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Ausgabe: | 1928 |
Spalte: | 601-604 |
Autor/Hrsg.: | Beth, Karl |
Titel/Untertitel: | Religion und Magie. 2., umgearb. Aufl 1928 |
Rezensent: | Titius, Arthur |
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Theologische Literaturzeitung
Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lietzmann, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin
Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50 Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.
-t . . »j_ Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor O. Hirsch in Ofittingen. 11 |ip7pmhpr 107g
SO. Jalirg. Nr. CO. Hlinholzweg 63, zu Knden, Rezensionsexemplare a u ss c h 1 i etil i c Ii an den Verlag._xvxv. ucacmuci ly&O.
Spalte Spalte Spalte
Beth: Religion und Magie (Titius).....601 Sch latter: Das große Kapitel von der jDie brandenbiirgischen Kircheuvisitations-Ab-
,. . , ... Totenaiifcrstehung (Bultniann)....... 605 schiede (l'cper)............... 612
1! oe h.n er: Johanncscvange tum.nach Aufhau w U rrimenmi( an D Kdu.lrd Riggenbach, PiUCk: Das Reich Gottes auf Rrdeu (Wolf). 613
ml Gruudgedaukeu (Uuchsel).......1)114 RrofessorderTheologielSöl 1027 (Kittel). 605 11 ha u s: Altrussische Kirchenlieder (Luther). 615
jCoI em I n -Norton: I'alladii dialogus de iSchrörs: Die Kölner Wirren (Bauer) ... 615
Vita S. Joannis Chrvsostomi (Fitester) . . 606'Joel: Wandlungen der Weltanschauung
1,04 Revue d'histoire ecclesiastique (Köhler) . . . OOS (Niebergall)................. 617
Jahrbuch für Liturgiewissenschaft iSchian). . 61 01'isch er: Erlebnis und Metaphysik (Winkler). 619
|zerbster Jahrbuch (Peper).......... 6U|Schaeder: Theozentr. Theologie (Adolph) 620
R a h I f s: Paul de I.agardes wissenschaftliche
Lebenswerk int Rahmen einer Geschichte
seines Lebens dargestellt (Nestle).....
— Gedächtnisrede zu Paul de I.agardes
100. Geburtstag (Ders.)............
Beth, Karl: Religion und Magie. Ein religionsgesch. Beitrag z. Persönlichkeit" in seiner Anwendung auf alle mög-
psvcholog. Grundlegung d. religiösen Prinzipienlehre. uiugearb. liehen Dinge (281 ff.) hat schon die animistische
Aufl. Leipzig: B. G. Teubncr 1027. (XII, 433 s.) gr. s". Theorie für sich in Anspruch genommen. So gesehn,
14 ; geh. in . sj,ch der unzweifelhafte Fortschritt der neuen
„Das Buch erscheint in völlig neuer Gestalt". Nicht Theorien nicht so sehr als glatte Ablehnung der ani-
nur der Zuwachs an Material hat das bedingt, so souverän mistischen Theorie wie vielmehr als eine Verfeinerung
es beherrscht und so nahezu lückenlos es an wichtigen un(j Präzisierung der leitenden Gesichtspunkte dar, dePunkten
ausgebreitet wird. Bedeutsamer ist die Ände- ren Geltungsgebiet von Fall zu Fall bestimmt werden
mag der Tendenz der religionsgeschichtlichen For- muß. Auch B. gesteht zu, daß auch Traum- und Ideen-
schung selbst, deren immer energischerer Betonung des vvelt für die Prägung der Idee des Unsinnlichen in Be-
Hochgottgedankens in der primitiven Religion durch den tracht kommen können, aber mir scheint doch die Beeingefügten
Abschnitt über „Gott, Dämonen, Hochgott" deutung, die beide wirklich in dieser Hinsicht haben,
Rechnung getragen ist. Entscheidend geworden ist aber nicht voll den Tatsachen gemäß zum Ausdruck gebracht
für die Umgestaltung die konsequente Durchführung der 7ll sejn.
systematisch-theologischen Methode. Während dem Re- Die präanimistische Stufe primitiven Lebens wird
ligionsphilosophen alten Schlages die Religion der Pri- mejst als vorwiegend durch magische Vorstellung und
mitiven,falls er sich überhaupt auf ihre Betrachtung ein- Praxis bestimmt gedacht; aus ihr versucht man auch die
ließ, ein Hemmnis und eine Verlegenheit zu sein pflegte, Religion herzuleiten. Die Polemik gegen diese Ab-
weil auf diesem Felde die evolutionistische, um nicht zu leitung, die sich besonders an Frazer hält, erachte ich
sagen, illusionistische Religionstheorie unüberwindlich für durchschlagend. Es bleibt demgemäß bei der (auch
zu sein schien, glaubt B. gerade hier „für eine Grund- | Von Frazer anerkannten) Gegensätzlichkeit magischer
legung der Theorie der religiösen Erfahrung" „das uner- und religiöser Tendenz, und beide sind als gleichzeitig
läßliche Material zusammengebracht zu haben" (S. VII). vorhandene Gegenpole anzuerkennen. Die komplizierte
Durch diese Fülle neuer Gesichtspunkte ist dann aller- magische Praxis wird auf ihre einfachsten, naiven Grund-
dings das üefüge der Gesamtdarstellung stark gelockert züge zurückgeführt, und diese werden als aus der Praxis
und die einzelnen Themata gewinnen, wenn auch durch des Lebens unmittelbar hervorgegangen unter der Lei-
einen gemeinsamen Rahmen zusammengehalten und tung des Wunsch- oder Furchtmotivs geformt und durch
letztlich dem Ganzen eingefügt, z. T. den Charakter zufällige gelegentliche Bestätigung gefestigt verständlich
selbständiger Abhandlungen. Indes wird man die hier- gemacht, während die alsbald einsetzende Komplizierung
durch und durch eine gewisse Verzögerung im Hervor- aus dem vielfachen Versagen der erweckten Hoff-
treten der leitenden Gedanken hervorgerufenen Schwie- nungen ihre Kraft nimmt. In diesem ganzen egozen-
rigkeiten der Lektüre freudig überwinden, wenn so Großes frischen Getriebe ist von Religion keine Spur zu finden
m Aussicht gestellt ist, wird sich aber auch verpflichtet und so ergibt sich die Aufgabe, für diese einen eigen-
fuhlcn, auf das strengste nachzuprüfen, inwieweit die tümlichen Entstchungsgrund zu finden; zugleich aber
neuen Ergebnisse aus dem vorgelegten Material selbst bedarf die Tatsache einer Erklärung, daß bei den Primi-
hervorgehen oder nur an dasselbe herangebracht sind, tiven, aber auch weit über sie hinaus, Religion und
Daß die von Tylor aufgebrachte und von Wundt Magie sich in engster und oft anscheinend unzertrenn-
bis in ihre letzten Konsequenzen entfaltete animistische licher Verflechtung vorfinden.
Theorie unhaltbar ist, ist ziemlich allgemein zugestan- Die Lösung wird in einer eindringenden Unter-
den. Auch Beth führt schlagend diesen Nachweis durch suchung der Vorstellungen von der „unsinnlichen Kraft"
eine Analyse der Vorstellung von den Verstorbenen, gefunden. Die vielverhandelten „Begriffe" des indone-
durch eine sehr lehrreiche, weit über diesen nächsten sischen Mana und indianischer, afrikanischer und austra-
Zweck hinausgehende Darstellung des Traumes (seine lischer Analoga werden einer auf das gesamte erreichbare
Symbolik, seine Beeinflussung durch das Ethos, seinen Material gestützten scharfsinnigen Analyse unterzogen,
Zusammenhang mit dem Leben, die Inkubationen), auch die auch die feinsten Nuancen herauszuarbeiten versucht
durch den Erweis für die Unabhängigkeit der Magie von Zu Grunde liegt die psychische Regung des Staunens oder
amnestischen Vorstellungen. So wichtig dieser Beweis der Furcht; auf dieser gemeinsamen Grundlage aber
ist, scheint mir doch mit der Negation nur ein Teil der differenzieren sich die Vorstellungen. Mana ist „seinem
hier vorliegenden Aufgabe gelöst. B. selbst anerkennt, Wesen und seiner Wirkung nach eine Energie, die für
daß der „Aninusmus" sehr divergente Motive und Vor- unsere Betrachtung in die Sphäre der gesteigerten natür-
stellungen umfaßt, vieles, was er selbst ausscheidet, liehen Kräfte gehört und nur insofern übernatürlich ist
wie z. B. den Seelenstoff (137ff.), aber auch die Pro- als sie über das Maß des gewöhnlichen Geschehens
jektion des eignen, mit Willen begabten Ich in die hinausführt" (222). Dagegen nähert sich Wakonda oft
Dinge (115. 150), den „sehr fließenden Begriff von der personifizierten Form jener „alldurchdringenden"
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