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Ausgabe:

1928

Spalte:

85-86

Autor/Hrsg.:

Korff, H. A.

Titel/Untertitel:

Humanismus und Romantik 1928

Rezensent:

Köhler, Walther

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 4.

manismus nie ganz einigen können. Sehr lehrreiche An- formation schwerlich so ohne Weiteres neben d e r Rö-
merkungen hat B. beigegeben (darunter S. 200 eine sehr , naissance rangieren können. Aber das^ Problem habe ich
treffend! Bemerkung ^gen den „gotischen Menschen"). hier nich zu. losen (^Ouk /^ ^ ^

Zürich. W. Köhler.

Hankamer, Paul: Das Böhme-Lesebuch. Aus Jakob Böhmes
Schriften ausgewählt u. eingel. Berlin: Verlag d. Bühnenvolksbundes
1925. (XI, 208 S.) 8°. geb. RM 7.50.
In hübscher Ausstattung wird hier eine geschickt gegliederte,
gute und sehr reichhaltige Auswahl gegeben. Die kurze Einleitung
ist schlichter und sympathischer als H.s großes Buch. Leider
schließt sich die Auswahl an die Schieblersche Ausgabe an, daher ist
für jeden, der mit einer der besseren älteren Ausgaben arbeitet, ein
Aufsuchen der Zitate unmöglich. Es wäre zu wünschen, daß sich die
Gepflogenheit der meisten wissenschaftlichen Darstellungen, nach den
einzelnen Schriften zu zitieren, endlich durchsetzte.

Gießen. Heinrich Bornkamm.

Korff, H. A.: Humanismus und Romantik. Die Lebensauffassung
der Neuzeit und ihre Entwicklung im Zeitalter Ooethes. Fünf Vorträge
über Literaturgeschichte. Leipzig: J. J. Weber (1924). (IV,
142 S.) 8°. Hlw. RM 3.20

Diese durch Schuld des Referenten verspätet zur
Anzeige kommenden, im Freien Deutschen Hochstift zu
Frankfurt a. M. gehaltenen Vorträge wollen als Vorstudie
zu Korffs bedeutsamem größeren Werke „Geist
der Goethezeit" verstanden werden. Wer dieses kennt
und schätzt, wird die vereinfachende Übersicht gerne zur
Vergegenwärtigung, Wiederholung oder auch zur Überprüfung
seines Widerspruches lesen. Die großzügige
Konstruktion des Verfassers, die geschichtsphilo-
sophische Zusammenhänge, einen Sinn hinter dem Ge-

schehen aufdecken möchte und die Literaturgeschichte sprechen was K. so unmittelbar grob auch nicht tut,

Goethes Urfaust und Faust II in ihrer relig. Problematik
, ZThK. 1927). - Kann ich jener Konstruktion K.'s
also nicht zustimmen, so umsomehr seiner glänzenden
Skizze der Entwicklung innerhalb des Klassizismus und
der Fortentwicklung zur Romantik. K. faßt die deutsche
Humanität als die subjektivistisehe Form des europäischen
Humanitätsideals (gerade dieser „Subjektivismus'1
aber wäre dann — vgl. oben — ein Verbindungsband mit
dem Christentum, speziell mit der Reformation, so gewiß
jeder der Subjektivismen seine besondere Tönung
besitzt), und leitet sie über den Irrationalismus der
Sturm-und-Drang-Bewegung („Durehbruch des faustischen
Menschen" S. 45) hinüber zum „Gewissen Schlagen
des Objektiven" (Goethes Iphigenie) mit dem neuen
Ideal des reinen Herzens und der neuen Auffassung der
Frau und des Kulturideals (Wilh. Meister). Kant bedeutet
dann die Stufe des Durchbruches des Subjektiven
in der Erkenntnistheorie („das sittliche Gewissen die objektive
Stimme des Subjektes" S. 101), von Schiller zur
Philosophie des vollendeten Klassizismus emporgeläü-
tert. Den Schlußaspekt bildet die Romantik, die aus der
Humanität der unmetaphysischen Selbsterlösung wieder
zu einer Metaphysik führt. Kultus des Übersinnlichen,
Novalis, Fichte, Sendling in fein differenzierter Linienführung
. Das alles liest man mit Spannung und bleibt
stets gefesselt, gibt auch gerne manches Nicht-Christliche
zu, aber dem besonders liebevoll gezeichneten „dezidier-
ten Nichtchristen" Goethe das Christentum abzu-

verwickelter, als K. sie sieht.

Zürich. W. Köhler.

aus der Mechanik öder Namen- und Werkaufzählung der j ^ri^JchjMemrteü^ ferÜg- Die Dinge liege" da
Autoren heraushebt, zieht die Linie: Renaissance, Reformation
, Aufklärung, Klassizismus, persönlich gesprochen
: von Dante bis Goethe als Linie des Humanitätsideals
, wurzelnd in der Antike (eine dankenswerte,
demnächst durch eine Schülerin von W. Jäger in Berlin
eine Ergänzung erfahrende Skizze des Begriffes huma-
nitas wird geboten), aber die Antike übersteigernd eine
erst geheime, dann bewußte Frontstellung gegen das
Christentum und das christliche Lebensideal einnehmend.
In dieser Frontstellung dürfte aber der kritische Punkt
der Korffschen Konstruktion liegen. Die Renaissance,
wo ich schon nicht wenige Fragezeichen hätte, einmal
beiseite gelassen, wie können Reformation, Aufklärung,
Klassizismus und Idealismus in diesen Gegensatz zum
Christentum gebracht werden? Bei der Aufklärung wird
das möglich durch Typisierung von Voltaire, dessen

The Conversations at Malines. 1921 -25. - Les Conversations
de Malines. 1921 25. Oxford: Univcrsitv Press [1928]. (95 S.)
kl. 8°. 2sh. 6d.

In diesen Tagen (wie der Verleger mitteilt, zum
19. I. 1928; ich schreibe diesen Bericht am 15. L), aber
mit Vorrede schon von Juli 1927 erscheint, von anglikanischer
Seite veröffentlicht, ein Bericht über die Verhandlungen
, die die Anglokatholiken (unter Führung von
Viscount Halifax) mit römischen Katholiken (unter Führung
von Kardinal Mercier) 6.-8. XII. 1921, 13.—16.
III. 1923, 7./8. XL 1923, 19./20. V. 1925 [u. IL/12. X.
1926] zu Mecheln im erzbischöflichen Hause gehabt haben
. Die Veröffentlichung gerade in diesem Augenblicke
wirkt, und soll wohl auch wirken, wie ein beabsichtigter
"Er L fr ^f^^TZJl^Z.Z Gegenzug; von anglokatholischer'Seite gegen die £.„-

sanner Weltkonferenz, deren amtliches englisches Protokoll
im Dezember 1927 erschienen ist.

scheint, bei der Reformation durch eine nichtssagende
Phraseologie („Versuch, gewissermaßen von innen her
sich durch das gewaltige Vorstellungsmassiv der christlichen
Religion ZU einem geahnten eigenen Lichte hin- Uber das Laiisanner rrotokoll, welches derThl.Z. nicht zugegangen

durchzuarbeiten", S. 15 vgl. S. 17: ,,nur eine andere | S^tSES*!!^^ ^ ' ™~

f orm desselben historischen Befreiungsvorgangs") oder Dic Tatsache, dali der Mecbelne. Bericht trotz Vorrede vom Juli

1927 erst jetzt ausgegeben wird, deute ich mir so, daß er seit längerem
beim Verleger fertig lagerte und man einen taktisch günstigen Augenblick
für seine Veröffentlichung abpaßte. Nicht zufällig wohl fehlt auf
dem Titelblatt die Jahreszahl.

Dieser Bericht über die Mechelner Verhandlungen

durch gewisse Zugeständnisse an ihr Christentum oder
Schwerpunktsverlegung nach England (wobei aber offenbar
mehr an das Resultat des aufklärerischen Toleranzstaates
als an die doch wahrhaft „christlichen" Dissen-
ters gedacht ist). Der Gegensatz wird basiert auf einer

Fassung des Christentums als weltverneinender, trans- j ist eine auf sorgfältiger Verabredung zwischen den bei
zendenter, die Jenseitsseligkeit erstrebender Größe. M. E. I den Parteien beruhende Urkunde. Ein Briefwechsel zwi-
ist diese Cäsur unmöglich. Ganz gewiß bedeutet das i sehen dem Erzbischof von Canterbury und dem Kardinal
18. Jahrhundert einen Einschnitt in der Geistesge- | Mercier, Herbst 1925, über die Frage des Berichts ist
schichte, aber in der Geschichte der christlich beein- ihm vorhergegangen. Jeder der beiden Teile hat dann
druckten Geistesgeschichte, es geht aber nicht an, das I selbständig das der Öffentlichkeit zugänglich zu Machen-
Christentum ganz antithetisch zu Aufklärung, Klassizis- de abgefaßt; das fünfte, erst nach Mercier's Tode statt-
mus und Idealismus zu stellen und diese dann nach i findende Treffen vom 1 l./l2. Oktober 1926 hat lediglich
rückwärts mit Renaissance und Reformation zu ver- den Zweck gehabt, die beiden Schriftstücke zu verknüpfen
. Diese Verknüpfung als solche besteht zu gleichen und jedes in eine für den andern Teil mögliche
Recht, aber sie ist nicht von Christentum frei, und die Form zu bringen. S. 7—47 enthalten die anglikanische
ganze Schwierigkeit, zur Zeit wohl das Grundproblem Veröffentlichung, S. 73—95 die römische (da die Angli-
für Klassizismus und Idealismus, liegt in der Bestim- kaner das Buch herausgeben, in Gestalt eines Supple-
mung des Wie? der Verknüpfung. Dabei wird die Re- ments). Dazwischen steht ein Verzeichnis der bei den