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Ausgabe:

1927 Nr. 21

Spalte:

486

Autor/Hrsg.:

Jeremias, A.

Titel/Untertitel:

Buddhistische und theosophische Frömmigkeit 1927

Rezensent:

Franke, R. Otto

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Seite 1

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485 Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 21. 486

Wird es nicht deutlich, daß der Begriff des Christentums Daß er sehr solide Gesichte begehrt, geht aus einer

sich beim Verf aus Quellen speist, in denen die Gesichte Kritik der Gebetslehre Schi.'s hervor: „Alles was im

die Oberhand über das gehörte Wort gewonnen haben? Gebet hierüber" — nämlich über Gebete, die selber

Den Abschluß bildet die Darstellung der schon Erfüllung sind — „hinausgeht, wo der Einzelne
„Grundlagen und Schlüsse". Zunächst wird unter der i einmal um natürliche Dinge bittet, wobei allein
Überschrift Typologie noch einmal eine Reihe prinzi- die Erfahrung der Erhörung oder Nichterhörimg
pieller Fragen angeschnitten, die hier und da die Ab- gemacht werden kann, wird abgeschnitten" (Sperrungen
sichten des Verf s deutlicher sichtbar machen. Wir hören. stammen von mir). — Neben Schleiermacher muß Kant
daß er , nicht nur einzelne Linien des Bildes, sondern die vor Anderen sich einige Zurechtweisungen von dem
ganze Atmosphäre, die Stimmung, die Färbung, Tönung Verf. gefallen lassen. Nach einem losgerissenen Zitat
und Temperatur" miterfassen will. Die rassenmäßigen aus dem „Streit der Fakultäten": „So denkt der über
Bedingungen von Idealismus und Christentum werden die Gnade, den man den Philosophen des Protestantis-
ausführlich erläutert, die Zusammenhänge zwischen Idea- mus nennen zu können glaubte! Difficile est satiram non
üsmus und Mvstik unterstrichen. Eine „Zusammen- scribere" (Das ist kein Zusatz von mir). „Kants Einfassung
" gruppiert sich um drei Beziehungen, die im fahigkeit, Tatsachen des religiösen Lebens richtig zu
Christentum Gegensätze, im Idealismus Identitäten sind: beobachten und zu deuten", läßt den Verf. nach einem
Gott-Welt Christus-Geschichte, Geschichte-Ewigkeit. In andern Repräsentanten der protestantischen Sache Aus-
solchen Allgemeinheiten bewegt sich auch die weitere schau halten: „Wenn der König, der oberste Bischof,
Erörteruno- Das Gemeinsame unter den idealistischen durch Kants Religionsschrift Christentum und Kirche
Gruppen soll der Gegensatz zum Christentum sein. Ein , für gefährdet hielt, so ist die Maßregelung zwar be-
andermal erscheint der eigentliche Idealismus als ethisch, dauerlich, die Besorgnis aber sehr verständlich und
der Realismus als religiös, das Christentum als religiös- jedenfalls von mehr Verständnis für das Christentum
ethisch. Innerhalb des Christentums verhalten sich Prote- zeugend, als wenn man Kant zum Philosophen des
stantismus und Katholizismus zueinander, wie sich die Protestantismus ernennt." — Bei Goethe wird das Geeinzelnen
idealistischen Gruppen zueinander verhalten. bet zur „Dekoration"; oder ein „Glückwunsch zur ak-
Luther und Thomas stehen sich näher als Luther und tiven Hilfeleistung". Nach solchen Ergüssen ist ein
Goethe. Darüber wird man vielleicht nicht rechten; aber 1 beruhigendes Schlußwort begreiflich: „Man glaube nicht,
wozu dienen solche Allgemeinheiten? Ein kritischer daß die Wahrheit schädlich wirkt. Aber wenn man das
Abschnitt macht den Beschluß, eine breite Besprechung doch meinen sollte, so wäre es vielleicht gerade für das
der Literatur. deutsche Volk, das in besonderem Maße dem Suchen der

Daraus sowie aus einigen anderen Abschnitten gebe Wahrheit gedient hat, ein würdiger Untergang daran zu

ich noch einige Stil proben. Nach der Kritik R. See- zerbrechen".

bergs heißt es: „Ich bin mir bewußt, daß es bei man- j Zum Schluß noch eine Frage. Christentum und
chen einen schlechten, vielleicht auch lächerlichen Ein- ' Idealismus stellen sich dem Verf. als „zwei großartige
druck machen kann, wenn ein homo novus in einer so Stile" heraus. Dadurch, daß sie sich ausschließen, entbedeutenden
Frage gegen einen der namhaftesten Ge- '< steht zwar eine „tragische Situation", der es indessen an
lehrten der Wissenschaft polemisiert. Ich muß hier den dem versöhnenden Schluß nicht fehlt: „Wenn ... der
schlechten persönlichen Eindruck auf mich nehmen Christ die Freundschaft nicht wollen kann, so sollte
. . . und muß sagen: entweder ist in meiner Arbeit kein 1 er allerdings den Idealisten deshalb doch nicht weniger
einziges Wort richtig, oder im Jahre 1925 ist an der schätzen." Wie paßt dazu, was der Verfasser im Vorwort
Universität der Reichshauptstadt eine Festrede gehalten ausführt: „Mein Feind ist das Laue"?
worden, deren Einstellung völlig veraltet und durch und | Bremen. H. Knittermeyer.

durch falsch ist". Gogarten wird „Unterschätzung der j -

Ethik und der Geschichte" vorgeworfen. Barth ist als
„Bußprediger wichtig", aber dennoch ein „Ketzer", „der
die allgemein nachsichtige Haltung nur dem tolerant-
humanitären Gepräge unserer Zeit zu verdanken hat,

Jeremias, Prof. D. Dr. A.: Buddhistische und theosophische
Frömmigkeit. Mit e. zusammenfass. Einl. über d. Wesen d. Frömmigkeit
u. über d. Verb. d. Religion z. christl. Frömmigkeit. Leipzig:
J. C. Hinricbs 1Ö27. (44 S.) 8". = Religionswissenschaftliche
das sehr' wesentLlclf auf den deutschen Idealismus ZU- | Darstellungen f. d. Gegenwart von Alfred Jeremias, H. 1.

ruckgeht". „Erst seit Schleiermacher ist es möglich, ! Djes Schriftchen ^ unserc Erken ( ^

daß em großer Theologe offen und fast ungerügt die dern Es ballt sidl der Hauptsache nach auf einer Anzahl von Ein-

cnnstliche Enderwartung bestreitet. — Luther, P. Ger- ?eiheiten auf und ist, mindestens was das Buddhistische anbetrifft

hardt und Bach werden als „große und schöne Erschei- , nicht einmal glücklich oder auch nur immer korrekt,

nungen", als „Blüten des Christentums" bezeichnet. — Königsberg i./Pr. R. Otto Franke.

Der Gegensatz zwischen Hegel und Schleiermacher wird_____

nach einigen Bemerkungen über die Verwandtschaft zwi- Königl Eduard: Der doppelte Wellhausenianismus im Uchte
sehen Hegel und Hebbel und nach dem Verweis auf ein j meiner Quellenforschungen. Ein Rückblick auf meine Mitarbeit
Buch, das Verwandtschaften zwischen Hebbel und • im Gebiete der Sprach- und Religionswissenschaft. Mit Bildnis d.
Schleiermacher aufweist, durch den Schluß aus der Welt j Verfassers. Gütersloh: C. Bertelsmann 1Q27. (52 S.) gr. 8°.
geschafft: „Hier zeigt sich nun, daß, wenn zwei Größen Rm. 2—.
einer dritten gleich sind, sie auch untereinander gleich Obertitel und Untertitel d ieser Schrift decken sich
sind". — Besonders hat es Schleiermacher dem Verf. , nicht ganz. Während der letztere auch des Verfassers
angetan. „Es ist auch hier die fast unglaubliche Fähig- viele und z. T. sehr umfangreiche Werke zur semitischkeit
nicht nur mit den christlichen Begriffen Ball zu hebräischen Grammatik und Lexikographie berücksich-
spielen, wie das Fichte, namentlich aber Schelling und tigt, hat jener nur seine Veröffentlichungen über die alt-
Hegel tun, sondern mit ihnen tatsächlich den Anschein testamentliche Literatur und Religion im Auge. Offenbar
einer christlichen Atmosphäre zu erzeugen". „Mit" — hält der Verfasser diese für die wichtigeren und betrach-
semer Theologie — „hat er nicht nur sich selbst, sondern tet jene als Vorarbeiten zu diesen. So soll hier über
auch andere getauscht; denn es ist doch schließlich so, seine sprachwissenschaftlichen Schriften nur dies gesagt
daß der Christ mit seinem Glauben und seiner Hoff- werden, daß niemand ihm das Recht streitig machen
nung von Schi, einfach angeführt wird, und es wäre wird, mit einem gewissen Stolz darauf zurückzublicken
wahrer und barmherziger zugleich, wenn er ihm sagte: < Alttestamentler mit so umfassenden semitischen Kennt-
laß alle Hoffnung fahren, Gott schauen wirst du nie, nissen, wie sie der Verf., der mit einer allgemein-sprach-
und noch mehr: gib deinen Glauben auf, der Gott, den wissenschaftlichen Arbeit und mit einer Studie zur äthio-
du glaubst, existiert nicht". Wenn man nur wüßte, was pischen Grammatik begonnen hat, besitzt, gibt es nicht
der Verf. mit seinem Glauben und seiner Schau erhofft? mehr viel. Ja, auch die Alttestamentler die wie er es