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Ausgabe:

1927 Nr. 7

Spalte:

158-159

Autor/Hrsg.:

Hoeber, Karl (Hrsg.)

Titel/Untertitel:

Die Rückkehr aus dem Exil. Dokumente der Beurteilung des deutschen Katholizismus der Gegenwart 1927

Rezensent:

Schmidt, Kurt Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 7.

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versichert, keinerlei Vollständigkeit anzustreben, erwähnt
er doch nicht nur alle wirklich bedeutenden Männer
dieser Epoche der deutschen Literaturgeschichte, sondern
nennt auch minder wichtige Geister mit großer Gewissenhaftigkeit
. Ja selbst solche Schriftsteller, bei denen
sich keine einschlägigen Äußerungen finden, werden
erwähnt — nur um das Bild zu vervollständigen (vgl.z.B.
I, 21; 133; usw.). Die Form der Darstellung ist fast
rein referierend. M. hält nicht nur mit eigner Stellungnahme
zu Einzelheiten ganz zurück, sondern verzichtet
auch auf jede inhaltliche Gruppierung des Stoffes und
auf jedes Herausarbeiten durchgehender Linien. Als einziger
sachlicher Periodisierungsversuch wäre der Schlußabsatz
des I. Teils zu erwähnen (I, 161 f.). M. weist hier
ganz kurz darauf hin, daß sich die „Reisebriefe des Fürsten
Pückler-Muskau (1830) und Heines „Englische
Fragmente" (1831) von den meisten angeführten Dokumenten
der früheren Zeit dadurch unterscheiden, daß sie
anstatt subjektiver Impressionen, objektiv wertvolle, auf
umfangreicher Sachkenntnis beruhende Schilderungen der
englischen Verhältnisse bieten. — So kommt es, daß auf
das Ganze gesehen, völlig belanglose Reiseeindrücke,
wertvolle Schilderungen, törichte Bemerkungen und gehaltvolle
Meditationen im bunten Wirbel am Auge des
Lesers vorbeigeführt werden. Denn Alles was der Fleiß
des Forschers entdeckte, ist mit größter Gewissenhaftigkeit
vermerkt, und es bleibt dem Leser überlassen,
aus dem dargebotenen Stoff die Folgerungen zu ziehen
und an ihm die Beobachtungen zu machen, die ihm
wichtig scheinen.

Die Frucht der auf diese Arbeit verwendeten Gelehrsamkeit
ist nicht gering. Das dargebotene Material
wird zu einem Spiegel, in dem der Eindruck des englischen
Nationalcharakters auf die deutsche Kultur recht
markant zur Erscheinung kommt. Und man ist überrascht
, wie eigentlich sämtliche typischen Urteile über
englisches Volks- und Staatswesen, die während und
nach dem Weltkrieg die öffentliche Meinung Deutschlands
beherrscht haben, in z. T. modernsten Formulierungen
schon im 17. und 18. Jh. anzutreffen sind. —
Übrigens ist es recht interessant, an dem dargebotenen
Material zu beobachten, wie die Hochschätzung der
wirtschaftl.-polit. Qualifikationen des Angelsaehsentums
allenthalben stark in Vordergrund steht, während ein
Lob der künstlerisch wissenschaftlichen Kultur Englands
nur selten vernommen wird. Im Allgemeinen tritt uns ein
so selbstbewußter Stolz auf die universale Kraft der
deutschen Kultur entgegen, daß manches voreilige enthusiastische
Lob der Engländer, das man heute gerade in
gebildeten Kreisen so oft hören kann, von ihm wirksam
korrigiert werden könnte.

Göttingen. Helmuth Kittel.

Newman, John Henry Kardinal: Ausgewählte Werke. 5. Bd.:

Predigten der anglikanischen Zeit. [Deutsche Übertragung aus d.

Engl, von M. Ignatia Breme, O. S. U. 1—3.Tsd. Mainz:

Matthias-Griinewald-Verl.; Auslieferung: H. Rauch, Wiesbaden 1925.

(XXIV, 416 S. m. e. Bildnis.) 8°. geb. Rm. 10—,

35 Predigten Newmans, zum größten Teil (19) aus
den Sermons bearing on subjects of the day (neue
Ausgabe London 1918), zum Teil (3) aus den Fifteen Sermons
preached before the University of Oxford (neue
Ausgabe London 1918), die übrigen aus den Parochial
and piain sermons (neue Ausgabe London 1916—1920)
entnommen — zum erstenmal im Druck erschienen in
den Jahren 1836—1843 — werden hier mit einer Einleitung
von P. Francis Bacchus, Mitglied des Oratoriums
in Birmingham, und mit einigen Anmerkungen (teils
des Verfassers, teils des Herausgebers), die den katho-
hschen Standpunkt anmelden, in deutscher Übersetzung
geboten. Ein Bild des jungen Newman nach einer Miniatur
von Sir W. C. Ross schmückt den prächtigen Band,
dessen schöner Druck besonders hervorgehoben werden
muß. Die Übersetzung ist besser als diejenige von Loss
and gain (vgl. Th. L. Z. 50. Jhrg., Nr. 17, Sp. 400 f.),
bleibt aber für den Theologen immer noch schwerer
lesbar als das Original, weil der Übersetzerin zwar

deutsche Wörter aber nicht die dem Theologen geläufigen
theologischen Stichwörter zur Verfügung stehen.
Am Inhalt erkennt man, wie wenig evangelisch Newman
in seiner anglikanischen Zeit war. Er führte den Verfall
der damaligen anglikanischen Kirche auf die Vorherrschaft
der protestantischen Elemente in ihr zurück
und erwartete die Erneuerung vom Ausbau der in jener
Kirche vorhandenen katholischen Elemente. Ihn selbst
führte das aber nicht auf die Höhe des Anglikanismus,
sondern nach Rom; der anglikanischen Kirche freilich
gab es neuen Schwung. Aber man darf fragen: wenn
Newman die Rechtfertigung aus dem Glauben verstanden
hätte (gerade sie mißkennt er in echt katholischer Weise
schon als Anglikaner), hätte nicht solches der anglikanischen
Kirche ebenso neuen Schwung, und zwar
kongenialeren, zu geben vermocht? und wären von da
aus die katholischen Elemente nicht ungleich zukunftsmächtiger
, scheidungskräftiger und dem Evangelium gemäßer
dirigiert worden? Heute leidet die anglikanische
Kirche gerade an dieser Stelle unter einer Direktions-
losigkeit, die ihr viel Kraft kostet. Es ist die immer blutende
Wunde, die ihr Newmans freilich barmherzige
Hand geschlagen hat; damals brachte sie Erleichterung,
heute schon Fieber.

Diese deutsche Ausgabe kann man empfehlen a) für erbauliche
Zwecke, b) für das homiletische Seminar zur Gewinnung eines Überblicks
über die Stellung Newmans in der Geschichte der Predigt,
c) für die Newmanforschung zu einer ersten raschen Orientierung. —
Beispiele für die Art der Übersetzung: S. 254 läßt die Übersetzerin
Newman sagen: „Er (sc. Paulus) spricht oft von der Wiederbelebung
des ,GIaubensgeistes' (2. Kor. 4,13) oder von der Gemütsverfassung,
deren Wesen der Glaube ist". Im Englischen (Nr. 3 der Fifteen sermons
preached b. the Univ. of Oxford ed. London 1918) heißt es:
„Er spricht auch von dem Empfang des .Geistes des Glaubens'
oder von usw.". S. 271 Übersetzerin: „Das Böse ist bloß ein Heilmittel
, und zwar ein vorübergehendes"; engl. Text: „Das Übel ist
bloß ein Heilmittel und temporär". S. 52 Übersetzerin: „Daß kein
Grad der Sünde, wie groß er auch sei, (ausgenommen ist natürlich die
unverzeihliche Sünde gegen den Heiligen Geist, die nicht zu unserer
Betrachtung gehört; wir sprechen von Sünden, die bereut werden) die
Erwerbung der Heiligkeit bis zum höchsten Grade ausschließt. Der
Sünder mag noch so tief gefallen sein, er kann durch Gottes Gnade
ein Heiliger werden. Der Mensch kann zu hoher Heiligkeit gelangen,
ob er vorher ein Sünder war oder nicht"; engl. Text: Daß kein Grad
der Sünde, mag er noch so extrem sein (außer er reichte in der
Tat bis zur unvergeblichen Sünde, der Sünde wider den Heiligen
Geist, die natürlich nicht hierher gehört — aber kein Grad der
Sünde, welche bereut werden kann) von vornherein ausschließe die
Erreichung irgendeines Grades von Heiligkeit, mag er so hoch sein
als er wolle. Kein Sünder so groß, daß er nicht durch Gottes
Gnade ein noch so großer Heiliger werden kann. Große Heilige
können solche werden, sei es sie waren vorher oder sie waren nicht
Sünder".

Berlin.___ Leonhard Fendt.

Die Rückkehr aus dem Exil. Dokumente der Beurteilung d.
deutschen Katholizismus d. Gegenwart. Hrsg. v. Karl Hoeber.
Düsseldorf: L. Schwann 1926. (194 S.) gr. 8°. = Veröffentlichung
d. Verbandes d. Vereine kathol. Akademiker. geb. Rm. 8—.
Dr. phil. Peter Wust veröffentlichte 1924 in der
Kölnischen Volkszeitung einen Aufsatz mit dem Titel
„Die Rückkehr der Katholiken aus dem Exil". Er
glaubt, daß die Katholiken Deutschlands sich bis vor
kurzem im Ghetto befunden haben, daß aber die jetzige
Gestaltung der Verhältnisse auf philosophischem, literarischem
und politischem Gebiet, kurz in dem Gesamturnfang
der Kultur sie auf die Höhe führe, daß also die
bisherige wesentlich protestantisch bestimmte Kulturaera
durch eine katholische werde abgelöst werden. Der Aufsatz
hat im katholischen In- und Auslande ein lebhaftes,
teils begeistert zustimmendes, teils Bedenken äußerndes
Echo gefunden. Die wichtigsten dieser Äußerungen sowie
die Antwort von Wust, die wieder in der Kölnischen
Volkszeitung erschienen ist (1925), hat Karl Hoeber
hier zusammengestellt. So kommen zu Wort: Erich
Przywara S. J., Friedrich Muckermann S. J., Jakob
Kneip, Hermann Platz, Hans Grundei, Philipp Funk,
Joseph Eberle, Richard von Kralik, Heinrich Getzeny'
Franz Wilhelm Vernekohl, Otto Steinbrink, Karl Hilgenreiner
, Willy Hellpach, ein Pseudonym und ein Anonym