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Ausgabe: | 1927 Nr. 11 |
Spalte: | 244-245 |
Autor/Hrsg.: | Loewe, Herbert |
Titel/Untertitel: | Catalogue of the Manuscripts in the Hebrew Charakter 1927 |
Rezensent: | Kittel, Rudolf |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 11.
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Die abgedruckten Lehrtexte sind, wie gesagt, den
Übersetzungen anderer entnommen, und die von H.
selbst verfaßte Einleitung zeugt von Unkenntnis. Was
in aller Welt hat bei so bewandten Umständen den
Verfasser bewogen, der langen Reihe überflüssiger,
flacher, stümperhafter, irreführender Buddhabücher noch
eins hinzuzufügen?
Königsberg. R. Otto Franke.
W e_s e n d o n k, O. Q. von: Urmensch und Seele in der iranischen
Überlieferung. Ein Beitrag zur Religionsgeschichte des Hellenismus.
Hannover: Orient-Buchh. H. Lafaire 1924. (214 S.) gr. 8°. Rm. 10—.
Der Verfasser, der deutsche Generalkonsul in Tif-
lis, hat das Vorwort bereits im März 1924 geschrieben.
Die Schuld an der Verzögerung dieser Besprechung
liegt zum großen Teil an mir, zum anderen geringeren
daran, daß der Redaktion das Exemplar erst verhältnismäßig
spät zugegangen ist. Dies voranzuschicken ist
nötig, weil man bei der Lektüre des Buches nicht vergessen
darf, daß dem Verf. Lidzbarskis Ausgabe des
Ginza noch nicht vorlag, geschweige denn die sich daran
anschließenden Veröffentlichungen.
Das Buch hat aber gerade in der gegenwärtigen
Debatte über die Fernwirkung iranischer Überlieferungen
seine Bedeutung. Es will das Modewort „iranisch"
kritisch untersuchen, indem es den Mythus von der
Seelengottheit und vom Urmenschen zuerst in der hellenistischen
Welt verfolgt (Plato, Philo, Neupythagoräer,
Plotin, Hermetica, sog. Mithrasliturgie), dann bei Gnosti-
kern, Manichäern und Mandäern analysiert, schließlich
nach etwaigen Ansatzpunkten dazu in der originalen
iranischen Tradition fragt. Es ist also ein Hauptproblem
der gegenwärtigen religionsgeschichtlichen Debatte, das
hier von einem sprachkundigen und trotz seiner Entfernung
von europäischen Bibliotheken staunenswert belesenen
Mann untersucht wird. Die methodische Art des
Werkes ergibt sich am deutlichsten dort, wo W. zur
Selbstbescheidung in der Analyse des Synkretismus
mahnt und seine eigene Stellung mit den Worten charakterisiert
: „Ehe nicht alles Material zusammengetragen
ist, wird man gut tun, mit der Abgabe allzu positiver
Urteile zurückzuhalten. Synthese ist sicherlich das höchste
Ziel jeder Wissenschaft, um jedoch einen luftigen Bau zu
errichten, müssen gesicherte Fundamente vorhanden sein,
sonst gelangt die Spekulation und Kombination ins
Uferlose" (S. 115).
Es ist also das Bezeichnende an diesem Buch, daß
es versucht, durch Vortrag von quellenmäßig belegten
Einzelheiten gegen den üblichen Gebrauch des Wortes
„iranisch" anzugehen. Man dürfe nicht mit Reitzenstein
alles in relativ früher Zeit in Iran Belegbare iranisch
heißen, sondern nur das, was der Art des arisch-iranischen
Geistes entspreche. Immer wieder wird dabei
von W. betont, daß der für den Synkretismus so wesentliche
pessimistische Dualismus mit seiner Verdammung
der Welt und seinem mystischen Heilsweg nicht in Iran
beheimatet sei. Der Einwand, daß diese Behauptung
zwar vom Awesta gelte, aber nicht von einem zu erschließenden
altiranischen Volksglauben, wird abgewiesen
: auch der Volksglaube, wie er etwa noch an der
Mithrasgestalt zu erkennen sei, habe durchaus optimistische
Züge getragen; und wer aus dem Manichä-
ismus und Mandäismus das Gegenteil erschließen
möchte, wird dahin belehrt, daß diese Religionen nicht
als Quellen für altiranische Vorstellungen zu benutzen
seien; vielmehr müsse weit mehr als dies heute üblich
sei, mit hellenistischen Einflüssen im Osten gerechnet
werden; der gemeinsame Besitz an dualistischen Gedanken
sei nicht iranischen, sondern anderen, synkre-
tistischen Konzeptionen anzuschreiben.
Der Vf. scheint selbst zu empfinden, daß er damit
keine Lösung des jetzt so oft diskutierten religionsgeschichtlichen
Problems gibt, sondern uns im Grunde
an eine unbekannte Größe verweist. Die Frage nach der
Herkunft jener Erlösungslehre auf dualistisch-kosmischer
Grundlage, nach der der Erlöser dem zu Erlösenden
j irgendwie verwandt ist, kann nur mit einem speziellen
i Nachweis beantwortet werden. Jene Erlösungsvorstellung
tritt im Christentum nur sozusagen am Rand
| auf und ist jedenfalls seinem Wesen nicht eigentümlich.
i Im Mandäismus scheint sie viel ursprünglicher zu sein;
so erhebt sich doch die Frage, ob wir nicht von Mani-
j chäern und Mandäern rückwärts auf eine Größe schließen
dürfen, von der beide abhängig sind. Freilich ist
j dem Vf. ohne weiteres zuzugeben, daß die bisherigen
Versuche solchen Rückschlusses höchst unvollkommen
sind und daß „iranisch" gegenwärtig ein Symbolwort
geworden ist, das keineswegs nur Vorstellungen bezeichnet
, die wir mit Sicherheit dem alten Iran zuschreiben
können. Aber es muß auch mit allem Nachdruck
festgestellt werden, daß sein Hinweis auf den Synkre-
I tismus keine Lösung des Problems jener Erlösungslehre
| darstellt und daß eine so einheitliche und spezialisierte
Lehre nicht aus Völkerideen, sondern aus einer bestimmten
Quelle abgeleitet werden muß. Endlich möchte ich
mir trotz meiner Unzuständigkeit auf diesem Gebiet die
Frage erlauben, ob der lebensfrohe Zug der Awesta-
j Religion nicht doch zu deutlich auf eine saturierte Bauernkultur
weist, als daß er in die älteste Vorzeit Irans
zurückreichen könnte.
Diese kritische Berichterstattung wird gezeigt haben,
i daß in dem reichhaltigen und gelehrten Buch W.s vieles
zu lesen und daß auch vieles Einzelne aus ihm zu lernen
| ist. Ich führe anschließend noch einiges davon an unter
besonderer Berücksichtigung der Gebiete, an denen Theo-
j logen interessiert sind.
S. 54 findet sich einiges Grundsätzliche über platonischen und
mazdaistischen Dualismus. — S. 90 ff. wird die Zahl der Amesha
spentas im Vergleich mit anderen ähnlichen Reihen erörtert. — S. 99
ist von Roseidonios die Rede; die neue Phase der Poscidonios-For-
schung wird dabei nicht berücksichtigt; ebenso vermisse ich bei der
Besprechung der Hermetica S. 104 ein Eingehen auf die zuerst von
j Bousset vertretene Scheidung der Texte in eine pessimistische und eine
| optimistische Oberlieferungsschicht; das wäre gerade für das vom
Vf. hehandelte Hauptproblem wichtig gewesen. — In der Anmerkung
auf S. 109 findet sich ein interessanter Hinweis auf Muhammed als
präexistenten Anthropos. — Lehrreich ist endlich der Bericht über
die verschiedenen Urmenschen-Gestalten in den Vorstellungen der
Inder und der Perser. (S. 153 ff.)
Heidelberg. Martin D i b c 1 i u s.
! Loewe, Herbert, M. A.: Catalogue of the Manuscripts in the
Hebrew Charakter. Collectcd and bequeathed to Trinity College
Library by the late William Aldis Wright. Cambridge: Univer-
sity Press 1926. (XX, 165 S.) 40. * sh. 20/—.
William Aldis Wright (in der Widmung ton Nl 1
I geschrieben), der Head-Master des Trenity College, hatte
j eine stattliche Sammlung hebräischer Handschriften zu-
! sammengebracht. Ein großer Teil hatte einst C. D.
Ginsburg gehört, von dem Wright sie erwarb. So
kommt es, daß manche wichtige Stücke hier aufgezählt
: sind, die Ginsburg seiner Zeit schon in seiner „Intro-
| duetion" beschrieben hatte. Leider hat sich nachträglich
I herausgestellt, daß manche der Angaben Ginsburgs —
der überhaupt, wie ich an anderer Stelle (ZAW 1910, S.
233 ff und Theol Lit Blatt 1910, Nr. 15) gezeigt habe,
kein ganz zuverlässiger Arbeiter war — irrig sind. Etwas
I mysteriös klingt daher die Bemerkung des Herausgebers
i auf S. XX: „Since the return of the MSS to Cambridge
I have, owing to the rarity and brevity of my Visits, not
been.able to make more than a cursory examination of
those which I had not seen previously". Schade jedenfalls
, daß Herr Loewe es nicht möglich machen konnte,
die MSS etwas öfter und länger einzusehen. Denn es
handelt sich um eine auserlesene Sammlung von hohem
Interesse. Unter den biblischen MSS finden sich
5 Rollen und 8 Bände Pentateuch, 6 Rollen Ester, 3
Bände mit der ganzen Bibel, 1 Band Profeten, 5 Bände
j Haftarot. Eine Rolle, die nicht mehr genauer beschrieben
i werden konnte (Pentat Nr. 159), umfaßt 54 Lederstücke
| mit 194 Kolumnen zu je 48 Linien, 14. Jahrh. Jemen.