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Ausgabe:

1928 Nr. 14

Spalte:

317-318

Autor/Hrsg.:

Zwaan, J. de

Titel/Untertitel:

De openbaring van Johannes toegelicht en colometrisch vertaald 1928

Rezensent:

Windisch, Hans

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Seite 1

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Theologische Literaturzeitung 1928 Nr. 14.

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auch wenig zu der Art des H.schen Kommentars, die i auf verschiedene Zeiten: 69/70 (zu 11, 9f. weist er auf

durch besondere Sachlichkeit ausgezeichnet ist. Joseph. Bell. IV 5, 2, die unbegrabenen Leichen der

In textkritischen Fragen bringt das Buch eine meist Hohenpriester Jesus und Ananus), 79 (Titus, z. B.

ausgezeichnete Orientierung über die Bezeugung, be- 17, 10) und die Regierung Domitians. 13, 2 zielt auf

wahrt aber im allgemeinen, und sicherlich oft mit Vespasian, den Kaiser, der eine neue Dynastie gegründet

"■roßem Recht, eine konservative Haltung gegenüber und somit seinen Thron vom Drachen erhalten und den

dem alt überlieferten Text; die alte Erasmus-Konjektur Krieg gegen die „Heiligen" (= Juden) geführt hat.

(p&nvelTe statt trovtvere billigt H. freilich. Gerade darum Weiter findet der Verf. Anspielungen auf Nero und sein

hätte ich eine zusammenhängende Darstellung des Verhältnis zu den Parthern Endlich liefert er eine origi-

Maßes von Konjekturalkritik gewünscht, das der Verf. nelle Untersuchung zur Zahl des Tieres 13, 18. 616 ist

im lakobusbrief für angebracht hält. Aber die kluge und das ursprüngliche: der semitische Zahlwert, der in dieser
besonnene Art mit der der Verf. seine Entscheidungen I „semitischen" Schrift zugrunde zu legen ist, ist Titvs

fällt, hilft noch am ehesten über diesen Mangel hinweg. Piayiys Dmtinvs Avgvstvs, wie de Zw. errechnet hat,

Das Buch scheint mir gerade um dieser Art willen be- zugleich aber auch Qsr Nrv, was bedeutet, daß Domitian

deutsam; es wird seinen Weg machen und den Studenten der wiedergekehrte Nero ist. Daß 666 sekundär ist (es

dienen, indem es sie zu eigener wissenschaftlicher Ent- bedeutet therum und Nryn Qsr), ergibt sich auch daraus,

Scheidung erzieht; es wird auch sonst willkommen ge- daß es „Dreieckszahl ist.

heißen werden, wo man mit wissenschaftlichem Rüstzeug Nach einigen beherzigenswerten Worten über die

den Problemen des Jakobusbriefes nachzugehen wünscht. Aktualität der Apok. behandelt der Verf. dann noch

Möglich ist es, daß das Buch manchem zu wenig Zu- (etwas kurz) Form und Einteilung. Er beschränkt sich

sammenhängendes von der Frömmigkeit des Jakobus- darauf, nach einem glücklicherweise sehr elastischen
bricfes sagt; man muß sich in der Tat die Stellen, an j Schema die Strophen zu rekonstruieren, in die das Buch

denen der christliche Tvpus des |akobusbriefes ge- gesetzt ist; die Übersetzung zeigt darnach einen freien

würdigt wird, erst zusammensuchen. Wer aber den Wechsel von 4-, 2- und 3-zeiligen Strophen.
H.schen Kommentar dauernd benutzt, dein wird auch das Leiden. H. Windisch.

Bild dieser Frömmigkeit lebendig werden

Beigegeben ist ein Abdruck des Textes, der das Sie- Fischer, Hermann: Die heilige Hildegard von Bingen, die

verssche Prinzip der Klanganalyse auf den Jakobusbrief : erste deutsche Nahtrfoncherin und Ärztin. Ihr Leben u. Werk,

anwendet. Es ist nicht meine Aufgabe, dieses Prinzip | München: Verlag d. Münchner Drucke 1927. (182 S. m. e. Titelb.)

hier ZU behandeln; daß es in einem Kommentarwerk ■ gr. 8°. = Münchener Beitr. z. Gesch. u. Literatur d. Naturwissensch,

dieser Art einmal vorgeführt wird, kann um der Klärung j u. Medizin, H. 7,s. RM s- -; geb. in-,

der Urteile willen nur begrüßt werden. Die Arbeit stellt die naturwissenschaftliche Erkennt-

Heidelberg. Martin Dibelius. j nis der berühmten mittelalterlichen Ärztin zusammenfassend
dar. Die Benediktinerin Hildegard v. Bingen,

de Zwaan, J.: De openbaring van Johannes toegelicht en j geb. 1098, gest. 1179, begann erst im Alter von 43

colometrisch vertaald. Haarlcm: F. Bonn 1925. (VIII, 120 S.) Jahren ihre literarische Tätigkeit, erwarb sich aber in

8- 2 Fl. 50c. | kurzer Zeit das größte Ansehen bei Kaisern (Kon-

Dies Buch befaßt ebenso wie die 1927 Nr. 21 an- r ad III. und Friedrich Barbarossa) und Kir-

gezeigte Schrift über den Epheserbrief einleitende Be- j chenfürsten wie beim Volk. Fischer schildert sie als

trachtungen über das geschichtliche Milieu und die I energische Persönlichkeit, die kein Blatt vor den Mund

rhythmische Form des Bibelbuchs und darnach eine nimmt, wenn es gilt, Unrecht zu bekämpfen, als ein

kolometrische Übersetzung. Wesen, das auch im Kloster das Schöne und die Kunst

de Zw. will die Offb. vor allem als ein Missi- i pflegt und die Forderungen der Hygiene über die As-

onsbuch und als eine polemische Schrift begreif- : kese stellt.

lieh machen. Der Seher bekämpft die Astrologie, den j Obwohl Hildegard nicht lateinisch konnte, war sie

Mithras- und Saoshyantglauben, den Fatalismus und i doch im Kloster auf dem Wege mündlicher Tradition

andere Erscheinungen der damaligen orientalischen (S. 49) mit dem ärztlichen Wissen der Antike, insbes.

Weltanschauung, indem er ihre Motive als Bildsprache Galens, bekannt geworden (S. 11 und 40); außerdem

übernimmt und die Überlegenheit seines Christus über entnahm sie auch vieles der volkstümlichen Heilkunde,

die also christianisierten Mächte des Heidentums er- I Ihr regsamer Geist verarbeitete das Übernommene in

weist. Daß der Orientalismus in vielen Bildern den 1 origineller Weise, sie vergaß, wieviel sie andern ver-

Hintergrund der Apokalypse bildet, wird hier trefflich dankte und führte ihr ganzes Wissen auf gottgewirkte

veranschaulicht. Aber apologetische und polemische Ab- , Visionen zurück (S. 12, 16).

sichten treten doch sehr wenig heraus, und an nichts ! Ihre Methode ist demgemäß nicht sowohl die des
denkt der Apokalyptiker weniger als daran, daß un- Experiments als die der Intuition. Was sie auf diese
gläubige Leser sein Buch in die Hände bekommen und Weise zu erkennen meint, hält sie für absolut sichere
dadurch bekehrt werden könnten. Wenn von Bekehrung ; Wahrheit. Und tatsächlich erfaßte sie manche Natur-
die Rede ist (3,9; 11,13; 14, 6f.), dann hat sein Buch i gestalten, -Vorgänge und -gesetze durchaus richtig. Sie
keinen Einfluß darauf. Durchgehend ist seine Meinung, | gibt eine brauchbare Erklärung der Entstehung der Mi-
daß Gemeinde und Welt in sich gefestigte Größen sind, > neralien, verrät gründliche zoologische Kenntnisse, spez.
und daß keine Mission mehr möglich ist 22,11. Das ! bezüglich der Fische; sie kennt nahezu sämtliche Fisch-
Buch ist nur für die Gemeinde bestimmt und die arten ihrer Heimat, und „was sie über die Lebensweise
Zeit ist kürz. der Fische berichtet, stimmt meist auffallend gut mit den
Liegt in der Übernahme astrologischer und par- Ergebnissen der modernen Forschung überein". Auch
sistischer Ideen die östliche Orientierung der Apok. be- ; mit der Biologie der Vögel zeigt sie sich wohl vertraut
schlössen, die Orientierung nach dem Westen symboli- (S. 94). Ihre' Äußerungen über das Seelenleben der
siert sich in der Zeichnung des Kaiserreichs und in den Tiere sind teilweise (z. B. was den Hund betrifft) vor-
Hindeutungen auf römische Kaiser. Als de Zw. I trefflich (S. 96 und 109).

sein Büchlein schrieb, war Lohmeyers genialer Kommen- Freilich verleugnet Hildegard in ihren Ansichten nie

tar noch nicht erschienen; so fehlt jede direkte Verteidi- i den Geist ihrer Zeit: ihr Weltbild ist durchaus mittel-

gung der auch von ihm angenommenen zeitgeschicht- 1 alterlich. Neben manchen richtigen Erkenntnissen findet

liehen Auslegung der Kap. 13 und 17. Ich bin über- ] sich bei ihr eine Menge irrtümlicher Annahmen. So

zeugt, daß Lohmeyers Hauptthese in dieser Einseitig- j meint sie z. B., daß die Sterne ihr Licht vom Mond er-

keit nicht zu halten ist, heiße daher de Zw.'s Beiträge halten (S. 41). Den Mond hält sie für zusammengesetzt

zur Lösung der Rätsel willkommen. Er findet Hinweise l aus Feuer und dünner Luft (S. 19); ihm und seinem