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Ausgabe:

1928 Nr. 18

Spalte:

419-420

Autor/Hrsg.:

Feder, Alfred

Titel/Untertitel:

Studien zum Schriftstellerkatalog des heiligen Hieronymus 1928

Rezensent:

Koch, Hugo

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419

Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 18.

420

c. 14 (S. 21): „wir beteten die h. Stätten an und das kostbare
Kreuz" ist miliverständlich (ebenso c. 13, S. 20). S. 48,
50 u. 53 dagegen ist das n^oaxvvtlt' richtig mit „Verehrung" oder
„Huldigung erweisen" übersetzt. S. 54 übersetzt R. das avvtttSaa&ui
etwas altertümlich mit „Urlaub nehmen", S.64 u. 07 ungezwungener
mit „sich verabschieden". An sachlichen Beobachtungen sei Folgendes
vermerkt: Porphyrius wurde an einem Sonntag zum Bischof
geweiht (c. 16, S. 23f. Beitrag zur Schrift von Th. Michels
über den Bischofsweihetag 1927). Seine Wahl geschieht aufgrund
einer dem Erzbischof von Cäsarea nach einem Fasten zu teil gewordenen
Offenbarung (c. 12, S. 10). Auch über das Schicksal des
Manieion entscheidet schließlich eine, sorgfältig nachgeprüfte, Offenbarung
durch ein siebenjähriges Kind (c. 66 ff., S.76ff.). Ein übertretender
Arianer wird wiedergetauft (c. 57, S. 68). Ein Einsiedler
wird zu Lebzeiten durch Gebet aus der Ferne um seine Fürbitte angerufen
(c. 55, S. 66). Der Gedanke, daß die Dämonen in ihren
Angaben mit „Wahrscheinlichem" arbeiten (c. 60, S.70) und die
Menschen durch „Wahrscheinliches" sich täuschen lassen, ist in der
altchristlichen Literatur häufig (vgl. ZKG. 1026, S. 554, ferner Iren,
adv. haer. 111,15,2. 1,502 Stieren IV, 32,1. 1,664. Min. Fei. Oct.
14,4. Lact. div. inst. 1,11. 111,21. VI,7 u.a.). Auffallend ist, wie
lange der Bischof von Gaza und sein Erzbischof sich am Kaiserhof
aufhalten und ihrer Herde fern bleiben (von November oder Dezember
bis Ostern, c. 33, S. 43 u. c. 52, S.63). Die Osterbezeichnungen sind
beim Diakon Marcus ebensowenig einheitlich wie anderwärts, c. 52 u.
94 bezeichnet iiaaya'kia die 40tägige Fastenzeit, c. 102 aber die
Karwoche. Die Gemeinde von Gaza versammelt sich zum Morgengebet
(c. 76, S. 87) und zum Abendgottesdienst (c. 66, S. 76). Das
Wochenbett der Kaiserin Eudoxia dauert 7 Tage (c.45, S.55). Ihre
Bittschrift überreichen die beiden Bischöfe auf die Weisung der
Kaiserin hin dem jungen Kronprinzen, wie er von der Taufe zurückgetragen
wird, und der Träger neigt den Kopf des Kindes zum Zeichen
der Gewährung (c.48, S. 50). Eine köstliche, ungemein lebenswahr
gezeichnete Gestalt ist der „fromme", mit der Bergpredigt aber
auf gespanntem Fuße stehende Barochas. Er hat einmal von einem
heidnischen Bauern eine kirchliche Abgabe einzutreiben und da
er auf den gewünschten Zahlungsaufschub nicht eingeht, kommt er
in Streit mit dem Bauern und seinen Nachbarn und wird von ihnen
halb totgeschlagen; nach drei Tagen wieder zu Kräften gekommen,
ergreift er ein Scheit und schlägt, ein neuer Simson, auf alles ein,
was ihm in den Weg kommt, und treibt die Heiden bis zu ihrem
Marnastempel (c. 22 ff.). Bald darauf wird er Diakon (c. 25). Bei
einem Streit zwischen dem Kirchenverwalter und dem Ratsvorsteher
aber, als der „gottgeliebte" Barochas sah, wie der Verwalter geschmäht
wurde, schmähte er seinerseits den Ratsvorsteher und da
dieser von andern Ratsherren und Bürgern Hilfe erhielt, kam es zum
Handgemenge und zum Angriff auf die Christen überhaupt, sodaß
der Bischof sich mit seinem Diakon Marcus über die Dächer flüchten
mußte. Ein junges, blühendes Mädchen von 14 Jahren rettet sie
und läßt sich nachher mit ihrer Großmutter taufen (c. 95 ff., S. 103ff.).
Der Bischof will sie verheiraten, sie aber wählt das Ordensgewand
und fastet so strenge, daß „die, welche sie anschauten, einen
Schatten zu sehen glaubten" (c. 101, S. 109ff.).

München. Hugo Koch.

Feder, Alfred, S. J.: Studien zum Schriftstellerkatalog des
heiligen Hieronymus. Freiburg i. B.: Herder & Co. 1027.
(XI, 208 S.) gr. 8«. RM 11—.

Vorliegende Studien bilden eine ausführlichere Einleitung
zur Neuausgabe des Schriftstellerkatalogs des
hl. Hieronymus, die der gelehrte Jesuit für das Wiener
CSEL. übernommen hat. In mustergiltiger Weise behandelt
er die Überlieferung, die Entstehung und die
Zusätze des Katalogs, die Gruppierung der Haupthandschriften
und die bisherigen Drucke. Er konnte dabei
Vorarbeiten verwerten, die ihm von Hofrat Dr. Huemer
in Wien und Bibliotheksdirektor Dr. Fischer in Bamberg
zur Verfügung gestellt wurden. Die direkte Überlieferung
beruht auf 14 Haupthandschriften (S. 2—44)
und 162 Nebenhandschriften (S. 44—68), die indirekte
Überlieferung auf der griechischen Übersetzung
des Ps.-Sophronius, die aus dem weströmischen
Reiche stammt und auf lateinische Vorlagen von der Art
des cod. M. ( = Monacensis 6333 saec. X) und des
cod. L. (= Leidensis Vossianus 8° 69, saec. IX) zurückgeht
(S. 68—81), sowie auf Entlehnungen und Nachahmungen
bei andern christlichen Literarhistorikern,
Chronisten und Liturgikern und in Einzelviten in Bibelhandschriften
und in patristischen Handschriften (S.
81—91). Doch ist F., und zwar wohl mit Recht, der
Ansicht, daß diese mittelbare Überlieferung, von der

griechischen Übersetzung abgesehen, mit wenigen Ausnahmen
kaum brauchbaren Stoff für die Textkritik bieten
und darum den Apparat nur unnötigerweise belasten
würde (S. 90). Was die Entstehung des Katalogs anlangt
(S. 92—109), so erörtert F. zuerst die Titelfrage:
; Hieronymus benannte sein Werk von Anfang an ,de
inlustribus viris' oder ,de scriptoribus ecclesiasticis',
j nie ,Epitaphium'; diese Bezeichnung bezog sich
nur auf den Nachruf auf Nepotian. Sodann die Entstehung
und den Vertrieb der Urschrift: H. pflegte
seine Schriften Schnellschreibern (,notarii') zu diktieren,
die den Text in Kurzschrift, und zwar gewöhnlich mit
! einem Griffel (,stilus') auf Wachstafeln, aufnahmen und
ihn dann entweder selbst in gewöhnlicher Schrift auf
, Pergament übertrugen oder ihn zu diesem Zweck eigenen
Buchschreibern (,librarii') übergaben. Vervielfälti-
j gung und Vertrieb geschah entweder durch den Buch-
■ Handel oder durch den Verfasser selbst, der hierzu eine
I Anzahl von Schreibern in seinen Dienst nahm, um na-
j mentlich für seine Freunde und Bekannten Abschriften
bereitzustellen. Außerdem konnte jeder andere sich Abschriften
anfertigen lassen. Bei diesen Vorgängen konnten
sich natürlich leicht Fehler einschleichen, die bei
mangelhafter Nachprüfung unbemerkt blieben. Dies
trifft auch beim Schriftstellerkatalog zu. Zwar sagt H.
nirgends, daß er ihn diktiert habe, aber verschiedene
Anzeichen weisen darauf hin (S. 104 f.).

F. meint außerdem (S. 105f.), daß H. nach Auszügen diktiert
j habe, die er sich vorher aus der Kirchengeschichte des Eusebius gemacht
habe. Das ist wohl möglich. Er kann aber auch unmittelbar
nach Eusebius diktiert haben und vielleicht ist dies wahrscheinlicher.
F. schließt selber (S. 104) aus der Beibehaltung griechischer Ausdrücke
sowie aus den mannigfachen Fehlern und Mißverständnissen,
daß H. die aus Eusebius entnommenen Stücke nicht „mit eigener
Hand niedergeschrieben", sondern diktiert habe. Das scheint doch
auch gegen die Verwendung von Auszügen zu sprechen, bei deren
Anlegung H. hätte sorgfältiger verfahren und die griechischen Aus-
1 drücke gleich hätte übersetzen können. Auch die S. 106 erwähnten
1 Erscheinungen dürften sich so erklären. Zu S. 102 möchte ich be-
I merken, daß auch aus dem Briefwechsel Cyprians zu ersehen ist, daß
j dieser Abschriften seiner Briefe aufbewahrte und sich eine .Registratur
' anlegte.

Bezüglich der Zusätze zum Schriftstellerkatalog (S.
' 110—174) nimmt F. seine in der Ztschr. Biblica 1920,
S. 500 ff. im Anschluß an v. Gebhardt geäußerte Ansicht
, daß H. selbst nachträglich verschiedene Zusätze
oder Verbesserungen angebracht und mehrere Ausgaben
veranstaltet habe, jetzt zurück, da er inzwischen zur
Überzeugung gekommen ist, daß jene Zusätze und Änderungen
— mit Ausnahme des in der gesamten Über-
i lieferung stehenden Zusatzes ,oppidum Italiae' zu ,Con-
| cordiae' im Tertulliankapitel (c. 53) — sich teils mit
' Sicherheit, teils mit großer Wahrscheinlichkeit als fremde
Zutaten erweisen lassen. Bei den Zusätzen zum
Schlußkapitel gewinnt er zu den bisher bekannten drei
I Formen eine vierte aus dem cod. Bambergensis, die er
in einleuchtender Begründung auf einen römischen
| Freundeskreis des H. zurückführt. In dem Zusatzkapitel
zu Prudentius (c. 137) wird dieser als ,Calaguritanus'
bezeichnet, was mit einer Bemerkung des Dichters selbst
I übereinstimmt. ,Danach würde die übliche Ansicht, der
: Heimatsort des Prudentius sei Saragossa gewesen, fortan
aufzugeben sein' (S. 160). S. 175 ff.: Gruppierung
der Haupthandschriften. S. 192 ff.: Die Drucke. Von
dem scharfsinnigen und umsichtigen Gelehrten dürfen
j wir, wie bei seinem Anteil an der Hilariusausgabe,
einen allseits befriedigenden, abschließenden Text des
Schriftstellerkatalogs erwarten. Außer dem Werk des
H. will er auch den Schriftstellerkatalog des Gennadius
| in neuer Ausgabe vorlegen. Leider konnte er seine
1 Studien hierüber »unter dem Druck der immer noch auf
| dem Buchhandel lastenden wirtschaftlichen Notlage'
nicht mit der vorliegenden verbinden und muß sie nun
i zerstreut an andern Stellen veröffentlichen. Wie icli
nachträglich lese, ist P. Feder inzwischen leider gestorben
.

München. _Hugo Koch.