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Ausgabe:

1929 Nr. 8

Spalte:

180-181

Autor/Hrsg.:

Schmidlin, Jos.

Titel/Untertitel:

Das deutsche Missionswerk der Gegenwart 1929

Rezensent:

Schian, Martin

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179

Theologische Literaturzeitung 1929 Nr. 8

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vvesen. — Im einzelnen sind freilich nicht ganz wenige
kleine Ungenauigkeiten untergelaufen. Ich begnüge
mich damit, einige Desiderien namhaft zu machen. Bei
der Aufzählung der evangelischen Landeskirchen wäre !
die von Waldeck-Pyrmont zweckmäßig zu den preußi- '
sehen Landeskirchen zu gruppieren gewesen; wenigstens
Pyrmont ist ja längst mit Preußen vereinigt. Die einzelnen
Bestandteile des Freistaates Oldenburg sind nicht
genau benannt, statt „Landeskreis" muß es immer
heißen „Landesteil" (S. 46). Die Gemeinschaftsbewegung
und die kirchlichen Parteien können nicht gut
als „Vereine" bezeichnet werden (S. 51). Bei der Auf- :
Zählung der kirchlichen Parteien S. 63 f. ist die Numerierung
begonnen, aber nicht fortgeführt. S. 64 muß es
„Volkskirchliche evangelische Vereinigung" heißen (nicht
„Landeskirchliche"). Der S. 68 genannte Pfarrer von
Gossler ist auch jetzt noch aktiver Pfarrer, also nicht
„ehemalig". Das Verzeichnis der wichtigsten theologi- |
sehen Zeitschriften (S. 90/1) ist mehrfach ungenau: die
Theologische Quartalschrift ist katholisch; es fehlen die ;
Theologischen Blätter, u. s. w. Aber genug. Lieber will ;
ich noch erwähnen, daß ein ausführliches Literaturver- i
zeichnis beigegeben ist, in dem freilich auch manches
zu verbessern wäre. Ein Personen- und Sachregister er-
leichtert wesentlich die Benutzung; es scheint mir ziemlich
genau zu sein. — Alles in allem kann ich also diesen
gesamtkirchenkundlichen Überblick nur begrüßen.
Ich halte ihn für eine dankenswerte Bereicherung der
kirchenkundlichen Literatur; er ist sehr geeignet zur |
Einführung auch für Kandidaten, die ja in der altpreußischen
Landeskirche jetzt in der zweiten Prüfung auch
ihre Kenntnis des kirchlichen Lebens nachzuweisen ha-
ben. Für alle im kirchlichen Leben Stehenden und
Tätigen bietet er eine erwünschte Gelegenheit zur Überschau
und eine gute Anregung zu abermaligem Durchdenken
.

Breslau. M. S c Ii i a n.

Priebe, Pfr. Hermann: Kirchliches Handbuch für die evangelische
Gemeinde. Unter bes. Berücksichtigung d. Evang. Kirche
d. altpreuß. Union. Zugleich e. Beitr. z. Kirchenkde. d. Gegenw. I
3., völlig umgearb. Aufl. Berlin: M. Warneck 1929. (XII, 564 S.)
8°. Lwd. RM 12-.

Das Priebesche Handbuch erschien zuerst 1912.
Nach dem Krieg bedurfte es völliger Umgestaltung;
diese ist jetzt vollzogen. Überall ist der neue, meist,
wie ich mit Vergnügen feststelle, der neueste Stand der <
Dinge geschildert. Wo die Darstellung eingehender
wird, wie für Altpreußen, sind noch Verordnungen u. ä.
aus 1928 berücksichtigt. Die Sorgfalt, mit der verfahren
wurde, verdient hohe Anerkennung. Daß es bei einem
solchen Werk ganz ohne kleine Ungenauigkeiten abgeht,
ist ja so gut wie ausgeschlossen; aber ihre Zahl ist ver- j
hältnismäßig sehr gering.

Um einige Einzelheiten anzuführen : Warum ist der Tatsache, daß !
Pyrmont zu Preußen gehört, nicht Rechnung getragen? Auch Waldeck
ist im Anschluß begriffen. Also Umstellung! — S. 103 ist gesagt, daß :
es in Altpreußen eine ganze Reihe lutherischer und reformierter Gemeinden
gebe, welche die Union nicht angenommen haben, also „mit der
anderen Konfession keine Abendmahlsgemcinschaft haben", gleichwohl
zur Landeskirche gehören. Das ist zum Mindesten undeutlich ; i
mindestens Zulassung der anderen Konfession zum Abendmahl ist selbstverständlich
bei Zugehörigkeit zur Union. Auch stimmt der Satz nicht .
zu dem vorher über die altpreußische Union Gesagten. Gewiß, die i
Union in Preußen ist eine verwickelte Sache; aber die Darstellung S. 103
bringt keine Klarheit hinein. Bei der Fürsorge für die Auslands-
gemeinden hätte das bescheidene Pflänzlein der „Evangelischen Kolonialhilfe
" kurze Erwähnung verdient. — S. 113 heißt es, daß in der Verwendung
von Theologinnen im Kirchendienst andere Kirchen wie Hamburg
und Baden, gleich sehr viel weiter gegangen seien als die altprcußische
Kirche. Dies Urteil trifft nicht zu. Baden hat die Angelegenheit noch
nicht gesetzlich geregelt; ob dort das jetzt übliche Verfahren beibehalten
wird, hleibt dahingestellt. Und daß Hamburg sehr viel weiter gehe als
Altpreußen, wird sich nicht beweisen lassen. Die thüringische Regelung
hätte in diesem Zusammenhang erwähnt werden können.

Aber die geringe Zahl dieser Ausstellungen zeigt
gerade, wie außerordentlich genau das Ganze gearbeitet

ist. Dabei ist der Stoffreichtum ganz ungemein groß. Es
kommen alle deutschen Landeskirchen zu knapper Darstellung
nach Verfassung und Ordnung; besonders ausführlich
wird die evangelische Kirche der altpreußischen
Union geschildert. Die (ältern) Freikirchen, das „kultische
Leben der Kirche" (hier bin ich manchmal
anderer Ansicht als Verf.), die Innere Mission, die wichtigsten
anderen Vereine, die kirchenpolitischen Gruppen,
die Reformbewegungen, die Heidenmission, die Freikirchen
, Sekten, Weltanschauungsgemeinschaften werden
beschrieben; auch die ökumenischen Bewegungen finden
Berücksichtigung. Ein Abschnitt ist sogar den anderen
christlichen Kirchen (katholische, altkatholische, morgenländische
) gewidmet; natürlich ist dabei nur das Nötigste
gesagt. Sehr wichtig ist ein Anhang, der allerhand
grundlegende Verfassungs- und Gesetzesbestimmungen
wörtlich, sowie statistische Tabellen bringt. Natürlich
kann man, namentlich bei den Vereinen, noch den einen
oder anderen vermissen. Aber die Tatsache besteht, daß
ein höchst umfangreiches Material kirchenkundlicher Art
mit größtem Fleiß zusammengetragen und übersichtlich
gegliedert worden ist; wer Belehrung und Klärung
sucht, findet alles, was er braucht. Höchstens kann gefragt
werden, ob nicht eine etwas schmalere Stoffauswahl
manchem Benutzer, zumal aus Laienkreisen, erwünschter
gewesen wäre; das Buch ist auf 564 S. angeschwollen
. Und P. hat es heut mehr denn je für die
Gemeinde bestimmt, nicht für die Theologen! Mögen
recht viele Gemeindeglieder es benutzen! Aber auch
den Theologen kann es sehr nützlich sein; jeder findet
hier bequem sehr vieles zusammen, was ihm keineswegs
immer gegenwärtig sein kann. — Neben dem hier gleichzeitig
besprochenen Buch von Haack hat das Priebesche
sein gutes Recht; Haack bespricht die geistige Lage,
Priebe stellt die Tatsachen dar. Beide ergänzen einander
aufs Schönste.

Breslau. M. Seh ian.

Schmidt in, Prof. D. Dr. Jos.: Das deutsche Missionswerk

der Gegenwart. Münster i. W.: Aschendorff 1929. (IV, 151 S.
m. Abb.) 8°. = Deutschtum u. Ausland, H. 16. RM 5—; geb. 6—.

Diese Schrift des bekannten katholischen Missionswissenschaftlers
zeige ich mit besonderer Freude an. Sie
gibt eine stoffreiche, eingehende, aber sehr gut geordnete
und glatt geschriebene Übersicht über das deutsche
Missionswesen, ganz überwiegend natürlich das katholische
. Eine „Vorgeschichte" bahnt den Weg; dann wird
die „heimatliche Missionsbasis" geschildert; den Hauptteil
füllt eine Übersicht über die einzelnen Missionsländer,
die von Deutschland aus in Angriff genommen sind, in
der Reihenfolge: Afrika, Südsee, Vorderindien, China,
Japan mit Korea und dem südostasiatischen Archipel,
Amerika; anhangsweise folgt der deutsche Anteil an
der Orientmission. Den Schluß bildet ein Kapitel: „Allgemeines
und Grundsätzliches über Deutschtum und
Mission". Zahlreiche Anmerkungen bringen Belege, erläuternde
Einzelheiten, Literaturangaben. Überall ist der
neueste Stand der Dinge beachtet, was gerade bei diesem
Stoff keine geringe Arbeit forderte. Man findet
also hier in bequemster Form zusammengestellt, was
sonst in dieser Weise nirgends vereinigt ist. Daß
Schinidlin selbst sich zu dieser Arbeit bereit gefunden
hat, ist sehr erfreulich. — Wenn diese Schrift in Titel
und Ausführung Deutschtum und Mission eng zusammenrückt
, so ist das im Blick auf die Haltung der katholischen
Kirche bemerkenswert. Schm. wahrt im Schlußkapitel
die Trennung und Unabhängigkeit der kirchlichen
und nationalen Sphäre sehr scharf; aber er
kommt doch zu dem Ergebnis, daß „wir nicht bloß aus
religiösen, sondern auch aus nationalen Motiven dem
deutschen Missionswerk unsere besondere „Sympathie
und Unterstützung" zuwenden dürfen und müssen. Die
kurzen Ausführungen zu diesem Punkt S. 147 ff. sind
besonders lesenswert. Schm. wirft die für das katholische
Missionswesen bedeutsame Frage auf, ob nicht