Recherche – Detailansicht
Ausgabe: | 1928 Nr. 3 |
Spalte: | 68-69 |
Autor/Hrsg.: | Smith, Gerald Birney |
Titel/Untertitel: | The Principles of Christian Living. A Handbook of Christian Ethics 1928 |
Rezensent: | Althaus, Paul |
Ansicht Scan: | |
Download Scan: |
67 Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 3. 68
geschichtlichen Lebensanschauung die „Genealogie der j Smith, Prof. Gerald Birney: The Principles of Christian Living.
reellen Gedanken eines Gottesgelehrten" vollzieht. Diese A Handbook of Christian Etfeics. Chicago: University of Chicago
kurze Skizze soll unbestreitbar die Grundlegung für die j Press I924- 0% 212 s.) 8". geb. 2 $
Selbstbiographie abgeben; und sie bildet nicht nur in den j Das vorliegende Lehrbuch der Ethik gehört in die Reihe
Handschriften und den anderen Drucken die Einleitung der von der Chicagoer „University Press" veranstalteten
— lediglich Hamberger bringt sie in bewußter aber un- „Handbooks of Ethics and Religion". Seine Bestimmung
begründeter Abweichung als spätere Anmerkung —, son- l für den akademischen Unterricht erfüllt es durch sehr
dem Oer. selbst benennt seine Lebensbeschreibung ge- j übersichtliche Gliederung der 18 Kapitel in Unterteile,
radezu nach ihr. durch Knappheit und Präzision des Ausdrucks bei
Eine dankenswerte Zugabe ist das vom Verleger
hergestellte Schriftenverzeichnis. Wenn es auch nicht
wie das Ehmannsche (a. a. O.) kritisch angelegt ist, so
bietet es dafür — neben des letzteren Nrr. — außer einer
großem Stoffreichtum, durch Zusammenfassungen, vor
allem auch durch Darbietung zahlreicher und eingehender
Fragen für Aussprachen über die Gegenstände am
Schlüsse jedes Kapitels. Die Literaturangaben nennen
Anzahl Schriften über Oet. eine Reihe von Angaben ver- , auch deutsche Theologen und Philosophen, jedoch nur
schiedener Drucke und Auflösungen einiger fingierter j solche Werke, die ins Englische übersetzt sind. Von
Druckorte. — Das vorangestellte Bild Oet.s ist eine j den deutschen theologischen Systematikern werden nur
gute Wiedergabe der Steinzeichnung in der Ehmannschen j Herrmann und Tröltsch angeführt. Die Erlanger und
Ausgabe. j die neueren Arbeiten zu Luthers Ethik, z. B. von C
Auf das Ganze gesehen, ist die vorliegende Ausgabe
nur zu begrüßen. In einer Zeit, wo Oetingerschriften
ausschließlich antiquarisch und sehr schwer zu haben
sind, macht sie — nach einem Zeitraum von nahezu 60
Stange und K. Holl, sind offenbar unbekannt. Diese
einseitige Kenntnis oder Verwertung der deutschen Literatur
macht sich nicht nur in der Einschätzung des
Luthertums, sondern auch in der ethischen Prinzipien-
Jahren — in einer preiswerten und geschmackvollen Aus- i lehre ungünstig bemerkbar.
stattung diejenige Schrift wieder allgemein zugänglich, j Das Buch zerfällt in drei Teile: eine Geschichte
die die beste Einführung in die Persönlichkeit und Ge- ! der Ethik vom A.T. bis zu den protestantischen Kir-
dankenwelt des meist verkannten Theologen darstellt. 1 chen, im Abriß; eine ethische Prinzipienlehre; schließ-
Göttingen._Rudolf Heyken. j lieh, reichlich die Hälfte des Bandes umfassend, die
Kor ff, Heinrich: Biographia catholica. Verzeichnis von Werken ' Darstellung des christlichen Handelns in den wichtigsten
über Jesus Christus sowie über Heilige, Selige, Ordensleute, ehr- I Lebensbeziehungen und Ordnungen.
würdige u. fromme Personen, Konvertiten, Meister der christlichen | Im ersten und dritten Teile bietet das Buch viel
Kunst, hervorragende u. verdiente kathol. Männer u. Frauen 1870 ; Gutes. Der Verf. erkennt seine Aufgabe darin, die empi-
bis 1926. Bearb. u. hrsg. Freiburg i. Br.: Herder & Co. 1927. j rische und die historische Methode i,n der Ethik zur Gel-
(Vll S. u. 280 Sp.) 4». , |ung zu krjngen (VII). Immer wieder schärft er ein:
RM 6.50; Lwd. 7.75; m. Schre.bpap. durchsch. m Hldr. tl-. : dne gegenwartsmächtige Ethik muß auf genauer Kennt-
Diese „Biographia" ist eine Neuauflage der 1880 | njs der Tatsachen des modernen Lebens beruhen, sie
anonym erschienenen „Hagiologia". — Es konnte an | kann demgemäß nicht in der Weitergabe irgendwelcher
sich ein ganz guter Gedanke sein, das Kirchenlexikon, traditioneller Regeln bestehen, sondern bedeutet eine
das schon so veraltet ist, durch rein bibliographische ; „unaufhörliche schöpferische Aufgabe" (34): es gilt, aus
Angaben zu ergänzen. Aber die Art, in der dies hier dem Geiste Jesu die Normen für das Leben und
geschehen ist, führt meines Erachtens nur zu Unbrauch- Handeln der Christenheit in der heutigen Welt zu fin-
barem. Die B. enthält literarische Angaben zum Leben [ den. Diese Grundsätze wendet der dritte Teil an. Alle
katholischer Gelehrter und Heiliger. Vorher geht „Chn- , Vorzüge der amerikanischen Art kommen dabei zur
stusliteratur biographischen Charakters (unter Aus- j Geltung: der Tatsachensinn, der Blick für die natür-
schluß aszetischer Betrachtungswerke)". Wenn man aber , iichen und sozialen Bedingungen eines sittlichen Lebens,
dann aufgenommen findet: Das Leben unseres Herrn j der täti,ge Qejst, dje tapfere Zuversicht, daß christliches
und Heilandes Jesu Christi nach den Gesichten der Anna j Handeln aus den Weltnöten weithin herausführen könne.
Katharina Emmerich, so bekommt man ein Bild davon, Man fragt sicfi nur immer wieder, worin eigentlich
unter welchen historischen Gesichtspunkten diese Zu- j der Unterschied dieser „christlichen" Ethik von einer
sammenstellung zustandegekommen ist. Kein prote- j human-optiinistisch-evolutionistischen liege. Darüber
stantisches Buch über das Leben Jesu, nicht einmal
A. Schweitzers „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung"
ist erwähnt. — Bei der dann folgenden Literatur zu
einzelnen Persönlichkeiten fehlt jeder Hinweis auf Lebenszeit
usw. Es ist mir aber fraglich, ob selbst katholische
Theologen, von Laien ganz zu schweigen, sich
unter Angaben wie „Maria Mechthilde", „Maria Seraphi-
müßte der zweite Teil, die Prinzipienlehre, Aufschluß
geben. Aber hier versagt der Verf. als christlicher
Ethiker durchaus. Wir zeigen es auf an seinen Gedanken
über das sittliche Ziel und über den sittlichen Willen.
Der Verf. weiß als kritisch gebildeter Theologe, daß
Jesus Gottes Herrschaft durch eine endzeitliche Gottestat
hereinbrechend erwartet. Aber damit können die
ca", „Maria von der Passion" sofort etwas vorstellen | Christen der Gegenwart nichts anfangen: „We no Ion
können. Daraus ergibt sich eine Unzulänglichkeit. Meh- j look for a catastrophic revolution in history. The
rere Biographien der heiligen Anna lassen dann außer- ideaI of the „Kingdom of God" has been transformed
dem aber über den unkritischen Charakter der Uber- , in modern thinking into the coneeption of a rigtheou«
sieht von vornherein wieder keinen Zweifel. , society which is to be evolved out of the existing social
Es könnte fast so scheinen, als oo Bucher prote- , structure« u. s. w. (26). Demgemäß beherrscht der
stantischer Autoren auch hier wieder grundsätzlich aus- Sozialeudämonismus das ganze Buch. Im Einzelnen hegeschaltet
sind, wenn z B. bei Ignatius von Loyola i gegnen die üblichen amerikanischen Kurzschlüsse; z. B
I—J nr tivlf h UXhm/^n imhI zirvotl I O o Y/ r<1 r +nVi 14- Ahof Hlf "fr* - __ ., « ^ - .. 1-1
Heinrich Böhmers grundlegendes Werk fehlt. Aber das
ist nicht der Fall. Bei Contarini ist Hans Rückerts im
vorletzten Jahr erschienenes Buch verzeichnet. Unter welchen
Gesichtspunkten die Auswahl protestantischer
Bücher erfolgt ist, ist mir jedoch völlig schleierhaft geblieben
. Rückerts Buch ist doch noch eher als Böhmers
als den Katholiken nicht bequem zu bezeichnen.
Es mag der Beispiele genug sein. Das Gesamturteil
kann nicht anders lauten als: schade um die aufgewandte
Mühe und die glänzende Ausstattung.
Göttingen. Kurt Dietrich Schmidt.
soll der Krieg mit dem Geiste Jesu gänzlich unverträglich
sein — ob das Gleiche nicht auch vom Staate
überhaupt gilt, fragt der Verf. garnicht und macht sich
die Dinge dadurch harmlos und leicht.
Am schlimmsten aber tritt der gänzlich untheologische
Charakter dieser Ethik in der Lehre vom Menschen
und seiner sittlichen Erneuerung heraus. Bezeichnend
ist die Antwort auf die Frage: warum tut man
Unrecht? (82ff.) Der Verf. lehnt Theorien über die
„menschliche Natur" und über die „Sünde" als Abstraktionen
ab und fordert konkrete Psychologie des einzel-