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1927 Nr. 24

Spalte:

565

Titel/Untertitel:

Jacobi Acontii Satanae Stratagematum libri VIII 1927

Rezensent:

Hirsch, Emanuel

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665

Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 24.

566

gegeben hätte als Ketteier, unter dessen Nachfolgern
sich noch einmal ein Schüler Tübingens, Haffner, befindet
. — P h. Funk teilt zwei Briefe eines hochbegabten
, aber frühverstorbenen Studenten mit, aus denen sich
„Ein literarisches Porträt von Kuhn, Hefele und Aberle",
den bedeutendsten katholischen Tübinger Theologen der
sechziger Jahre, ergibt.

Horb. O. Bosse rt.

Jacobi Acontii Satanae Stratagematum libri VIII. Curavit Gu.
Koehler. München: E. Reinhardt 1927. (XVI, 247 S.) 8°.
Diese Ausgabe druckt die Stratagemata Satanae
nicht nach der klassisch gewordenen, allen späteren
Auflagen zugrunde liegenden 2. Aufl., sondern nach der
1. Aufl. Da aber die 2. Aufl. sowohl in ihrem Urdrucke
wie in dem der Ausgabe von 1652 unter dem Strich verglichen
worden ist, ist das nichts als ein belangloser
Schönheitsfehler. Rechtschreibung und Zeichensetzung
sind maßvoll modernisiert, sonst ergeben die Stichproben
zuverlässigen Druck, aber Nichtverzeichnen der offenbaren
Druckfehler der verglichenen Ausgaben. Auch die
Seitenzahlen der verglichenen Ausgaben fehlen. Die
Ausgabe kann gleichwohl als brauchbar und, da sie beide
Texte bietet, sehr bequem empfohlen werden. Reicher
als die älteren Drucke ist sie auch durch die Hinzufügung
zweier sonst bekannt gewordenen Briefe des
Acontius zu dem einen, den die meisten älteren Ausgaben
bieten. Ärmer ist sie durch die Weglassung des
sehr nützlichen, ja bei der Unübersichtlichkeit des Werks
eigentlich unentbehrlichen alten Index.

Die Einleitung bietet einen kurzen Lebensabriß, ein
Verzeichnis aller dem Verf. bekannt gewordenen Drucke
und Manuskripte, sowie eine Aufzänlung aller wichtigeren
literarischen Erwähnungen aus älterer und neuerer
Zeit.

Zu letzterer kann ich zwei Ergänzungen geben, die ich den No- '
tizen einer alten Hand im Exemplar der Ausgabe von 1652, die das
Bonner Ev.-Theol. Seminar besitzt, entnehme. (Ich gebe aus diesen ;
Notizen nur das, was über Koehler hinausführt, und lasse vor allem
auch das aus den gleich angeführten Quellen Abgeschriebene weg): 1. !
Die Observationes selectae ad rem littcrariam spectantes, die in Halle
erschienen sind, geben Tom. VI (1702) observ. 25 p. 204—230 eine
Biographie des Acontius, die auch über den Streit um ihn Nachrichten
enthält. 2. Im Katalog der Bibliothek des Jac. Friedr.
Reimmann, Bd. I (Catalogus Bibliothecac Theologicae ... in Bi-
bliotheca Reimmanniana . . . Hildesiac 1731) p. 1074 f. sind eine
Anzahl von Streitäußerungen über Acontius verzeichnet, welche den
Ausgangspunkt für die Erforschung des Streits um Acontius in der
deutschen Theologie des 17. Jahrhunderts abgeben können.

Göttingen. E- Hirsch.

Friederlei, Dr. Georg: Das puritanische Neu-England.

Ein Beitrag z. Entwicklungsgesch. d. nord-amerikan. Union.
Halle a. S." M. Niemeyer 1924. (104 S.) gr. 8». = Studien über
Amerika u. Spanien. Völkerkundl.-histor. Reihe, H. 1. Rm. 3.60.
Die vorliegende Studie ist weniger eine geschichtliche Darstellung
als eine Charakteristik, die im Querschnitt die Besonderheit
der ersten Puritanerkolonien in Nordamerika vor Augen führen will.
In loser Aneinanderreihung werden Bilder vom Staats- und Rechtswesen
, vom Einfluß der Geistlichen, Bildungswesen, Handel, Schiffsbau
, Feldbau und Viehzucht, vor allem ausführlich vom Verhalten
gegenüber den Indianern, den Kriegen, dem Sklavenhandel usw.
entworfen. Dabei sind zwar keine neuen Quellen erschlossen worden
, aber der Verf. weiß aus seiner langjährigen, vortrefflichen
Kenntnis des amerikanischen Volkstums, im besonderen der Geschichte
der Indianer und aus der einschlägigen amerikanischen Literatur
mancherlei Einzelheiten beizubringen, so daß seine Darstellung nach
dieser Seite als Bereicherung der bisherigen Literatur anzusprechen ist.
Allerdings zeigt sich im Gesamtbilde zunächst eine wesentliche
Lücke: die kirchlichen Verbältnisse haben kaum eine Darstellung erfahren
und die wenigen Bemerkungen über Eigenart und Vorgeschichte
zeigen, daß dem Verf. die Fragestellungen und die Literatur unbekannt
sind. Weder die beste deutsche Darstellung der Kirchen Englands
im 16./17. Jahrb., Karl Müllers Kirchengeschichte (II, 2. 1917) noch
die ausführlichen Artikel in der Prot. Realenzykl. noch die Darstellung
der Kolonialgemeinden in Neu-England bei Burrage, Tbc
early english dissenters I 1912, 357 ff. sind benutzt. Vermutlich
hätte auch die mir unzugängliche Darstellung von J. A. Doyle, The
puritan colonies 2 Bde. 1887 zu Kenntnissen und Urteil verholten. Der
Verf. hätte dann das Festhalten der 1630 einwandernden Puritaner

an der Kirche von England als ihrer „teuren Mutter" besser würdigen
und sein ohnehin durch übermäßigen Gebrauch abgenutztes
grobes Geschütz („Unoffenheit und Heuchelei" S. 6) sparen können.
Diese Puritaner wollten, obwohl sie sich drüben eine eigene, neue
Verfassung geben mußten, tatsächlich keine Separatisten sein, ebenso
wenig wie Cartwright, auf den sie sich berufen (Burrage I 363), die
Staatskirche auflösen wollte. Das war ja einer der Gründe für
den Bruch mit Roger Williams.

Darüber hinaus hat aber die Studie als historische Leistung ihre
sehr empfindlichen Schranken. Neben dem Fehlen jeder entwicklungsgeschichtlichen
Darstellung — man bekommt weder von den
einzelnen Einwandererschiiben, noch vom Eingreifen der Krone, der
Entwicklung der Staatsverfassung, der Aufeinanderfolge der Indianerkriege
ein deutliches Bild — gebricht es ihr völlig an historischer
Psychologie. Sie ist mit erklärter Abneigung gegen ihren
Gegenstand geschrieben und hat die einzige Tendenz, das herkömmliche
, allzu ehrwürdige Bild, das man sich von den Pilgervätern
macht, zu zerstören. Nun besteht gar keine Veranlassung, irgend etwas
, vor allem die Grausamkeiten gegenüber den Indianern, das späte
Einsetzen einer Mission, Roheiten der Prediger usw. zu verschleiern.
Aber es muß doch 1. bemerkt werden, daß die eigentlich belastenden
Ereignisse Jahre, z. T. Jahrzehnte nach der Einwanderung der
„Pilgerväter" liegen, nachdem Massen aus England nachgeströmt
waren (bis 1640 etwa 10 000, vgl. W. Walker, History of congr.
churches in the U.S. p. 97). 2. Vergleicht man die vorliegende Darstellung
mit den Texten oder der vom Verf. höchst gerühmten, gelegentlich
aber in einer bedenklichen Sinnverdrehung benutzten (z. B.
S. 46 A. 2) Geschichte der Kolonisation von Neu-England von Talvj
(1847), so erweist sich schon bei Stichproben die böse Absicht nicht
selten als eingetragen. S. 14 vergißt F. zu erwähnen, daß die
Pilgerväter ihren Vorsatz, den im ersten Hungerwinter angeeigneten
Mais zu bezahlen, 6 Monate später, als sie zum erstenmale mit Indianern
zusammentrafen, auch ausführten (Talvj S. 87). Dasselbe zeigt
sich beim Vergleich von S. 64 und 69 mit Talvj S. 97 und 113.
Auch die Frage nach dem Ausbruch des Pequod-Krieges scheint mir
nicht so einfach zu liegen, wie sie sich der Verf. nach Aufgabe seiner
früheren Meinung jetzt vorstellt (S. 70ff.), vgl. Talvj S. 271 ff. Daß
der von den Kolonisten ausgestoßene, furchtlose Indianerfreund Roger
Williams sich mit allen Kräften auf die Seite seiner Landsleute stellt,
scheint mir auf die Gerechtigkeit dieses Krieges doch ein anderes
Licht zu werfen. 3. Vor allem fehlt es dem Verf. aber am ausreichenden
Verständnis für die religiöse Eigenart der Bewegung. Die
Beurteilung vollzieht sich im Ton des 18. Jahrhunderts und springt
nur zwischendurch gelegentlich in ungeschminkte Anerkennung um.
Anfangs wird ein finsteres Bild von der Betätigung der „Raubtierinstinkte
" und Heuchelei der Kolonisten und der Tyrannei der
„dünkelhaften, hochfahrenden und herrschsüchtigen" Geistlichen über
das „engherzig bibelversessene, dumme und abergläubische Volk"
entworfen. Man erstaunt dann nicht wenig, wenn kurz darauf eingeräumt
wird, daß diese Regierungsweise den „Regierungstisch den
besten Köpfen der Kolonie sicherte", daß es „gottesfürchtige, sittlich
hochs.ehcnde Männer von Weisheit und Mäßigung... Männer mit
staatsmännischem Blick" waren, die die Kolonie führten (S. 36),
und wenn dem heuchlerischen Hohenpriester von Neu-England John
Cotton unter dem Strich doch zugestanden wird, daß er „in seiner
Art tatsächlich ein hervorragender Mann und großer Charakter war"
(S. 28). Diese Art einer von seltenen, grellen Lichlblitzen unterbrochenen
Schwarzmalerei gibt überhaupt kein Bild von den dargestellten
Menschen. Eine Bewegung wie das Puritanertum zu würdigen
, erfordert doch ein etwas feineres, eindringenderes Urteilsvermögen
, neben allem Freimut einen Sinn für harte Grüße, am wenigsten
aber ein aufklärerisches Naserümpfen über die „Mucker", von
denen niemand „des Fleisches und der Sinne Lust haben wollte und
sollte" (S. 44). Wenn der Verf. theologische Belehrung über Calvinismus
und Puritanismus (z. B. K. Holl, J. Calvin 1909 oder Katten-
buschs Artikel „Puritaner" in der Realenzykl.) verschmäht, so mag er
sich doch wenigstens durch Troeltsch (Soziallehren S. 773 ff.) oder Max
Weber (Ges. Aufs, zur Religionssoziologie 1 84 ff.) ein besseres Verständnis
bilden lassen. Ich wünschte jedenfalls, daß der Verf., dessen Gerechtigkeitssinn
in seinem Eintreten für die unterdrückten Indianer
j aufs höchste zu ehren ist, mein Plaidoyer zum Anlaß nähme, uns im
Verlauf seiner Darstellung des „Charakters der Entdeckung und Eroberung
Amerikas durch die Europäer" (I 1925) ein gerechteres und
maßvolleres Bild von den Anfängen dieser puritanischen Kolonien zu
zeichnen. Es wäre zu bedauern, wenn dieses Werk, von dem man bei
der Sachkunde des Verf.s so viel erwarten darf, von vornherein mit
einem so schwerwiegenden Mangel belastet ans Licht träte.
Gießen. Heinrich Bornkamm.

Wotschke, D. Dr.Theodor: Löschers Beziehungen zu Schlesien.

Sonderabdr. aus d. Correspondenzblatt d. Vereins f. Geschichte d.
evangel. Kirche Schlesiens, Bd. XVIII, H. 2. Liegnitz: O. Heinzc
1926. (S. 208 -285.) 8U.

Auf grund einer großen Reihe von Briefen schlcsischcr Geist-
I licher an V. E. Löscher zeichnet W. ein hübsches kleines Bild aus der