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Ausgabe: | 1927 Nr. 5 |
Spalte: | 111-112 |
Autor/Hrsg.: | Müller, Günther (Hrsg.) |
Titel/Untertitel: | Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görresgesellschaft. Bd. I 1927 |
Rezensent: | Peterson, Erik |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 5.
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Karmeliterprovinz in der Dresdener Landesbibliothek erhalten hätte,
wären wohl manche Jahre seines Wirkens überhaupt nie aufzuhellen
. Und was sonst genauer bekannt ist, wie der Streit um
den Altar in der St. Salvatorische in Nürnberg — er ist heute im
Besitze der oberen Pfarrei zu Bamberg — betraf doch nur Peripherisches
. Darin liegt wohl auch begründet, warum bis jetzt die katholische
Forschung ganz im Gegensatz zu ihrem sonstigen Bemühen
diesem einem ihrer treuesten Söhne in schwerster Zeit kein literarisches
Denkmal gesetzt hat. Schaffer sucht dies Versäumnis gut
zu machen. Er tuts nicht nur mit emsigem Fleiß, noch viel mehr
mit warmer innerer Anteilnahme. Aber dabei ist er einer Gefahr
nicht entgangen. Er scheint mir doch die Bedeutung des Karmeliterpriors
überschätzt zu haben. Das Lückenhafte des Quellenmaterials
nötigte an und für sich schon zu manchen Schlüssen; aber die
Grenze zwischen wahrscheinlich und wirklich hat er nicht immer festzuhalten
gewußt. Bei den ersten Epochen im Leben des Andreas Stoß
mag das weniger bedeuten; denn von einem Hervortreten desselben
verlautet in dieser Zeit noch wenig. Auch seine Wirksamkeit im
Nürnberger Karmeliterkloster und seine Teilnahme am Nürnberger
Religionsgespräch scheint mir recht gewürdigt worden zu sein.
Die Quellen boten doch soviel Anhaltspunkte, daß sich einigermaßen
sichere Schlüsse ziehen lassen. Ich kann nur bedauern, daß das
Studium der Nürnberger Ratsverlässe und so mancher Nürnberger
Chronik besonders aus altgläubiger Feder unterblieben ist. Aber bei
der Schilderung seines Wirkens in Bamberg tritt die oben hervorgehobene
Überschätzung deutlich zu Tage. Es kann keinesfalls als
bewiesen gelten, daß er der einflußreichste Ratgeber des Bischofs
Weigand von Redwitz gewesen wäre, der diesen allein zum Standhalten
am alten Glauben bestimmt hätte; noch viel weniger kann
man sich den Satz zu eigen machen, daß er der eigentliche Retter
des Katholizismus in der Diözese Bamberg gewesen wäre. Die 3 Tatsachen
, die als Beweis dafür angeführt werden, seine Aufnahme
unter die Zahl der Konfutatoren 1530, seine Abordnung an das
Konzil zu Trient 1537, seine Antwort auf die Leipziger Artikel 1539
können dafür nicht viel austragen. Über seine Tätigkeit in Augsburg
ist sehr wenig, eigentlich gar nichts bekannt; und die beiden andern
Punkte reden nur „von einem hochgebildeten, durch Klugheit ausgezeichneten
Manne", über das Verhältnis zum Bischof erfahren wir
daraus nichts. Man kann wohl bei dem Verfasser Entdeckerfreuden
nachfühlen, aber sie zu teilen ist annoch unmöglich. Dabei soll nicht
verkannt werden, daß es gelungen ist, eine bisher im Dunkeln
liegende Epoche jener Zeit genugsam aufzuhellen. Die Schicksale der
einzelnen Karmeliterklöster liegen nun offen zu Tage und man erkennt
, welche ungeheure Arbeit von wenigen Männern geleistet
wurde, die sich bemühten, für ihre Kirche noch zu retten, was zu
retten war. Schon das, was Andreas Stoß auf diesem Gebiete alles
getan hat, verdient ihm den Dank seiner Kirche für alle Zeiten. —
Auf S. 8 wird von 5 Stiefgeschwistern geredet; das scheint sich
nach den neuesten Forschungen nicht mehr halten zu lassen. Veit
Stoß heiratete 1497 zum zweitenmale und zwar Christine, die
Tochter des Losungschreibers Johann Reinolt. Aus dieser Ehe entsprossen
aber nur 2 Kinder: Willibald und Margareta. S. Jahresbericht
des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg über das
48. Vereinsjahr Nürnberg 1926 S. 22.
Roth. K. Schornbaum.
Literaturwissenschaftliches Jahrbuch der Görresgesellschaft. In
Verbindung mit Jos. Nadler u. Leo Wiese hrsg. von Günther
Müller. Bd. I. Freiburg: Herder & Co. 1926. (161 S.) 8°. Rm. 6—.
Die Görresgesellschaft hat ihren bestehenden Sektionen eine
literaturwissenschaftliche angegliedert. Der Leiter dieser Sektion,
Günther Müller in Freiburg in der Schweiz, ist zugleich der Herausgeber
des neuen Literaturwissenschaftlichen Jahrbuches. Der Inhalt
des Jahrbuches besteht aus folgenden Artikeln. Zuerst ein — reichlich
blasser — Vorspruch aus Görres' Wachstum der Historie, dann
Wiedergabe eines Fragments aus einem Florilegium Talmudicum des
13. Jahrhdts. nach zwei Pergamentblättern der Breslauer Staats- und
Universitätsbibliothek, drittens ein interessanter Aufsatz über italienische
und spanische Renaissance von Helmuth Hatzfeld, bei dem
man nur die Frage nicht los wird, ob es einen Sinn hat, von einer
spanischen Renaissance zu reden. Hier liegt doch wohl eine
unstatthafte Verallgemeinerung vor, die mit Bezug auf den Begriff
des Barock in dem nachfolgenden Artikel von W. Schulte über
Renaissance und Barock in der deutschen Dichtung — wie mir
scheint, mit Recht — abgelehnt wird. Der Aufsatz von Schulte ist
eine Auseinandersetzung mit Cysarz' Theorien über die deutsche
Barockdichtung. Der Verfasser will den Begriff des Barock im
wesentlichen auf den Bezirk der südlichen und katholischen Geistigkeit
beschränkt wissen, wogegen das übrige Deutschland nur als
Nebenform des eigentlichen Barock gelten könne und statt dessen als
Proto-Renaissance bezeichnet werden müsse. Der letztere Ausdruck
scheint mir sehr unglücklich zu sein, die Rede von der südlichen
und katholischen Geistigkeit müßte vielleicht mehr differenziert werden
. Gehört Schlesien zu Süddeutschland? Und ist das Problem
des Verhältnisses von lutherischer und katholischer Geistigkeit im
17. Jahrhundert zu einander durch das Bild von der Mainlinie der
deutschen Literatur wirklich ausreichend umschrieben? Wir wissen
aus den ausgezeichneten Forschungen des verstorbenen Althaus, wie
grade auf dem Gebiet der Erbauungsliteratur ein gegenseitiger Austausch
zwischen den Konfessionen stattgefunden hat, sollte nicht da
auch in der Dichtung der wechselseitige Anteil der beiden Konfessionen
am Barock differenzierter sein, als es Schulte wahr haben will?
Nirgends wird einem so deutlich, wie grade an den Ausführungen
von Hatzfeld und Schulte, daß eine gründliche Behandlung von literaturgeschichtlichen
Fragen ohne eingehende theologische Kenntnis
nicht möglich ist. Aufgabe künftiger Forschung scheint es mir zu
sein, über rein ästhetische, psychologische, geographische usw. Gesichtspunkte
hinaus die Literaturgeschichte aus dem Verschwommenen
der sogen, geisteswissenschaftl. Betrachtungsweise zum Zentrum der
theologischen Fragen hinzuführen. Hier hat die eigentliche Arbeit
noch kaum eingesetzt. — Von den folgenden Aufsätzen ist Dahmen's
Aufsatz über die Einwirkung von G. H. Schubert auf E. Th. Hoffmann
auch für den Kirchengeschichtler von Interesse. Aufsätze von
Hanisch (Das Bräutigam-Motiv in Lermontow's Dämon) und G.
Müller (Bemerkungen zu Roselieb's Beatrix-Legende) beschließen das
wertvolle Buch, dem noch Beiträge zur Bibliographie der Renaissance-
und Barockliteratur angehängt sind (von P. Leutfrid Signer O. M. Cap.)
Bonn a. Rh. Erik Peterson.
Beyerhaus, Gisbert: Ein Mitarbeiter an Janssens Geschichte
des deutschen Volkes. (Sonderdruck aus „Historische Zeitschrift",
Jahrg. 1925, Heft 3.) [München: R. Oldenbourg] (7 S.) 8°.
Auf Grund von Janssens Briefwechsel (1920) und seiner Ergänzung
im Hochland (1919) entrückt Beyerhaus den bestimmenden
Anteil, den Onno Klopp, ein scharfer Vertreter des politischen Katholizismus
, an Janssens Geschichte des deutschen Volkes genommen hat,
allen Zweifeln. Der Nachweis, der in diesem feinsinnigen geistesgeschichtlichen
Essay geführt wird, ist umso wertvoller, als Pastor
in seiner bekannten Janssenbiographie den Tatbestand nicht offen
dargelegt hatte. Der von Beyerhaus beschrittene Weg führt zu einer
tieferen ideengeschichtlichen und zugleich politischen Würdigung des
Janssenschen Werkes.
Köln. J. Hashagen.
Schullerus, Adolf: Luthers Sprache in Siebenbürgen.
Forschungen zur siebenbürgischen Geistes- und Sprachgeschichte im
Zeitalter der Reformation. 1. Hälfte. Hermannstadt: W. Krafft
i. Komm. 1923. (296 S.) gr. 8°. Rm. 3—.
Im Jahrgang 1924 dieser Zeitung (Sp. 221 f.) ist
gelegentlich bemerkt worden, daß zu den beneidenswerten
Eigentümlichkeiten der siebenbürgisch-sächsi-
schen Volkskirche u. a. auch das gehöre, daß dort
nach alter (erst seit 1897 durchlöcherter) Ordnung die
Pfarrer durch den Schuldienst an Mittelschulen und
Gymnasien hindurchgehen und im Zusammenhange damit
mindestens vier Jahre studieren müssen. Das hier
anzuzeigende Buch hat mich daran erinnert. Freilich ist's
nicht nur dadurch bedingt, daß in der kleinen
siebenbürgisch-sächsischen Kirche, wie vor ein bis zwei
Menschenaltern neben Bischof Georg Daniel
Teutsch (f 1893) ein Friedrich Müller, sein
Nachfolger (bis 1906, f 1915), ein Fr. W. Schuster
(Stadtpfarrer in Broos, f 1906) u. a., so auch gegenwärtig
neben dem Bischof Friedrich Teutsch
(vgl. Jahrg. 1924, Sp. 217 ff.) verhältnismäßig viele
andre Geistliche an der wissenschaftlichen
Forschung teilzunehmen vermögen. Aber, wie der
Bistritzer Stadtpfarrer Dr. Hugo K i s c h , der z. B. im
„Korrespondenzblatt des Vereins für siebenbürgische
Landeskunde" (1925, Nr. 1) über „Magyarische Elemente
im Krimgotischen" schreiben konnte, dazu ohne
seine germanistischen Universitätsstudien nicht imstande
gewesen wäre, so verrät auch dies Buch des Herausgebers
des Korrespondenzblattes, des Hermannstädter
Stadtpfarrers D. Dr. Schullerus, eine bis auf seine
Universitätszeit zurückgehende über das theologische
Fachstudium hinausgreifende Bildung. — Das Buch, ein
Sonderabdruck aus dem Archiv des Vereins für siebenbürgische
Landeskunde (Bd. 41, Heft 1), ist der theologischen
Fakultät Leipzig gewidmet als Zeichen des
Dankes für die dem Verfasser verliehene theologische
Doktor-Würde; und nicht häufig ist ein Buch mit ebenso
begründeter Widmung in gleich hohem Grade ein