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Ausgabe:

1928 Nr. 25

Spalte:

579-582

Autor/Hrsg.:

Koppers, Wilhelm (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Festschrift (Publication d‘hommage) für P. W. Schmidt 1928

Rezensent:

Hempel, Johannes

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Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 25.

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halten werden könne. Es soll daher im Frühling 1929
oder 1930 eine neue Expedition ausgerüstet werden, an
der außer Lake und Blake sich wahrscheinlich auch
Butin und Gardiner beteiligen werden. Es ist sehr verdienstvoll
, daß diese höchst wichtigen Urkunden nun
der Einsamkeit und Unzugänglichkeit der Wüste entnommen
und in sichere Obhut gebracht sind, und es
ist sehr zu wünschen, daß der neuen Expedition eine
weitere Vermehrung des Materials gelingen möge.

Die Möglichkeit, die Inschriften in Kairo in Augenschein
nehmen zu können, machte sich sogleich der Direktor
der American Schoo! of Oriental Research in
Jerusalem, Professor R. F. Butin, zu Nutze. Zu den
32 Schriftzeichen, welche Sethe gezählt hat, fügt er aus
den neuen Inschriften 6 hinzu; es fragt sich nur, ob hier
wirklich neue Lautwerte, oder nur Varianten der vorher
bekannten Zeichen vorliegen. Die Inschriften gehören
nach Butin nicht in die Zeit Thutmosis III., wie Petrie
meint, auch wohl nicht in die Hyksos-Zeit, wie Sethe annimmt
, sondern wahrscheinlich in die XII. Dynastie,
etwa um 1850. Butin macht eingehende Bemerkungen
zu allen Inschriften und glaubt in der Deutung über
seine Vorgänger hinausgekommen zu sein. Er hat sich
bemüht, möglichst vorsichtig vorzugehen und hat deswegen
immer Formen bevorzugt, die im Phönizischen
und Hebräischen tatsächlich vorkommen, auch wenn er
dabei bisweilen auf sehr verlockende Hypothesen verzichten
mußte. Von der Inschrift Nr. 349, in der
Grimme den Moses entdeckt haben will, sagt er, daß sie
sich in sehr schlechtem Erhaltungszustand befindet, da
der Stein arg verwittert ist. Er macht darauf aufmerksam
, daß 5TO, der Name des obersten Steinmetzen,
nicht nur HTO, sondern wohl auch TO (vgl. Gen.

10, 23) gelesen werden könne. Und wenn man Mose
läse, so bedinge schon der zeitliche Abstand, daß an den
Gesetzgeber Israels dabei nicht gedacht werden könne.
Nach langem Zögern ist er zu dem Schluß gekommen,
daß die Inschrift, wie die meisten der Stelen, ein Gebet
zu Ba'alat enthält.

Hiddensee. Arnold Gustavs.

Festschrift (Publication d'hommage) für P. W. Schmidt.

76 Sprachwissenschaft!., ethnologische, religionswisscnschaitl., prähistorische
u. andere Studien. Hrsg. von W. Koppers. Mit 41 Taf..
158 Textiüustrationen u. 2 Ktn. Wien 1928; zu beziehen durch
Administration des „Anthropos", Mödling bei Wien. (XXIX, 977 S.) 4°.

Eine Festschrift von seltenem Reichtum ist zum 60.
Geburtstag (16. 2. 28) P. W. Schmidt's von seinem
Ordensgenossen (S. V. D.) und langjährigen Mitarbeiter
P. W. Koppers zusammengebracht worden, eine Festschrift
, die in ihren drei Abteilungen — „Sprachwissenschaft
; Ethnologie und Religionswissenschaft; Prähistorie
, physische Anthropologie, Soziologie etc." — den
weiten Umkreis der Gebiete umfaßt, auf denen der Jubilar
selbst forschend oder als Herausgeber und geistiger
Führer des „Anthropos" anregend und leitend tätig
gewesen ist. Seine starke literarische Produktivität belegt
ja das von M. Haberl beigegebene Verzeichnis von
150 „wissenschaftlichen Schriften". Daß in dieser Liste
die gegen R. Otto gerichteten, in der Art ihrer konfessionellen
Polemik recht unerfreulichen „Menschheitswege
zum Gotterkennen" von 1923 fehlen, ist sicherlich
kein Schade; daß der Verfasser selbst sie habe
fallen lassen oder wenigstens sie nicht als wissenschaftliches
Werk ansehen sollte, ist mir freilich nicht bekannt
geworden. Es ist aber überhaupt anzuerkennen, daß —
im Gegensatz zu den Gewohnheiten des Gefeierten —
in der Festschrift die Polemik sehr stark zurücktritt.
Gerade dadurch wird sie der Verbreitung seiner Grundgedanken
— Urmonotheismus, Kulturkreislehre — und
seiner — kulturhistorischen — Methode den besten
Dienst erweisen.

Es ist natürlich an dieser Stelle unmöglich, alle 76
Aufsätze auch nur dem Titel nach anzuführen. Ich

greife die für die Leser dieser Zeitschrift wichtigsten
heraus. Unmittelbar für ein biblisches Problem bedeutsam
ist die Studie von A. W. Nieuwe nhuis über
Die Sintflutsagen als kausal-logische Natur-Schöpfungsmythen
. An der Hand des namentlich von Riem und
Anderson beigebrachten Materials wird die Frage nach
dem „fundamentalen Geistesbedürfnis" gestellt, das die
Flutsagen befriedigen sollen. Unter starker Betonung der
Tatsache, daß die meisten Sagen nur von einer Flut
wissen, daß aber neben der Tatsache der Flut die
Art der Verwüstung durchaus variabel ist, kommt N. zu
dem Schluß, daß die Flutsagen die Entstehung der
I jetzigen Welt durch die Vernichtung einer
vorangegangenen erklären wollen. Das „Zer-
j störungs-Erneuerungselement" wird „kausal-logisch auf-
i gefaßt als Handlungen von Wesen mit übernatürlicher
Macht". Worauf freilich die Annahme einer ersten,
mythischen, „verweltlichen*' Welt sich gründet, bleibt
dunkel.

In die Vor- und Umwelt des Alten Testaments füh-
! ren einige linguistische und religionsgesehichi liehe Auf-
j sätze. Strittig ist bekanntlich noch immer die sprach-
j liehe Einreihung des Sumerischen. F. Hommel stellt
es mit dem Altaischen, speziell den Turksprachen, zusammen
, B. Wanger bringt, ohne den Zusammenhang
j mit dem Altaischen zu leugnen, „gemeinschaftliches
| Sprachgut in Sumer und Ntu" (zulu) bei, während R.
j Bleichsteiner, in den Bahnen der Marrschen Ja-
phetitenforschung wandelnd, in Su-rner, Su-bar, und Su-
! bar II Iber Zweige der Japhetiten sieht. Für ihn liegt der
| Akzent auf dem Nachweis der Zugehörigkeit der Su-
I baräer zu dieser Gruppe, die heute im Baskischen, in den
I Kaukasusspirachen und in der Sprache der Werschiken
I des Pamir-Hindukusch noch lebendig ist und die einst
das „vorarisch-vorsemitische ethnische bez. sprachliche
Substrat eines bestimmten Gebietes Eurasiens, dessen
j genaue Umgrenzung noch nicht möglich ist", gebildet
I habe. Schade, daß Bl. die bedeutsame Arbeit von A.

Gustavs über die Personennamen der Ta'anektafeln noch
, nicht vorlag (ZDPV 1927, 1 ff. 1928, 169ff.). Auch
darauf aber muß hingewiesen werden, daß soeben A. H.
Sayce auf Grund der Bezeichnung der vorsiimerischen
Bevölkerung Südbabyloniens als Murrü in der Lugal-
banda-Legende (vgl. St. Langdon, Weld-Blundell Collec-
tion in the Ashmolean Museum I, 5) und der Bezeichnung
der Mitanni als Murri bez. Mur-las in hetitischen
Texten die Amurru und nicht die Sumerer zu den Suba-
räern (Mitanni) stellt (Expos. Tim. 29, 403).

Nach Ägypten führen 3 Aufsätze, von denen der
eiste besonders hervorgehoben sei. H. Junker setzt
sich mit A. Scharffs und Frankforts Arbeiten über die
Entwicklung der vorgeschichtlichen Kultur in Ägypten
auseinander. Auf Grund der Badari-Funde und der eng«
i lischen Grabungen im Fajjüm zwischen Kom Asini und
! Dirne wird die Gleichzeitigkeit der „ersten Kultur"
(Scharffs Südgruppe) mit der „zweiten" (Scharffs Nord-
I gruppe) aufgegeben, in der Fajjumkultur die Grundlage
j für die Badari-Kultur gesehen, aus der iim Zusammen-
| hang mit der Zusammenfassung der oberägyptischen
! Gaue im Reiche von Ombos die Erste Kultur (Negade-
K.) hervorging. Im Norden bildeten sich Teilreicheunter
der Führung des Herrschers von 'Anedet (Ostdelta
) und des Falkengaus (Westdelta), von denen zunächst
das östliche, dann aber entscheidend das westliche die
Führung übernahm und ganz Ägypten unter der Religion
des Falkengottes (Horus) um das Zentrum Helio-
polis einte. Die zweite Kultur, deren Beziehungen zu
| Palästina-Syrien unsicher sind, entsteht in der Zeit der
Vorherrschaft des Ostdelta-Reiches und dringt bereits
j mit ihm, dann aber vor allem mit dem Westdeltareich
nach Süden. Als mögliche absolute Chronologie wird
gegeben:

± 5000 Beginn der Ersten Kultur.

4236 Geeintes Reich (Einführung des Kalenders).
+ 3500 Ende der Zweiten Kultur.