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Ausgabe:

1928

Spalte:

169-172

Autor/Hrsg.:

Tillich, Paul

Titel/Untertitel:

Das Dämonische. Ein Beitrag zur Sinndeutung der Geschichte 1928

Rezensent:

Mulert, Hermann

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Seite 1, Seite 2

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. EmatlUel HirSCh unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lietzmann, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

M it Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. KurtDietrichSchmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. - Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

53 |nU-„ M_ o Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D.Hirsch in Göttingen, y Anril IQ?K

öO. Janrg. l>r. ö. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare a us s c h 1 iefi 1 i c h an den Verlag. ripi II 174,0.

Spalte Spalte
i Stammbuch eines Wittenberger Studenten 1542

(Hirsch)...................181

Hamann: Wahrheit, die im Verborgenen

liegt (Blanke)................181

H ei nsi u s : Krisen katholischer Frömmigkeit
und Konversionen zum Protestantismus
(Mulert)...................182

Spalte

Harris: First Steps in the Philosophie of

Religion (Thimme).............185

Niebergall: Im Kampf um den Geist

(Schian)...................186

R e i n h a r d : Über das Verhältnis von

Sittlichkeitund Religion bei Kant(Stcinmann). 187
S C h 1 a 11 e r: Der Pfarrer als Theologe

. Tillich: Das Dämonische (Mulert).....160

T i 11 y a r d : Spiritual Exercises and their

Results (Haas)................172

Gemen: Religionsgesch. Europas (Hempel). 173
Wreszinski: Atlas zur altägyptischen

Kulturgeschichte (Lohr)...........175

~> Storr: Das Frömmigkeitsideal der Propheten

(Hempel)..................176

y Gabriel: Zorobabel (Staerk)........177

Margoliouth: Supplement to the Thesaurus

Svriacus of R. Payne-Smith (Dalman). . . 177,.
Cohen: jüdische Schriften (Segfried) . . . ,77 Hertzberg: Funfundsiebz.g .„Schuster: Eebenskunde (Katz)

Michel-n.nsO,1,,cTHn.J,u(„„:.l„rM.„„V^„c evangelische Gemeinde Jerusalem (Dalman). lS3qm(,n((. w,;rrhr.„^,„dt, „Wl

[Radc-Eestgabe] Vierzig Jahre „Christliche

nWelt" (Katz)................183

Nüchter: Über Auswirkungen des Konkordats
(Dannenbauer)...........184

j. Micbel: Das Opus Tripartitum des Humbertus

de Romanis, O. P. (Betzendörfer).....179

V d'Aquin: De Ente et Essentia (Ders.). . . 1 SO

, Schmctz: Wilhelm van der Eindt (Wilhelmus

Lindanus) (Hashagen)............181

Schubert: Aus der Geschichte der evan- P (Buchsei)..................188

- gelischen Gemeinde deutscher Sprachein [Handbuch für das kirchliche Amt (Niebergall). 188
Neapel (Bussmann) .......i82|Arp er U.Zill essen: Evangelisches Kirchenbuch
(Graft).................1S9

' • - '}190

S m e n d : Kirchenkunde (Ders.),
Simons: Christentum und Verbrechen

-XNiebergall).................191

H a u 11 e n : Predigtstudien über einen Jahrgang
der altkirchlichen Evangelien (Ders.). ... 192

Till ich, Prof. Dr. Paul: Das Dämonische. Ein Beitrag z. Sinn- Dämonischen. „Mythologisch gesprochen ist Satan der
deutg. d. Geschichte. Tübingen: j.c. B. Mohr 1926. (44 s.) gr. 8». = ; Oberste der Dämonen", aber „die Bejahung des Dämo-
Sammiung gemeinverständl. Vorträge u. Schriften a. d. Gebiet d. nischen hat nichts zu tun mit einer mythologischen oder
Theol. u. Religionsgesch. 119. RM 1.50; Subskr.-Preis 1.20. metapsychischen Bejahung einer Geisterwelt". Es ist
Zwei Abhandlungen, einer über Wirklichkeit und denn auch nicht alle Sünde, nicht alle Wesenswidrigkeit
Wesen des Dämonischen und einer über das Dämonische dämonisch; sie kann auch in bloßer Schwäche bestehen,
und die Geistesgeschichte, ist ein Schlußabschnitt über In T.'s Sinn wird es sein, hinzuzusetzen: aber alles
Dämonien in der Gegenwart hinzugefügt. Zuerst gibt j Dämonische (so definiert wie eben angegeben) muß als
T. das Bild des Dämonischen wieder, wie es uns in j gottwidrig empfunden werden, ist Sünde.
Bildwerken namentlich des Orients, aber auch in Dosto- j Die Schrift behandelt letzte Fragen; von den ver-
jewskis Großinquisitor entgegentritt. Dann kennzeichnet schiedensten Seiten her drängen sich diese Fragen auf,
er das Dämonische metaphysisch: jedes Ding weist zu- namentlich im Blick auf die Mächte, die aus dem Unletzt
in abgründige Tiefen, und das Hervorbrechen bewußten in unser Seelenleben eindringen. „Ob von dem
dieses Abgrunds ist das Dämonische; der Ort des Dä- Willen zur Macht . . . oder von der Libido gesprochen
monischen ist teils das persönliche Leben, teils das so- wird, immer werden Gefühle oder Vorgänge des geform-
ziale Leben, die beide durch jenes Hervorbrechen zer- ten Bewußtseins zu Symbolen der vorgeformten Seelen-
stört werden. Und solches Hervorbrechen ist die ge- tiefe gemacht. Nur so erklärt sich der universale und
waltigste, wenn auch nicht die gewöhnliche Form der dadurch uneigentliche Gebrauch des Machtwillens bei
Sünde. T. zeigt weiter, welche Bedeutung für Lebendig- Nietzsche, des Sexuellen bei Freud" (15). Und T. hat
keit und Tiefe des Betrachtens der Geschichte es hat, auf engem Raum eine Fülle anregender Gedanken zu-
wenn sie als Kampf des Göttlichen mit dem Dämo- sammendrängt. Die kunstgeschichtlichen Hilfslinien und
pischen, als Heilsgeschichte verstanden wird, und wie das Material aus der außerchristlichen Religionsge-
in den verschiedenen Religionen der Kampf gegen das schichte zu beurteilen, weiß ich mich unzuständig. Be-
Dämonische geführt wird, wie aber daneben auch pro- sonders war mir dagegen der Abschnitt über die Arten

tane Entdämonisierung durch rationale Weltbetrachtung
möglich ist, freilich nicht ohne daß in Form des Pessimismus
Rückschläge kommen. Er wirft dabei einen
Blick auf die Darstellung des Göttlichen und des Dämonischen
in der griechischen Plastik und auf die Entwick-

des Kampfes gegen die dämonische Macht, den wir in
verschiedenen Religionen und Konfessionen finden, von
Interesse. Die drei Wege solcher Bekämpfung sind nach
T. der asketisch-mystische, auf dem man mit dem Dämonischen
zugleich das Dasein überhaupt zu überwin-

lung des Tragischen im abendländischen Drama. Die den sucht, der exklusive, auf dem man einen Gott als
zuletzt besprochenen Dämonien der Gegenwart, dämo- den alleinigen Herrn und Schöpfer (der also an sich
nische Mächte in unserem geistigen Leben und unserer guten Kreatur) ehrt, und derjenige der Mysterienfröm-
Gesellschaftsordnung, sind Intellektualismus, Ästhetizis- migkeit: in den Mythen vom leidenden und sterbenden
mus, Kapitalismus und Nationalismus. Gott wendet der Gott freiwillig die dämonische Zer-
In historischen Schilderungen und psychologischen I Störung gegen sich und überwindet sie so. Das VorAnalysen
wird heute der Begriff des Dämonischen viel gehen auf diesen drei Wegen hat nach T. „eine innere
gebraucht. Wenn er jetzt sozusagen zu den Theologen Grenze, die nur durch einen ursprünglichen Akt in der
zurückkehrt oder systematische Theologen zu ihm zu- ' Geschichte, einen Durchbrueh des Unbedingten zu über-
rückkehren, so mag immerhin zuerst betont werden, wie winden ist. Ein solcher Durchbruch ist aber nicht mehr
sehr T. das Dämonische vom Satanischen unterscheidet. mit dialektischer Betrachtung der Religionsgeschichte
Ist satanisch die gesteigerte Macht des Bösen, so ist dä- zu erfassen. Er ist nur einem ebenso ursprünglichen
monisch die Verbindung des Schöpferischen und des Akt, einem Durchbruch in der Seele zugänglich" (30).
Zerstörenden, formschaffender und formzerbrechender Was T. hier meint, kann wohl schlichter gesagt werden,
Kräfte. So ist das Satanische das negative Prinzip im i und seine These, das trinitarische und christologische

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