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Ausgabe:

1929 Nr. 8

Spalte:

190

Autor/Hrsg.:

Donders, Adolf

Titel/Untertitel:

Meister der Predigt aus dem 19. u. 20. Jahrhundert 1929

Rezensent:

Niebergall, Friedrich

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 8. 190

folgen sucht

?. Torsten Bohl in.

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rischen Gebiete,— die exegetische und dogmengeschicht- Hilfsbedürftigen"; denn auch nach einer anderen Seite
liehe Grundlage ist ziemlich dürftig — als in der hin weist sie eine von der öffentlichen Fürsorge ab-
psvchologischen Analyse, die oft besonders fein ist und ^weichende Struktur auf. Ihre Grundhaltung ist nicht
immer Interesse erweckt. Beachtung verdient das Stre- 'ökonomische Rationalisierung, sondern schöpferisch
ben des Verf^ die frühere insulare Isolierung der anglo- quellende Gestaltung. Das wirkt sich aus in der Finanzsächsischen
Theologie zu durchbrechen, besonders durch gebanmg, im Ermittlungswesen und bis tief hinein in
die Berücksichtigung der deutschen systematischen Theo- die Seelsorgc.

logie. Die Anknüpfung an Schaeder, Seeberg und R. Wir können dankbar sein für diesen Beitrag auch

Winkler („Das Geistesproblem") gibt einen Htaweis wen„ wir jnm nicht restlos zustimmen können. Die
auf seine eigene theologische Stellung. In deren Durch- seelische Verbindung" als ausschließliches Ziel wertet
führung tritt in der Tat besonders stark der Gegensatz den Schöpfungswert des Leibes und die Pflicht zum
zur dialektischen Theologie hervor, sowohl durch die Dienst an ihm — der eben nicht nur Mittel ist — zu
psvehologische Basis, auf die sich die ganze Betrachtung gering. Wir wehren uns dagegen, das evangelische
gründet, (die Verwandtschaft des Menschen mit dem Ethos, welches in der Fürsorge zum Ausdruck kommt
Göttlichen) als auch durch die Methode, die der Verf. ! al,f bloße Innerlichkeit zu isolieren,
folgerichtig anwendet: Die Theologie soll nach Robin- Von

son Erfahrungstheologie sein. i heutigen Wohlfahrtspflege durch den Beitrag von Lic

Dadurch daß die Erfahrung in den Vordergrund ge- ; jah„ beleuchtet. In der Tat ist das sozialpädagogische

stellt wird, kann der Verf. mit der spezifisch lutherischen | problem das brennendste — und zugleich das, welches

soteriologischen Orientierung hinsichtlich der i am hoffnungslosesten verfahren ist. Jahn zeigt deutlich

Christologie und der Pneumatologie Ernst machen. ! die Unmöglichkeit alles pädagogischen Gestaltens, das

Aber die Art, wie der Inkarnationsgedanke an- , von der Bildung von Normen abzusehen versucht' Die

gewandt wird, zeigt, daß er zugleich bewußt eine Haupt- Unfruchtbarkeit der modernen SozialpädagoGk liegt in

linie der traditionellen anglikanischen Theologie zu ver- der Verabsolutierung der Psychologie begründet. Die

eigentliche pädagogische Kraft liegt jenseits aller

Psychologie. Psychologie kann nur Voraussetzung sein.

Darin bestellt ihre Bedeutung, aber auch ihre Grenze.

. Weil aber der Psvchologismus die Werte des persön-

Ulrich, D. Friedrich: Fürsorge und Seelsorge. Berlin: liehen und sozialen Lebens ihrer normativen Kraft be-

M. Warneck 1Q2S. (05 S.) 8 . RM 2.80. raubtj verbaut er gegenwärtig der Pädagogik die Mög-

Das Buch enthält 6 Vortrage, die auf einer Tagung lichkeit, ein Erziehungsziel zu bilden,' das über die

des Evangelischen Hauptwohlfahrtsamtes, Berlin, in wechselnde Ebene von Anlage und Milieu liinausreicht

Buckow im Mittelpunkt der Besprechung standen. Damit wird sie ohnmächtig gegenüber dem Problem der

1. „Gedanken über den Sinn der Fürsorge", von Gertrud Leiderfahrung und der Aufgabe, eine neue Tapferkeit

Bäumer, 2. „Die Gestaltung der Fürsorge", von Anne- zu erwecken." Zu aller Schicksalsüberwindung gehört ein

maric Pissel, 3. „Fürsorge, Seelsorge und Therapie", ; Lebensgehalt von transzendenter Tiefe, und der ist nur

von F. Künkel, 4. „Sozialpsychologie", von C. Schweitzer, j aus der religiösen Dimension her möglich.

5. ..Die Krisis in der modernen Seelenführung", von , ,WIin en.nrfall H ,. ., c .

, • , , , r-- j o i rr iIi • i Berun-spanaau. nelmun Schreiner.

Lic. Jahn. 6. „Fürsorge und Seelsorge", von F. Ulrich.

Fast sämtliche Beiträge sind außerordentlich be- ~

achtenswert. Alle ringen ernst und in die Tiefe gehend Donders, Prof. Dr. Adolf: Meister der Predigt aus dem 19.

um Fragen, von deren Lösung für die heutige Wohl- ! u. 20. Jahrhundert. Ein homiletisches Lesebuch, ausge*. u. m.

fahrtspflege Entscheidendes abhängt. Die Grundge- Wtij«^ ^ mü"ster i- W': R^cns^ehe Buchh. 1028.

danken können hier nicht im einzelnen angegeben wer- ' . . ' geb- RM °-50-

den, so verführerisch es auch wäre, etwa den Versuch zu I Cs ls| Cln guter Gedanke zu Lehrzwecken eine Art

machen, die beiden Beiträge aus dem Bereich der ! *on "'muletischer Chrestomathie zusammenzustellen. Sie

Psvchologie in ihrer Bedeutung für die Pädagogik aus- beschrankt sich auf das vergangene Jahrhundert und

zuwerten. Eine besondere Aufmerksamkeit verdienen die reic*| m* ms den Anfang des unsrigen herein. Leider

Beiträge von Bäumer und Jahn wegen ihrer akuten Be- ".'Clden ,m (ganzen nur Stücke aus Predigten geboten,

Ziehung zur gegenwärtigen Krisis in der Wohlfahrts- Einleitungen, Schlußabschnitte und ülanzpartien, nur

pflege Gertrud Bäumer schreitet von einer Analyse der sclten Hrscne'nt tlnmal eine Predigt ganz. Offenbar ist

Ziele und Beweggründe der öffentlichen Wohlfahrts- es we'"Rer darauf abgesehen eine Anschauung davon

pf]eee _ wichtig durch die Hervorhebung des Ele- z. Sebe". « aus Text und Anlaß eine Predigt wird,

ments der Distanz gegenüber dem Hilfsbedürftigen — a.,s 1djrauf> ,wie S1L' rednerisch zu gestalten ist. Dafür

fort'zu kritischer Würdigung der freien Wohlfahrts- ^nd denn aber auch d'e Proben sehr lehrreich. Welche

pflege vor allem der christlichen Liebestätigkeit. Das Typen erscheinen da, von dem Glanz der an der klassi-

fc_*o„u„;^„„u^ Hip=f> ist ..der Dienst am Reiche Gottes schen französischen Rhetorik geschulten v. Diepenbrock

um seine

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Entsdieidende für diese ist ,der D»e^ nd ^ A f to"w. Jahrh der

und die aus der Gemwudlgt^l^^^ j A.hl ^Z Mitte in v. Geissei und an seinen. Ende in Löffler S. J.
Dankbarkeit für die göttliche Liebe■.art^l^mm , d f, ß w fa ^ aber ^ ,„,,,}_

Mitmenschen. Christliche Wohl ah sp^ ^ schcn ^ Saik,rs ^ dc, volkstüinlich der&a eines

Sinn nur, wenn sie in dieser Weise p^^J^"^* peter Roh und Ad. Huhn, und der gelehrt-apologeti-

ist und religiös wirkt" (S; u ; J|„!Ln mUi„ sehen eines Rottmaner! Der Eindruck dürfte stimmen,

&^^^h^wQ^^dnng itrl^rm MKSmn daß djc Rhetorik itnmeT mchr einer schlichteren Sach-
durch das Organisatimisproblem zu eins e. st ostk it.k wekhi Trotcdera dürfte auch unsre protestan-

aufrufen. Die Re.nerhaltung der ^JSJ,jgg£^& tische Predigt nicht so gleichgültig gegen die Form, ja

tatigke.t ist nur möglich, wenn sie die'V^J™»««^ auch gegen die Rhetorik sein. Es kommt eben doch

windet, irgendwie grundsatelic*"^J^S^,^ sehr auf das Wie an. Anstatt Abhandlungen vorzu-

Massenfursorge mit ftucr ^^^^S**?*^ tragen sollten wir reden lernen, auch wenn^wir unsre

a, wollen. Und diese Gefahr ist ^^g^ Unfähigkeit durch schöne Theorien maskieren, als wenn

»Difi freie L.ebestatigkeit wird in Of^J^CS^^ es nur auf die Botschaft ankäme. Non scripta loqui,
der öffentlichen verbunden, in dem diese Schematis e- lonuenda scribere

rune auf der Höhe ist" (S. 14). Das ausschließliche SLÜ 10°u«-»an scriDerc.

Ziel der christlichen Liebestätigkeit ist vielmehr „die see- Marburg. Friedrich Niebergaii.

lische Verbindung zwischen dem Helfenden und dem