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Ausgabe:

1927

Spalte:

529-531

Autor/Hrsg.:

Grant, Frederick C.

Titel/Untertitel:

The economic Background of the Gospels 1927

Rezensent:

Dibelius, Martin

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Theologische Literaturzeitung

Begründet von Emil Schürer und Adolf von Harnack

Herausgegeben von Professor D. Emanuel Hirsch unter Mitwirkung von
Prof. D. Dr. G. Hölscher, Prof. D. Hans Lietzmann, Prof. D. Arthur Titius, Prof. D. Dr. G. Wobbermin

Mit Bibliographischem Beiblatt in Vierteljahrsheften, bearbeitet von Priv.-Doz. Lic. theol. Kurt Dietrich Schmidt, Göttingen
Jährlich 26 Nrn. Bezugspreis: halbjährlich Rm. 18—. — Verlag: J. C. Hinrichs'sche Buchhandlung, Leipzig.

jjT> | > »j f} Manuskripte und gelehrte Mitteilungen sind ausschließlich an Professor D. Hirsch in Göttingen, |T> Mrkvomhpr 1077

OL. JSiirg. Im. Lo. Bauratgerberstr. 19, zu senden, Rezensionsexemplare a us s c h 1 i eß I i c h an den Verlag. '£" nUVclIlDCr lyLi.

Spalte

Graut: The economic Backgronnd of the
Gospels (Dibelius).............529

L e e u w e n : Paulus' Zendbrieven an Efeze,
Colosse, Filemon en Thessalonike
(Windisch).................531

v. Soden: „Schriften des Neuen Testaments
". Schlüssel (Dibelius)........533

Merk: Der armenische Irenaeus Adversus
Haereses (Ficker).............533

Salin: Civitas Dei (Dibelius).......534

Hausherr: La Methode d'Oraison
Hesychaste (Koch).............537

Spalte! Spalte
Wenn er: Die Rechtsbeziehungen der Zwingliana (Bossert)...........544

Mainzer Metropoliten zu ihren sächsischen

Suffraganbistiimern (Ficker)........53S

Hoepffneru. Alfaric: La Chanson de

Sainte Foy (Koch).............539

Strunz: Albertus Magnus (Betzendörfer). 540
Helgason: Islands Kirke fra dens Grund-

laeggelse til Reformationen (Hirsch) . . . 541
Urkunden und Akten des Württembergischen

Staatsarchivs (Bossert)...........542

B r a n d i: Deutsche Reformation und Gegenreformation
(Hashagen)..........543

Stolze: Bauernkrieg und Reformation
(Schornbaum)................545

H o 1 m q u i s t: Die schwedische Reformation
1523 — 1531 (Hirsch)...........545

Palmer: Heretics, Saints and Martyrs
(Köhler)..................546

Ellinger: Angelus Silesius (Hirsch) . . . 546

Schrempf: Sören Kierkegaard (Ders.) . . 548
Leese: Von Jakob Böhme zu Schelling

(Heyken).................. 550

Erklärung (Wobbermin)........... 550

Gran t, Frederick C.: The economic Background of the Gospels. in Judäa seit der Absetzung des Archelaus) und der geLondon
: Oxford University Press 1926. (156 S.) 8°. sh. 1/6. j setzlich-sakralen. Daß diese Leistungen nicht nur hei-
Den wesentlichen Teil des Buches nimmt eine lige Theorie waren, sondern auch wirklich vollbracht
Untersuchung der wirtschaftlichen Bedingungen Palä- wurden, wird von G. mit einer Anzahl guter Gründe be-
Stinas zur Zeit Jesu ein. Es werden die Gründe für einen j legt, während zur Illustration der wirtschaftlichen Verrelativen
Wohlstand genannt, und diese Ausführungen hältnisse die betreffenden Abschnitte aus dem Aristeas-
werden gestützt durch einen einleitenden Teil über die brief und der Steuertarif von Palmyra aus dem Jahre
vorangehenden Jahrhunderte. Im allgemeinen scheint 137 n. Chr. in Übersetzung beigegeben sind,
mir dabei ein wenig zu stark von der Oberschicht aus ge- Aus diesem Material wird nun die These von der
schlössen zu werden. Der Hinweis, daß die Kriege der wirtschaftlichen Bedingtheit der jüdischen Apokalvptik
Makkabäer und die Bauten des Herodes einen gewissen gewonnen. Hier ist vieles richtig gesehen und manches
Wohlstand zur Voraussetzung haben, besagt ja doch nur sonst Übersehene zur Geltung gebracht. So freue ich
für die Herrscherfamilie etwas. G. muß selbst zugeben, mich besonders, den Gedanken ausgesprochen zu fin-
daß sofort nach dem Tod des großen Herodes die Kla- : den, daß die von Josephus so genannten Räuber der
gen und Beschwerden nicht nur politischer, sondern nachherodianischen Zeit messianische Aspirationen hat-
auch wirtschaftlicher Art einsetzen; man muß also an- ten; sonst würde nicht das Streben nach der Königsnehmen
, daß die Beschwerdeführer vorher nur aus Angst würde von ihnen berichtet werden. Auch der Hinweis
vor dem König geschwiegen haben, nicht aber weil sie auf den wirtschaftlichen Optimismus der Testamente der
nichts zu klagen hatten. Gerade die frommen apoli- 12 Patriarchen ist wichtig, wenn auch der angeführte
tischen Juden der Herodes-Zeit dürften an dem Wohl- Grund — Abfassung in einer- wirtschaftlich günstigen
stand der „weltlichen" Kreise wenig Anteil gehabt kurzen Zeit unter Johannes Hyrkanus — angesichts der
haben. Für die Zeit Jesu hat G. richtig hervorgehoben, i Datierungsschwierigkeiten dieser Literatur nicht ohne
daß alle Bedingungen wirtschaftlichen Wohlstands immer weiteres überzeugen kann. Im allgemeinen aber muß die
durch besondere Verhältnisse dieses Landes und Volkes These von der wirtschaftlichen Bedingtheit der Apoka-
wieder eingeschränkt werden. Es herrscht eine wirt- lyptik überhaupt durch die Erwägung eingeschränkt
schaftliche Autarkie, aber der Überschuß der Produktion werden, daß die jüdische Eschatologie nicht einfach auf
über den Konsum ist nur gering. Der Handel wird durch Wohlstand, sondern auf Recht-Erhalten durch Gott be-
die Lage gefördert, aber durch religiöse Bedenken ge- dacht ist. Sie kann nicht als ein ins Jenseits verdrängter
hemmt. Das Land bringt weder Edelmetall noch Luxus- Eudämonismus erklärt werden, so gewiß solche eudä-
gegenstände hervor, und so kann es sich auch bei den monistischen Motive bei ihrer Ausgestaltung eine Rolle
Reichen zumeist nur um einen patriarchalischen Wohl- spielen.

stand handeln. Auch hier würde ich scheiden: die Evan- In dem letzten Teil der Schrift werden dann die

gehen mindestens kennen nur den bäuerlichen Klein- Folgerungen für das Verständnis des Evangeliums ge-

betrieb, mit wenig Sklaven oder auch mit Lohnarbeitern, zogen. Dieser Teil ist nicht sehr ergebnisreich; die un-

aber das ist der Zustand in den Kreisen und Gegenden, aktivistische Haltung Jesu und auch des Täufers wird

in denen Jesus wirkt. Es erscheint mir sehr möglich, daß im wesentlichen richtig geschildert und aus der Über-

es etwa in Tiberias, das wohl nicht zufällig in den Evan- lieferung belegt. Die Farbigkeit des Bildes würde auch

gehen nie als Schauplatz eines Vorgangs genannt wird, hier größer sein, wenn Patriarchalismus und Radikalis-

als in der eigentlich modernen Stadt, wo auch religiöse mus besser unterschieden würden; nach meinem Gefühl

Bedenken nicht so starkes Gewicht hatten, die Verhält- werden Evangelium und Jakobusbrief allzunahe an ein-

nisse durchaus andere waren. Als Gründe für die trotz ander gerückt; gerade die knappe Selbstverständlichkeit,

allem zu bemerkende wirtschaftliche Krise nennt G. vor mit der das Evangelium die Loslösung von der Welt bei
allem zwei: die Übervölkerung des Landes, die — natür- ; Jesu persönlichen Schülern vor sich gehen läßt, bezeugt

hch nur im Verhältnis zu der primitiven Wirtschaftsweise einen Radikalismus, mit dem der Jakobusbrief wenig
— sehr wahrscheinlich gemacht wird; sodann das System : zu tun hat. Nur darf man natürlich nicht mit dem Verf

' Nder doppelten Besteuerung, der staatlichen (wenigstens darauf verweisen, daß Zebedäus ja nichts gegen die

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