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Ausgabe:

1928 Nr. 7

Spalte:

159

Autor/Hrsg.:

Harnack, Theodosius

Titel/Untertitel:

Luthers Theologie, mit besonderer Beziehung auf seine Versöhnungs- und Erlösungslehre. Bd. 2. Neue Ausgabe 1928

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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169

Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 7.

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dicanticum von Bromyard, dem Festiall von John Myrc und handschriftlichen
Sermonen in der Universitäts-Bibliothek zu Cambridge.
Die Arbeit hat sich im Laufe der Zeit erweitert und ausgedehnt über
die sämtliche handschriftliche Predigtliteratur Englands im späteren
Mittelalter und hat sich zu einer Einführung in diese für das Jahrhundert
von ca. 1350 bis 1450 ausgestaltet. Diese Einführung besteht nicht
etwa, wie man denken könnte, in einer Zusammenstellung der handschriftlichen
Schätze, sondern es wird der Versuch gemacht, den Geist der Zeit,
wie er sich in der Predigtliteratur, der lateinischen und der englischen,
spiegelt, zu erfassen und darzustellen, und den Predigten das zu entnehmen
, was sie zur Kenntnis des sozialen und kirchlichen Lebens und
Denkens in England im späteren Mittelalter beitragen. In passenden
Auszügen wird der ganze gewöhnliche Reichtum der vorhandenen Literatur
vorgeführt und damit wohl zum ersten Male ein bisher wenig
bekanntes Gebiet erschlossen und für die historische Forschung zugänglich
gemacht. Aber nicht dies allein, es werden auch die Gestalten
der hervorragendsten Prediger charakterisiert und auch der Technik der
mittelalterlichen Predigt auf Grund der Handbücher und Lehrbücher
Aufmerksamkeit zugewendet. Die Rolle, welche die Predigt und
der Prediger im mittelalterlichen Geistesleben Englands eingenommen
haben, wird nach allen Seiten hin dargelegt, und es ist gar keine
Frage, daß damit ein wertvoller Beitrag zur Kenntnis des Mittelalters
im Allgemeinen und des englischen Mittelalters im Besondern gegeben
ist. Denn das ist wohl der Zweck der Cambridge Studies in medieva!
Life and Thought, in denen auch dieses Buch erschienen ist, ein
richtiges Verständnis des Mittelalters und ein gerechtes Urteil über
dasselbe zu ermöglichen. Darum wird auch von Owst überall auf die
Predigtart der Reformation und auch auf die moderne Predigtart Bezug
genommen. Wenn auch der Verfasser zu dem Resultate kommt, daß
der moderne Mensch sich gar nicht so sehr von dem mittelalterlichen
Menschen unterscheidet, (S. 138: how small the gulf that divides us
in some matters from mir pre-Reformation ancestorsl), so hat er sich
doch gerade Mühe gegeben, zu zeigen, wie viel Anteil die mittelalterliche
Predigt an der Förderung der Menschheit gehabt Hab Das Buch
gliedert den Stoff in 3 Teile, es spricht zuerst von den Predigern,
a) Bischöfen und Pfarrgeistlichen, b) Mönchspredigern, c) Wanderpredigern
; das 2. Buch spricht von dem Orte der Predigt, a) in dem
Gotteshause, b) außerhalb des Gotteshauses (Prozessionen usw.). Das
3. Buch handelt von der Technik der mittelalterlichen Predigt. In
allen Abschnitten ist ein reiches Material gegeben und verarbeitet;
auch das archäologische und künstlerische Material ist berücksichtigt.
Passende Abbildungen beleben den Text. Ein gutes Register zeigt den
Reichtum des Inhalts. In eine Kritik von Einzelheiten will ich nicht
eintreten, dankbar für die Fülle von Belehrung, die das Werk bietet.
Nur eine Einzelheit sei erwähnt. Voragine S. 176 Nr. 68 Anm. 3, 302
ist nichts, der Mann heißt Jacobus de Voragine oder richtiger de
Varagine (von Vavarre bei Genua), vgl. unsere Real-Fncvclopädie
3. Aufl., Bd. 23, 1913, S. 666.

Kiel. ü. Ficker.

Harnack, Prof. D. Theodosius: Luthers Theologie, mit besonderer
Beziehung auf seine Versöhnungs- und Frlösungslehrc.
Bd. 2: Luthers Lehre von dem Erlöser und der Erlösung. Neue
Ausg. München: Chr. Kaiser 1927. (VIII, 464 S.) 8°.

RM 12.50; geb. 14.50.
Was die Neuherausgabe anlangt, so habe ich
ThLZ. LH (1927) Nr. 2 Sp. 39—43 ihr Verfahren, im
einzelnen dargelegt und beurteilt; einen mir leider untergelaufenen
Irrtum in einem Nebenpunkte habe ich ebenda
Nr. 6 Sp. 143 berichtigt. Der zweite Band ist nach
den gleichen Grundsätzen gearbeitet wie der erste.
Kleinere Abweichungen (sämtlich in der Linie der von
mir zum ersten Bande geäußerten Wünsche liegend)
sind folgende: a) die Seitenzahlen des ursprünglichen
Werks stehen am Rande; b) in den Angaben über das
Entstehungsjahr haben z. T. schärfere Bestimmungen
Platz gegriffen; c) Zitatengruppen sind, wo es um der
Klarheit willen nötig war, zerlegt worden; d) ein Teil
der Stellen aus dem Briefwechsel ist in die Tabellen
selbst gekommen. Die von mir gewünschten Zeichen
zur Scheidung und Kritik des Materials, das Th. Harnack
benützte, sind dagegen nicht eingeführt. So ist die Ausgabe
nur in der Hand des Lutherforschers mit selbständigem
Urteile geeignet, Nutzen zu stiften. Wer sie aber
zu Forschungszwecken benutzt, wird für die in den Tabellen
liegende Erleichterung der kritischen Analyse
von Harnacks Darstellung den Bearbeitern aufrichtig
dankbar sein.

Über das Werk selbst verweise ich einfach auf
das in der Besprechung zum ersten Bande Gesagte.
Oöttingcn._ _E. H i rseh.

Fischer, Emst: Aus den Tagen unserer Ahnen. Eine Ur-

kundensammlg. in Privatbesitz als Quelle d. Geschichts- u. Familien-
forschg. Neues über d. Würzburger Fürstbischof Julius Echter von
Mespelbrunn u. Kurfürst Anselm Franz, Erzbischof von Mainz. Mit
e. Titelb., 15 Taf. Abb. u. Namenreg. Freiburg i. Br. [Bürgel-
wehrstr. 15): E. A. Fischer 1928. (XXII, 98 S.) 8°. RM 3.60.

Das Buch kann nur deswegen notiert werden, weil die in des
Verfassers Hand befindliche hier genau verzeichnete Archivalien-
sammlung Material enthält, das bei einer Biographie des Würzburger
Bischofs Julius Echter von Mespelbrunn und des Mainzer Kurfürsten
Anselm Franz v. Ingelheim Bedeutung gewinnen kann.

Roth. Karl Schornbaum.

1. Baum garten, Paul Maria: Neue Kunde von alten Bibeln.

Mit zahlreichen Beiträgen zur Kultur- und Literaturgeschichte Roms
am Ausgange des 16. Jahrhunderts. II. Band, f. Teil. Krambach
(Schwaben): F. Aker 1927. (XIX, 176 u. 151 S.) gr. 8°. RM 8 .

2. Ders.: Von den Kardinälen des 16. Jahrhunderts. Ebd. 1927.
(73 S.) gr. 8°. = Untersuchungen zur Gesch. u. Kultur des 16. u.
17. Jahrhunderts, Heft 2. RM 3 - .

3. Ders.: Hispanica I. Spanische Beiträge zur Emcndatio Decreti
Gratiani. Ebd. 1927. (76 S.) gr. 8°. = Untersuchungen z. Gesch.
u. Kultur des 16. u. 17. Jahrhunderts, Hett 3.

4. Ders.: Hispanica II et III. Einführung des Breviariuni Planum
von 1568 in Spanien. Einführung des Gregorianischen Calenders in
Spanien. Ebd. 1927. (68 S.) gr. 8°. = Untersuchungen z. Gesch.
u. Kultur des 16. u. 17. Jahrhunderts, Heft 4.

i. Ders.: Rene Benoist und seine französische Bibel von 1366.
Ebd. 1927. (54 S.) gr. 8°. = Untersuchungen z. Gesch. u. Kultur
des 16. ii. 17. Jahrhunderts, Heft 5.

1. Baiimgarten ist einer der hervorragendsten Erforscher
des vatikanischen Archivs und anderer römischer
Archive. Wie im ersten Bande seines Werkes
„Neue Kunde von alten Bibeln" (1922), so bringt er
auch im vorliegenden ersten Teile des zweiten Bandes
wieder eine Fülle höchst merkwürdiger, urkundlich belegter
Mitteilungen — die Urkunden S. 1* — 141* —,
die ebenso den Untertitel wie den Obertitel des Werkes
rechtfertigen. Da die einzelnen Stücke nur lose aneinandergereiht
sind, so müßte ich, um den Inhalt anzugehen
, geradezu das Inhaltsverzeichnis hierher setzen.
Statt dessen möchte ich lieber auf einige mir besonders
bemerkenswert erscheinende Dinge hinweisen. In seiner
„Vorbemerkung" macht er (S. XIII ff.) auf das in
Deutschland so gut wie unbekannt gebliebene Werk des
spanischen Priesters Miguel Mir, Historia interna de la
Compania de Jesus (Madrid 1913) aufmerksam.

Dieser M i r war nach dreiunddreißigjähriger Zugehörigkeif zum
Jesuitenorden durch freien Entschluß ausgetreten und Wcltpriestcr geworden
. Vier Jahre nach seinem Austritt erhielt er von Leo XIII.
den Auftrag, alle wichtigen Punkte aufzuschreiben, die ihm für eine
Besserung der Verhältnisse in der Gesellschaft wichtig erschienen,
und auf S. 12 seines Werkes zählt er die sieben von ihm namhaft
gemachten gravamina auf. Auch sonst „ist es nicht möglich, daß
einer in Zukunft über die Gesellschaft Jesu schreibe, wenn er sich
nicht mit M i r auseinandergesetzt hat". Baumgarten selber gibt S.
XIV ff. den Inhalt des wichtigen Werkes näher an.

Auf S. 24 ff. beschäftigt sich B. mit dem von ihm
besonders hochgeschätzten Sixtus V., S. 28 ff. mit Clemens
VIII., der ein mißtrauischer, kranker, frommer
und seine Frömmigkeit zeigender, unsteter, verschwende-
I rischei Mann war (vgl. I, S. 13 ff). Spanische Jesuiten
stellten einmal bei einer Disputation den Satz auf: „Non
est de fide dementem VIII esse verum Papam" (S.
j 36 ff.). Von Sixtus V. aber predigte ein spanischer
j Jesuit, er sei „Navarrista" u. „fautor haereticorum" (S.
j 44 ff.). Als aber der Papst das im Consistoriutn zur
I Sprache brachte, behauptete nachher Cardinal Santorio,
| das sei ein „mendacium impudentissimum" des Papstes
(S. 50 f.). S. 60 ff. kommen wertvolle Angaben über
Francois Feuardent und seine große Bibelausgabe v. J.
1588, von der er die praefatio Sixtus V. vorlegte, der
dann correctiones anbrachte, S. 67 ff. über den belgischen
Jesuiten Peter Pantin (1556—1611). S. 69 ff.:
| „Weitere Nachrichten von der Sixtinischen Bibel", namentlich
ein Breve vom 22. August 1590 mit Privilegerteilung
an einen Antwerpener Drucker. Diese bildet
„eine so machtvolle Bestätigung der ordnungsmäßigen