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Ausgabe:

1927 Nr. 2

Spalte:

581-582

Autor/Hrsg.:

Scheel, Otto

Titel/Untertitel:

Zeitschrift für Kirchengeschichte. XLV. Bd., N. F. 8 1927

Rezensent:

Schmidt, Kurt Dietrich

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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 25/26.

582

Vorträge (Bibelwort im Volksmund; Natur und Kunst
im N.T.); eine akademische Festrede zu Hofmanns
100. Geburtstag; eine Zusammenstellung zeitgenössischer
Zeugnisse über den Vesuvausbruch v.J. 79; etliche
Skizzen von einer italienischen Reise i. J. 1913 (aus
ihnen sei eine Einzelheit erwähnt: Zahn erneuert im
Anschluß an einen Besuch in Ariccia seine schon vor
60 Jahren aufgestellte aber nicht genug beachtete These,
daß im Hirten des Hermas sim. IX, 1, 4 '4oi/.iav statt
kf}/.aöiar zu lesen und mit dem dort genannten Berge
der Monte Gentile bei Ariccia gemeint sei); eine Abhandlung
v. J. 1919 über „Staatsumwälzung und Treueid
in biblischer Beleuchtung" — eine Art politischen Bekenntnisses
, mit pointierter Ablehnung einer Benutzung
von Rom. 13, 1 als „apostolischer Weisung über das
richtige Verhalten der Christen gegenüber einer mit . . .
Gewalt sich durchsetzenden Staatsumwälzung"; endlich
ein im J. 1820 an die Mutter des Verf.s gerichtetes
Schreiben E. M. Arndts, das für den schlichten Sinn und
die fromme Bescheidenheit des Mannes bezeichnend ist.

Erlangen. H. Strathmann.

Zeitschrift für Kirchengeschichte. Begründet von Theodor
Brieger f. In Verbindung mit der Gesell&ch. f. Kirchengesch.
hrsg. von Otto Scheel u. Leopold Zscharnack. XLV. Bd.,
N.F. 8. Gotha: L. Klotz 1926. (III, 639 S. m. e. Taf.) gr. 8°.

Rm. 20—.

Ich stelle die Aufsätze des neuen Jahrgangs der ZKG wieder
sachlich geordnet zusammen.

Zur alten Kirchengeschichte benutzt zunächst Edgar Hennecke
die James'sche Ausgabe der Apokryphen zum N.T. zur Erörterung von
Einzelfragen, die diese betreffen. — Ludwig von Sybel sucht dann
in einem Aufsatze „Wer hat die Kirchenmalerei eingeführt" wahrscheinlich
zu machen, daß Calixt dafür verantwortlich zu machen ist.

— Hugo Koch äußert sich in Fortsetzung seiner Cyprianstudien über
das dritte Buch der Cyprianischen Testimonia. Er weist die Ansicht
Wohleb's zurück, nach der das dritte Buch vor I/II angesetzt werden
und in der Vorrede von I/II erwähnt sein sollte. — Victor Schultze
weist aus einer Grabinschrift aus der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts
die Existenz der Modalisten (Sahellianer) für diese Zeit in Rom
nach. — Karl Schmidt führt seine Studien zu den alten Petrus-
akten fort, indem er ihrer Komposition sein Augenmerk zuwendet. Er
kommt zu dem Resultat, daß die Acta Vercellens. nur ein großes
Stück der Petrusakten bilden, das der Abschreiber den Recognitionen
angefügt bat unter Fortlassung des ersten Teiles. Die Petrusakten
stellen mit ihren zwei Teilen „Jerusalem und Rom" eine Parallele zu
den Apostelgeschichten des N.T.s dar. — Theodor H e r m a n stellt
die chronologischen Angaben des Kyrill von Skythopolis zusammen
und prüft sie auf ihre Richtigkeit. — Endlich gibt Hugo Koch
einen ausführlichen Einzelnachweis der Verwertung Cyprians in den
Quaestiones Veteris et Novi Testamenti und beim Ambrosiaster.
Beide benutzen Cyprian in so gleicher Weise, daß daraus eine
weitere Stütze für die Identität der Verfasser beider Werke gewonnen
wird. In einem Anhang wird Cyprian auch als Quelle zu Pelagius'
Kommentar zu den Paulusbriefen nachgewiesen.

Zur KG des Mittelalters versucht Franz. Flaskamp Sicherheit
über das Geburtsjahr des Bonifatius zu finden. Er macht das Jahr
673 als Geburtsjahr wahrscheinlich. — Karl Müller zeigt dann
an der Hand zweier Schriften Hugos von St. Victor, wie aqch seine
sehr stark neuplatonisch gefärbte Mystik doch wie die ganze mittelalterliche
Mystik die Heilsmittel der Kirche und ihre Anwendung zur
Voraussetzung bat. — Friedrich Schneider gibt Beobachtungen zur
Canossa-Szene aus den dortigen topographischen Verhältnissen wieder.

— Marie Florin sucht die Einheit des Politikers und des Schriftstellers
Innocenz III. nachzuweisen, während Karl Hampe eine bisher unbekannte
Konstitution Gregors IX. mit Datierung und Würdigung veröffentlicht
. — Interessant ist auch das Schicksal der Reliquien der
Heiligen Elisabeth, das F. Küch eingehend schildert. — Als schönes
Beispiel, wie sich Territorialgeschichte und große Politik gegenseitig
bedingen und beeinflussen, zeichnet A. Baum haue r die
Entstehungsgeschichte des Bistums Pamiers aus der Zeit Philipps
des Schönen und Bonifaz' VIII. _ Livarius Öliger gibt weitere
Beiträge zur Geschichte der Spiritualen, Fratizellen usw. in Mittelitalien
. — Justus Hashagen schildert den Anteil, den die weltlichen
Fürsten am Ablaß und am Ablaßgeschäft gehabt haben, und
endlich vergleicht Ivan Pusino die Angaben der Vita Picos von
Mirandola aus der Feder des Gian-Franc. Pico kritisch mit den Sonetten
Picos mit dem Ergebnis, daß die Darstellung der Tatsachen
der Vita zuverlässig, nur die Motivation unzureichend ist.

Für die Zeit der KO III wendet sich zunächst Gustav Wolf
gegen die Auffassung Kalkoffs, als ob Friedrich der Weise einige

Stunden Kaiser gewesen sei. — Paul Kalkoff selbst bringt die
deutsche Übersetzung der Bulle „Exsurge Domine" zum Abdruck.
— W. Köhler fährt mit dem Abdruck der Randbemerkungen
Zwingiis zu seinen Büchern fort. In einem anderen Aufsatz hält er
gegenüber Beanstandungen Karl Bauers daran fest, daß Zwingli ursprünglich
die mystische Realpräsenz im Abendmahl vertreten hat und
erst durch Honius im Jahre 1524 zur symbolischen Auffassung geführt
ist. — O. Giemen bringt aus der Zwickauer Ratsschulbibliothek
einen besseren Text der „Elogia de sua migratione etc." des Jakob
Micyllus zum Abdruck. Außerdem schildert er kur/ die Lebensumstände
des Wolfgang Stein aus Zwickau, des Bekannten Luthers. —
Adolf Hasen clever bringt als Weiterführung der Arbeit Joachim
Müllers aus dem vorigen Jahrgang einen summarischen Text der Geheimartikel
von Crepy zur Kenntnis, der in England gefunden ist. —
Karl Völker beschreibt das visionär-ekstatische Erleben der Heiligen
Teresa, indem er vor allem auf die „Seelenburg" statt auf die
Vita den Hauptton legt in Unterschied von Bechmann. — Während
Gustav Wolff drei Bände von Pastors Papstgeschichte bespricht,
nimmt Sebastian Merkle Stellung /u dem unter katholischen
Schriftstellern augenblicklich geführten Streit um Bellarmin, indem
er vor allem grundsätzliche und methodologische Fragen klärt, die für
eine Biographie Bellarmins unbedingt zu beachten sind. —Karl Bauer
behandelt die Versuche Poterats am Beginn des 17. Jahrhunderts, eine
Einigung zwischen Reformierten und Lutheranern in Frankfurt am
Main herbeizuführen. — Ferner: Peter Barth, Zu meiner Calvin-
Ausgabe und Hanns Rücker t, Erwiderung; Joseph Scheidl,
Ein Ostermärlein, als Beitrag zur altbayerischen Kultur- und Kirchengeschichte
.

Zu KG IV gibt K. Weiske wertvolle Ergänzungen zu
Wernles Buch über den Schweizerischen Protestantismus in betreffs des
Pietismus in der Schweiz, vor allem über Franckes Einfluß, aus den
Akten der Waisenhausbibliothek zu Halle. — Wilhelm Reinting schildert
die Anschauung B. Bekkers, des Bekämpfers des Teufel-und Hexenglaubens
, indem er den Ursprung dieses Kampfes in dem Gartesianis-
mus B.s einerseits, seiner Religiosität andererseits, vor allem seinem
Gottesglauben nachweist, der die Herrschaft Gottes nicht durch den
Teufel beeinträchtigt sein lassen wollte. — Endlich legt Heinrich
' Hoffmann gegenüber einer These Mulerts (ZKG 44) dar, wie der
Begriff „Das Wesen des Christentums" schon zur Zeit der Aufklärung
aufkam, wenn er auch erst durch den deutschen Idealismus
seine volle heutige Bedeutung erlangt hat.

Wie man sieht, ein reicher und bunter Stoff. Angesichts dieser
Buntheit ist es schade, daß die frühere Ordnung der ZKG aufgegeben
ist, nach der zwischen Untersuchungen, kleinen Beiträgen und
Forschungsberichten von vornherein in der Anordnung geschieden
wurde. Es würde m. E. zur Klarheit heitragen, wenn sie wieder aufgenommen
würde. Man sollte nur für den Abdruck von Quellen
noch eine vierte Abteilung schaffen.

Göttingen. Kurt Dietrich Schmidt.

Kalsbach, Dr. Adolf: Die altkirchliche Einrichtung der
Diakonissen bis zu ihrem Erlöschen. Freiburg i. B.: Herder & Co.
I 1926. (XIV, 115 S.) 4°. Römische Quartalschrift f. christl.
Altertumskunde U. f. Kirchengesch., Suppl.-Heft 22. Rm. 4—.

Die Forschung über das altkirchliche Amt der
i Diakonissen hat sich gewissermaßen in zwei konzentri-
j sehen Kreisen bewegt. Katholische Gelehrte der älteren
Zeit wie Du Gange und Binterim vertraten die Identität
zwischen dem Amt der Witwe und dem der Diakonisse,
während Protestanten wie Mosheim entschieden die
These von zwei verschiedenen Ämtern verteidigten. Als
mit dem Erscheinen von Th. Zahns „Ignatius" (1873)
i und dem Entdecken bislang unbekannter kirchenrecht-
, licher Quellen (Apost. K. O., syr. Didask., testam. Dom.)
ein neuer Abschnitt in der Forschung einsetzte, begegnet
uns genau das gleiche Schwanken im Urteil, nur daß
man jetzt den Versuch einer Lokalisierung und stufenmäßigen
Entwicklung des Ganzen unternahm. Zahn,
Dieckhoff und Zscharnack hielten trotz mancher Abweichung
im Detail an der Verschiedenheit beider Ämter
fest, während K. H. Schäfer ihre Identität und ihre
innere Verwandtschaft mit der mittelalterlichen Kano-
nissenäbtissin zu beweisen suchte.

Aus diesem Dilemma will vorliegende Untersuchung
herausführen durch Festhalten an der Identitätshypothese
, durch sorgfältiges Beobachten aller provinziellen
Besonderheiten und durch eingehende Polemik gegen
Schäfers Konstruktion: der Viduat, wie ihn 1. Tim.
5, 3 ff. kennt, wird später um den charismatischen
Zug bereichert, erhält von der Kirche amtlichen Cha-