wege S. 56f.; Donnerstag S. 58 f. Tagwählerei) u. a.

4) Der Satz (S. 56) der Antike Strigeiiglaube sei mit dem
j Germanischen wesensverwandt, ist falsch; er trifft nur für das
! deutsche Hexcnwesen des Mittelalters zu; vgl. Anm. 3.