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Ausgabe:

1928

Spalte:

241-250

Autor/Hrsg.:

Peterson, Erik

Titel/Untertitel:

Jesus bei den Manichäern 1928

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emtl Schürer und Adolf von Harnack
Herausgegeben von Professor D. ElTianuel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lletzmann, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermln

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. — Bezugspreis: halbjährlich RM 22.50 — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

-, , . ». ,, Manuskripte und gelehrte Mittellungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göttingen, *pt Mai 107Ä

Oö. Jahrg. INr. It. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare ausschließlich an den Verlag. £U. /Hai lyLO.

Spalte

Jesus bei den Manichäern. Von E. Petersen.............241

V Bousset: Die Religion des Judentums im späthellenistischen Zeitalter
(Bultmann)...........................250

V Feine: Der Apostel Paulus (Benin).................254

y B1 u d a u : Die Pilgerreise der Aetheria (Koch)............262

Jesus bei den Manichäern.

Von

Erik Peter so n - Bonn.

Unter den zahlreichen von Sir Aurel Stein aus Tun-
huang mitgebrachten, und im Britischen Museum aufbewahrten
, chinesischen Handschriften befinden sich
auch zwei manichäische Rollen. Die eine stellt den
Anfang zu einem von Chavannes-Pelliot im Journal
asiat. 1913 I S. 105—116 übersetzten Fragment dar und
ermöglicht uns Titel und Entstehungszeit dieser Schrift
zu bestimmen. Es ist ein auf kaiserlichen Befehl im
Jahr 731 übersetztes „Kompendium der Religion des
Licht-Buddha Mani" (s. Pelliot in Journ. Roy. As. Soc.
1925 S. 113). Die zweite Rolle mißt in ihrem mani-
chäischen Teil 7,5 m und trägt die Unterschrift „Zweite
Abteilung. Hymnen. Erstes Kapitel" s. Waldschmidt-
Lentz S. 5 (Abkürzung W. L.) Abkürzung der Rolle:
H.). Nach dem Kolophon hat der Übersetzer aus den
3000 Abschnitten des Pähläwi-Originals über zwanzig

Lehren mit den zugehörigen Hymnen gegeben. „Zum I sonst Hibil-Ziwa zum Kampf auszieht (Ginza S. 143, 5

die beiden Könige aus der iranischen Urgeschichte,
die in der Königsliste im Königsbuch des Ginza
(S. 411, 11 f. Lidzb.) ebenfalls aufeinander folgen,
was wohl zu beachten ist, da in vielen Königslisten
(z. B. Dädistän-i-Dinük XXVII 35, auch bei
Albliünl) Minoscir auf Fredün zu folgen pflegt. Wir
werden daher wahrscheinlich unter Jäköb den mit dem
iranischen König Fasm Nareman ( = Kursäspa) identifizierten
Patriarchen Jakob zu verstehen haben.2 Es
scheint mir noch nachweisbar zu sein, daß es neben einer
synchronistischen Nebeneinanderstellung von
Gestalten der iranischen und der israelitischen Urgeschichte
, auch eine Identifizierung derselben gegeben
hat. So wird z. B. bei Ps. Abu Zeid a. a. O. Bd.
III S. 147 z.B. berichtet, manche Mazdagläubige seien
der Meinung, daß Feridun mit Abraham identisch sei,
da ihre Geburtsgeschichten sich ähnelten.3 Im Mirkhond
S.151 (Übers. Shea) heißt es dagegen, viele Juden identifizierten
den Feridun mit Nimrod, und das scheint mir auch
eine im Manichäismus denkbare4 Identifizierung zu sein,
da die manichäischen Engel nach den Turfantexten
starke Helden gewesen sind.5 Ich glaube, es ist auch
noch möglich, zu erkennen, warum man gerade Jakob
mit Kursäspa (= Fasm Nareman) identifiziert hat. Wie
Jakob nach Gen. 32 mit dem Engel gerungen hat, so hat
auch der „männlich gesinnte" Kursäspa mit Dämonen
gerungen (Yast XIX 40. 41. 43 Denkart IX). Nach dem
Königsbuch im Ginza aber hat Fasm Nareman den
Dämon Karkum gefesselt (S. 411, 12 f.), gegen den

vollständigen Erfassen des Gesetzes muß man alle j 156, 38).G Wenn sich die hier vorgetragenen VerSchriften
durchnehmen und sich zu einem Lehrer des
Lichts in die Lehre begeben" (W. L. S. 7). Diese Angaben
zeigen, wie umfangreich die manichäische Tur-
fanliteratur gewesen ist. W. L. vermuten, daß die Übersetzung
um die Wende des 8/9 Jahrhunderts entstanden
ist (S. 8), während die mittelpersische Vorlage von
H. in den Zeitraum zwischen 762 und 832 fallen soll
(S. 9). Bei der Datierungsfrage spielt nun die Person
des „Kirchenfürsten" Jäköb nach W. L. (S. 8) eine
Rolle. Auf Grund der bisherigen Veröffentlichungen
kann ich aber das Recht zu der Bezeichnung „Kirchenfürst
" noch nicht erkennen. Jäköb wird in M. 4
„Frestäg" genannt, d. h. sowohl Engel wie Apostel; es
ist dasselbe Wort, das nach Ps. Abu-Zeid Ahmed ben
Sahl, Livre de la creation trad. Huart I S. 159 und IV
S. 29 in der Mazdakitischen Sekte der Khurramija als
Bezeichnung für ihre Wanderredner (vergl. ayye'Xos in
der Apoc. Johs.) üblich war. Wenn nun Jäköb in M. 4
und H. als „Anführer der Apostel" bezeichnet wird, so
könnte es naheliegen, in ihm den Herrenbruder Jakobus
zu sehen. Aber diese Hypothese wird unwahrscheinlich,
wenn in M. 4 (F. W. R. Müller Handschriftenreste in
Estrangeloschrift II S. 59) Fredün der König und Jäköb
Nareman nebeneinanderstehen. Das sind doch wohl

mutungen bestätigen sollten, würden sie die von
mir in der Zeitschr. f. Neutest. Wissensch. 1928
Heft 1 vorgetragene Annahme verstärken, daß der

1) Waldschmidt, Dr. Ernst, u. Dr. Wolfgang Lentz: Die
Stellung Jesu im Manichäismus. (Aus d. Abhandlgen. d. Preuss.
Akad. d. Wiss. Jahrg. 1926. Phil.-Hist. Klasse Nr. 4.) Mit 4 Tafeln.
Berlin: W. de Oruyter 8t Co. in Komm. 1926. (131 S.) 4°. RM 27-.

241 242

2) Nareman als konventionelles Epitheton zu fassen im Sinne
des Avesta-Oebrauches naire-manas = männlich gesinnt, vergl. Yasna
IX 11, scheint mir nicht angängig. In Yasna IX 11 wird dieses
Epitheton nur dem Kursäspa gegeben. Auch Salemann hat in seinem
Glossar, Manichäische Studien IS. 201 (= Memoires Acad. St.
Petersbourg 8. ser. 8 1911) das Wort Naremann als Eigennamen
gefaßt. Nachträglich sehe ich, daß auch Cumont, Cosmogonie mani-
cheenne S. 4 Anm. 1 den Nariman des Turfantextes mit dem iranischen
König identifiziert hat.

3) Wie Feridun bei seiner Geburt vor den Nachstellungen
Dahhak's verborgen gehalten wird, so auch nach der jüdischen Sage
Abraham (s. B. Beer, Leben Abrahams Leipz. 1859 S. 3). — Die von
A. Goetze, Die Schatzhöhle (Sitzungsber. Heidelb. Akademie 1922)
S. 60 vorgetragene Annahme, daß Feridun mit dem Maniton-Joniton der
Sethianischen Quellenschrift der Schatzhöhle identisch sei, ist von ihm
nicht bewiesen worden. Über die Identifizierung von Abraham mit
Zarchust siehe J. Am. Or. S. Bd. 28, 1 (1907) S. 187.

4) Der bei okzidentalischen Autoren nachweisbare Ersatz des
manichäischen Dämons Nabroel oder Namrael durch Nimrod, s. Cumont
, Recherches sur le manicheisme I 74 ist sekundär und zudem
sinnlos, da ein weiblicher Dämon durch einen männlichen ersetzt
worden ist. Bezeichnender Weise tritt daher in der Abschwörungs-
formel ein weiblicher Nimrod (Nißpuid) auf.

5) Zu beachten ist, daß Feridun in der Oberlieferung als
Prophet gegolten hat, s. Livre de la creation III S. 8.

6) Die Folgerungen für die mandäische Literatur werde ich an
anderer Stelle erörtern.