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Ausgabe: | 1927 Nr. 16 |
Spalte: | 382 |
Autor/Hrsg.: | Eissenlöffel, Ludwig |
Titel/Untertitel: | Anbetungsgottesdienste und andere liturgische Stücke zur Ergänzung der landeskirchlichen Agenden und Gesangbücher 1927 |
Rezensent: | Graff, Paul |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 16.
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eines Verbundenseins des Subjekts mit der Wahrheit.
Man kann — auf das religiöse Gebiet übertragen — überhaupt
nicht ein Element aus dem lebendigen Spannungs-
verhältnis Gott—Mensch herausnehmen und isoliert erörtern
(Frick S. 374). Gott und der Glaube gehören
nach Luthers Großem Katechismus zu Haufe. Es ist
diesen Einsichten ganz analog, wenn Husserl in seinen
„Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen
Philosophie" (S. 68) sagt: . . . „Wahrnehmung
und Wahrgenommenes bilden wesensmäßig eine
unvermittelte Einheit, die einer einzigen konkreten cogi-
tatio". Von hier aus wird verständlich, daß man die
Phänomenologie, wie ich es erstmals in meiner
Schrift: „Phänomenologie und Religion" (1921)
getan habe und wie es auch Siegfried will, für die
theologische Methodik fruchtbar zu machen versucht.
Ausgangspunkt der theologischen Arbeit kann weder das
eine der subjektiven Auffassung für sich allein noch das
andere des objektiven Bestandes für sich allein sein,
sondern ihre synthetische Einheit im Akt des religiösen
Erlebnisses. Zur Bezeichnung dieser Einheit steht uns
der Terminus: „Sinn" oder, wenn es sich um kompliziertere
Sinngebilde handelt, der Terminus: „Gestalt",
die beide auch Siegfried benützt, zur Verfügung.
Es handelt sich in der Theologie nicht darum, von
subjektiven Zuständen auf ihre objektiven Ursachen zu
schließen (Siegfried S. 107 ff. die Grundlegung zu dieser
Einsicht), sondern in den subjektiven Zustanden
selbst ein objektives Moment, d. h. an den subjektiven
Zuständen eben ihren „Sinn" zu entdecken (Siegfried
S. 148), nicht etwa mechanisch abzulesen (S. 229),
wobei das freie Subjekt nichts zu tun hätte. Bei der Ge-
staltfindung wirkt das suchende Ich schöpferisch mit
(S. 187). Im gleichen Zusammenhang gestalten sich
geschichtliche Vergangenheit und eigene Haltung (S.
211).
Es ist eine Verkennung der Sachlage, wenn Siegfried von
diesen Qedanken aus gegen die religionspsychologische Methode
Wobbermins den Vorwurf erhebt, daß sie psychologische und methodologische
Fragestellung vermische (S. 141). Auch für Wobber-
min ist nicht unser Erleben der methodische Ausgangspunkt, wie
Siegfried (S. 142) meint, sondern der sachliche Sinngehalt, der im
subjektiven Erleben oder in objektiven Vorstellungen über das Göttliche
beschlossen ist. Wobbermin selbst hat ja auch meiner teilweisen
Parallelisierung seiner Methode mit der phänomenologischen
zugestimmt, und Siegfried deutet selbst an, daß durch meine Interpretation
der religionspsychologischen Methode die Unterscheidung
einer logischen Erörterung und einer psychologischen Beschreibung
der Methode angebahnt sei (S. 142). Für das Genauere muß ich
auf meinen Aufsatz: „Die religionspsychologische Methode als pneumatische
" in ZThK 1927, 3 verweisen.
Der Sinngehalt, um den es in der Theologie geht, ist in
concreto das Tiveiu« nach seinem kognitiven, quasitheoretischen
Gehalt. Das nvtv/ja ist uns nur faßbar in konkreter Geschieht- j
lichkeit, ist, in der Sprache Tillichs zu reden, dem Kairos verhaftet
. Es ist sowohl der objektive göttliche Geist in seiner trini-
tarischen Hypostasierung als auch die göttliche Gabe an den Menschen
, also jenes vorerkenntnishafte, vortheologische Ineinander von
Objektivem und Subjektivem, wie es in den drei Büchern oft ge- ;
schildert ist. Der „geisteswissenschaftlichen" Wendung, wie sie König
erkenntnistheoretisch begründet und Cysarz auf die Literaturgeschichte
anwendet, entspricht also die Forderung nach einer Theologie
, die vom m'tlun aus aufbaut. (Vgl. meine Schrift: „Das
Geistproblem in seiner Bedeutung für die Prinzipienfragen der ,
systematischen Theologie der Gegenwart" (1926) und meine Aufsätze
: „Die religionspsychologische Methode als pneumatische" in
ZThK 1927, 3, „Der Sinn der systematischen Theologie" in Chr.
W. ig27, 13 und den größeren: „Das Schweigen der Mystik — das
Bekenntnis des Glaubens. Ein Beitrag zum Problem des Wortes"
in NKZ 1927, 8).
Heidelberg. Robert Wink ler.
Gehring, A.: Das Tamulenland, seine Bewohner und die
Mission. Leipzig: Verlag d. Ev.-luth. Mission. (110 S. m. Taf.
u. Abb.) 8». Rm. 1.20.
Angesichts der Tatsache, daß die Leipziger Mission
ihre alte Arbeit im Lande der Tamulen in Südindien
wieder hat aufnehmen können, werden besonders ihre
Freunde das Erscheinen dieses Büchleins sicherlich sehr
begrüßen und es sowohl zu ihrer eigenen Orientierung
I als auch zum Gebrauch für Missionsstunden und zum
Vorlesen in Vereinen gerne in die Hand nehmen. Denn
sowohl inhaltlich als auch formal eignet es sich ausgezeichnet
für diese Zwecke. Wenn ich einige Wünsche
! aussprechen darf, so möchte ich für eine sicherlich bald
notwendig werdende zweite Auflage eine größere Berücksichtigung
des sog. höheren philosophischen Hinduis-
| mus, wie er uns in der religiösen tamulischen Literatur
entgegentritt, sowie einige Notizen über die reichhaltige
tamulische Literatur empfehlen. Würden die Tamulen
| das Büchlein lesen, so würden sie die Nichtberücksich-
j tigung der theologisch-philosophischen und der literarischen
Leistung ihrer Väter, auf die sie mit Recht stolz
I sind, sicherlich als eine Beleidigung empfinden. Zu
I korrigieren ist, was über die politische Geschichte Südindiens
in früherer vormuhammedanischer Zeit geschrieben
ist. Die Tamulen haben Jahrhunderte hindurch poli-
! tisch eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Zu wün-
j sehen wäre ferner ein Hinweis auf die Rolle, die die
kath. Missionen in früheren Jahrhunderten im Lande der
Tamulen gespielt haben und heute noch spielen.
Hal|e- H. W. Schorn er us.
Eissenlöffel, Pfarrer Dr. Ludwig: Anbetungsgottesdienste
und andere liturgische Stücke zur Ergänzung d. landes-
kirchlichen Agenden u. Gesangbücher. Zum gottesdienstl. Gebrauch
für die Hand d. Gemeindemitglieder bearb. im Auftr. d. Liturgischen
Konferenz für Baden. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht^ 1926
(X, 179 S.) 16». Rm. 3.60.
Im Auftrage der liturgischen Konferenz für Baden wurde von
E. zu freiwilligem gottesdienstlichen Gebrauch bearbeitet 1. eine respon-
sorische Form der Haupt- und Nebengottesdienste und 2. liturgische
Andachten für alle Zeilen des Kirchenjahres. Beide erscheinen in
2 gesonderten Heften. Das eine heißt: „Liturgische Beigabe" und
! ist als Einlage ins Gesangbuch gedacht, das andere u. d. T. „Anbe-
i tungsgottesdienste" als besonderes Beiheft dazu. Dadurch hat Baden
einen guten und vorbildlichen Schritt vorwärts getan, namentlich
auch dadurch, daß man endlich den oft geäußerten Wünschen der
Liturgen nachkam und auch den Gemeinden neben dem Gesangbuch
noch ein Liturgienbuch in die Hand gab. Es ist nun zu- begrüßen,
I daß diese beiden Hefte auch als Ganzes u. d. T. „Anbetungsgottes-
I dienste" auf stärkerem Papier gedruckt vom Verlag als Reichsausgabc
! den übrigen deutschen Landeskirchen angeboten werden. Die badischen
Gcsanghuchsnummern stören fast garnicht, da ja die Gesänge
ausgedruckt sind. Es können aber die Landeskirchen nach Vereinbarung
mit dem Verlag auch beide Hefte — allerdings dann nur in
Mengen käuflich — mit ihren eigenen Gesangbuchsnummern beziehen.
Das erste Heft „Liturgische Beigabe" enthält die in Baden
herkömmlichen Gottesdienste in etwas erweiterter Form. Hervorzuheben
ist der dort übliche Ersatz des allsonntäglichen Kyrie und
Gloria durch Bitt- und Lobstrophen, wodurch, ganz abgesehen von
erwünschter Abwechslung und vermehrter Betätigung der Gemeinden
man auch dem Tagesgedanken mehr gerecht werden kann. Das
letzte (20.) Formular enthält eine selbständige Abendmahlsfeier als
Hauptgottesdienst ohne Predigt, hauptsächlich für Festzeiten gedacht,
eine ähnliche findet sich auch u. Nr. 60 des 2. Heftes. Hier wäre*
nun doch wohl noch mehr, als man versucht hat, Gelegenheit gegeben,
die Feier aus dem bisherigen Schema zu lösen. Es sind auch Formulare
für Jugendgottesdienste vorhanden. Wir möchten dafür eintreten, daß
man sich in ihnen nicht zu sehr an die Hauptgottesdienstordnung anlehne
. Zu bemerken ist auch noch nebenbei, daß unter dem Neujahrslied
S. 54 am besten der Verfassernamen ganz fortgelassen oder doch
mindestens mit einem Fragezeichen versehen wird.
Die „Anbetungsgottesdienste" des 2. Teiles sind so, daß sie in
jeder Gemeinde gebraucht werden können. Für Gemeinden ohne Chor
ist reichlicher Wechselgesang vorgesehen. Die den Chören zugedachten
Stücke sind durchweg dem Gesangbuch entnommen. Sie
gliedern sich gut den ganzen Ordnungen ein. Wo es gewünscht wird,
ist die Anwendung des Chorgebetes, auch die etwaige Beteiligung
mehrerer Geistlicher möglich. Selbstverständlich eignen sich diese
Ordnungen auch recht gut für Haus- und Anstaltsgemeinden.
Es ist beabsichtigt, sowohl ein Handbuch für die Geistlichen
mit den vollständigen Schriftabschniiten und Gebeten als auch ein
Orgelheft herauszugeben, letzteres von Dr. Poppen-Heidelberg, der
auch die in den beiden Heften vorhandenen musikalischen Stoffe
bearbeitet hat.
Kleinfreden. Paul Gr äff.