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Ausgabe:

1928

Spalte:

33-34

Autor/Hrsg.:

Dobschütz, Ernst von

Titel/Untertitel:

Das Neue Testament 1928

Rezensent:

Bauer, Walter

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Seite 1

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88

Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 2.

Zeit stammen: Posaunen-Rev. 5, 8—14; Große Klage-
Rex. 6, 4—7, 16; Trauben-Rev. 9, 10—17; Weinstock-
Rev. 10, 1—8; Üibea-Rev. 10, 9—15; Aegypten-Rev. 11,
1—7; Jakob-Rev. 12, 1—14; Hades-Rev. 13, 1 — 14, 1
und die kleinen Stücke 8, 8—10 und 8, 11 — 13 (vgl. S.
114). So ergibt sich für die Gedankenwelt Hoseas, daß
ihm, je tiefer er in die Abgründe der Sünde Israels
blickte, um so mehr die Hoffnung auf eine Umkehr und
eine bessere Zukunft erlosch (S. 125—136). Die jetzige
Gestalt habe das Buch durch einen Redaktor (S. 111
bis 124) erhalten, welcher die achtzehn Revelationen
nach bestimmten Gesetzen (Ideenassoziation, inhaltliche
und Stilverwandtschaft, natürlicher Zusammenhang) zusammengruppierte
und in heils-eschatologischem Sinn
erweiterte (besonders: 2, 18—25; 9, 4; 11, 10f.; 14,
2 ff.; cap. 12 ist stark von ihm überarbeitet). Abschließend
(S. 137—149) werden Stilformeln besprochen
, Hoseas Bilderxvelt beurteilt und Hosea gegenüber
der Mystik abgegrenzt.

Die Abhandlung ist mit guter Kenntnis der einschlägigen
Literatur und viel Liebe für den behandelten
Gegenstand geschrieben; auch soll anerkannt werden,
daß der Herr Verfasser seine Rev.-These mit viel Geschick
und Scharfsinn zu verfechten weiß. Aber doch
ergeben sich mir Bedenken. Gerade Hosea mit seiner
Fülle von Problemen und seiner trostlosen textlichen
Beschaffenheit erscheint mir nicht als ein glücklich gewähltes
Objekt, um daran eine neue Theorie erfolgreich
und überzeugend auszuprobieren. Hier besonders erlangt
die Frage der Unechtheit oder Echtheit einzelner
Verse entscheidende Bedeutung für das schwierige Problem
einer reinen Unheils-Eschatologie, und damit steht
und fällt schließlich Lindbloms Ansicht von einer gradlinigen
Entwickelung in Hoseas Gedankenwelt (Hoffnung
-Hoffnungslosigkeit-Gericht). Auch sonst ist manches
Fragezeichen zu setzen, sodaß L. im einzelnen weit
mehr auf Widerspruch als auf Zustimmung zu rechnen
haben wird. Ganz fraglos haben Hoseas Eheerlebnisse
seine prophetische Wirksamkeit nicht unwesentlich beeinflußt
: aber ich vermag in dieser Ehegeschichte nicht
den ,,Schlüssel" zu seinem ganzen Wirken zu erblicken.
Stehen doch nach L. selbst nur sechs von den achtzehn
Rev. in näherer Beziehung dazu. Ebenso wenig bin ich
in der Lage, bei Hosea lediglich eine revelatorische Tätigkeit
anzuerkennen. Gibt es doch bei Hosea viele Partien
(z. B. in capp. 4. 5. 9), die in ihrer Wucht und Lebendigkeit
nur verständlich sind, wenn sie nicht Rev., sondern
Prophetenrede enthalten. Auch Lindblom spricht
gelegentlich von Predigt (S. 74) und Scheltrede (S. 77;
106). Abschließend möchte ich auf zwei Punkte aufmerksam
machen, auf die L. bislang noch nicht eingegangen
ist. Einmal, worauf schon F. Horst in ThLZ
1925 Sp. 246 hingewiesen hat, sind die echten Stücke
der Propheten fast sämtlich metrisch, während die mittelalterlichen
Rev.-Schriften vornehmlich in Prosa geschrieben
sind. Sollte dieser Unterschied ohne Bedeutung
sein? Das Zweite ist die Anwendung der Schall-
analvse auf die Prophetenschriften. Eine Untersuchung
der Wortspiele, Alliterationen und Assoziationen bei den
Propheten und ihrer Wirkung auf das Ohr dürfte meines
Erachtens für die Frage, ob die Propheten Redner oder
Schriftsteller waren, sicherlich methodisch ertragreicher
sein als die an sich zwar dankenswerte und interessante
, aber für die Wirksamkeit ATlicher Propheten
weniger fruchtbare Behandlung der mittelalterliehen
Rev.-Literatur mit ihrer eigengesetzlichen Logik, Stilistik
und Psychologie.

Suhl (Thür.). Out Kühl.

V. Dobschütz, D. Emst: Das Neue Testament. Halle a. S.:
Buchhandlung ü Waisenhauses ig27. (VI, 71 S.) 8°. = Die
evangel. Theologie, ihr jetziger Stand' u. ihre Aufgaben, Teil 2.

kart. Rm. 3-.

In der fünfteiligen Folge „Die evangelische Theologie
, ihr jetziger Stand und ihre Aufgaben" behandelt

v. Dobschütz im zweiten Heft das NT. Er legt dabei der
großen Öffentlichkeit die Gedanken dar, die er im
August 1926 zu Torshus bei Drontheim und im Oktober
des gleichen Jahres in Halle einem kleineren Kreise vorgetragen
hat. So erklärt sich wohl, daß in diesem Bericht
über die evangelische Theologie auch einige katholische
Arbeiten Aufnahme gefunden haben. Schriftwerke
, die erst nach dem Sommer 1926 erschienen sind,
haben keine Berücksichtigung mehr gefunden.

Der Stoff gliedert sich in 1. Einleituugsfragcn a) Text, b) Kanon,
c) Einzelschriften. '.1. Hilfsdis/.iplinen a) Philologie, b) Archäologie und
Geographie, e) Geschichte. 1. Exegese a) Kommentare, b) Hermeneutik,
c) die neuesten Eorderungen. I. Biblische Theologie.

Der Inhalt ist reich, ohne durch Überladenheit verwirrend
zu wirken, und auch ausländische Literatur wird
in ziemlichem Umfang vorgeführt. Die Fragen, die
heute den neutestamentlichen Forscher bewegen, ziehen
an dem Leser vorbei, und die zur Zeit beliebten oder
doch empfohlenen Lösungen finden eine gerechte Darstellung
und ebenso sachkundige wie selbständige Beurteilung
. Gelegentlich wollen eigene Anregungen des
Berichterstatters weiterführen. Sehr vieles von dem, was
er vorträgt, wird man ohne weiteres unterschreiben:
seine Auffassung von der beschränkten Bedeutung der
Arbeiten von Schlatter und Barth für unsere Kenntnis
des ältesten Christentums, seine Ablehnung der engstirnigen
Begeisterung, mit der mancherorts rabbinische
Studien getrieben und empfohlen werden. Besonders
sympathisch wirkt die Bescheidenheit, mit der er Art
und Ergebnis unserer Gegenwartsarbeit bewertet. Wir
stehen nicht am Anfang und nicht am Ende, sondern
mitten drin, geschoben und schiebend. Es ist wirklich
kein Grund zur Selbstgefälligkeit.

Gelegentlich scheint der Ausdruck nicht glücklich.
Daß die Forderung religionsgeschichtlicher Exegese
durch die andere „Formgcschichtliche Exegese" abgelöst
worden sei (S. 44), stimmt doch nicht. Mindestens
ist das nicht die Meinung der namhaften Vertreter
formgeschichtlicher Forschung. Hat Paulus wirklich
bei jedem Genetiv, den er braucht, etwas gedacht
und etwas empfunden (S. 52)? Die Bedeutung des
eschatologischen Momentes ist m. E. stark unterschätzt.
Dafür ist v. D. allzu vertrauensvoll gegenüber der synoptischen
Überlieferung. Die Kette der „es wird richtig
sein" S. 27 f. ist wohl minder fest, als er glaubt. Die
richtige Erkenntnis, daß, was wir xon Jesus wissen,
geschichtlich nur ein Ausschnitt aus dem ist, was wirklich
war (S. 28), sollte den Historiker nicht nur zu dem
Schluß führen, daß die Überlieferung „bei weitem nicht
an die wirkliche Hoheit dieser einzigartigen Gestalt"
heranreicht, sondern auch zu dem andern, daß dieser
Ausschnitt noch tiefgehenden Abzügen und Richtigstellungen
unterworfen werden muß, um Wirklichkeit
zu werden. Am wenigsten gelungen kommen mir die
Ausführungen über die Mandäerschriften vor (S. 56 f.).
Solange unter der Fülle von Berührungen zwischen
jenen und dem NT sich nicht ein einziges wirkliches
Zitat findet, scheint mir die, auch aus anderen Gründen
für mich unvollziehbare, Annahme einer Abhängigkeit
der Mandäer vom NT keiner ernstlichen Erwägung wert.

Niemand xvird Vollständigkeit erwarten, die Verf.
auch gamicht anstrebt. Doch hat es mich persönlich
| ein wenig bekümmert, weder beim Johannesevangelium
i noch unter den Gönnern des Mandäertums noch auch
nur unter den Mitarbeitern an Lietzmanns Handbuch (S.
36) genannt zu sein. Ich beginne offenbar schon für
die Mitlebenden zum Verfasser des Wörterbuches einzuschrumpfen
.

Oöttingen. Walter Bauer.

Merk, August, s. |.: Der neuentdeckte Kommentar des hl.
Ephraem zur Apostelgeschichte. Sondernbdruck aus „Zeitschrift
für kathol. Theologie" XIA'Ill. Jahrg. HJ24. (Innsbruck: E. Rauch.)
(S. 37 -58 u. 226 200.) 8°.

In zwei Artikeln der Zeitschrift für katholische

Theologie XLVIII 1924, S. 37—58. 226—260 spricht