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Ausgabe: | 1927 |
Spalte: | 87-88 |
Titel/Untertitel: | Luther. Vierteljahresschrift der Luthergesellschaft. 1926, H. 1 u. 2 1927 |
Rezensent: | Heckel, Theodor |
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ein unvollständiger Satz, u. a. m. Als vorläufige Orientierung
über die franziskanische Erkenntnistheorie mag
dem Philosophen und Dogmenhistoriker das Büchlein
nützlich sein.
Rostock. Joh. v. Walter.
Mitter er, Dr. theol. Max: Geschichte des Ehehindernisses
der Entführung im kanonischen Recht seit Gratian. Paderborn
: F. Schöningh 1924. (XI, 128 S ) gT. 8°. = Görres-Gesellschaft
z. Pflege d. Wissenschaft im kathol. Deutschland, 43. Heft. Rm.fi—.
Diese Münchner theologische Dissertation, bei der
die Verspätung der Anzeige nicht mir zu buchen ist,
gibt zunächst einen Überblick über die Entwicklung des
Ehehindernisses der Entführung nach weltlichem und
kirchlichem Recht bis zu Gratian: im rö r ischen Recht,
in den deutschen Volksrechten und dem kirchlichen und
staatlichen Recht des fränkischen Reiches und im kirchlichen
Recht außerhalb des Frankenreichs. Überall spielt
beim Begriff des raptus die Frage der elterlichen Gewalt
und ihrer Grenzen herein, und so ist es naturgemäß
auch bei der folgenden Entwicklung, die M. des Weiteren
behandelt: bei Gratian, den Dekretisten, im Dekre-
tatenrecht, im tridentinischen und im geltenden Recht.
Der Verf. erörtert die in Betracht kommenden Begriffsmerkmale
und Zweifelsfragen nach allen Seiten und
weiß seine Lösungen wohl zu begründen.
München. Hugo Koch.
Luther. Vierteljahrsschrift der Luthergesellschaft. 1926, Heft 1«. 2.
München: Chr. Kaiser. (64 S.) 8°. jährl. Rm. 3.50.
So beklagenswert kurz die Präsidentschaft Karl
Holl's in der Luthergesellschaft dauerte, so sehr hat
sie die Luthergesellschaft innerlich umgestaltet. Die
Lutherforschung Holl's gab ihr erst das Programm,
seine Teilnahme an der Not der Kirche prägte den
Charakter ihrer besonderen Aufgabe. Die Grenze zum
veralteten, aber noch nicht erstorbenen Kulturprotestantismus
war damit ebenso scharf gezogen wie Dienst
für die Kirche an den kirchenfremden Bildungsschichten
gefordert. Das Wort der Reformation nicht philologischhistorisierend
zu wiederholen, sondern als Existenzfrage
in gewissenhafter Treue zu verkündigen, sollte Forschung
und Dienst in der L.-G. vereinen. Der innere
Umschwung tritt im Schrifttum der L.-G. zu Tage.
Das Jahrbuch hatte bisher die Arbeiten bedeutender
Theologen, Philologen und Historiker fast allein aufgespeichert
. Sein guter Platz ist beibehalten. Daneben
treten jetzt „die Veröffentlichungen der L.-G." (Verlag
Kaiser M.). An der Spitze erschienen zwei Abhandlungen
über die Schicksalsfrage: Reformation und Idealismus
(F. Brunstäd-Rostock), Reformation und Romantik
(Brunner - Zürich). Nächsthin wird sich die
Schrift von E. Hirsch, Luther und Nietzsche anschließen.
Aus dem für sich ist offenbar, wie die L.-G. in allen
Fragen der Gegenwart die Gewissensfrage stellt. Die
obige Zeitschrift reiht sich in abgemessener Stufung
dem andern Schrifttum an. Sie ist in erster Linie Organ
für die Mitglieder. Bisher dienten diesem Zweck die
Mitteilungen der L.-G. Diesen gegenüber bedeutet die
neue Ztschr. in Gehalt und Ausstattung einen inneren
Zuwachs. Beibehalten ist das sorgfältige Kalendarium
Buchwalds, das fast ausschließlich die Forscher angeht;
ebenso die Bücherschau, welche einen Überblick über
die allerwichtigsten Neuerscheinungen der reform. Forschung
gewährt; desgleichen der alte Brauch, durch
Worte aus Luthers Schriften die weiteren Kreise in das
Verständnis der Reformation selbst einzuführen. Hier
nun erscheint auch ein begrüßenswerter Ansatz der
Vertiefung. Die Predigt Luthers aus der köstlichen
Wartburgpostille kommt zu Wort. Hierzu gibt Buchwald
eine geschichtliche, anschauliche Einführung. Gerne
würde man daneben noch ein grundsätzliches Wort
über L.s Predigt und Wort Gottes lesen. Aber wertvoll
ist das Bemühen des Herausgebers, die aphoristische
Mannigfaltigkeit der Mitteilungen durch urteilsbildende,
systematische Arbeiten zu überwinden. In diese Linie
weist aus dem 1. Heft eine Studie über das Lutherbild
L. v. Rankes aus der Hand des ausgezeichneten Reformationshistorikers
Joachimsen. Er grenzt Rankes Ideen
geschichtlich gegen Fichtes und Schlegels Lutherbild
kurz ab und zeigt die innere Gedankenbewegung vom
jungen zum älteren Ranke. Überall scheint die Vertrautheit
J.s mit Wesen und Frage der reformatorisehen
Botschaft an uns durch. Im 2. Heft würdigt der
wertvollste Beitrag von Rückert die Lutherforschung
Holl's. Unter den Nekrologen gehört er zu den gründlichsten
und tiefsten. Was den theol. Nachwuchs mit
H. verbindet, sieht R. am klarsten, weil hier auch ein
lebendiges persönliches Band besteht. Vier Grundgedanken
gestalten H.s systematische Geschichtsarbeit: der
Primat des Gottesgedankens in der Rechtfertigungslehre
L.s; die Unbedingtheit der göttlichen Forderung; die
Kirchenidee des Reformators; die kulturelle Aufgabe
des Protestantismus — vier Ideen, die wie Glieder eines
Ganzen vom ersten her zusammengehalten sind. Warm
und feinsinnig ist die Art, wie R. die Verbindungslinien
vom Theologen zum Lehrer, Menschen und Seelsorger
herüber und hinüber zieht. Unbemäntelt wird ausgesprochen
, daß H.s Erbe zu neuer theol. Arbeit in
Christologie und Eschatologie verpflichtet. (Daß H.
selbst dazu aufforderte, zeigt eine Probe aus Blanks
Eschatologie über Tod und Auferstehung). Schärfer
muß aber der L.-G. selbst ins Gewissen geschoben
werden, daß sie einem sich breitmachenden Historismus
gegenüber nur dann ihren Beruf wahrt, wenn sie
den Mut einsetzt, eindeutig und abstrichlos von dem
Hauptartikel der Reformation her ihre Verkündigung
zu treiben. Die Existenzfrage der L.-G. wie ihres Schrifttums
ist wie die jeder übertägigen Erscheinung Vollmacht
und Eindeutigkeit. Der Anfang; geht gute Wege.
So verdient die Ztschr. die Mitarbeit der ernsthaften
evangel. Kreise und offene, förderliche Aufnahme.
Erlangen. Th. Hcckcl.
Thomas Murners Deutsche Schriften mit den Holzschnitten der
Erstdrucke. Hrsg. unter Mitarbeit v. anderen von Franz Schultz.
Bd. II: Narrenbeschwürung, hrsg. v. M. Spanier. Mit e. Briefe
Murners in Handschriftendruck. Berlin: W. de Gruytcr tv. Co. 1926.
(X, 597 S.) gr. 8°. = Kritische Gesamtausg. Elsass. Schriftst.
d. M.-A. u. d. Reformationszeit. Rm. 30—.
Text, Einleitung und Anmerkungen dieses Bandes
sind ihrem Kern nach eine Wiederholung der sehr verdienstlichen
Ausgabe des Werkes, die Spanier selbst
1894 in Braunes „Neudrucken deutscher Literaturwerke
des 16. und 17. Jahrhunderts" veröffentlichte und der
Abhandlungen, die er dem Gegenstand in Pauls und
Braunes „Beiträgen zur Geschichte der deutschen
Sprache und Literatur" Bd. 18 und in der Festschrift
für Wilhelm Braune („Aufsätze zur Sprach- und Literaturgeschichte
", Dortmund, Ruhfus 1925) gewidmet
hat. Immerhin sind wichtige Nachträge bei dem Wiederabdruck
hinzugekommen und vor allem die kultur- und
sprachgeschichtlich gleich gehaltvollen Anmerkungen ergänzt
worden. Auch setzt sich Spanier in einer m. E.
überzeugenden Weise mit den Forschern auseinander, die
seine Ansicht von der Priorität der „Narrenbeschwörung
" gegenüber der „Schelmenzunft" entkräften wollten
. Mit statistischen u. ä. Beobachtungen über die
Häufigkeit des Dreireims kann man heutzutage nicht
mehr arbeiten. Wir glauben nicht mehr an die gleichsam
unbewußt-mechanisch zunehmende Verwendung eines
Stilniittels bei einem Dichter innerhalb seines Entwicklungsganges
; wir müssen ihm die Freiheit zugestehen,
je nach Bedürfnis auf eine frühere Form zurückzugreifen
oder sie ganz fallen zu lassen. Wichtiger als die chronologischen
Fragen, wichtiger selbst als der Erweis der
Selbständigkeit Murners gegenüber Brants Narrenschiff
(Zarncke war gegenteiliger Ansicht) sind für unseren
Leserkreis die Ausführungen über die Bedeutung von
Murners Satiren für die pastorale Schriftstellerei der
Reformationszeit überhaupt. Zunächst schließt Murner