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Ausgabe:

1927 Nr. 4

Spalte:

77

Autor/Hrsg.:

Rohde, Erwin

Titel/Untertitel:

Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube d. Griechen. 9. u. 10. Aufl 1927

Rezensent:

Dibelius, Martin

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77 Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 4. 78

zuläßt. Eine Reihe Stichproben ergeben es als geschickt
und sorgfältig gearbeitet. Zu bemerken weiß ich nur
Kleinigkeiten: Daß Ni. und Hi. nicht besonders angegeben
sind, wenn sich ihre Bedeutung leicht ergibt (S.
VII), scheint mir doch nicht richtig; denn das Fehlen
entsprechender Angaben verwirrt den Anfänger doch.
Daß Amrafel „vielleicht = Hammurapi" (S. 39), ist
immer noch zu viel gesagt. Das auf S. 39 f. mehrfach
vorkommende „W.", allem nach ein Verweis auf das
vorangehende Wörterbuch, finde ich nirgends erklärt.
Das Heft kann durchaus empfohlen werden.

Marburg. W. Baumgartner.

R O h d e , Erwin : Psyche. Seelenkult und Unsterblichkeitsglaube der
Griechen, 9. u. 10. Aufl. Mit e. Einführung von Otto Weinreich
1. Band. Tübingen: J. B. C. Mohr 1925. (XX, 448 S.) gr. 8°.

Rm. 17.50; geb. 25—.

Daß das klassische Werk über Seelenkult und Unsterblichkeitsglauben
der Griechen, das der internationalen
Forschung weithin Anregungen folgenreichster
Art übermittelt hat, fünf Jahre nach der letzten Doppelauflage
neu aufgelegt wird, das darf als erfreuliches
Zeichen gebucht werden. Denn hier handelt es sich ja
nicht um bequeme Orientierung über den Stand der
Forschung; das Werk bietet noch den Text Rohdes von
der Auflage letzter Hand (1897), und Otto Weinreich
hat in seiner Vorbemerkung nur auf die Veröffentlichungen
verwiesen, von denen man sich über den Stand

wollen, man kann z. B. bei den Vorsokratikern Parme-
nides nicht ausreichend gekennzeichnet finden oder auch
Strömungen der hellenistischen Philosophie mehr hervorgehoben
wünschen, man kann sagen, daß Hans Meyer
den idealistischen und den mystischen Zügen in der
antiken Philosophie vielleicht nicht ganz gerecht werde
— aber man muß doch immer die Sachlichkeit und Besonnenheit
des Urteils bei dem Verfasser anerkennen. Im
Mittelpunkt des Werkes steht die Darstellung des „Universalsystems
" des Aristoteles, die einen breiten Raum
einnimmt (S. 226—382). Diese Darstellung ist im Verhältnis
zu der Darstellung anderer Philosophen hier ja
wohl etwas zu breit, aber gibt durch ihren reichen
Inhalt gerade eine gute Einführung in die Gedankenwelt
dieses Philosophen. Alles in allem kann man das Werk
durchaus empfehlen, denn es bietet eine gute, sachliche
Gesamtorientierung über die Geschichte der antiken
Philosophie.

Braunschweig. Willy Moog.

de Vuippens, P. Ildefonse, O. M. Cap.: Le Paradis terrestre
au troisieme ciel. Exposd historique d'une eonception chretienne
des preiniers siecles. Avcc deux illustrations. Paris: Librairif-
Saint Francois d'Assise 1925. (166 S.) gr. 8°.

Das Buch ist eine Dissertation von Freiburg in
der Schweiz und unter dem Titel: Oü r placa-t-on le
paradis terrestre? im Jahre 1924 in den Etudes Francis-
caines erschienen. Das Thema und die Behandlung des
Themas rechtfertigen die vorliegende Sonderausgabe. Es
der Forschung belehren lassen kann. Wenn dies Buch ; handelt sich um die Feststellung dessen, was Paulus
heut noch so allgemein verlangt wird, so ist das der ; ra 2. Cor. 12, 2—4 unter Paradies und unter Paradies im
klassischen Art seines Inhalts zu danken und der gerade- dritten Himmel verstanden hat und um die Einordnung

zu historischen Stellung, die es in der Forschung ein
nimmt. Der Theologe aber mag daraus sehen, daß es
auf dem Gebiet der klassischen Altertumswissenschaft
etwas pietätvoller zugeht als innerhalb der deutschen
Theologie, wo jede Generation die vorangegangene nicht
nur zu bekämpfen (was durchaus notwendig!), sondern
zu erledigen die Verpflichtung fühlt. Das Werk hat
nun die Dürftigkeit der Inflationsausstattung abgelegt
und erscheint in schönem und würdigem Gewand. Text-
und Registerbogen sind photomechanisch nach der 7.
und 8. Auflage hergestellt.

Heidelberg. Martin Dibelius.

Meyer, Hans: Geschichte der alten Philosophie. München:
J. Kösel & F. Pustet 1925. (X, 510 S.) gr. 8°. = Philos. Handbibliothek
, Bd. 10. Rm. 11—; geb. 13—.

Das Interesse an der antiken Philosophie ist in
letzter Zeit wieder stark gewachsen. Das bekundet sich
nicht nur darin, daß zahlreiche neue Einzeluntersuchungen
viele Fragen in eine andere Beleuchtung gerückt
haben, sondern auch darin, daß mehrere Versuche
zusammenfassender Darstellung auf diesem Gebiet wieder
gemacht worden sind. Ein auf den Resultaten moderner
Forschungen beruhendes sehr brauchbares Handbuch
über die „Geschichte der alten Philosophie" hat Hans
Meyer in der von katholischen Philosophen herausgegebenen
„Philosophischen Handbibliothek" veröffentlicht
. Hans Meyer hat sich durch eigene Untersuchungen
auf dem Gebiet der antiken Philosophie einen guten
Namen gemacht, und seine Gesamtdarstellung, die er
hier gibt, zeugt von seiner gründlichen Sachkenntnis.
Das Handbuch ist auf wissenschaftlicher Grundlage aufgebaut
, wichtige neuere Literatur ist verwertet und wird
zitiert, aber auch aus den antiken Quellen selbst werden
gelegentlich zur Illustrierung Stellen angeführt. Die Angaben
der Literatur sind aus Raumgründen auf das
yGchtigste beschränkt, leisten aber gerade bei dieser Beschränkung
dem Leser gute Dienste, und man vermißt
Kaum irgendwo Wesentliches. Die Darstellung zeichnet
sich durch Klarheit und Verständlichkeit wie auch durch
oie gute Gliederung des Stoffes aus. Man wird natürlich
je nach der eigenen Auffassung des Gangs der Philo-
sxophiegeschichte diesen oder jenen Philosophen seiner
Bedeutung entsprechend ausführlicher behandelt wissen

dieser Vorstellungen in die altkirchliche Eschatologie.
Der erste Teil handelt von dem Glauben des Altertums
an die gegenwärtige Existenz eines auf der Erde befindlichen
Paradieses. Der zweite Teil behandelt die Anschauungen
der ersten Christen über die Lage des Paradieses
(außerirdisch oder himmlisch). Der dritte Teil
endlich spricht von dem Glauben an ein irdisches Paradies
, das sich im dritten Himmel befindet. Bis zum 16.
Jahrhundert war es allgemeine christliche Oberzeugung,
daß das Paradies nicht verschwunden ist, sondern noch
tatsächlich irgendwo existiert. Das zeigt der Autor sehr
gut mit einer Fülle von Belegen aus der altkirchlichen
Literatur. Der Abschnitt S. 37—42 über den Paradiesesglauben
bei den Völkern der Erde, der mit der Idee der
Uroffenbarung operiert, könnte vielleicht (ebenso wie S.
87—93) fehlen, zumal er keinen Fortschritt in der Gedankenentwicklung
darstellt. Die Lokalisierung des
Garten Eden im dritten Himmel hat bis in das 5. Jahrhundert
seine Verteidiger gefunden, wie der Autor im
2. und 3. Abschnitt seines Buches gut zeigt. Der Vorzug
des Buches ist, daß es in durchsichtiger Form eine
Fülle von Material ausbreitet; seine Schwäche ist, daß
es die eschatologischen Anschauungen in der altkirch-
lichen Literatur zu isoliert behandelt. Die Verlegung des
Paradieses in den Himmel erklärt der Verfasser sich so,
daß man von der Idee der Unzugänglichkeit des Paradieses
fortgeschritten sei zu der Vorstellung, daß es sich
im Himmel befinde. Ich habe Bedenken gegen diese
pragmatisch-psychologische Erklärung und glaube vielmehr
, daß hier eine Entwicklung vorliegt, die im Ge-
samt-Hellenismus nachweisbar ist. Wie man in Alexandria
in astrologischen Kreisen die Elysischen Gefilde in
die Sternenwelt verlegt, so hat man, wie ich meine, im
hellenistischen Judentum auch das Paradies dort lokalisiert
. Die außerjüdische und die jüdische Entwicklung ist
in diesem Fall analog verlaufen. Der Verfasser hätte das
erkannt, wenn er die Ausführungen von Cumont in den
Compt. rend. de Pacad. des inscr. 1920 S. 172 sq. vor
Augen gehabt hätte. Dort wird der Einfluß der alexan-
drinischen Astrologie auf den Ps.-Platonischen Axiochos
nachgewiesen. Ganz richtig wird im Zusammenhang mit
diesem Problem von Vuippens S. 141 Anm. 3 der astrale
Charakter der Eschatologie von Venantius Fortunatus
erkannt. Die Einordnung dieser Gedichte aber nach