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Ausgabe: | 1927 Nr. 22 |
Spalte: | 518-521 |
Autor/Hrsg.: | Souter, Alexander |
Titel/Untertitel: | The earliest latin commentaries on the epistles of St. Paul 1927 |
Rezensent: | Loofs, Friedrich |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 22.
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Judentum 1905"), wenn er in dem Gewichtlegen auf
das öffentliche Bekennen noch etwas Heidnisches erblickt
. Jahve ist eifersüchtig auf seine Ehre und öffentliche
Anerkennung. Wer ihm durch lautes Sündenbe-
kenntnis diese Ehre öffentlich gibt, an dem braucht er
sich nicht durch gewaltsame Demütigung als der Allerhabene
zu erweisen. Ist das nicht im Grunde dasselbe
Motiv, das wir bei David finden, der da hofft, durch
Selbstdemütigung in Beten und Fasten die gewaltsame
Heimsuchung von Seiten Jahves abzuwenden? (2. Sam.
12, 16. 13 f.). — Auch Anderes fällt auf. Daß in 1. Kön.
19( Qb_iia Und 14 die Klage des Elia („ich habe geeifert
um Jahve usw.") 2 mal erscheint, ist gewiß nur
der Liederlichkeit des Abschreibers zu danken. Die Rede
des Elia ist erst nach der Erscheinung Jahves und seiner
Frage an Elia am Platz, als Antwort und Begründung
seiner Reise zu Jahve, aber nicht schon mit denselben
Worten vorher. Auffallend, daß Hempel (S. 43) das
augenscheinlich nicht annimmt. Wenn er aus dem Lallen
der Säufer, die dem Lautieren der Schüler nachahmen,
Jes. 28, 10 (S. 104) eine Nachäffung ekstatischen
Lallens findet, so ist das wohl kaum zutreffend.
Der Verfasser will die „literar-kritische" und „religionshistorische
" Methode nicht ablösen, sondern beide
vereinen und weiter führen (V). Das ist zu loben. Doch
habe ich den Eindruck, als ob die erste doch etwas zu
kurz gekommen sei. Wenn er Nahum 1, 2 ff. als profe-
tische Worte gibt, wo es sich doch anerkanntermaßen
um einen in das erste Nahumkapitel eingearbeiteten
Psalm handelt (S. 13) oder das der Jungfrau Zion in
den Mund gelegte Spottlied (Jes. 37, 22 ff.) dem Jesaja
zuschreibt, obwohl die in ihm gerügte Prahlerei des
Assyrers, daß er alle Bäche Ägyptens mit der Sohle seiner
Füße austrocknete, frühestens in den Mund des
Assarhaddon paßt — und zwar kaum vor 675 (siehe
meine Jesajaerzählungen Jes. 36—39 S. 87 ff.), oder
wenn er meint, daß in den Genesissagen, die wir doch
erst aus der Königszeit besitzen, ein vormosaisches Religionstypus
vorliege (S. 149) und nicht die „Religion
der Sammler der israelitischen Königszeit" (Gunkel,
Genesis11 S. LXXIX) u. a. m., so darf man Bedenken
äußern. — Vielfach wird mit Gewißheit, mit „Sicherheit"
gerechnet, wo ein vorsichtiges „vielleicht" am Platz ist,
zumal da der Verfasser sich doch an gebildete „Laien"
wendet, die nicht im Stande sind, die Sache nachzuprüfen
. Daß Jesaja 14, 4 ff. sich gerade auf den Sturz
des Naboned bezieht und Umarbeitung eines der Höllenfahrt
Istars verwandten Textes bietet, ist ebenso wenig
„sicher" wie daß die Erwähnung des dritten Tages Hos.
6, 1 ff. („nach 2 Tagen wird er uns beleben, am dritten
Tage aufstehen lassen") „auf eine mythische Grundlage
zurückweist" (S. 56 f.). Man sollte auch nicht so glatt
vom „alten Dekalog" (Ex. 20, 2ff.) reden, als ob dessen
Alter, wohl gar mosaische Herkunft erwiesen wäre. Das
Gegenteil ist der Fall. — Ich breche ab. Meine Ausstellungen
sollen und werden ja zeigen, daß ich den
Darlegungen des Verfassers mit großem Interesse gefolgt
bin und es sehr verdienstlich finde, daß er diesen
wichtigen Gegenstand behandelt und zwar in vieler Hinsicht
förderlich behandelt hat.
Bonn. i Johannes Mein ho Id.
Marge. Iis, Max L. and Alexander Marx: A History of the
Jewlsh people. Philadelphia: The Jewisli Pnblication Society of
America 1Q27. (XXII, 752 S. m. Tab. u. Ktn.) 8».
Das wiedererwachte jüdische Nationalgefühl betätigt
sich zur Zeit wiederholt in Darstellungen der jüdischen
Gesamtgeschichte von den ersten Anfängen bis
zur letzten Gegenwart. Neben das Hauptwerk dieser
Art, die auf 10 Bände angelegte Weltgeschichte des
Jüdischen Volkes von Dubnow (vgl. diese Zeitung
1926 Nr. 21) tritt als jüngstes Parallelwerk die in
einem Band zusammengefaßte Geschichte des Jüdischen
Volkes von Margolis und Marx.
Der Riesenstoff ist auf 5 Bücher verteilt: Buch I, Kap. 1—35,
reicht von den Erzvätern bis zum Erlöschen des Patriarchats, 2000
' v. Chr. bis 425 n. Chr., S. 1—230; Buch II, Kap. 36—42 das östliche
Zentrum bis zum Aufhören des Gaonats 175—1038, S. 231—283;
Buch III, Kap. 43—63, die westeuropäischen Zentren bis zur Vertreibung
der juden aus Spanien, 139 v. Chr. bis 1492, S. 284—476;
Buch IV, Kap. 64—78, das Auftauchen neuer Zentren bis zur französischen
Revolution 1492—1786, S. 477—599 und endlich Buch V,
Kap. 79—98, das Zeitalter der Emanzipation 1787—1925, S. 600—737.
Auf wissenschaftlicher Grundlage, aber ohne gelehrten
Ballast wendet sich das neue Werk in angenehmem
Stil an den Laien und Studenten (S. VI). Der
Standpunkt ist — wenigstens gilt das für die klassische,
d. i. die vorchristliche Periode der Geschichte Israels —
stark konservativ; man vergleiche z. B. das Kapitel über
Mose. Aber im Übrigen wird man gern anerkennen,
daß die beiden gelehrten Verfasser bemüht gewesen sind,
die Geschichte ihres Volkes, „in a manner as dispassio-
nate and detached as possible" (S. VI) zu erzählen. Das
trifft auch auf die Kapitel 30 und 31, in denen die Ursprünge
des Christentums berührt werden, zu. Von der
gleichen Ruhe und Sachlichkeit sind auch die letzten
Kapitel beherrscht, die sich mit der jüngsten Geschichte
Israels beschäftigen. Das Buch beginnt mit der ersten
Einwanderung Israels in Kanaan und schließt mit der
Gründung der jüdischen Universität in Jerusalem. Eine
sehr willkommene Beigabe des nützlichen Werkes, zu
dem man den beiden Verfassern gratulieren kann, bilden
die eingehenden GeschichtstabelTen von 2000 v. Chr.
I bis 1925 n. Chr.
Heidelberg. Georg Beer.
Souter, Alexander: The earliest latin commentaries on the
eplstles of St. Paul. A Studv. Oxford: Clarendon Press 1927.
(X, 244 S.) sh. 15/-.
Professor D. Dr. Souter in Aberdeen, der Herausgeber
des Pelagius-Kommentars (vgl. diese Zeitung
1926, Sp. 591 ff.), ist, wie vielleicht kein zweiter, geeignet
, Wertvollstes über die ältesten lateinischen Kommentare
zu den Paulinischen Briefen mitzuteilen. Es
wird schwerlich einen Latinisten geben, der die lateinische
Literatur und die lateinische Sprache der Zeit,
der diese Kommentare entstammen, besser kennte, als er;
sicher keinen, der zugleich über ihre handschriftliche
Überlieferung gleich gut unterrichtet ist. — Er weist auch
in der Einleitung dieses Buches (S. 6) wieder darauf
hin, daß ihm „a specifically theological training" fehle.
Aber er ist nicht umsonst 8 Jahre Professor des
neutestamentlichen Griechisch am Mansfield - College
j in Oxford gewesen; wir Theologen müssen ihm
nachrühmen, daß er auf exegetischem und dogmengeschichtlichem
Gebiete wahrlich kein Laie ist. Und
mehr als wissenschaftliches Interesse bringt er
dem Stoff entgegen. „I approach", so bemerkt er in der
erwähnten Einleitung (S. 2), „the investigation that is to
follow as a Christian believer, yielding to none in his
sense of the value of Scripture study for all", über die
Paulinischen Briefe sagt er nicht nur, was wenige überraschen
, wenn auch nicht aller Zustimmung finden wird,
daß sie für die Nicht-Juden innerhalb der in der griechisch
-römischen Kulturtradition stehenden Christenheit
der für christlichen Glauben und christliches Leben
wichtigste Teil der Hl. Schrift seien (S. 2); er wagt
auch das Urteil: „I do not hesitate to say that in my
opinion they are the most valuable writings in the
world" (S. 3). Daß seine Studien seit 28 Jahren sich
im besonderen den lateinischen Kommentaren zu den
Paulusbriefen zugewendet haben, erklärt er damit, daß
diese Arbeit „was the field where mv two greatest inter-
ests, St. Paul and Latin, converged" (S. 6).
Dies sein Buch gibt in erweiterter Form Vorlesungen
wieder, die er auf Grund einer Universitätsstiftung
zuerst (1910/11) in Oxford, dann, umgearbeitet
aus ähnlicher Veranlassung im Dezember 1924 in Prin-
ceton, U. S. A., vor einer Hörerschaft gehalten hat, der