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Ausgabe:

1928 Nr. 6

Spalte:

130-131

Autor/Hrsg.:

Zepf, Max

Titel/Untertitel:

Augustins Confessiones 1928

Rezensent:

Krüger, Gerhard

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129 Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 6. 130

Gemeinde grenzt sich in eigentümlicher Weise gegen die des an der Religion des NT.s als einer geschichtlichen

Erwartung des Judentums ab: sie wartet noch auf das Erscheinung Wesentlichen, d.h. des ihr Wesen bestim-

Reich, das kommen soll, aber in einem neuen Sinn, denn menden, zu verbinden.

ihr eignet zugleich „the assurance of fulfilment". Dies Tübingen. Gerhard Kittel.

aber wurzelt in der Beziehung zu Jesus als dem Messias.
Wie ist aus dem Verhältnis der Schülerschaft dem Zep{> Max: Auguslins Confessiones. Tübingen: J.C.B. Mohr
Rabbi gegenüber die religiöse Abhängigkeit von rhm ,g26. (in, 105 S.) ffr. 8<>. = Heidelberger Abhandlungen zur
als dem „Herrn" geworden („maran" unzweifelhafter Philosophie u. ihrer Geschichte, y. KM 420
Sprachgebrauch schon der palästinischen Gemeinde; app. DieS€ Abhandlung mit innerer Zustimmung zu lern
I p. 231-237)? Alle Gedanken über seine Person sen> hat uns der Verfasser schwer gemacht. Er schreibt
sind zunächst am AT. orientiert: Sohn Davids; „mehr ein Sü unbeholfenes Deutsch, daß man sich versucht
als Salomo"; Herr Davids; Sohn Gottes im messiani- fühlt) das Heft schü,n nach den ersten Zdlen ^
sehen Sinn; Knecht Gottes (app n U p. 238-241) schlagen, und durch die ganzen mehr als hundert Seiten
Menschensohn (app. n. III p. 242—zdUJ. Das ist wird man das Mitgefühl mit der mißhandelten Muttereine
völlig neue und originale Interpretation der sprache nicht los. Schnitzer, die ein leidlich geschulter
Schrift; der, auf den sie zurückgeht, ist niemand anders prirnaner meiden würde, finden sieh in dieser Doktorais
Jesus selbst. Von der Taufe an wußte er sich als arhcit auf Schritt und Tritt S() muß man ergt
den Erfüller. „The peculiar paradox of the Christian gewissen Unmut niederkämpfen, um das sachliche Ur-
coneeption of the Messiahship is our Lord s ovvn para- teil nicht zu gefährden. Und da soll denn gern aner-
dox", d.h. zuletzt: „the mystery of our Lord s Per- kannt werden, daß Zepf an nicht unwichtigen Stellen
son" (ausführliche Erörterung des Logion Mtth ll,25tt. tiefer in die Materie eingedrungen ist als seine Vor-
ir. app. n. IV p. 251-264) Die dritte Vorlesung gänger. Am wenigsten möchte das vom ersten Ab-
(p. 53-84) beschreibt die hellenistische Umgebung des schnitt („Der literarische Charakter der Confessiones")
antiochenischen Christentums (Mysterienreligion, app. n. gelten, wenigstens wenn man ihn für sich nimmt und
VI: Cbnstianitv and the Mystery Religions, p. 270 nicht zu den Ausführungen des letzten Abschnittes in
bis 284; Astrologie und Schicksalsglaube; Gnosis) und Beziehung setzt. Ich kann nicht finden daß Zenf
die auf diesem Boden der Christologie drohenden schvve- hier besser sagt, was Andere z B Boeh'mer gut ge-
ren Gefahren: die Namen „Christus" und „Menschen- sagt haben. Aber schon der zweite Abschnitt ( Die
söhn" sind unverständlich, die Namen „Sohn Gottes" innere Entwicklung Augustins und die Entstehung seiner
und „Herr" aber legen für heidnische Glaubige den Confessiones") bringt mehrere gute Beobachtungen So
Gedanken nahe, daß die Kirche ein Thiasos zum Kult wird die Hortensiusfrage neu beleuchtet mit dem'Er-
einer neuen Gottheit „Jesus" sei (p. 781). Der diese gebnis, daß Augustins Einstellung zur vita contemplativa
Gefahren überwindet und die christologischen Ansätze ; nur von Hortensius aus zu erklären ist Ich glaube
gradlinig weiterführt, ist Paulus. Davon handeln das ; allerdings, daß dieses Ergebnis überscharf gesehen ist
vierte bis sechste Kapitel (p. 81 — 165). Er, der und fürchte, daß hier der Einfluß der Schrift zur AbJude
, der nicht dran denkt, aufzuhören, Jude zu sein wechslung einmal wieder zu hoch eingeschätzt wird,
und sein zu wollen, kann der Wahrer der Kontinuität übrigens vermisse ich Kenntnis der einschlagenden Absein
und den Griechen die Botschaft in ihrer Prag- schnitte aus Hans Beckers Arbeit von 1908. Recht gut
nanz und dennoch ihnen verständlich und zu ihnen gezeichnet ist „die Einwirkung des Christentums auf
sprechend bringen. Die achte und neunte Vor- dje Ausbildung des augustinischen Systems" unter den
lesung (p. 167—228) stellen in diesen Zusammenhang Gesichtspunkten der auetoritas und der Gnadenlehre
die Christologie der nachpaulinischen Pastoralbriefe, unfj unter steter Bezugnahme auf die Entstehung der
des wahrscheinlich an römische Heidenchristen ge- Konfessionen. Der Schwerpunkt der Abhandlung0 ruht
richteten Hebräerbriefes, der Apokalypse und des von af,er in den Ausführungen des dritten Abschnittes (, Die
dem Presbyter Johannes, einem palästinischen Juden- literarische Form der Konfessionen"), der das im ersten
Christen, der Jesus noch gesehen hatte und Schüler Abschnitt mehr nur Angedeutete willkommen ergänzt
und Bewunderer des Zebedaiden Johannes war, ver- urfd erweitert. Vermutlich wird der Dank, den der Verfaßten
Johannesevangeliums. Das vierte Evange- fasser an anderer Stelle seinem verstorbenen Lehrer
lium ist weder eine Allegorie noch eine Geschieht- Franz Boll zollt, gerade auch diesen feinen Betrachschreibung
, sondern das lehrhafte Werk eines Pneu- hingen gelten. Die Konfessionen, ihrer literarischen
matikers in Form eines Evangeliums. Der Prolog nimmt ; Form nach als Dankhymnus bestimmt, werden hier hin-
mit dem Logosnamen Motive dercrw/xn-Christologie auf, eingestellt in die Geschichte der sich mit dem Hymnus
wie das vor ihm schon Paulus und der Autor ad He- verbindenden und allmählich zur Autobiographie ent-
braeos taten Das aber bedeutet: dieser Autor las sein wickelnden Aretalogie. Ein reiches Material stützt die
AT. (in diesem Fall speziell Gen. 1 und Ps. 33, 6) im vergleichende Betrachtung. Zepf möchte in den Kon-
Lichte seines Christseins. Im übrigen erzählt dieses Buch fessionen das Tilog der Entwickelung sehen. Zwar weiß
zwar die Geschichte Jesu vom Standpunkt der entwickel- er, daß sie, gemessen an sonstigen Erzeugnissen dieser
ten Theologie der Kirche seiner Zeit aus; es darf aber literarischen Gattung, nur zu einer Darstellung der äuße-
nicht übersehen werden, daß das Evangelium gleich- ren Lebensgeschichte zu führen scheint. Aber eben darin
zeitig ganz primitive Formen der Christologie enthalt möchte er nun das Bedeutsame sehen, daß Augustin in
(Messias; Gottessohn im at.lich-messianischen Sinn; Pro- seinen Konfessionen „dem göttlichen Wunderwirken ein
fet wie Mose; Menschensohn). Auch für diesen Autor neues Land, nämlich die Seele des Menschen, eröffnete"
kommt das Heil von den Juden. Das aber heißt: auch Wiederum wäre ein solches Unternehmen nicht möglich
derjenige Autor, der am meisten das Evangelium den , oder jedenfalls nicht wirksam gewesen, wenn es sich
Griechen zu sagen bestrebt ist, stellt von neuem jene „icht auf dem Grunde der prädestinatianischen Glaubens-
Verbindung her, von der die Christologie desJWT.s ihren lehre hätte ersehen können, denn so erst erschien „jede
Ausgang genommen hatte. Bekehrung, ja sogar jede gute Tat eines Menschen als
Das Buch R.s hat in England viel von sich reden ein Wunder Gottes". „So mündet die zur Autobio-
gemacht Man ist nicht überrascht, denn der Verfasser graphie gewordene Aretalogie mit Augustins Confessio-
weiß bei aller Auseinandersetzung mit anderen Med- nes in den großen Strom der antiken Autobiographic,
nungen ein Bild von starker Geschlossenheit zu zeich- der der philosophischen Selbstbetrachtung entsprungen
nen. Und er weiß zugleich in einer Weise, von der war, ein."

die Theologie nur lernen kann, mit großer und frei- Der Verfasser hat die neuere Augustin-Literatur

mütiger Aufgeschlossenheit für die Fragen und Ergeb- sorgfältig herangezogen. Warum er dabei an meiner

nisse der nt liehen Kritik die Erkenntnis und Betonung Darstellung im vierten Band von Schanz vorübergegan-