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Ausgabe:

1928 Nr. 24

Spalte:

561-562

Autor/Hrsg.:

Glueck, Nelson

Titel/Untertitel:

Das Wort hesed im alttestamentlichen Sprachgebrauche als menschliche und göttliche gemeinschaftsgemässe Verhaltungsweise 1928

Rezensent:

Galling, Kurt

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Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 24.

562

Nr. 4: Cambr. T.-S. 198: ein Stück aus Jelamme-
denu, das wichtige Schlüsse auf die ursprüngliche Komposition
des Midrasch und sein Verhältnis zu Tanchuma
erlaubt. Die damit angerührten Fragen werden vom
Herausgeber in einem ausführlichen Exkurs (S. 449 bis
513) erörtert und weitergeführt.

Nr. 8 (p. 67—83): Jew. Th. Sem. Libr., Adler 2597:
ein Stück Midrasch zu Levitikus, in dem in einer
bisher nicht bekannten Weise Halacha und Haggadah
mit einander verwoben sind, wobei die Halacha nach
Ginzbergs Vermutung aus der Schule des R. Ismael
stammt.

Nr. 22/23 (p. 188—205): Cambr. T.-S. 106, 188:
zwei Fragmente, die zeigen, wie ursprünglich die Ba-
raitha des Seder Eliahu und der zu ihr gehörige Talmud,
d. h. der zu ihr gehörige Kommentar, zwei getrennte
Werke darstellten, und wie erst im Lauf der Zeit Text
und Kommentar zu dem heutigen Midrasch Seder Eliahu
zusammenflössen.

Nr. 28 (p. 230—234): Cambr. T.-S. 10 G 4: ein
Fragment eines großen apologetischen Werkes über
schwierige Stellen der Bibel; eine der frühesten Auseinandersetzungen
eines Juden mit „Bibelkritik".

Nr. 31 (p. 298—309): T.-S. 131: ein höchst interessantes
Responsum des Gaon Samuel Ihn Hofni über die
Geschichte der Hexe von Endor, in arabischer Sprache,
hier ins Hebräische übersetzt. Er erklärt, Saul habe
infolge eines Zaubertricks den toten Samuel zu sehen
und zu hören geglaubt. Ginzberg weist mit Recht auf
die von keinem uns bekannten mittelalterlichen Juden
erreichte Kühnheit der rationalistischen Deutung der
Schrifterzählung hin, wie sie hier der Gaon Ibn Hofni,
der Nachfolger Saadjas im Gaonat von Sura, zeigt!

Nr. 32/33 (p. 310—323): Schechter-Fragmente der
Jew. Theol. Sem. Libr.: zwei apokalyptische Stücke aus
der byzantinischen Judenschaft des 9. und 10. Jahrhunderts
.

Nr. 34/35 (p. 324—338): Cambr. T.-S. 87/88: zwei
Fragmente eines in aramäischer Sprache geschriebenen
Lebens Jesu aus dem 7. oder 8. Jahrh. Danach ist dies
wohl das älteste erhaltene jüdische Leben Jesu.

Nr. 38 (p. 387—429): Dropsie Coli., Philadelphia
Nr. 85, Halper S. 46 ff.: ein Rosch ha-Schanah und
große Teile von Taanith enthaltendes Fragment eines
Auszuges aus dem jerusalemischen Talmud, mit manchen
wichtigen Lesarten.

Band II enthält in 14 Kapiteln sowohl eine Fülle
von liturgischen, hymnischen und anderen geistlichen
Dichtungen, als auch eine große Zahl profaner, didaktischer
und anderer Lieder. Die Lektüre ist hier dem
abendländischen Leser erleichtert, weil jeder Abschnitt
eine englische Einleitung hat, während in Band 1 auch
diese Einleitungen hebräisch geschrieben sind.

Hoffentlich erscheinen der halachische und der
historische Band recht bald!
Tübingen. Gerhard Kittel.

Glueck, Dr. phil. Nelson: Das Wort hesed im alttestament-

lichen Sprachgebrauche als menschliche und göttliche gemein-
schaftsgeinässe Verhaltlingsweise. Gießen : A. Töpehnann 1927. (VIII,
68 S.) gr. 8". = Beihefte zur Zeitschrift f. d. alttcstanientliche Wissensch
., 47. RM 4- .
Der Begriff hesed (gewöhnlich mit Gnade übersetzt
) wird in seinen verschiedenen Bedeutungen in drei
Kapiteln untersucht. 1. Als menschliche Verhaltungsweise
in profaner Bedeutung gesehen, ergibt sich, daß
hesed nur in einem Recht-Pflichtverhältnis, d. h. in
einer Familien-, Stammes-, Gast-, oder Bundesgemeinschaft
gedacht werden kann. In der Gegenseitigkeit
bzw. Gegenleistung ist in hesed die Treue und Liebe,
die Brüderlichkeit und Aufrichtigkeit enthalten, nicht
aber ist hesed „willkürlich" geschenkte Gnade oder
Huld. 2. Als menschliche Verhaltungsweise in religiöser

Bedeutung ist hesed allen Menschen (zueinander)
eigen. Das wird vornehmlich in der prophetischen
Literatur betont (Hosea). So ist hesed die Summe aller
Gbtteserkenntnis und Gottesfurcht, die in der Menschenliebe
wirksam wird. 3. Als göttliche Verhaltungsweise
erreicht hesed alle die, die in einem sittlich-religiösen
Gemeinschaftsverhältnis zu Gott stehen. In seiner hesed
betätigt Gott seine Macht für die Seinen als Hilfe und
Erlösung; seine hesed kulminiert im Gnadenakt der
Erwählung.

Soweit der Inhalt der exegetisch sauberen und
übersichtlich geordneten Arbeit. Sie ist als begriffsgeschichtliche
Einzeluntersuchung ein Beitrag zur Geschichte
der Frömmigkeit im Alten Testament. Wertvoll
erscheint mir vor allen Dingen der theologische
Ertrag. Es wird deutlich gemacht, daß die alttestament-
liche Religion Glaubensreligion xcet e^oxtjv ist.
' Allein aus dem Glauben kann Gnade Gottes erfaßt werden
, nur durch das Hineingestelltsein in einen die Lebensgesamtheit
umfassenden Zusammenhang mit Gott,
; der zugleich Recht-Pflichtverhältnis ist, wird Gottes
1 hesed wirksam. Und zum anderen: „Die menschlichen
1 Handlungen werden nicht allein in ihrer innermenschlichen
Bedeutung betrachtet, sondern sie werden unter
einen religiösen Gesichtspunkt gestellt. So erhält das
j gesamte Leben von der Religion her einen tieferen
Sinn- und Wertgehalt" (S. 21). Alles, was nicht aus
I Glauben geschieht, ist Sünde. „Wer hasid war, konnte
, es nur solange bleiben, als er immer wieder hasid wurde
" <S. 33).

Berlin. K. Galling.

, Eichler, Pfarrer Dr. Paul Arno: Die Dschinn, Teufel und Engel

im Koran. Leipzig: J. B. Klein's Buchhandlung 1928. (VIII, 135 S.)
8°. RM 9 v ■

Diese Analyse von Muhammeds Geistervorstellun-
i gen sondert die Dschinn scharf ab von den Teufeln und
Engeln; letztere zwei seien von Gott als Mittelwesen
in Beziehung zu den Menschen gesetzt, jedoch anders
als im Alten oder gar im Neuen Testament, denn im
Rahmen des koranischen Monotheismus sind beide bloße
abhängige Beamte; besonders der Teufel, nur Verführer
zum Unglauben und zu kultischen Vergehen, hat nichts
von der selbständigen widersittlichen Macht des neu-
testamentlichen Antichristen (40ff.); Ankläger ist er
I nicht (41, 72), wie es auch die Verbindung von Tod
I und Teufel nicht gibt (74). Mit dem Zeugnis gegen
I die ungläubigen Menschen, ihrer Bestrafung und Be-
I wachung in der Hölle werden andere Angestellte be-
j auftragt (87 ff.), welche als willige Diener Gottes zu
den guten Engeln zählen. Vor dem gefährlichen Ansturm
allzu vieler Assoziationen aus jüdischen, persischen
und christlichen Vorstellungen versucht Verf.
I ernstlich, dem Koranwortlaut sein Recht zu wahren,
I sodaß die Entlehnungen vorsichtig begründet heraustreten
, z. B. beim Geiste Gottes, wo kalima den christ-
I liehen Logos, amr das jüdische Memra wiedergebe
I (124 ff.).

Schwieriger sind die Dschinn zu bestimmen. Rich-
j tig ist, daß es Muhammeds Bestreben war, sie ihres
' dämonischen Charakters zu entkleiden, sodaß sie vorab
als harmlose Doppelgänger der Menschen (35 ff.) er-
: scheinen, gleich diesen bestimmt für Islam und Selig-
, keit oder für Unglauben und Hölle. Trotz der Selbstwarnung
gegen eine Angelologie und Dämonologie des
Korans (S. 1) bemüht sich aber Verfasser doch zu
sehr, Muhammeds Geistervorstellungen in ein System
| zu bringen; das hat aber abgesehen von dem vielseitigen
Gebrauch des Wortes „Satan" z. B. in Sure 2,13 u.ö.
einfach für böse verführende Menschen, und abgesehen
von der Übernahme fremder Legenden wie jener von
| den Dschinndämonen des Salomo (18 ff.), größte
Schwierigkeiten, wie der m. E. nicht hinreichende Ver-