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Ausgabe:

1927 Nr. 18

Spalte:

417-418

Autor/Hrsg.:

Schmidt, Ph.

Titel/Untertitel:

Der Teufels- und Daemonenglaube in den Erzählungen des Caesarius von Heisterbach 1927

Rezensent:

Kauffmann, Friedrich

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Seite 1

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417

Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 18.

418

„l'exposiition purc et simple" (p. 14) beibehalten. Dem Verf.
scheinen die durch Origenes in Umlauf gesetzten Oedanken wichtiger
zu sein, als „de savoir exactement la pensee personelle d'Origene''
(P- l°f.); da muß man fragen: gilt das auch von solchen, die
dem Origenes fälschlich, sei es von Rufin, sei es von andern, untergeschoben
worden sind?

Ich nehme an, daß der Verf. alle 53 von A. Ramsbotham (The
Journal of Theological Studies XIII. XIV) neu herausgegebenen
griechischen Fragmente des Römerbriefkommentars genau verglichen
hat. Schon aus den beiden großen Philokalia-Fragmenten hätte er
ersehen müssen, wie ungenau Rufin verfährt: bei dem einen Fragment,
wo den 5 Seiten des griechischen Textes (Philok. c. 25 p. 226 bis
231 Rob.) kaum 2 Seiten Rufins (Lom. VI 16—19) entsprechen,
findet man die größten Verschiedenheiten (vergl. den Verf. p. 15);
und das zweite Fragment (c. 9 p. 54—58 Rob.) hat Rufin fast ;
vollständig übergangen. Man wird deshalb hier dem Urteil Delarues:
..quam infida sit Rufini interpretatio" wohl zustimmen müssen.
Die 51 griechischen Catenenfragmente ergeben dasselbe Bild: nur i
etwa ein Dutzend davon enthält wörtliche Anklänge an Rufins 1
Text. Freilich ist der Catenentext im Cod. Vatican. gr. 762 lückenhaft
, das beweist ein Vergleich mit Cod. Mon. gr. 412, der leider nur
für 8 Fragmente vorliegt. Anstatt nun das Problem dieses Catenen-
textes zu erörtern, druckt der Verf. p. 16—18 von den 4 Fragmenten
Nr. 13, 50, 26, 15 (Ramsb.) nur diejenigen Teile neben Rufins
Text ab, die diesem ziemlich wörtlich entsprechen, läßt aber alles
übrige weg. Das ergibt kein richtiges Bild für den Leser, der die
Texte nicht sofort nachprüfen kann.

Während der französische Text korrekt gedruckt ist (nur p.
32 Z. 4 I. de Sorte que und p. 60 Z. 5 I. realite), finden sich
zahlreiche Druckfehler in den vom Verf. zitierten lateinischen und
griechischen Stellen. Diese müssen deshalb vom Leser nachgeschlagen
und verbessert werden. Leider benutzt der Verf. statt der neuen kritischen
Ausgaben der Berliner Akademie nur den Abdruck von
Migne. Das ist z. B. p. 66 Mitte verhängnisvoll geworden, wo der
lateinische Text (Orig. Werke V 232, 31) so heißt: sed deo, cuius
■n ea plurimum est operis, entsprechend dem griechischen (Z. 12): .
aJUa .'/zöf t<> rxoXv taitTfi [d- h. rrjf f)izerep«V TiXtuoatw;]
eVepytr. Und p. 99 Z. 17 ff. zitiert der Verf., der Orig. Werke
V 251,15 nicht kennt, einen falschen Text, er setzt „incitare" statt
„provocare" und behauptet dann: „Les deux mots [d. h. provoque
und excite | sont donc synonymes". Vielmehr müssen die Worte
,,excite" und „excitante" als nicht überliefert Z. 22. 23 gestrichen
werden.

Weimar. Paul K o c t s c h a u.

Gibb, Prof. John, D. D., and William Montgomery, B. D.: i
The Confesslons of Augustine. Second Ed. Cambridge: ,
University Press 1927. (LXXV, 479 S.) 8°. — Cambridge Patristic
Texts. sh. 15/—. I

Von dieser Ausgabe der Konfessionen hätte bei ihrem ersten !
Erscheinen (189S) in dieser Zeitschrift Notiz genommen werden '
sollen; denn sie stellt den beachtenswerten Versuch einer kommen- j
tierten Ausgabe dar, die schon damals den von Knoell im Wiener j
Korpus vorgelegten Text kritisch berücksichtigen konnte. Die neue
Auflage, für die Montgomery nach Oibbs Tode allein verantwortlich
zeichnet, unterscheidet sich nicht wesentlich von der ersten.
Im Text sind die Abweichungen von Knoell an einigen Stellen vermehrt
worden, leider ohne nähere Angabe, wo; im Index finde ich j
unter „various readings", wohin die Vorrede verweist, keine Ande-
ntsg gegen die erste Auflage. In der Einleitung ist der Abschnitt
über den Manichäismus auf Orund der neuen Funde leicht überarbeitet
, auch das Literaturverzeichnis um einige wichtige Neuerscheinungen
erweitert worden, doch fehlt z. B. Holls einschneidende
Abhandlung, und auch meine Darstellung mit ihrer erschöpfenden
Bibliographie bei Schanz ist nicht erwähnt. Leider merkt man
trotz der lobenden Zensur, die Nörregaards Monographie erhält,
nichts davon, daß sich der Herausgeber in die neueren Bemühungen
um Augustin sonderlich vertieft hätte. Trotzdem kann die Ausgabe
wegen der vielfach guten, durch Raumer (2. Aufl. 1876) nicht '
gedeckten Anmerkungen zum Text empfohlen werden.

Gießen. O. Krüger.

Schmidt, Lic. theol. Ph.: Der Teufels- und Daemonenglaube

in den Erzählungen des Caesarius von Heisterbach. Basel: Zbinden
u. Hügin 1926. (125 S.)

Was es in dieser unbedeutenden Dissertation mit |
der Unterscheidung zwischen „Teufeln" und „Dämonen
" auf sich habe, ist nicht zu ersehen. Der Regel
nach werden „Teufel" und „Dämon" promiscue gebraucht
und am Ende der Schrift (S. 123) sind nur
noch die „Dämonen" übrig geblieben. Es fehlt durch- 1

aus an einer die beiden Termini begründenden Definition
. Dem Teufel wie dem Dämon sollen die Merkmale
der gefallenen Engel und die Züge einer ehemaligen
heidnischen Gottheit anhaften, sie sollen einstens
Herren des Luftreichs gewesen sein; an anderer Stelle
sollen die Teufel wie die Dämonen nicht heidnische
Götter, sondern — was namentlich bei den Besessenheitsdämonen
zum Vorschein komme — nichts weiter
sein als die aus der Unterwelt erscheinenden Seelen
der abgeschiedenen Menschen (S. 101 ff.), aber trotzdem
müssen Satan und Beelzebub auseinandergehalten
werden (S. 104ff.; Todesgottheiten S. 96f.). Zu dieser
bedauerlichen Unklarheit der Begriffsbildung kommt eine
ungenügende Aufklärung über die von Caesarius benützten
Quellen. Selbstverständlich steht die Bibel, die Legende
und die sonstige literarische Überlieferung
des katholischen Mittelalters an der Spitze. Charakteristisch
für die Exempelliteratur des 13. Jahrh.s sind
aber die einheimischen Volksüberlieferungen
(S. 4 f.). Sie sind von Herrn Schm. ausdrücklich anerkannt
, aber nicht systematisch gesammelt bezw. geordnet
worden (Volkssagen, Märchen, Volksgebräuche etc.),
obwohl in ihnen „wertvolles Material für die Kenntnis
der mittelalterlichen Volksreligion" steckt (S. 7; vgl.
S. 32 f.). Vorlängst hatte krassester Dilettantismus in
dem von Caesarius gebotenen Material aller Orten altgermanische
Mythologie gewittert (S. 49 f. u. ö.). Dem
gegenüber wahrt unser Autor mit Recht seinen Standpunkt
: „Es ist richtig, die Beziehungen von Caesarius
Historien zur Mythologie (Volksglauben des Altertums
S. 102) aufzudecken . . im letzten Grunde sind sie
mit altheidnischen, zum Teil auch mit germanischheidnischen
Vorstellungen stark durchsetzt (vgl. z. B.
die Leichenblässe derer, die mit dem Totenreich in Berührung
gekommen waren S. 95. 97. 119 f.). Wir wollen
aber nicht unbesehen das Gebiet der Erzählungen
unseres Gewährsmanns den Germanisten und Mytho-
logen überlassen (S. 60), sondern versuchen, ob wir
nicht dem spezifisch christlichen Erzähler des
Heisterbacher Convents näher kommen, wenn wir uns
in der christlichen Literatur umsehen (S. 48
vgl. z. B. bezügl. der Teufel in Raben- oder Roß-Gestalt
S. 50 ff.; Schwärze der Teufel S. 69 u. a.) . . .
Caesarius tut man mit der Identifizierung seiner Dämonengestalten
mit germanischen Götterfiguren Unrecht
" (S. 56); es muß vielmehr auf die, von der
Antike befruchtete (S. 61) christliche Mythologie und
Tradition zurückgegriffen werden. Warum soll dann
aber, wenn einmal ein stinkender Pferdeknochen vorkommt
, eine Erinnerung an das Pferd als germanischheidnisches
Opfertier in die Erzählung hineinspielen
(S. 93; wilde Jagd S. 62ff.)? Als Nicht-Fachmann hätte
der Verf. gut getan, seine Untersuchungen über die
Volkstümlichkeit der durch Caesarius bezeugten
Dämonenvorstellungen auf den Nachweis ihrer Abhängigkeit
von der sog. Volkstheologie (S. 99) zu
beschränken.

Kiel. Friedrich Kauffmann.

H a m p e, Dr. Susanne: Der Begriff der Tat bei Meister Eckehart.

Eine philosophie-geschichtliche Untersuchung. Weimar: H. Böhlaus
Nchf. 1926. (VI, 92 S.) gr. 8". Rm. 4.50.

Die Schrift will den Anfängen der Fichteschen
Tat-Idee nachspüren. Sie liegen der Vrfin in E., wenn
auch nur als Ahnung und mystisch verhüllt. In 4 Kapiteln
(: die äußere, die innere, die religiös-sittliche Tat, der
mystische Weg) wird die These zu erweisen gesucht.
Den Schlüssel zu E.s Position bildet die Predigt über
Lc. 10,38, Martha und Maria (Pfeiffer II 47).

Mit Recht wendet sich die Vrf.in gegen eine Auffassung, die
E. zum Quietisten macht; nach dieser Seite hin ist die Argumentation
klug und seihständig. Diese Frontstellung aber verleitete dazu, nun
E. zu modernisieren. Wenn es seit Denifle vielfach üblich geworden
ist, E. jede Originalität abzustreiten, so geht es andererseits doch auch
nicht an, ihn ganz unabhängig vom scholastischen Sprachgebrauch