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Ausgabe:

1927

Spalte:

56-57

Autor/Hrsg.:

Willi, Johannes

Titel/Untertitel:

Die Reformation im Lande Appenzell 1927

Rezensent:

Staehlin, Ernst

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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 3.

gleich mit früheren Neuplatonikern erweist den starken
Einfluß der jamblichischen Theosophie, untermischt mit
Elementen aus geläufiger neuplatonischer Überlieferung.
Die selbständige Ausdrucksweise des Sallustius — an
sich erfreulich und den Wert der Abhandlung erhöhend
— läßt das Abhängigkeitsverhältnis im einzelnen
nicht deutlich in die Erscheinung treten; selbst in der
Wiedergabe der Attismythe, die er Julian entnimmt, zeigt
Sallust schriftstellerische Eigenart. Seine Abhandlung
hat also nicht nur antiquarischen Wert. Nock hat auch
den Stilfragen Aufmerksamkeit geschenkt und dem
Schriftchen seinen literarischen Platz (Isagoge) zugewiesen
. So gewinnt man den Eindruck, daß seine Ausgabe
abschließend ist.

Gießen. G. Krüger.

Gregorii Nysseni opera. Vol. VIII, Fase. II: Gregorii Nysseni
epistulae ed. Georgias Pasquali. Berlin: Weidmann 1025. (III,
LXXXIII, 94 S.) gr. 8°. Rm. 9—.

Bei einer Ausgabe der Briefe Gregors von Nyssa erhebt
sich vor allem die Frage, was aufgenommen, was
ausgeschlossen werden soll, da in den Handschriften —
ähnlich wie bei den Schriften anderer Väter, z. B. Cyprians
— dasselbe Werk bald unter den Briefen bald,
mit Weglassung des Namens des Empfängers, unter
den theologischen Abhandlungen steht. Der Herausgeber
Pasquali, früher Privatdozent in Göttingen, jetzt
Prof. in Florenz, entschloß sich dem Beispiele Mignes
zu folgen, mit den Ausnahmen, daß er den Brief an
den Mönch Euagrius fcegt ihsÖTTjrog, der handschriftlich
bald dem Nyssener, bald seinem Namensbruder
von Nazianz zugeschrieben ist und über dessen Zugehörigkeit
Zweifel bestehen, von der Sammlung ausschloß,
anderseits drei Briefe aufnahm, die in verderbter Gestalt
unter den Schriften des Libanius und Basilius standen,
von Paul Maas aber in einer Handschrift auf Patmos
dem Sophisten Stagirius und Gregor von Nyssa zugewiesen
gefunden wurden, dazu noch den Brief Gregors
an seinen Bnider Petrus, Bischof von Sebaste, und
dessen Antwort. Der kanonische' Brief an Bischof
Letoius von Melitene, den auch Migne in einen andern
Zusammenhang einstellte, soll für die Ausgabe der
Canones vorbehalten bleiben. Die p. III angekündigte
Vergleichstafel für die Reihenfolge der Briefe in dieser
Ausgabe und bei Migne ist allerdings ausgefallen. Dagegen
sind die Seitenzahlen von Migne jeweils beigefügt.
Ep. V ist anhangsweise nochmals gegeben mit Heranziehung
von cod. N (Barber. gracc. 424), ohne daß im
Vorwort etwas darüber gesagt wäre. Da in den Briefen
noch mehr als in den von Werner Jäger herausgegebenen
Büchern gegen Eunomius, oftmals zweifelhaft ist,
was von Gregor und was von Abschreibern stammt, so
war P.s Bestreben darauf gerichtet, in dem textkritischen
Unterbau den handschriftlichen Befund deutlich hervortreten
zu lassen. Ein Verzeichnis der Siglen geht der
Briefsammlung voran, und vor jedem Brief und auf
jeder Seite sind die Handschriften, auf denen der Text
beruht, angegeben. Der Wahl der Siglen in der Jäger-
schen Ausgabe der Bücher gegen Eunomius konnte
sich P. nicht anschließen, weil der Druck der Briefe
schon lange vorher, noch vor dem Kriege, begonnen
hatte. Der Krieg brachte natürlich eine Unterbrechung
und nachher zogen eine Erkrankung und andere Umstände
wieder Verzögerungen nach sich, sodaß die Pro-
legomena (LXXX Seiten, mit vorzüglicher und eingehender
Einführung in die Handschriften) erst im
Winter 1924/25 vollendet wurden, nachdem der Text
im Sommer 1923 fertig gedruckt war. Der Text ist so
gestaltet, daß er einen guten Sinn gibt. Dunkle Stellen
sind da und dort unten erklärt, mehrere auch in den
Prolegomenen erörtert. Ein paarmal mußte eine Lücke
angedeutet werden. An etwa 600 Stellen sind verdorbene
Lesarten der alten Ausgaben stillschweigend
nach den Handschriften verbessert. Schriftstellen und
Anführungen aus Homer oder andern weltlichen Schriftstellern
sind gesperrt gedruckt und die Fundorte angegeben
, auch auf andere Schriften des Nysseners wird
häufig, namentlich bei dogmatischen Ausführungen, hingewiesen
. Die ganze Ausgabe, ein Andenken des italienischen
Gelehrten an die Jahre seines Lernens und
ersten Lehrens in Deutschland, ist eine vollbefriedigende
und dankenswerte Leistung, die sicher den Text bei
Migne nach und nach außer Gebrauch setzen wird.
Beigegeben ist, wie bei Jäger, nur ein ,Index nominum',
kein Schriftstellen-, Sach- und Wörterverzeichnis.

Vielleicht hätte bei dem Fehlen eines entsprechenden Index
anmerkungsweise auf Wiederholungen ähnlicher Gedanken und Wendungen
hingewiesen werden können z. B. nach einer Schilderung oder
Erzählung: zi ovi' 6 Xöyog ßovXszai', o. ä. (p. 41,3. 60,26. 70,16.
83, 6), das fjiisgijaiov iiizgov (25, 20. 44, 10), ygrjoo/xai vag ix
zojv r^uzzigtov (olxtLmv) zo~> vnoätiyiiati (41, 1. 45, 6), to tpiXt)
xezpttXri (28, 18. 42, 1), xootiixrj nsgizpaveza (51, 20. 53, 6), die
Frühlingsbilder (37, 11 ff. 40, 10 ff.), Berufung auf sein Alter (nn-
Xtti, 36, 2. 40,10. 82, 8), des Lebens ungemischte Freude ward keinem
Sterblichen zu teil (19, 1. 59, 11), Abwehr des Verdachts der Schmeichelei
(36, 2. 57, 5), aideaiudzazog (2, 3. 83, 20), nagaxXz'jürjZi
(37, 4. 76, 21. 78, 21). Das oXLyov SV zote apupoQSÜoi zu vettog,
ttXX ix zov NtlXov Ofixas (44, 5) scheint eine sprichwörtliche
Redensart zu sein. Das 7ZVSVfiazcxaT( wdtnt ytvviiv (57,21 u. 62,14) ist
eine Erinnerung an 1. Kor. 4, 15 u. Gal. 4, 19, diu) vugzov xai
fiiXavos (70, 4) an 2. Joh. 12, SIS tr)v zov navzug aiaraaiv
(73, 19) u. nüfza diu zov ftovoysvovs xai si' avzm avvsatavai
(76, 10) an Kol. 1, 17. Und bei xa/ji zov yigovza vTzooxegznv
schwebt dem Briefschreiber wohl Luk. 1,41 vor.

München. Hugo Koch,

Below, Prof. G. von: Der deutsche Staat des Mittelalters.

Eine Grundlegung d. dtschn. Verfassungsgeschichte. 1. Bd.: Die allgemeinen
Fragen. 2. Aufl. Leipzig: Quelle 1<< Meyer 1925. (XXXV,
387 S.) 8°. Rm. 14—.

Die 1. Aufl. der bekannten Bclow'schen Verfassungsgeschichte ist
von R. Holtzmann Th. L.Z. 40, 1915, Sp. 177 f. angezeigt worden.
Die zweite bringt einen unveränderten Abdruck der ersten Aufl.
Below hat ihm nur auf 17 Seiten einige literarische Ergänzungen,
sowie Hinweise auf seine Auseinandersetzung mit den Kritikern vorausgeschickt
. Weitere Auseinandersetzungen wird der 2. Band bringen,
der die Einzelfragen behandeln soll. Hoffentlich können wir mit
seinem Erscheinen bald rechnen.

Göttingen. Kurt Dietrich Schmidt.

I Willi, Dr. Johannes: Die Reformation im Lande Appenzell.

Auf das vitrhundertjährige |ubiläum bearb. Leipzig: E. Bircher
(1924J. (VIII, 130 S.) gr. 8°. Rm. 3.60.

Das Land Appenzell mit seinen 8 Pfarreien wurde
früh von der Reformationsbewegung erfaßt. Ihre Träger
sind Johannes Dörig in Herisau, Jakob Schurtanner in
Teufen, Walter Klarer in Hundwil, Matthias Kessler in
Gais, Pelagius Arnstein in Trogen, Johannes Hess,

| Kaplan im Dorf Appenzell. Bereits im Herbst 1523 und
Frühjahr 1524 wurde die Verkündigung des reinen
Schriftwortes geboten. Eine Disputation vom 7. Juli
1524 bedeutete eher einen Rückschlag. So beschloß am
6. Aug. 1524 die Landsgemeinde, jeder Gemeinde das

I Selbstbestimmungsrecht in Glaubenssachen zu lassen;

j acht Tage darauf entschieden sich Urnäsch, Hundwil,
Teufen, Gais, Trogen und Grub für die Reformation;
das Dorf Appenzell unter dem Vorkämpfer des Katholizismus
Theobald Huter und Herisau unter Josef Forrer
blieben bei der alten Kirche. Schwere Verwirrungen

: brachten seit 1525 die Wiedertäufer; die Milde der Obrigkeit
machte das Ländchen geradezu zu einem „Eldorado
und Zufluchtsort dieser Sekte". 1529 wurde auch
Herisau, unter Mitwirkung Ambrosius Blarers, für den
neuen Glauben gewonnen. An den allgemein schweizerischen
Ereignissen (Badener und Berner Disputation,
1. und 2. Kappeler Landfriede) nahm das Ländchen nach
seinen Umständen treu, aber nicht entscheidend teil. Die
Gegenreformation vermochte das paritätische Staatswesen
nicht zu dulden: 1597 trennten sich die reformierten
Gemeinden und das katholische Dorf Appenzell in
Appenzell-Außerrhoden und Appenzell-Innerrhoden.

All diese Zusammenhänge und Daten sind von
Willi klar und anschaulich dargestellt, z. T. auch erst-