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Ausgabe:

1928

Spalte:

25-31

Autor/Hrsg.:

Ritschl, Otto

Titel/Untertitel:

Dogmengeschichte des Protestantismus. IV. Bd. Das orthodoxe Luthertum im Gegensatz zu der reformierten Theologie und in der Auseinandersetzungmit dem Synkretismus 1928

Rezensent:

Kattenbusch, Ferdinand

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. Ematlliel HirSCh unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. 0. Hölscher, Prof. D. Hans Lietzmann, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. Bezugspreis: halbjährlich Rm. 22.50 — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

C3 lahm M» t Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. H i r sc Ii in Güttingen, II lanilJir IQ7X

OO. jaiirg. nr. L. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. «lauuai

Spalte

0 r a b in a n tt: Neuaufgefundene Pariser Quae-
stionen Meister Eckharts und ihre Stellung in
seinein geistigen Entwicklungsgänge (Hirsch) 41

Spalte! sPalte
Ritsehl: Das orthodoxe Luthertum im (je- Merk,: Der ueuentdeckte Kommentar des hl.
gensatz zu der reformierten Theologie I Ephraem zur Apostelgeschichte (Bauer). . . 34

(Kat.enbusch) ..........25 Braun: Der christliche Altar in seiner ge- JJJ£ JjäX «W d* ST«

Schubring: Die Jainas (Haas).......i

Thurnwald: Die Eingeborenen Australiens 31

und der Südseeinseln (Dcrs.)........j

Propst: Die geographischen Verhältnisse |Laehr: Die Konstantinische Schenkiiii;.,

Syriens und Palästinas (Baumgartner) ... 311 der abendländischen Literatur des Mittel-

l.indblom: Hosca (Kühl).......... 32) alters (Schmidt)...............30

v. Dobschütz: Das Neue Testament (Bauer) 33jConcilium Basiiiense (Brandi).........39

.,. ,. Ii.im mi l.iiiiav. nun ii.i . . bUi i ,i-

schichtlfchen Entwicklung (Koch)...... 35 trozinienforschung (Kochendörffer).....44

PrudentIi: Carnuna (Kruger)....... 31

l.'Anti-Coran ou le Mahoinetisme (Strothmaiin) 37

Eicker: Zu Luthers Vorlesung über den

Oalaterbricf (Köhler) ............45

Meilicus: Die Ereiheit des Willens und ihre

Grenzen (Liittge)..............45

Palästina-Reliefkarten (Kittel).........47

Berichtigung (Koch)..............48

Ritsehl, Otto: Das orthodoxe Luthertum im Gegensatz ZU Wort noch sagen. Das grolle Werk ist stofflich noch begrenzt von

der reformierten Theologie und in der Auseinandersetzung mit der Idee der „Symbolik"; es ist sehr viel freier ihr gegenüber

dem Synkretismus. Göttingen: Vandenhoeck (V. Ruprecht 1927. als etwa das zu seiner Zeit imposant gelehrte von Fr. Frank über

(VIII, 493 S.) gr. 8°. = Dogmengeschichte des Protestantismus, Bd. 4. die „Theologie der Konkordienformel", und doch nicht so frei davon,

Rm. 23 ; geb. 25.50. wie der Historiker der protestantischen Theologie, auch in der

Ich kann für diesmal nur mit einem herzlichen Epoche der „Orthodoxie", geschweige der „Reformation", verlangen

Ausdruck von Freude für D. Ritsehl beginnen, daß es muß - wenn der Lehrentwicklung im Protestantismus ihr volles

ihm beschert gewesen, das große Werk, das er unter- Recht zu Teil werden, sie völlig verständlich, ihrem Innern, geisti-
notnmen, zu Ende zu führen. Vor zwanzig Jahren "en Drang£ ,,ach uber s,ch k,ar gemacnt ,*crden so11-
(1908) erschien der erste Band, vor sechzehn (1912) ln diesem vierten Bande bietet R„ wie auch m den
der zweite, dann erst 1926 und 1927 die beiden ab- früheren, zwei „Bucher", in der durch das Werk
schließenden. Im Ganzen umfaßt das Werk an zwei- als ganzes fortgeführten Zählung, das siebente und
tausend Seiten. Es ist viel umfänglicher geworden, als achte, ersteres überschrieben: „Die Entwicklung der
Ritsehl es sich selbst vorstellte damals, wo er an es lutherischen Orthodoxie im Gegensatz zu der refor-
herantrat und selbst noch als er den zweiten Band mierten Theologie" Kap. LVI—LXII, S. 1—230. R.
schrieb und herausbrachte. Ich bin bei der Anzeige der glaubt also, daß der innerevangelische Gegensatz der
drei ersten Bände (1910, Nr. 1; 1914, Nr. 22 23; 1927 Hauptantrieb für die lutherische Theologie bis an das
Nr. 9) auf die Erweiterungen, die das Werk dem Stoffe i Ende der spezifisch auf „Orthodoxie" gerichteten Ent-
nach sich erzwang, und (zum Teil damit zusammen- Wicklung gewesen sei. Luthers Streit mit Zwingli hat
hängend) die Änderungen in der Form (der Einteilung, I danach den Anstoß gebildet für fortdauernde Ausein-
sogar der Betitelung und Zählung der Stücke), die der i andersetzungen zwischen den beiden protestantischen
Verfasser vorgenommen, genauer eingegangen. All das I Kirchengruppen in Hinsicht dessen, was sie in „rechtmag
jetzt zum Schlüsse auf sich beruhen, gläubiger Weise" zu lehren hätten, als „evange-
über die „Idee" des Werks, wie der Gesamttitel „Dogmen- I lische" Glaubensgemeinschaft in ihrem Kreise, ideell

geschichte des Protestantismus" gemeint sei, habe ich 1910 mich
ausgesprochen, auch in der Besprechung 1927 nochmal das
Maß von Zustimmung und Zurückhaltung, welches ich bei mir hege,

vor Gott und der Christenheit vertreten „müßten". Es
ist wohl richtig, daß es so gestanden hat. Und das hat
dem Ganzen dieser Gedankenbildungen das Gepräge

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angedeutet. Ganz so wie ursprünglich kann ich mich nicht mehr von eigentümlich zänkischer Kleinlichkeit gegeben. Aber

äußern; ich sehe den Titel bezw. die thematische G r u n d einstellting es kommt des weiteren doch eine Summe VOU histo-

hTA tf* hjSS.P^"« an. „Lernen", das bleibt ja das Loos oder rischen Zufälligkeiten, an sich nicht herleitbaren, nur

* h ^ einfach konstatierbaren Gegebenheiten mit in Betracht,

siern, sondern bemeistert den, der sich an ihn heranwagt. — Auch IL i . j i r j.6 j „ i i. • ..

Ritschi ^11^ legt offenbar nicht mehr allzuviel Gewicht auf das, was er ,ch rechne dazu den Umstand, daß Luther keinen einzi-

im Eingange des ersten Bandes über seinen Plan, so wie der „Titel" gen Schuler fand, der ihn geistig voll verstand, ihn

ihn bezeichnen solle, ausgeführt hat. Der Stoff war eben viel reicher nicht nur im Einzelnen richtig begriff, sondern ihm in

und schwieriger als er damals vor Augen hatte, vor Augen haben ! der seelischen Verfassung kongenial war. Relativ am

konnte, immerhin ist es nicht belanglos, daß er die Idee gehabt ehesten ihm vergleichbar ist ohne Zweifel Calvin, doch

und festgehalten hat, eigentlich nur die „Instanzen" zu zeigen und in auch er nur jn gewissen sehr bedeutsamen Schranken:

!> 7 * „tk,rni«" h1lst01nsclJen, Ausgestaltung vorzuführen, d.e der Calvins Grund i n t u i t i o n religiöser und ethischer Art

Protestantismus als theo og sc h de maßgebenden, ihm „dog- 1 . li- u , . , 5 , . ,. .

matisch" wichtigsten, ihn religiös leitenden Thesen zunächst ausdrück- Und j>l*b. a"derer W.r .a,s dleJe

lieh hervorgekehrt habe, wobei Ritschi meinte, daß sie auch bis in ; Luthers. Vielleicht ist es der Unterschied des Deutschen

seine gegenwärtige Art irgendwie für ihn bestimmend, insonder- und Franzosen,Germanen und Romanen (oder Kelten?),

heit seine „kirchliche Lehre" charakterisierend, geblieben seien. Denn der da in elementarer Weise sich geltend macht; gerade

damit hängt zusammen einesteils, daß Ritsehl gewisse erhebliche auch was Calvin groß erscheinen läßt, zum Größten

Lücken in der Stoffheranziehung zeigt und andernteiis da abbricht, neben Luther macht (sein Blick für die Bedeutung der

r«.dje eV.° ,he de.r "Or1hodoxie" an inr Ende gelangte Beides Ordnung in Dauerformen), mag damit zusammenhängen.

le! a, lC " £nÄ£ ''"Y™ ^ 1 7 T Für das Luthertum ein Verhängnis war, daß Luthers

vermeidlicherweise, vielleicht doch auch nur nach stillem Vorurteil, das '■ . cu. i /j- n t -u- i -i. • t. f„ öx

der bloße Ausdruck „Dogmen" zll 1)erf,en pflegt, das Ritsehl ernst- «&ei?e ^^"^ (dle Unfähigkeit Sicher ZU „formen")

lieh zii überwinden gesucht und doch nicht ganz für seine Vergegen- durch Melanchthon nicht wirklich überwunden wurde,

wärtigung der den Protestantismus „lehrhaft" leitenden „Instanzen" Konnte Luther kein System seiner Gedanken gestalten,

zu überwinden vermocht hat. Ich werde hernach darüber ein kurzes | keine Darstellung zusammenhängender Art gewäh-

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