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Ausgabe: | 1927 Nr. 24 |
Spalte: | 575-576 |
Autor/Hrsg.: | Tennant, F. R. |
Titel/Untertitel: | Miracle and its philosophical presuppositions 1927 |
Rezensent: | Goetz, Hermann |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 24.
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sätze sich entfalten. A. hat es sich dabei wahrlich nicht
leicht gemacht, sondern das Problem der Geschichte mit
dem Ernste angefaßt, den es fordert, und der nicht durch
den Hinweis auf die Endlichkeit alles Irdischen verdrängt
werden darf.
Greifswald. Hermann Wolfgang Beyer.
Tennant, F. R., D. D., B. Sc.: Miracle and its philosophical
presuppositions. Three lectures delivered in the University of
London 1924. Cambridge: University Press 1925. (V, 103 S.) 8°.
geb. sh. 4/6.
Nachdem es der Philosophie der letzten zweihundert Jahre
nicht gelungen ist, das Problem des Wunders in befriedigender Weise
zu lösen, will der Verfasser, der Fellow und Lecturer am Trinity
College der Universität Cambridge ist, versuchen, wenigstens einige
hier aufsteigende Fragen zu entwirren. In drei Vorlesungen behandelt
er Wunder und Naturgesetz, natürliche und übernatürliche Kausalität,
sowie die Glaubbarkeit und behauptete Wirklichkeit von Wundern.
Ausgehend vom Deismus des 18. Jahrhunderts und unter fortlaufender
Berücksichtigung der Auffassungen von Mill, Locke, Car-
lyle, Mozley, Arnold sowie Spinoza, Leibnitz, Kant, Schleiermacher,
Ritsehl, Höffding und andern stellt der Verfasser zunächst fest, daß
die Möglichkeit von Wundern im Sinne einer Ausschaltung der
Gesetzmäßigkeit nicht a priori ausgeschlossen ist. Die Wissenschaft
selbst hat dem Dogma von der Unmöglichkeit von Wundern ein
Ende bereitet. Wahrend man eine Zeit lang das Wunder deshalb für
unmöglich hielt, weil es die Naturgesetze verletze, ist inzwischen die
Behauptung, daß Wunder nicht geschehen könnten, abgelöst worden
von der These: es geschehen keine Wunder. Aber von der Erkenntnis
aus, daß es höhere Gesetze gibt als den einfachen Kausalzusammenhang
zog man sich zurück auf die Annahme eines Systems von
unerkannten und unkennbaren Gesetzen, welche genügen, um sowohl
das Gesetzmäßige als auch das Ungewöhnliche verständlich zu machen.
Das Wunder selbst gewinnt bei Annahme übernatürlicher Ursachen
denn auch seinerseits den Charakter des Übernatürlichen. Was aber
z. B. für die erste Generation der Christen ein Wunder war, ist es
nicht im gleichen Maße auch für uns; denn unsre Kenntnis der Natur
und ihrer Gesetze hat inzwischen zugenommen, und solange wir die
Kausalzusammenhänge nur zum Teil kennen, ist es für uns ausgeschlossen
, im einzelnen Fall bestimmt zu behaupten, daß ein als
wunderbar erscheinender Vorgang wirklich diesem Zusammenhange
entnommen sei. Spinoza hat nicht so ganz unrecht, wenn er von
diesem Gesichtspunkt aus sagt: Wunder ist nur ein Ausdruck für
unsre Unkenntnis.
Wenn auch die Tatsache der Wissenschaft und ihre Möglichkeit
das Bestehen eines festen Kausalzusammenhangs voraussetzt,
so ist doch zu unterscheiden zwischen natürlicher und übernatürlicher
Verursachung; und die Wissenschaft ist nicht imstande, das Nichtvorhandensein
der letztern zu behaupten. Vielmehr kann die Möglichkeit
ergänzender schöpferischer Akte und providentieller Führungen dem
bereits Geschaffenen gegenüber a priori angenommen werden. Das
Wunder ist demnach zu definieren als ein Geschehen, das bedingt ist
durch eine übernatürliche Ursächlichkeit. Wunder haben ihre semina
occulta, sagt Augustin. Das fordert in bestimmten Grenzen die Annahme
einer fortlaufenden Neuschöpfung; die Wissenschaft aber ist
nicht imstande, weder eine Beziehung zwischen dem göttlichen und
dem menschlichen Geist zu behaupten, noch auch sie zu leugnen. Die
Annahme ist nicht von der Hand zu weisen, daß Gott durch das
Medium des menschlichen Geistes einwirkt auch auf die physikalische
Welt, darum gibt es auch kein wissenschaftliches Hindernis, anzunehmen
, daß durch Gebet mehr Dinge gewirkt werden, als die
Wissenschaft sich träumen läßt. Gleichwohl sind wir aus mangelnder
Kenntnis der Zusammenhänge nicht in der Lage zu behaupten, daß
ein noch so wunderbarer Vorgang ein Wunder ist in dem angegebenen
Sinne.
Jedenfalls spielt das Subjektive eine ausschlaggebende Rolle
bei der Beurteilung von Wundern, so sehr, daß etwas für den einen
ein Wunder sein kann, was es für einen andern nicht ist.
Die Sachlage hat sich dahin verändert, daß in früheren Zeiten das
Wunder ein Beweis und eine Stütze für die Religion war, während
es heute weit eher einen Anstoß bildet, den die Verteidiger des
Glaubens erst zu beseitigen haben. Das Christentum setzt heute
nicht mehr die christlichen Wunder voraus, sondern das Umgekehrte
ist der Fall. Selbst die Wundererzählungen der Evangelien erscheinen
uns heute in einem ganz anderen Licht als früher. Teils sind sie aufgelöst
in natürliche Zusammenhänge, teils bleiben sie uns zweifelhaft
aufgrund der Text- und Literaturkritik, teils empfinden wir sie direkt
als unvereinbar mit unserm heutigen christlichen Empfinden. Die
Profangeschichte und die vergleichende Religionskundc haben unsre
Zweifel noch verstärkt. Im Blick auf das, was am christlichen Glauben
das Wesentliche ist, hat die philosophische Controverse über
Wunder nurmehr noch historisches Interesse.
Abgesehen von ihrem eignen Wert haben die vorstehenden Erörterungen
über die Wunderfrage auch deshalb für uns besonderes
Interesse, weil sie uns an einem Teilaussehnitt einen Einblick gewähren
in den Stand der heutigen philosophischen und theologischen
Wissenschaft in England. Deshalb wurden sie etwas eingehender
skizziert.
Dortmund. H. Goetz.
SOEBEN ERSCHIEN LIEFERUNG 8 (II. T E I L):
ATLAS ZUR ALTAEGYPTISCHEN
KULTURGESCHICHTE VON WALTER WRESZINSKI
Wreszinskis ,Atlas" hat sich seit dem Erscheinen des ersten Teiles, der hauptsächlich Bilder aus Theben (Nettes Reich) ent"
hält, als ein unentbehrliches Hilfsmittel für alle Forscher auf dem Gebiete des Alten Orients, des Alten Testaments,
darüber hinaus für die klassischen Archäologen, Kulturhistoriker und Folkloristen erwiesen. Die in vollendeter Technik
hergestellten Lichtdrucktafeln nach Originalaufnahmen mit den zur Einführung dienenden beigegebenen Strichzeichnungen
und dem erläuternden Text haben das Werk zu einem der meist zitierten in den neuen Erscheinungen auf den vorbezeichneten
Gebieten gemacht.
Auf einer von Reichs-, Staats- und anderen Behörden unterstützten Expedition des Verfassers nach Aegypten und Nubien
1925 26 ist soviel neues, größtenteils noch unphotographiertes Material gesammelt worden, daß der in der Ausgabe
befindliche z w e i t e Teil, der in der Hauptsache D a r st e 11 u ng en fremder Völker und Schlachtenbilder des
Neuen Reichs bringt, um eine Anzahl außerordentlich wichtiger Tafeln, darunter das große Bild der Schlacht von
Qadesch aus Abusimbel, erweitert werden kann und einige weitere Teile in Aussicht genommen sind, deren Inhalt sich
wie folgt gliedert: TEIL III Gräber des Alten Reichs; TEIL IV Gräber des Mittleren Reichs, insbesondere Benihassan;
TEIL V Gräber des Neuen Reichs und der Spätzeit aus Teil el Amarna, Theben, dem Grabe des Petosiris bei Derwa
u. a. O. Ein Register (als Teil VI) ist nach Beendigung der Tafelpublikation geplant. Als Abschluß ist (als Teil VII)
ein Ergänzungsband in Aussicht genommen, der in typologischen Reihen die Realien, die sich auf den Tafeln dargestellt
finden, darbieten soll.
AUSFÜHRLICHER PROSPEKT (P833) STEHT ZUR VERFÜGUNG
VERLAG DER J. C. HINRICHS'SCHEN BUCHHANDLUNG IN LEIPZIG C 1
Beiliegend ein Prospekt des Verlags Chr. Kaiser in München.
Die nächste Nummer der ThLZ erscheint am 17. Dezember 1927.
Verantwortlich: Prof.D. E. Hirsch in Göttingen, Bauratgerberstr. 19.
Verlag der J. C. Hinrichs'schen Buchhandlung in Leipzig C 1, Blumengasse 2. — Druckerei Bauer in Marburg.