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Ausgabe: | 1927 |
Spalte: | 5-6 |
Autor/Hrsg.: | Oppermann, Hans |
Titel/Untertitel: | Zeus Panamaros 1927 |
Rezensent: | Dibelius, Martin |
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Theologische Literaturzeitung 1927 Nr. 1.
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heseelung durch eine Zentralmonadc, die alle beseelten
organischen und anorganischen Ganzheiten des Kosmos
in sich befaßt. Aber solche Spekulationen wagt Titius
nicht Dazu ist auch die neue Atomtheorie noch zu
wehig hypothesenfrei. Darum zieht er sich auch hier
am entscheidenden Punkt auf den Kantischen Primat des
Geisteslebens zurück. Aber vom konsequenten Kritizismus
aus würde natürlich auch die neuentdeckte Ganzheits-
Kausalität nicht zum Gottesglauben und zur Willensfreiheit
führen, auch nicht in die Nähe derselben, sondern
nur auf einen relativen Weltbaumeister und die Eigengesetzlichkeit
des Seelenlebens. Gottesglaube und Willensfreiheit
kommen aus einer allen diesen Analogien
(ier Erfahrungswelt entgegengesetzten Richtung.
Diese kritischen Bemerkungen sollen nur ein Aus-
druck des Dankes sein, den der ganze Protestantismus
TitiUS für sein monumentales Werk schuldet. Es ist 1
unmöglich, daß e i n Forscher die religiöse Verarbeitung
der neuen Naturerkenntnisse vollendet, die in den letzten j
Jahrzehnten gewonnen worden sind. Titius hat das
Fundament gelegt, auf dem Generationen weiterbauen
müssen.
Tübingen. K Heim.
Oppermann, Hans: Zeus Panamaros. Gießen: A. Töpelmann
1024. (VIII, Q(> S.) gr. 8° - Religionsgesehichtl. Versuche u. '
Vorarbeiten,' 10. Bd., Heft 3. Rm. 2.50. j
Die Arbeit ist aus einer noch von August Brinkmann
angeregten Bonner Dissertation hervorgegangen und .
zeichnet sich durch solide Interpretation des Materials
au«. Seitdem das Heiligtum des Zeus Panamaros im j
Jahre 1886 durch Cousin und Deschamps wieder gefunden
worden ist, sind dort und anderswo Inschriften, I
die sich auf diesen Kult beziehen, entdeckt und an ver-
schiedeilen Stellen veröffentlicht worden. Eine Inschrift j
aus Tenaz ist O. in der Lage den bisherigen Publi-
Kationen hinzuzufügen; diese selbst sind nicht alle in
der vorliegenden Arbeit wieder abgedruckt, sondern nur
ihrem Inhalt nach, unter Zitierung des Wichtigsten im
Wortlaut, charakterisiert. Leider sind die Inschriften für
die Religionsgeschichte nicht allzu ergiebig. Sie stammen
in der Mehrzahl von den Priestern selbst und enthalten
Weihungen oder Angaben über die Namen und Taten
der Priester; setzen aber dabei vielfach voraus, was wir
gern wissen möchten. Die Diskussion der hierher ge-
hörigen Probleme ist, soviel ich sehe, von O. mit Umsicht
und Kombinationsgabe soweit geführt worden,
wie es bei dem gegenwärtigen Stand unserer Kenntnisse
geschehen kann. Über die Mysterien des Gottes ist freilich
wenig zu sagen; „wir erfahren nur, daß heilige
Mahle stattfanden, bei denen außer einer ungenannten
Speise Wein genossen wurde". Der Ausdruck dvdiiaoig
oder dvodoc rov &toi. wird von O. auf die Rückkehr des
an den Panamareen nach Stratonikeia verbrachten Götterbildes
nach Panamara bezogen. Auch sonst fällt mancherlei
Lehrreiches ab; ich verweise auf die Rekonstruktion
der Ehreninschrift S. 120, durch die zwei im
Bull. Corr. Hell. XXVIII 346, 2 und 347, 3 veröffentlichte
Inschriftenfragmente als Teile einer Inschrift erwiesen
werden; ferner auf die Erwähnung eines <püo-
Tooipiov, offenbar des Gebäudes, in dem die Speisungen
Stattfanden. Auch verschiedene Formeln werden in
ein neues Licht gerückt; den Theologen dürfte besonders
interessieren, daß gewisse Leute das Priesteramt zerr«
irpv rov Oeot ßovt.wiv übernehmen, d. h. gedrängt
(iurch eine äußerlich oder innerlich vermittelte göttliche
Stimme. Von den religionsgeschichtlichen Ausführungen
verdienen besondere Beachtung die Belege
für die Gastfreundschaft und die Wohltätigkeit der
Priester S. 77 ff., ferner die Ausführungen über das
Haaropfer S. 69 ff., endlich die am Ende der Arbeit versuchte
Gleichsetzung von Zeus Panamaros und Hera
Teleia mit dem kleinasiatischen Götterpaar Attis und
Kybele. Hier scheint mir freilich der Beweis nicht erbracht
zu sein, weil die Verwandtschaft nicht so groß ist,
daß andere Erklärungsversuche ausgeschlossen würden.
Heidelberg. Martin Dibclius.
Smith, Prof. J. M. Powis: The prophets and thelr times.
Chicago: Univ. of Chicago Press 1925. (IX, 277 S.) 8°.
Während die amerikanischen und englischen Zeitschriften
viel Wertvolles und wissenschaftlich Ergiebiges bringen, sind die
Bücher in der Regel für ein größeres Publikum bestimmt und daher
meistens mehr Zusammenfassung als wissenschaftliche Weiterführung
. Dies gilt in der Hauptsache auch von dem vorliegenden
Buch. Die wissenschaftliche Überzeugung des Vf. kommt dabei zu
ihrem vollen Recht; man liest mit Interesse, was Vf. z. B. über die
Ehe Hoseas oder über den Knecht Jahwes denkt. Das Thema des
Buches ist ein erfreuliches Zeichen dafür, wie in der heutigen Wissenschaft
des A. T. die Propheten in den Mittelpunkt gerückt werden.
Vf. will nicht ihre Botschaft für die Gegenwart darstellen, sondern
sie in ihrer Bedeutung für ihre eigene Zeit erfassen. Er will auch
dem psychologischen Verständnis Rechnung tragen; aber die Hauptsache
bleibt ihm die Erklärung der Propheten aus dem zeitgeschichtlichen
Hintergrund, und so nimmt das Geschichtliche in der
Darstellung einen breiten Raum ein. Man erfährt wenig von den
religiösen Erlebnissen und Erschütterungen; die Horebscene des Elia,
die Visionen des Arnos, die Gebetskämpfe Jeremias sind nicht erwähnt
; das Rätsel Gott, das in Jesaja und Jeremia uns fast unheimlich
entgegentritt, wird nicht berührt; auch der gewaltige
Kampf, den die großen Propheten gegen die Frömmigkeit ihrer Zeit
führten, ist nicht in seiner vollen Schärfe erfaßt. Daß der Fall Ninives
nach dem neuesten Fund ein paar Jahre früher erfolgte, ist nach dem
Urteil des Vf. für die Darstellung der Prophetie gewichtig. Bei der
Betrachtung der einzelnen Prophetengestalten zeigt sich eine nivellierende
Neigung; die klassischen Propheten sind von den volkstümlichen
nicht genügend abgehoben, ebenso sind die ,Schriftpropheten' untereinander
zu sehr in gleiche Höhe gestellt. Hocherfreulich ist die
Entschiedenheit, mit der Vf. die Heilshoffnungen, besonders die
Messiassprüche aus der vorexilischen Prophetie hinausweist und der
Aussage Jeremias in 23,8f. grundlegende Bedeutung beimißt; mit
vollem Recht betont er, daß das vorprophetische Alter eschato-
logischer Erwartungen noch nicht ihre Echtheit innerhalb der Prophetie
verbürgt. Leider hält auch er für wahrscheinlich, daß escha-
tologische Hoffnungen ähnlich denen des A. T. sich im alten Orient
fanden, während doch die Vertreter dieser Ansicht den Beweis dafür
völlig schuldig geblieben sind. Bei Jesaja geht er soweit, daß er nicht
einmal einen antiassyrischen Spruch im Jahr 701 oder eine Weissagung
der Rettung Jerusalems vor Sanherib als echt annimmt; das
echtjesajanische Zukunftsbild sieht er nach dem Verlust der nationalen
Freiheit in der Gemeinde von 8,10—18 unter assyrischer Herrschaft.
Befremdlich ist, daß er an der Skythenhypothese teilnimmt, da
doch Jeremia diese Lieder erst nach dem Skythensturm gedichtet hat.
Tiefes Verständnis zeigt er für die Weissagung vom neuen Bund
Jer. 31,31—34; Habakuk setzt er gewiß mit Recht in die Zeit
Nahums; den Knecht Jahwes schreibt er Dtjes. zu, hält ihn für
Israel und findet in dieser Figur den sehr wertvollen Oedanken der
Weltvcrantwortung Israels.
Tübingen. p, Volz.
Haeuser, Pfarrer Dr. theol. Philipp: Anlaß und Zweck des
Galaterbrlefes, seine logische Gedankenentwicklnng. Münster i. W. :
Aschendorff 1925. (VIII, 124 S.) gr. 8°. = Neutestamentl. Abhandlungen
, Bd. 11, Heft 3. Rm. 5.40.
Diese Arbeit ist in der Reihe der von M. Meinertz herausgegebenen
Neiitestamentlichcn Abhandlungen (Bd. 11, Heft 3) erschienen
. Der Hauptzweck ist die Erklärung des Briefs unter dem
Nachweis, daß Paulus sich gegen gewisse Gegner verteidige, die
ihm inkonsequente Haltung vorgeworfen hatten; sein gesetzesfreies
Evangelium habe er selbst nicht immer festgehalten. Diesen Vorwurf
habe Paulus zum Anlaß des Schreibens genommen, in dem er den
Zweck verfolge, die Galater vor der alten Religion des Gesetzes zu
bewahren, um sie der Religion des Geistes zu erhalten.
So richtig dieser Zweck der klaren Äußerung des Schreibers
entsprechend angegeben und durchgeführt ist, so unsicher ist der A n -
laß, den Haeuser voraussetzt. Denn aus dem ersten Kap. kann
nicht sicher geschlossen werden, daß Paulus in Oalatien der Vorwurf
eines doppelten Evangeliums gemacht wurde; und alles Spätere
beruht auf diesem Schluß, wird aber oft stark gepreßt, z. B. 2, 10
(Paulus verspricht, der - Armen in Jerusalem zu gedenken) soll besagen
: „Für das jüdische Gesetz habe ich keinen Eifer mehr, vielmehr
eiferte ich nur für die jüdischen Armen."
Im übrigen ist die Arbeit fleißig und interessant. Wertvoll ist
die Anmerkung S. 51, daß Paulus in 2, 1(>—17 nach einer Bestimmung
des Christenglaubens sucht und die Christen von den
Juden sondert.
Kiel. R. Schütz.