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Ausgabe:

1928 Nr. 18

Spalte:

423-424

Titel/Untertitel:

Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis. N. S. Deel XIX u. XX 1928

Rezensent:

Köhler, Walther

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423

Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 18.

424

Schulen, der kirchlichen Zeitschriften und Bücher. Im
Anhang werden ausführlich die Quellen für die Arbeit
angegeben. Es ist für die Angehörigen jener Kirche
gewiß ein interessantes und wertvolles Buch, für uns
wohl nur, soweit es hineinschauen läßt in die Schwierigkeiten
kolonialer Kirchen und das Entstehen der theologischen
Lehranstalten, unter denen die Herausgeberin
des Werkes, die bekannte Yale University wohl die bedeutendste
ist.
Ahlden/Aller. E. W. Bultmann.

Nederlandsch Archief voor Kerkgeschiedenis. N. SV, Deel
XIX, XX. s'Oravenhage: M. Nijhoff 1926 u. 1927. (je 316 S.)
gr. 80.

Der 19. Bd. dieser holländischen Zeitschrift wird
eingeleitet durch ein Bild und einen Nachruf auf den
langjährigen Leiter Prof. Friedrich Pijper, der am 26.
Februar 1926 starb. Seine bisherigen Mitredakteure, die
Professoren A. Eekhof in Leiden und J. Lindeboom in
Groningen, haben nunmehr die Schriftleitung übernommen
. Wie der Inhalt der beiden Bände verrät, stehen im
Mittelpunkte der derzeitigen kirchengeschichtlichen Forschung
Hollands die Brüder vom gemeinsamen Leben,
von denen aus die Linien nach vorwärts (Erasmus,
Honius, Humanismus) und rückwärts (Mystik) gezogen
werden; die Bücher von Hyma und van Rijn haben anregend
gewirkt, abgesehen von einer guten alten niederländischen
Tradition. Die alte Kirchengeschichte ist
schwach vertreten, lebhafter Pietismus und Aufklärung,
und in der Reformationsgeschichte werden die Geister
bevorzugt, die noch deutlich auf dem Humanismus und
der Devotio moderna aufliegen. Ich gruppiere nach den
üblichen vier kirchengeschichtlichen Teilen.

Bd. 19: Der alten Kirchengeschichte gehört an der Aufsatz
von W. Koch: Keizer Julianus' afval van het Christendom (aufgebaut
vorab auf den Briefen, zeigt, daß Julian schon früh den Kybeledienst
kennen lernte, etwa gleichzeitig mit dem Neuplatondsmus 351/352;
Fraueneinfluß ist bei ihm auszuschließen, groß war seine Liebe zur
Natur). Zum Mittelalter: A. Hyma: The influence of the „Devotio
moderna" (rechtfertigt und erläutert sein Buch gegenüber der Kritik);
D. de Man: Heinrich Suso en de moderne Devoten (während
Tauler kaum einwirkte, ist Susos Einfluß groß, vorab sein Horolo-
gium wurde geschätzt). Zur Reformationszeit: B. Becker, von
dem eine Monographie über Coornheert zu erwarten ist: Coornheert
de 16de eeuwsche Apostel der volmaakbaarheid (zeigt unter reichster
Literaturbenutzung, daß die Vollkommenheitslehre im Mittelpunkt der
Oedankenwelt von C. steht; Bekämpfung der Erbsündenlehre, Annahme
eines Seelenfunken, Synergismus, langsames Wachsen in der
Vollkommenheit, Bekämpfung des Antinomismus und der Satisfaktionslehre
, Unverlierbarkeit der Gnade umrahmen und stützen den Per-
fectionismus. Einfluß der Stoa [Naturrecht = lex dei] und der
Mystik sowie des Spiritualismus; seine Wirkung auf die Folgezeit,
auch auf den Methodismus, doch steht C. jeder plötzlichen Bekehrung
fern.) J. C. van Slee: De gereformeerde gemeente van De-
venter in de eerste veertig jaren na here wederoprichting in 1591
(Eine ausgezeichnete eingehende Gemeindegeschichte, vielfach typisch
und darum lehrreich, speziell für die Geschichte der Kirchenzucht
und Armenpflege. Charakterisierung der einzelnen Pfarrer, Spiegelung
der Lehrstreitigkeiten, Gegensatz gegen Katholiken, Mennoniten
und Lutheraner). A. Eekhof: Onuitgegeven brieven van en aan Hugo
Grotius (aus dem Britischen Museum, der Bodleiana, der Universitätsbibliothek
Leiden, z. T. an Cosaubonus, Polyander, aus den
Jahren 1613—1638). J. Smit: De vestiging van het Protestantisme
in den Haag en zijn eerste voorgangers (zeigt das erste Eindringen
der Reformation; erster Prädikant war Mich. Andrieszoon, mit dem
man aber keine guten Erfahrungen machte; Aufzählung und Kennzeichnung
der folgenden Prädikanten). L. Knappert: Hollandsche
Pioniers op Formosa (betrifft speziell den Pfälzer Georg Candidius
1627). Zur neuesten Kirchengeschichte: H. Beets: De gereformeerde
Nederlanders in Noord-Amerika. Idealen verwerkelijkt binnen tachtig
jaren? (Prüfung der Wirkung der 1846 erfolgten holländischen Niederlassung
in New York und New Orleans. Statistik 1920: in Michigan
33 000 Holländer, Illinois 14 300, New York 13 700, New Jersey
12 700, Jowa 12 600, Wisconsin 7 500, Minnesota 5 400, Californien
5 000, Süddakota 3 200, Washington 3100, Ohio 2 500, Massachusetts
2 000, Indiana 2 000, Utah 2 000. Von den kirchlichen Gemeinschaften
ist die stärkste die Reformed Church und die Christian Reformed
Church; daneben bestehen noch kleinere Gruppen. Bericht über den
wachsenden Wohlstand der Gemeinden, Schulen und Mission.)

Bd. 20: Zur Geschichte des Mittelalters: M. van Rhijn: De
invloed van Wessel Gansfort (darf nicht überschätzt werden; W. ist

nicht der geistige Vater der „Sakramentarier" des 16. Jahrh.s, die
von Vos gezogene Linie: Wessel, Erasmus, Hoen, Zwingli ist falsch,
da die rein symbolische Abendmahlsauffassung erst von Hoen, aber
nicht von Wessel und Erasmus vertreten wurde, auch darf — gegen
I Hyma — Wessel nicht neben Luther gestellt werden. Groß war
I Wessels Einfluß auf die devotio moderna in Frankreich). Derselbe
: De dogmenhistorische achtergrond van Wessel Gansforts
avondmaalsleer (Wessels Lehre vom geistigen Genießen des sakramental
präsenten Christus fusst auf der Mystik und den Brüdern des gemeinsamen
Lebens; den letzten dogmatischen Hintergrund bildet der
Okkamismus). D. de Man: Een onbekende middelnederlandsche
vertaling van Johann Taulers preeken (aus dem Besitz von W. Moll,
stammend aus den Kreisen der Devoten). A. Hyma: Het „Scriptum
pro quodam inordinate gradus ecclesiasticos et praedicationis officium
j affectante" door G. Zerbolt van Zutphen. (Ausgabe dieses bisher im
vollen Wortlaut unbekannten Traktates nach einer Handschrift der
i Stadtbibliothek Nürnberg). D. de Man: Een vermeend tractaat van
Salome Sticken (Der von Moll der S. Sticken zugeschriebene Traktat
ist eine mittelniederländische Übersetzung des Speculum monachorum
von Arnulf de Boeriis und wurde bei den Devoten geschätzt.) Derselbe
: Meister Eckehart in Weesper Handschriften (Verzeichnis
dieser aus dem Johannishaus zu Weesp stammenden, jetzt auf verschiedene
Bibliotheken verteilten Handschriften; Nachweis der Kenntnis
J Eckharts bei den Brüdern vom gemeinsamen Leben). M. van Rhijn:
' Engelbert van Leiden (1435 in Köln immatrikuliert, Skizze seines
Lebens, er war der Vater des Cornelis E. van Leiden, des Lehrmeisters
von Lukas van Leiden.). Zur Reformationsgeschichte: J. C.
van Slee: Wendelmoet Claesdochter van Monnikendam 20. Nov.
1527 (Geschichte des Prozesses gegen diese erste niederländische
Märtyrerin.). J. Lindeboom: Een „Gebed" van Guy de Bres
(Mitteilung eines französischen Gebetes von 1564, das vielleicht
von G. de B. stammt). M. J. Loosjes: Christianus Sinapius Venlo
(geh. um 1535 in Venlo, Prädikant in Hörstgen, später in Herzogenbusch
, Dordrecht, Amersfoort). J. N. Bakhuizen van den
Brink: Hermann Herbers te Bocholt (Bocholt bei Münster i. W.,
wurde relativ spät protestantisch; Mitteilung von Aktenstücken betr.
Herhers und die sonstigen Pfarrer dort). Neuere Kirchengeschichte:
J. F. Kram er: De evangelisch-Luthersche gemeente te Groningen
van 1865—1896 (Genaue Gemeindechronik). A. Eekhof: David
Flud van Giffen en Johannes Braunius (bekannt als Autographensammler
, wirkte in Friesland, verdächtigt wegen Coccejanismus und
Labadismus, Mitteilung seiner Korrespondenz mit dem Leidener Professor
Braun). L. Knappert: Twee bezoeksreizen in den ooste-
lijker. Ned. Jnd. Archipel 1821—25 (Berichte zweier Prädikanten,
eingefügt im Reisejournal, mit wertvollen Nachrichten über den Stand
des Christentums in den Kolonien) — Verschiedene Miszellen, z. T.
von A. Eekhof, und Bücheranzeigen sind beigegeben, außerdem am
Schluß jedes Bandes eine sehr dankenswerte Übersicht über die
Literatur zur niederländischen Kirchengeschichte. Wenn die Redaktion
dem Verleger M. Nijhoff zu seinem 60. Geburtstag ihren dankbaren
Glückwunsch ausspricht, so ist das wohl verständlich: die Ausstattung
der Hefte ist vorzüglich, und das persönliche Interesse des Verlegers
an der niederländischen Kirchengeschichte wird wiederholt bezeugt,
Zürich. W. Köhler.

II Progresso ReligiOSO. Anno VII. 1927. Chiavari (Genova) [Corso
Assarotti 25]: Redazione e Amministrazione. (288 S.) gr.8°. 30 L.
Der Jahrgang 1927 der vorliegenden Zeitschrift wird nach
einem kurzen Vorwort über ihre Aufgaben mit einem Aufsatz Lord
Haldanes über „Biologie und Religion" eröffnet (S. 2—13):
Die Biologie kann wohl mit theologischen Dogmen, aber nicht mit
wahrer Religion in Widerstreit kommen, dem Glauben an eine geistige
Wirklichkeit. Sowohl die vitalistische wie die mechanistische Erklärung
des Lebens ist unhaltbar, da beide weder den unbewußten
noch den bewußten Lebensvorgängen gerecht werden. Nur wo die
Wissenschaft selber dogmatisch wird, kann sie eine der geistigen Wirklichkeit
feindselige Haltung annehmen. Aber auch die Kirchen sollen
der Erkenntnisfreiheit Raum lassen, den Menschen helfen, die Wirklichkeit
als ein Ganzes zu sehen, ihre Handlungen harmonisch leiten,
um so die geistige Verwirrung und das soziale Chaos hintanzuhalten.
— S. 14—16 spricht H. Bergmann (Jerusalem) über den religiösen
Ursprung des Z i on i sm u s, und er glaubt behaupten zu dürfen,
daß es selbst beim „ungläubigsten unter den Hebräern" ein religiöser
Beweggrund sei, der ihn nach Palästina treibe. — S. 50—54 leitet
Ferrari den Begriff der „Göttlichen Weisheit" aus der
weltlichen jüdischen Kultur her, die unter Salomo ihren Höhepunkt
J erreicht habe; nach dem babylonischen Exil sei der Begriff dann ins
Religiöse übergegangen und Hypostase geworden. — S. 55—67 zeichnet
Pioli ein prächtiges Bild von der Persönlichkeit, dem Lebensgang,
I der religiösen Entwicklung und den wissenschaftlichen Arbeiten des
I 1926 verstorbenen französischen Modernisten Albert Houtin, der
i selbst noch wenige Monate vor seinem Tode sein Leben von 1867 bis
1912 geschildert hat (Une Vie de Pretre. Mon experience 1926). —
j In seinem Aufsatz „Unsere geistige Emporhebung" (S.