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Ausgabe:

1927 Nr. 18

Spalte:

427-428

Autor/Hrsg.:

Schlund, Erhard

Titel/Untertitel:

Handbuch für das franziskanische Deutschland 1927

Rezensent:

Lempp, Eduard

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Seite 1

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427

Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 18.

428

Vater sitze im Himmel auf einem Stuhle und Gott Sohn auf einem
andern; Hebert aber glaubt nicht an Stühle im Himmel." Als jedoch
dieser seinen Symbolismus in dem vielbesprochenen Zwiegespräche
„Souvenirs d'Assisi" (gedruckt in der „Revue Blanche. 1902") neuerdings
vortrug und zugleich die Auferstehungsberichte in Visionen, die
Persönlichkeit Gottes in einen Mythus auflöste, ward seine Stellung
in der Kirche unhaltbar. Eindringlich mahnte ihn sein alter Freund
Duchesne, nachzugeben und ja nicht mit der Kirche zu brechen, sondern
den Grundsatz Gabriel Naudes, Sekretärs des Kardinals Mazarin,
zu beherzigen: „Intus ut libet, foris ut moris est." Hebert widerstand
unerschütterlich aller Versuchung, ja er veröffentlichte eben in der
kritischesten Zeit einen Aufsatz über die herkömmlichen Gottesbeweise
unter dem Titel: „La derniere Idole" in der „Revue de
Metaphysique et de Morale 1902" und einen weiteren Artikel „La
faillite du Catholicisme despotique" in der „Revue Blanche 1903".
Seiner Stelle in der Ecole Fenelon enthoben, legte er zum äußeren
Ausdrucke seines inneren Bruches mit der Kirche das geistliche Gewand
für immer ab und laisierte sich. Gänzlich mittellos, verdiente
er, bei seiner frommen Schwester wohnend, durch Stundengeben
seinen kärglichen Lebensunterhalt, bis ihm einer seiner früheren Schüler
eine Stelle in der Buchführung seiner an der belgischen Grenze gelegenen
Fabrik anbot. Er nahm nun seinen Aufenthalt in Brüssel
(1903—7), wo er für die Arbeiter Vorträge über die Dogmen hielt,
welche 1906 unter dem Titel: „Evolution de la Foi Catholique" in
2 Bänden erschienen. Da er in den Arbeitern „die Herrn der Zukunft
" erblickte, so trat er auch ihrer Partei bei. Doch waren seine
Vorträge nicht beliebt unter ihnen; man fürchtete, er könnte die
Religion zu neuem Leben in ihnen erwecken. Nach Paris zurückgekehrt
, entfaltete er in Zeitungen und Zeitschriften eine rege literarische
und journalistische Tätigkeit; da er aber für seine Beiträge
niemals etwas erhielt oder forderte, sondern tatsächlich aus reinem
Idealismus schrieb, so blieb seine Lage kümmerlich nach wie vor, —
„scio penuriam pati", sagte er selbst. Das Einzige, was er vom
Kirchenglauben bis zuletzt zäh festhielt,, das war seine unerschütterliche
Hoffnung auf ein künftiges Leben, worüber er in einem Aufsatze
„Sur la vie future" im „Coenobium 1915" handelte. Er starb
am 12. Febr. 1916 an den Folgen einer Operation; seinem Wunsche
gemäß ward sein Grabmal mit der Inschrift versehen: „In spe".
Salomon Reinach sagte in seinem Nachrufe auf ihn, man werde die
französische Geistesgeschichte des beginnenden 20. Jahrhunderts nicht
schreiben können, ohne der Persönlichkeit Marcel Heberts und ihres
Einflusses zu gedenken. An der Hand zahlreicher Briefe, darunter
solcher Duchesnes und des Kardinals Amette, zeichnet Houtin in
vorliegender Schrift mit gewohnter Meisterschaft und unverkennbarer
Wärme das Leben des edlen Mannes und unverwüstlichen Idealisten.
München. J. Schnitzer.

Schlund, Dr. P. Erhard, O. F.M.: Handbuch für das franziskanische
Deutschland. Auf Grund amtlicher Quellen im Auftr.
d. Ordensobern hrsg. München: Dr. F. A. Pfeiffer 1926. (XIX,
(26S S.) 8°. Rm. 8—.

Neben das geschichtliche Handbuch des Franziskanerordens
von Holzapfel tritt hier ein statistisches
Handbuch, das als Ergänzung zu Kroses kirchlichem
Handbuch für das katholische Deutschland gedacht ist.
Es enthält nach dem Stand vom 1. Januar 1926 eine
genaue Statistik über die Niederlassungen und Tätigkeitsgebiete
des Gesamtordens. Die mit viel Mühe
und großer Sorgfalt und Genauigkeit erhobenen Namen
, Zahlen und Rubriken geben ein sehr interessantes
Bild von der hingebenden und eifrigen Tätigkeit dieses
populärsten Ordens der katholischen Kirche. Zur Darstellung
kommt der 1. Orden nach seinen 3 Zweigen
der Franziskaner (früher Observanten), der Minoriten
(Conventualen) und der Kapuziner, dann der 2. Orden,
die Ciarissen, dann die große Menge des 3. Ordens,
dessen bloße Zahlen und Namen einen Begriff davon
geben, in welchem Maß der Orden es versteht, die
Laienwelt zu umspannen und in seinen Geist einzuführen
, dabei werden unterschieden regulierte Tertiarier
(Männer und Frauen), weltliche Vereinigungen des 3.
Ordens und 3. Orden für Weltleute bis zum akademischen
Franziskusbund und der franziskanischen Jugendbewegung
. Eine Gesamtübersicht zum Schluß gibt
innerhalb des deutschen Reiches

für den 1. Orden in 156 Klöstern 2757 Mönche

„ „ 2. „ „10 „ 245 Nonnen

,, ,, 3. „ (Männer) ,, 60 Niederlassungen 736 Mitglieder
(Frauen) „2164 „ 25639

Weltliche Vereinigungen des 3. Ordens in 242 Niederlassungen 810
Schwestern, 3. Orden für Weltleutc in 2181 Gemeinden 282 457 Mitglieder
.

Die Tätigkeit des 1. Ordens besteht in der Hauptsache
in der außerordentlichen Seelsorge (Missionen,
Exercitien, Beichthören etc.), die des 2. Ordens in beschaulichem
Leben in strenger Klausur, die des 3.
Ordens hauptsächlich in charitativer Tätigkeit auf allen
möglichen Gebieten, in Erziehungs- und Rettungsanstalten
, in Krankenhäusern und Hauspflege, Leitung von
Erholungsheimen und Exercitienheimen u. a.

Stuttgart. Ed. Lempp.

Berg, Prof. Dr. theol. Ludwig: Die katholische Heidenmission
als Kulturträger. Mit Buchschmuck v. Heinrich Flaam. 3 Bde.
I. Bd. (Tl. 1—6): XII, 382 u. XXII S.; II. Bd. (TL 7 u. 8):
VII, 388 u. XX S.; III. Bd. (Tl. 9 u. 10): VII, 300, XI S. u.
e. Anhang. 2. Aufl. Aachen: Aachener Missionsdruckerei 1927.
= Abhandlungen aus Miss.-Kde. u. Miss.-Gesch., H. 29—31.

I. Bd.: in Hlwd. geb. Rm. 6.80;
II. Bd.: in Hlwd. geb. Rm. 5.90;
III. Bd.: in Hlwd. geb. Rm. 4.40.

Seit 1897 veröffentlichte der protestantische Missionsgelehrte
James Dennis in New York ein umfangreiches
, dreibändiges Werk von 1629 Seiten „Christian
Missions and Social Progreß", wozu die „Centennial
| Survey of Foreign Missions" desselben Verfassers 1902
auf 400 Seiten Quart einen großartigen statistischen
Atlas lieferte. Merkwürdiger Weise scheint dies bedeutende
Werk dem katholischen Missionsgelehrten bei der
Abfassung seines analogen Werkes unbekannt geblieben
zu sein. Was will er? Die Weltmission des Christentums
ist unlöslich verflochten in die ungeheure Expansion
der europäisch-amerikanischen, abendländisch-christlichen
Kultur. Aus ihrem Ringen mit den verschiedenen
alten asiatischen Kulturen und aus der Verdrängung
der primitiven Kulturen Afrikas und Ostasiens ergeben
sich eine Fülle der schwierigsten und fesselndsten Probleme
, mit denen die christliche Mission sich auseinandersetzen
muß. Es wäre höchst verdienstlich gewesen,
wenn der Verfasser eine wissenschaftliche Darstellung
der bisherigen Entwicklung dieser Probleme im Rahmen
der katholischen Weltmission gegeben hätte. Er scheint
diese Probleme nicht gesehen zu haben. Dagegen hat
er anscheinend ein großes Kollektaneum angelegt, in
| welchem gewisse Generalüberschriften noch durch
i zahlreiche Unterkapitel ergänzt wurden, und er
j hat nun mit Bienenfleiß aus hunderten von Büchern,
I Broschüren und Zeitschriften das ihm für seine Zwecke
bequeme Material gesammelt. Dabei ist ihm anscheinend
im Laufe seiner Darstellung der erwecklich-erbauliche
Zweck immer wichtiger geworden. So gibt er eine große
! Anzahl, man möchte fast sagen, kleiner Monographien:
über die Publikationen katholischer Missionare in und
über Eingeborenensprachen- und Kulturen (II, 19
bis 94), über die Anfänge katholischer missionsärztlicher
Bestrebungen (III, 86—148) usw. Dabei werden nach
! bekannter katholischer Manier Lobeserhebungen auf die
eigene Kirche und ihre Missionen gehäuft, zumal wenn
man sie aus protestantischem Munde anführen kann.
I Allerdings passieren dabei dem Verfasser allerlei son-
j derbare Irrtümer und Mißgeschicke. Das „Zeugnis der
Gesellschaft der protestantischen Missionare zu Bata-
via" (II, 197) ist zweifellos apokryph. Einer der Haupt-
! kronzeugen ist Pater Friedr. Schwager, „Vorsitzender
i der Superioren Konferenz der deutschen katholischen
Missionare". Verfasser scheint nicht zu wissen, daß
dieser 1924 zum Protestantismus übergetreten ist. Leider
sind die Angaben Berg's in sehr vielen Fällen ungenau
I oder geradezu falsch. Statistische Angaben werden aus
verschiedenen Jahrzehnten bunt durcheinandergegeben;
für die protestantischen Missionen scheinen dem Verfasser
merkwürdiger Weise keine jüngeren Zahlen als
1908 zur Verfügung zu stehen (I, 358; III, 130). Auch
sonst stehen unvermittelt Angaben aus ganz verschiedenen
Zeiten und Verhältnissen nebeneinander. Dann wieder
fehlen Tatsachen und Personen, deren Auslassung
| man nicht begreift, wie P. Klaine von Gabun, P. Eti-
enne von Bogamojo. Von Damian de Veuster und