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Ausgabe:

1928 Nr. 4

Spalte:

78-79

Autor/Hrsg.:

Horst u. a., Walter

Titel/Untertitel:

Hugo Greßmann †. Gedächtnisworte 1928

Rezensent:

Meinhold, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 4.

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nis, daß das Glück der heidnischen Nordgermanen in Gräbern und Tempeln — mehrfach zur Nachtzeit, um

dem Frieden und der Ehre der gesamten Sippschaft ge- mit Hilfe künstlichen Lichtes m Innenraumen bessere

legen, daß der einzelne nur in dieser gelebt und gewirkt Ergebnisse zu erzielen — eine außerordentliche Menge

habe, und daß dieses Glück ihm nur Leben gewesen sei. von Aufnahmen gemacht worden, die, nach den auf 77

Das ist sein Midgard, wie er es in Anlehnung an Tafeln gegebenen Proben des Berichts zu urteilen, vor-

Grönbech nennt. Wer aus der Gemeinschaft ausge- ; züglich ausgefallen sind. Sehr anschaulich geschrieben

stoßen, friedlos erklärt worden ist, der ist nach Utgard, ist der etwa 100 Seiten umfassende Text, der den Tafeln

dem Öde- und ünglücksland, verwiesen, wo er aus dem vorangeschickt ist. Er gibt einen eingehenden Bericht

Leben ausgeschieden ist, wo ihm weder Rast noch Ruhe über die geleistete Arbeit und enthält zugleich eine

gewährt wird. Der Sippschaft gemeinsam, nicht dem Fülle von fesselnden Einzelbeobachtungen, die auch

Staate, ist auch die Religion. Diese ist nicht jener auf das heutige Ägypten, auf die Bräuche und den

Polytheismus, wie er in der eddischen und skaldischen Volksglauben seiner Bewohner, auf die politische Ent-

Dichtung begegnet und von unseren Mythologen meist wicklung Ägyptens in den letzten Jahren mit offenem

gelehrt wird, sondern die Verehrung fast immer nur Blick eingehen. Das Buch bedeutet nicht nur eine Be-

eines höheren Wesens, mag das ein Gott wie Thor oder j reicherung unserer wissenschaftlichen Literatur, sondern

Freya oder ein Ahne, wie die Ande, oder auch eine wird auch von nichtfachmännischen Freunden Ägyptens,

Fylgja sein, an das man sich in allen Lebenslagen vor allen von solchen, die religionsgeschichtlich und

wendet. Diese Gebundenheit in der Sippe hört auch mit folkloristisch interessiert sind, mit Freude und Nutzen ge-

dem Tode nicht auf, der überhaupt nur die Fortsetzung lesen werden.

des irdischen Lebens ist. In dem heiligen Berge lebt die Heidelberg. Hermann Ranke.

Sippe gemeinsam fort. Ihre Blütezeit hat diese Religion____.----- -----

noch zur Zeit der Besiedlung Islands, wo im allgemeinen Nötscher, Friedrich: Ellil in Sumer und Akkad. Hannover:

das Volk noch ein edles, menschheitwürdiges Leben h. Ufaire 1927. (iv, 110 s. m. e. Tat.) gr. 8°. RM 6 .

fristet. Allein dieses Leben ist schon früh fortwähren- jn ejner eingehenden und sorgfältigen Untersuchung

den Angriffen von Utgard ausgesetzt, die namentlich handelt Nötscher über alles, was mit dem Gotte Ellil

nach Einfuhrung des Christentums und durch dieses zusammenhängt, über den Namen und die Familie

wachsen, so daß schließlich Utgard den Sieg über Mid- EUjls, über sein Gefolge, seine Stellung im Pantheon,

gard davonträgt, der Tod über das Leben. Zu diesen sein Wesen und Wirken, über Ellil in den Mvthen, über

feindlichen Mächten gehören Schicksalsglaube, Aber- | weSensverwandte Gottheiten, über Kultstätten und Ver-

glaube, Totenfurcht, Zauberei, die alle von außen ein- ehrung, über Elliltage und -Feste, über astrale Bedeu-

stürmen. Sie konzentrieren sich schließlich in den Ut- ; tung, über Symbole und Darstellungen. Im Anhang

gardsgottheiten Odin, Hei, Ran. Noch hatte Utgard ! sjnc; drei Ellil-Texte umschrieben und übersetzt; der

vielfach Midgardsfriede und die Sehnsucht nach ihm. eine der Texte ist am Schluß auf zwei Tafeln erstmalig

Daher fand mancher äußerlich im Christentum Trost. veröffentlicht. Ellil war der Hauptgott von Nippur und

Aber das Christentum brachte keinen neuen innerlichen nanni ais solcher eine überragende Stellung im sume-

Glauben, sondern zerstörte nur den alten und hat... rischen und babylonischen Pantheon ein, bis zur Zeit der

die Keime wahrer^ Menschlichkeit in den heidnischen ers+en Dynastie von Babylon Marduk, der Stadtgott von

Germanen zerstört." Babylon, in seine Stellung und seine Ehren eintrat.

Auch Mogk ist nicht mit allen Auffassungen Kum- En.i (gemäß aramäischen Beischriften späterer Zeit
mers einverstanden und kann dem nach Ansicht des Ver- Ellil gesprochen) bedeutet „Herr des Windes". Damit
fassers von außen eingeführten Utgardunkraut in ver- hangt zusammen, daß trotz eines gelegentlich hervor-
schiedenen Fallen, so z. B. dem Schicksalsglauben, wie tretenden freundlichen Zuges zerstörende Allgewalt und
ich von ihm direkt weiß, den heimischen Ursprung unbezwingbare Macht seinem Wesen das Gepräge gibt,
nicht absprechen. K.'s Germanentum dünkt auch ihn im Qilgamesch-Epos ist er der Urheber der alles vermehr
Ideal- als Wirkhchkeitsbild, wenn schon auch er njchtenden Sintflut; schon bei Gudea heißt er „König der
nicht übersieht, daß es weit entfernt ist von den Phan- ; Sturmflut". Als Sturmgott hat er die Winde zu Waffen,
tasiegebilden, wie sie m gewissen Kreisen jetzt so be- In der ursprünglichen Fassung des Weltschöpfungs.
hebt sind. Das erkennt auch er an, daß K. seine Uecies ist Ellil es, der mit seinen Waffen die Tiamat be-
Auffassung gut begründet, also daß man wohl mit ihm zwingt und die Welt schafft. Besonders zu beachten ist
streiten, aber sie nicht schlechthin verwerfen kann. - die Feststellung Nötschers, daß Ellil ebenso wie die
Die erste größere, ernst zu nehmende Besprechung übrigen babylonischen Gottheiten eine personifizierte Na-
ist dem Werke (wie ich für gut halte, hier nachzutragen) zu- turgewalt ist und daß die astrale Bedeutung erst späteren
teil geworden von Andreas Heusler in der Deutschen Datums ist. Das Ursprüngliche ist ohne Zweifel die
Literaturzeitung 1928, 1. Heft, S. 33—37. Verkörperung der Naturmacht. Das Netz, das als Waffe
pzig. Hans Haas. Eibls gilt, ist die Waffe des Jägers und weist wohl auf

eine Zeit, wo das Volk noch nomadenhaften Charakter

Wreszinski, Walter: Bericht über die photographische h*tte und zeugt somit für ein hohes Alter der Ellilver-

Expedition von Kairo bis Wadi Haifa zwecks Abschluß der ( ehrung. Man sieht auch hier wieder daß die verwirren-

Materialsammlung für meinen Atlas zur altägyptischen Kultur- ; de Buntheit des sumerischen und babylonischen Göttergeschichte
. Vorgelegt von R. Hartmann. Halle a. S.: M. Nie- ! himmels das Ergebnis einer langen Entwicklung sein
meyer 1927. (viii, 87 s. u. 77 i.ichtdrucktaf.) 4°. = Schriften d. j muß und daß am Anfang wenige markante Göttergestal-
Königsberger Gelehrten Gesellschaft. Geisteswissenschaft!. Klasse, ten stehen.

.. ; K« 40 , geb. 44-. ] Hkkie„see. Arnold G ustav,

Der Konigsberger Agyptolog berichtet hier über

eine wissenschaftliche Durchquerung Ägyptens und ; Horst, Walto, Arthur Titius, Th. H. Robinson, Emst
Nubiens, die er mit seiner Frau und einem photo- Sellin u. Joh. Hempel: Hugo GreSmann f- Gedächtnisgraphisch
geschulten Begleiter von Allfang Oktober worte. Mit e. Bilde des Verstorbenen. Gießen : A. Töpelmann 1927.
1925 bis Anfang Mai 1926 ausgeführt hat. Seine Ab- : (32 S.) RM 1.70.
sieht, die Materialsammlung für seinen bekannten „Atlas Mit Wehmut und Trauer zeige ich diese mit einem
zur ägyptischen Kulturgeschichte" zum Abschluß zu j schönen Bilde von Greßmann versehene Gedächtnisbringen
, ist auf dieser 7 Monate währenden, an Arbeit j schritt an. Wer es nicht schon wußte, dem wird es aus
und Anstrengungen reichen Reise, auf der der Leiter mit ! den schönen Worten der genannten Freunde und
zäher Energie alle sich entgegenstellenden Schwierig- j Collegen ergreifend deutlich, was wir an dem Menschen
ketten zu überwinden wußte, in erfreulichster Weise er- ! und dem Forscher Greßmann verloren haben. Von einer
füllt worden. An etwa 40 verschiedenen Orten sind, in Besprechung sehe ich ab. Die geziemt sich nicht. Ich